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Kompendium
Mittelalter

Geschichtsphilosophie

Geschichtsphilosophie als Teilgebiet der Philosophie fragt einerseits nach dem Sinn historischen Geschehens, andererseits nach der Geschichte als Wissenschaft und deren Methoden. Während antike Philosophie die Geschichte als philosophische Thematik noch nicht kennt, legt die Philosophie des Mittelalters mit ihrer christlichen Sichtweise auf Geschichte und Heilsgeschichte die Grundlagen für die Geschichtsphilosophie von Neuzeit und Moderne. Geschichte beschäftigt sich "nihilistisch" mit dem Vergangenen, dem Gewesenen, dem Erinnerten als letztlich Unkonkretem. Sie beschäftigt sich auf "positivistischer" und "strukturalistischer" Grundlage sowohl mit Einzelgeschehnissen als auch mit allgemeinen Strukturen. Geschichte ist philosophisch betrachtet der (menschliche, geschichtliche) Umgang mit Zeit und Zeitlichkeit (menschliche Erfahrung und Vergangenheit als [Bewusstseins-] Geschichte im Zusammenhang von Schicksal und Geschick, Ambivalenz der [existenziellen] Gegenwert zwischen Vergangenheit und Zukunft, Kontinuität und Teleologie [Freiheit]), mit der menschlichen Existenz in der Geschichte (menschliches Selbst, Gebrochenheit, Transzendenz [Glaube, Tragik]), mit der Wahrheit in der Geschichte (Sein und Schein; Geschichte als Lebens- und Existenzvollzug, Mitteilung und Kommunikation, praktische Vernunft), mit Natur und Geschichte (Natur und Freiheit, Freiheit und Geschick, Machtgeschichte), mit Mythos und Ethos in der Geschichte (Mythen, Gedenken, Eschaton). Vertreter moderner Geschichtsphilosophie sind u.a.: J.G. Herder (*1744-†1803), Immanuel Kant (*1724-†1804), G.W.F. Hegel (*1770-†1831) (Vernunftgedanke), Karl Marx (*1818-†1883; Ökonomie und Soziologie), J.G. Droysen (*1808-†1884; Historik), Wilhelm Dilthey (*1833-†1911; historische Kategorien), Oswald Spengler (*1880-†1936), Arnold J. Toynbee (*1889-†1975), Karl Jaspers (*1883-†1969) (weltgeschichtliche Entwicklungen), Max Weber (*1864-†1920, Idealtypen), Edmund Husserl (*1859-†1938; innere Geschichtlichkeit), Martin Heidegger (*1889-†1976; Geschichte des Seins), Nicolai Hartmann (*1882-†1950; menschliche Vielschichtigkeit), Hans-Georg Gadamer (*1900-†2002; Hermeneutik), Jürgen Habermas (*1929; intersubjektive Handlungsorientierung).

Literatur: MÖLLER, JOSEPH (1992), Sinn des Lebens. Sinn der Geschichte. Grundzüge einer Geschichtsphilosophie (= PAE 17), Villingen-Schwenningen 1992

Bearbeiter: Michael Buhlmann