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Griechische Geschichte: Vor- und Frühgeschichte, Antike, Spätantike, Mittelalter, frühe Neuzeit, Moderne

Vor- und Frühgeschichte

Das 2. Jahrtausend v.Chr. ist in Griechenland und der Ägäis geprägt durch die (frühe, mittlere und späte) Bronzezeit, die Zeit der minoischen Kultur auf Kreta (20.-17. Jahrhundert v.Chr.: mittelminoisch; 16.-12. Jahrhundert v.Chr.: spätminoisch; Palastzeiten, Vulkanausbruch auf Thera [ca.1500 v.Chr.]) und die der (späthelladisch-) mykenischen Kultur auf dem griechischen Festland (17.-15. Jahrhundert v.Chr.: Vorpalastzeit; 15.-13. Jahrhundert v.Chr.: Palastzeit; 12.-10. Jahrhundert v.Chr.: Nachpalastzeit). Die mykenische Zivilisation der Bronzezeit im später als Griechenland (einschließlich Westkleinasien) bezeichneten Raum (15.-12. Jahrhundert v.Chr.) war durch die jüngere Palastzeit Kretas (17.-14. Jahrhundert v.Chr.) beeinflusst und zeichnete sich insbesondere durch monumentale (befestigte) Palast- und Grabanlagen (Athen, Iolkos, Midea, Mykene, Orchomenos, Pylos, Theben, Tiryns) aus, Zentren von aus Siedlungen, Dörfern und Bauernhöfen bestehenden Herrschaftsbezirken mit stark zentralistisch-hierarchischer Struktur unter der Führung eines "Königs" (wanaka), auch ökonomische Zentren der Abgabenerhebung, Produktion und Redistribution (Linear B-Schrift, Handelsaktivitäten im östlichen Mittelmeerraum). Strukturelle Schwächen brachten die auf den Palast ausgerichtete, für Krisen anfällige Wirtschaft der mykenischen Zivilisation an der Wende vom 13. zum 12. Jahrhundert v.Chr. aus dem Gleichgewicht; die Palaststaaten gingen (in einer ökonomischen und organisatorischen Katastrophe) unter, während sehr wohl auf lokaler Ebene (Attika, Euboia, Kos, Kykladen, Rhodos: Lefkandi, Nichoria) Kontinuitäten, ein Bevölkerungswachstum und mitunter eine wirtschaftliche Blütezeit zu beobachten sind (12.-11. Jahrhundert v.Chr.: postpalatiale Epoche; 12.-9. Jahrhundert v.Chr.: Dunkle Jahrhunderte).

"Dunkle Jahrhunderte", archaische Zeit

Die mykenische Zivilisation im später als Griechenland (einschließlich Westkleinasien) bezeichneten Raum (15.-12. Jahrhundert v.Chr.) war durch die jüngere Palastzeit Kretas (17.-14. Jahrhundert v.Chr.) beeinflusst und zeichnete sich insbesondere durch monumentale (befestigte) Palast- und Grabanlagen (Athen, Iolkos, Midea, Mykene, Orchomenos, Pylos, Theben, Tiryns) aus, Zentren von aus Siedlungen, Dörfern und Bauernhöfen bestehenden Herrschaftsbezirken mit stark zentralistisch-hierarchischer Struktur unter der Führung eines "Königs" (wanaka), auch ökonomische Zentren der Abgabenerhebung, Produktion und Redistribution (Linear B-Schrift, Handelsaktivitäten im östlichen Mittelmeerraum). Strukturelle Schwächen brachten die auf den Palast ausgerichtete, für Krisen anfällige Wirtschaft der mykenischen Zivilisation an der Wende vom 13. zum 12. Jahrhundert v.Chr. aus dem Gleichgewicht; die Palaststaaten gingen (in einer ökonomischen und organisatorischen Katastrophe) unter, während sehr wohl auf lokaler Ebene (Attika, Euboia, Kos, Kykladen, Rhodos: Lefkandi, Nichoria) Kontinuitäten, ein Bevölkerungswachstum und mitunter eine wirtschaftliche Blütezeit zu beobachten sind (12.-11. Jahrhundert v.Chr.: postpalatiale Epoche; 12.-9. Jahrhundert v.Chr.: Dunkle Jahrhunderte).
Die "Renaissance" des archaischen Griechenlands beginnt im 8. Jahrhundert v.Chr. und ist - auch als Spiegel der damaligen griechischen Gesellschaft(en) - besonders durch die Epen Homers (Ilias, Odyssee) charakterisierbar, was das Eindringen von Schriftlichkeit (griechisches Alphabet), die wirtschaftliche und soziale Bedeutung des oikos ("Hausgemeinschaft"), die gesellschaftliche Ordnung und Schichtung vom basileus (bzw. von den basileis) und der Aristokratie bis hinunter zu den laoi und dem demos betrifft. Parallel dazu war es die ("große") griechische Kolonisation (8.-6. Jahrhundert v.Chr.) als Abfolge von Unternehmungen griechischer Siedler aus Orten des Mutterlandes, die griechische Kultur und Gesellschaft im Mittelmeerraum und an den Küsten des Schwarzen Meeres verbreiteten (Pithekoussai [ca.750 v.Chr.], Katane, Leontinoi, Megara Hyblaia, Naxos, Syrakus [735/05 v.Chr.], Parion [709 v.Chr.], Kalchedon [ca.685 v.Chr.], Byzantion [ca.660 v.Chr.], Istros [657 v.Chr.], Olbia [647 v.Chr.], Kyrene [632 v.Chr.], Massilia [ca.600 v.Chr.] usw.). Meist unter aristokratischer Führung siedelten Griechen in Süditalien, auf Sizilien usw. im Mit- und Gegeneinander zu indigenen Bevölkerungsgruppen (Incoronata, Metapont, Siris; "Hellensierung" der indigenen Bevölkerung). Im Mutterland und in den "Kolonialgebieten" entstanden in komplexen politisch-gesellschaftlichen Vorgängen die Poleis, die griechischen Stadtstaaten (Stadt und Umland [Dörfer]), die als souveräne Personenverbände unterschiedliche gesellschaftliche Schichten einschlossen und dennoch in der Parallelität ihrer Entwicklung ein Phänomen griechischer Kultur waren. Bis zu tausend griechische Poleis sollten entstehen, wobei frühe Stadtformen (Agora, Tempelbezirk, rechtwinkliges Straßensystem) ins 8./7. Jahrhundert v.Chr. datieren. Die Polis als sich verdichtender Personenverband war insbesondere zunehmend institutionell verankert (Ämterverfassung und Kollegialität, Ratsorgane, Volksversammlungen; Entscheidungsprozesse; Eunomia) (Athen, Dreros). Kolonisation und Poleis sind dabei auch Resultate von krisenhaften Entwicklungen in der archaischen Zeit Griechenlands (7./6. Jahrhundert v.Chr.; Bevölkerungsanstieg, klimatische Störungen, soziale Verwerfungen). In der Zeit der Ausbildung der archaischen Poleis lassen sich die Lebenswelten der Bauern (Hesiod; oikos, Eliten [basileis, hegemones], Kleinbauern und Schuldner, Schuldknechtschaft), der Aristokratie (aristokratische Merkmale [körperliche Kraft und Schönheit, Krieg, Redekunst, Reichtum, Ruhm], über die einzelne Polis hinausgehende Interessen Adliger [panhellenische Zentren Delphi, Olympia], aristokratische Netzwerke [Symposion]) und der Polisbürger (Krieg [Hoplitenphalanx] und politische Teilhabe [Partizipation]) gut ausmachen (Askra, Athen, Kyrene, Sikyon). Dabei geriet gerade der aristokratische Lebensstil mit seinen Idealen und Wertvorstellungen zunehmend in die Kritik (7./6. Jahrhundert v.Chr.; archaische Lyriker [Archilochos, Tyrtaios]). Ausfluss aristokratischen Konkurrenzverhaltens war nicht zuletzt die damals in manchen Poleis (auch auf Grund von staseis) aufkommende Tyrannis, die aristokratisch-oligarchische Herrschaftsformen verdrängte (Korinth: Bakchiaden, Periander; Samos: Polykrates; Athen: Peisistratos). Am Ende der archaischen Epoche standen für Athen das Ende der Tyrannis (Vertreibung des Hippias) und die Reformen des Adligen Kleisthenes bei verstärkter politischer Mitsprache der Bürger (509/08 v.Chr.; Demen, Phylen und Trittyen, Rat der Fünfhundert, Ratsherren).

Griechische Poleis (8.-1. Jahrhundert v.Chr.)

Die "Poliszeit" der griechischen Antike lässt sich wie folgt unterteilen: Archaische Zeit (8.-6. Jahrhundert), klassische Zeit (5.-4. Jahrhundert), hellenistische Epoche (3.-1. Jahrhundert v.Chr.), römische Zeit (1. Jahrhundert v.Chr.-4. Jahrhundert n.Chr.). Die archaische Zeit ist dabei geprägt von der Ausbildung und Ausbreitung der griechischen Poleis, d.h. es entwickelten sich kleinere staatliche Gemeinschaften im griechischen Mutterland (Griechenland, kleinasiatische Ägäisküste) und im durch Kolonisationstätigkeit neu geschaffenen griechischen Siedlungsgebiet (Unteritalien und Sizilien [Großgriechenland], nördliche Ägäis, Schwarzes Meer). Hinter der Ausbildung der Poleis, der Stadtstaaten (mit jeweils einer Stadt als politischer, wirtschaftlicher und kultureller Mittelpunkt [in etwa: Asty] und dem umliegenden Land [Chora]), standen zweifelsohne wirtschaftliche, soziale und verfassungsgeschichtliche Entwicklungen, die grob mit Bevölkerungswachstum im griechischen Kerngebiet und damit verbundenen wirtschaftlich-sozialen Engpässen bei einer Verbreiterung der im Stadtstaat politisch wirksamen Gruppen umrissen werden können. Im einzelnen ist in der früharchaischen Zeit ein Übergang vom damaligen Königtum (Monarchie) hin zu einer Adelsherrschaft (Aristokratie) zu konstatieren. Ab dem 7./6. Jahrhundert findet man - zusammenhängend mit dem Wandel in der Kriegstechnik (Hopliten [Schwerbewaffnete], Phalanx) - auch die teilweise politische Mitwirkung des vorher auf das Akklamatorische beschränkten Demos am Stadtstaat (Volksversammlung). Dabei zeigt sich in einigen Poleis eine gewisse Instabilität, als deren Kennzeichen einerseits das Auftreten von Gesetzgebern (Lykurg von Sparta, Drakon, Solon von Athen), andererseits das von Tyrannen (Kleisthenes von Sikyon, Pittakos von Mytilene, Kypselos von Korinth) gelten kann. Den Unterbau der Stadtstaaten bildeten in der archaischen, aristokratisch geprägten Zeit gentilizische Verbände wie Phylen (Stämme), Phratrien (Bruderschaften) und Gene (Geschlechter), wobei sich auch Zusammenhänge dieser Gemeinschaften mit den adligen Gefolgschaften ergeben. Im griechischen Mutterland und im Kolonisationsgebiet bildeten sich in der archaischen Zeit also Hunderte von Stadtstaaten aus, wobei zwei Poleis sicher Ausnahmeerscheinungen waren: Sparta und Athen. Sie unterschieden sich in ihrer Größe beträchtlich von den anderen Stadtstaaten, zumal Sparta, das sich neben Lakonien in zwei Kriegen das benachbarte Messenien einverleiben konnte und damit zur Führungsmacht auf dem Peleponnes wurde. An bedeutsamen Poleis dieser Zeit sind noch zu nennen: Korinth, Argos, Chalkis, Eretria, Milet, Phokaia. Nicht zu vergessen ist, dass es neben den Stadtstaaten vor allem im Nordwesten Griechenlands noch Stammesstaaten ohne Polisbildung gegeben hat. Die archaische Zeit ist auch in kultureller Hinsicht sehr wichtig. Die Ausbildung der Schrift dank des von den Phönikern übernommenen Alphabets gehört ebenso hierher wie die Werke des Homer ("Ilias", "Odyssee") oder die des Hesiod ("Werke und Tage", Theogonie). Griechische Sprache wurde auch ein wichtiges Abgrenzungsmerkmal gegenüber den Nicht-Griechen, den Barbaren (Gemoll: "barbaros: unverständlich sprechend, fremdsprachig, stammelnd"). Es gab dabei verschiedene griechische Dialekte, wovon hier nur das Ionisch-Attische, das Aiolische und das Westgriechische (Dorisches, Nordwestgriechisches) genannt wird. Auch die ionische Naturphilosophie - ein neues Weltbild, nicht nur auf mythischen Grundlagen - gehört hierher und damit die Reflexion über Mensch und Umwelt, wie sie von den ("neu auftretenden") Philosophen Thales, Anaximander, Anaximenes (alle) von Milet, Xenophanes von Kolophon oder Pythagoras von Samos vermittelt wurde. Die Umwälzungen an der Wende vom 6. zum 5. Jahrhundert - charakterisiert durch den innenpolitischen Wandel in Athen und durch die Perserkriege - leiten die sog. klassische Zeit ein. Die Perserkriege haben dabei ganz Griechenland getroffen: Mit der Beseitigung des westkleinasiatischen Lyderreiches durch die Perser (546) umfasste nämlich deren Reich den ganzen Vorderen Orient (etwas später einschließlich Ägyptens) und reichte bis zur Ägäis, wo ein Aufstand der ionischen Städte erfolgreich unterdrückt werden konnte (500-494). Der Versuch, auch Griechenland dem Perserreich einzuverleiben, scheiterte indes in den Feldzügen des Datis und Artaphernes (490) bzw. des Perserkönigs Xerxes (481-479) bei Marathon (490) bzw. in der Seeschlacht von Salamis (480) und der Landschlacht bei Plataia (479), mithin am (fast) gemeinsamen Widerstand der Griechen (Sparta, Athen). Persien geriet in der Folgezeit im ägäischen Raum in die Defensive und musste dort dem 1. Attischen Seebund, einem Bündnis von Ägäisstädten unter der Führung Athens, das Feld überlassen. Der Krieg des Seebundes gegen Persien (469/66 Schlacht am Eurymedon, 453 mißlungener Feldzug in Ägypten) zog sich dabei bis zum Kalliasfrieden hin (449), wobei aus der hegemonialen Stellung Athens im gleichberechtigten Bündnis bald ein attisches Reich wurde, in dem die athenische Demokratie bestimmte. Sparta hatte sich aus dem Kampf des Attischen Seebundes mit Persien herausgehalten. Außerdem kühlte in der Zeit der von Thukydides sogenannten Pentekontaetie (478-431) das Verhältnis zwischen den beiden Hauptmächten in Griechenland, Athen und Sparta, zunehmend ab (464 Helotenaufstand, 457 Schlacht bei Tanagra, 446 30-jähriger Frieden zwischen Athen und Sparta). Die Gegensätze mündeten schließlich im sog. Peleponnesischen Krieg zwischen dem Peleponnesischen Bund Spartas und dem Seebund Athens (431-404), veranlaßt u.a. durch die Annäherung der Insel Korkyra an Athen (435) und den Abfall Potideias (432). Die erste Phase, der Archidamische Krieg (431-421), war geprägt von wiederholten Einfällen der Spartaner nach Attika, worauf sich die Athener hinter die Befestigungen der Stadt (Lange Mauern) zurückzogen und dank der Thalassokratie Athens über das Meer versorgt werden konnten (430/29 Pest in Athen). Während athenische Expeditionen zur See erfolgreich waren (429 Naupaktos, 425 Pylos/Sphakteria), endeten Landschlachten in Boiotien und in Thrakien für die Seemacht mit Niederlagen (424 Delion, 422 Amphipolis). Der 421 geschlossene Nikias-Frieden brachte aber für Griechenland keine Ruhe, sondern nur Stellvertreterkriege: Sparta siegte über eine Koalition unter der Führung von Argos (418 Mantinea), Athen annektierte das neutrale Melos (416) und rüstete eine Expedition gegen Syrakus aus (415-413), die mit der totalen Niederlage des nach Sizilien gesandten Heeres endete. Mit der Festsetzung spartanischer Truppen in Dekeleia, einer Festung in Attika, begann die Endphase des Peleponnesischen Krieges, der sog. Dekeleische Krieg (413-404). Unterstützt durch ein Bündnis mit Persien (412), gelang es Sparta und seinen Verbündeten Athen auch zur See in die Defensive zu drängen; Seesiegen der Athener (410 Kyzikos, 406 Arginusen) stand die Vernichtung der athenischen Flotte in der Schlacht bei Aigospotamoi (405) gegenüber. Dadurch musste auch die von der Getreideversorgung abgeschnittene Stadt Athen kapitulieren. Der Sieger von Aigospotamoi, der Spartaner Lysander, rückte in Athen ein und installierte die Oligarchie der sog. Dreißig Tyrannen, die in Athen eine Diktatur ausübten (404/03), bei harten Friedensbedingungen für Athen (Auflösung des Attischen Seebundes, Schleifung der athenischen Mauern usw.). Die Jahre nach dem Peleponnesischen Krieg standen unter der Vormacht Spartas, das ihm genehme Regierungen in den abhängigen Stadtstaaten installierte; lediglich in Athen setzte sich die Demokratie wieder durch (403). Die Wiederaufnahme des Krieges gegen das Perserreich durch Sparta - dem Krieg ging der von Xenophon geschilderte "Zug der Zehntausend" zur Unterstützung des Thronprätendanten Kyros des Jüngeren voraus (401/00) - hatte die Befreiung der preisgegebenen kleinasiatischen Griechenstädte zum Ziel, führte aber zu keinem weitergehenden Erfolg. Im Korinthischen Krieg (395-386) kämpfte eine von Persien unterstützte Koalition aus Korinth, Argos, Athen und Theben gegen Sparta. Beendet wurde dieser Krieg durch den sog. Königsfrieden, einem persischen Diktat, das die Autonomie aller griechischen Stadtstaaten außerhalb Kleinasiens zum Inhalt hatte. Sparta behielt zwar noch die Führung in Griechenland, doch gab es bald Konkurrenz in Form des 2. Attischen Seebundes (377) und des Boiotischen Bundes unter Führung Thebens (379). Das Zusammentreffen von Sparta und Theben endete dabei mit der spartanischen Niederlage bei Leuktra (371) und der Verselbständigung Messeniens (369). Nach der Schlacht bei Mantinea (362) gab es schließlich keine größeren Machtbildungen im griechischen Kerngebiet. Die (machtpolitische) Zukunft gehörte den makedonischen Königen Philipp II. und Alexander dem Großen (338 Chaironeia), der Eroberung des Perserreiches durch Alexander und der Ausbildung der hellenistischen Großreiche der Diadochen (Ptolemaier, Seleukiden, Antigoniden). Griechenland war in die hellenistische Epoche eingetreten, was für die Stadtstaaten - wie Athen - nicht unbedingt einen Bruch bedeutete, wenn auch die Autonomie der griechischen Städte gerade gegenüber Makedonien oftmals umkämpft war. Das Vordringen Roms vom Westen her und seit dem 2. Jahrhundert v.Chr. leitete dann die Zeit der Poleis im Provinzialsystem des römischen Reiches und damit die römische Epoche ein. Die kulturelle Entwicklung Griechenlands, d.h. Athens, in klassischer Zeit war gekennzeichnet u.a. literarisch durch die Tragödie (Aischylos, Sophokles, Euripides), Komödie (Aristophanes) und die Geschichtsschreibung (Herodot, Thukydides), philosophisch durch das Auftreten der Sophisten, der "Weisheitslehrer", von denen die bedeutendsten Protagoras aus Abdera und Gorgias aus Leontinoi waren, und der Naturphilosophie vermittelnden Philosophen, u.a. Anaxagoras von Klazomenai.

Klassische Zeit

Die Umwälzungen an der Wende vom 6. zum 5. Jahrhundert v.Chr. - charakterisiert z.B. durch den innenpolitischen Wandel in Athen und durch die Perserkriege - leiten die sog. klassische Zeit ein. Die Perserkriege haben dabei ganz Griechenland getroffen: Mit der Beseitigung des westkleinasiatischen Lyderreiches durch die Perser (546 v.Chr.) umfasste nämlich deren Reich den ganzen Vorderen Orient (etwas später einschließlich Ägyptens) und reichte bis zur Ägäis, wo ein Aufstand der ionischen Städte erfolgreich unterdrückt werden konnte (500/494 v.Chr.). Der Versuch, auch Griechenland dem Perserreich einzuverleiben, scheiterte indes in den Feldzügen des Datis und Artaphernes (490 v.Chr.) bzw. des Perserkönigs Xerxes (481/79 v.Chr.) bei Marathon (490 v.Chr.) bzw. in der Seeschlacht von Salamis (480 v.Chr.) und der Landschlacht bei Plataia (479 v.Chr.), mithin am (fast) gemeinsamen Widerstand der Griechen (Sparta, Athen; Hellenenbund). Ausfluss der Perserkriege war die "Erfindung von Hellas" wohl nicht als "Ursprungsmythos Europas", sondern als griechisches "Geschichts- und Weltbild", das fortan die klassische Zeit Griechenlands prägen sollte (Perserkriegserinnerung als "gemeingriechischer Bezugspunkt" -> "gesamtgriechische Identität" [griechische Freiheit <-> persischer Despotismus, Okzident <-> Orient] -> griechische Kulturäußerungen [Denkmäler, attische Tragödie, Geschichtsschreibung (Herodot)]. Auch die griechischen Kolonien auf Sizilien waren insofern von den Perserkriegen betroffen, als dass - wohl eher zufällig zeitgleich mit den Entwicklungen in Griechenland - ein karthagisches Heer bei Himera durch die Truppen des syrakusanischen Tyrannen Gelon (†478 v.Chr.) besiegt wurde (480 v.Chr.).
Persien geriet in der Folgezeit im ägäischen Raum in die Defensive und musste dort dem 1. Attischen Seebund (478/77-404 v.Chr.), einem Bündnis von Ägäisstädten unter der Führung Athens, das Feld überlassen. Der Krieg des Seebundes gegen Persien (469/66 Schlacht am Eurymedon, 454 misslungener Feldzug in Ägypten) zog sich dabei bis zum Kalliasfrieden hin (449 v.Chr.), wobei aus der hegemonialen Stellung Athens im gleichberechtigten Bündnis bald ein attisches Reich wurde, in dem die sich weiter eher "situationsbedingt" ausbildende athenische Demokratie (Konkurrenz innerhalb der athenischen Aristokratie, Masse und Elite) weitgehend das Geschehen bestimmte. Dabei kam es auch in anderen Poleis Griechenlands und nicht nur im Bereich des Attischen Seebunds zu demokratischen Entwicklungen, während andere (mächtige) Stadtstaaten wie Aigina, Korinth oder Theben aristokratisch-oligarchisch regiert wurden. Sparta, die Vormacht auf der Peleponnes (Lakonien, Messenien) und Hegemonialmacht des weite Teile dieser Halbinsel umfassenden Peleponnesischen Bundes, hatte sich aus dem Kampf des Attischen Seebundes mit Persien herausgehalten. Eine Erdbebenkatastrophe in Lakonien (464 v.Chr.) und der daran anschließende (Heloten-) Aufstand im Sparta unterworfenen Messenien ließ zudem durch "ideologische Radikalisierung" einen spartanischen "Kriegerstaat" "alt-neuer Ordnung" vollends entstehen. Außerdem kühlte sich - damit zusammenhängend - das Verhältnis zwischen den beiden Hauptmächten in Griechenland, Athen und Sparta, zunehmend ab und wich einer Polarisierung zwischen den Mächten. Athen verbündete sich mit Argos, dem Hauptgegner Spartas auf der Peleponnes (461 v.Chr.), und weiter mit Megara, was einen Konflikt mit dem benachbarten Korinth und schließlich den 1. Peleponnesischen Krieg mit Sparta (460/46 v.Chr.) heraufbeschwor (457 athenische Niederlage bei Tanagra, 457/56 Unterwerfung Aiginas unter Athen, 454 athenische Flottenaktionen im Korinthischen Golf, 451 Waffenstillstand, 447 Kämpfe in Boiotien, 446 athenische Niederlage bei Koroneia, 446 Dreißigjähriger Frieden zwischen Athen und Sparta). IV. Auch nach dem Dreißigjährigen Frieden blieben die Spannungen zwischen Athen, das sein Einflussgebiet weiter ausdehnte (445 Thrakien, 444/43 Neugründung von Thurioi, 438 Flottenexpedition ins Schwarze Meer, 437 Kolonie Amphipolis), seine Machtstellung im Seebund stärkte (Eingriffe in die Autonomie der Seebundsmitglieder und Straffung des athenischen Regiments, 446 Niederschlagung des Aufstandes euboiischer Bündnerpoleis, 441/39 Intervention auf Samos) und das "perikleische Zeitalter" durchlebte (Demokratie, Baumaßnahmen auf der Athener Akropolis [Parthenon, Propyläen, Niketempel, Dionysostheater]), und Sparta, das sich innenpolitisch weiter konsolidierte, bestehen. Die Gegensätze mündeten schließlich im sog. (2.) Peleponnesischen Krieg zwischen dem Peleponnesischen Bund Spartas und dem Seebund Athens (431-404 v.Chr.), veranlasst u.a. durch die Annäherung der Insel Korkyra an Athen (435) und den Abfall Potideias (432).
Die erste Phase des Peleponnesischen Krieges, der Archidamische Krieg (431-421 v.Chr.), war geprägt von wiederholten Einfällen der Spartaner nach Attika, worauf sich die Athener hinter die Befestigungen der Stadt (Lange Mauern) zurückzogen und dank der Thalassokratie Athens über das Meer versorgt werden konnten (430/29 Pest in Athen). Während athenische Expeditionen zur See erfolgreich waren (429 Schlacht von Naupaktos, 425 Einschluss von Spartanern auf Pylos/Sphakteria), endeten Landschlachten in Boiotien und in Thrakien für die Seemacht mit Niederlagen (424 Schlacht bei Delion, 422 Schlacht bei Amphipolis). Der schließlich abgeschlossene Nikias-Frieden (421 v.Chr.) brachte aber für Griechenland keine Ruhe, sondern nur einen "Kalten Krieg" und Stellvertreterkriege (421-413 v.Chr.): Sparta siegte über eine Koalition unter der Führung von Argos (418 Schlacht bei Mantinea), Athen annektierte das neutrale Melos (416 v.Chr.) und rüstete eine Expedition gegen Syrakus aus (415-413 v.Chr.), die mit der totalen Niederlage des nach Sizilien gesandten Heeres endete. Mit der Festsetzung spartanischer Truppen in Dekeleia, einer Festung in Attika, begann die Endphase des Peleponnesischen Krieges, der sog. Dekeleische Krieg (413-404 v.Chr.). Unterstützt durch ein Bündnis mit Persien (412421 v.Chr.), gelang es Sparta und seinen Verbündeten Athen auch zur See in die Defensive zu drängen; Seesiegen der Athener (410 Seeschlacht bei Kyzikos, 406 Seeschlacht bei den Arginusen) stand die Vernichtung der athenischen Flotte in der Schlacht bei Aigospotamoi (405 v.Chr.) gegenüber. Dadurch musste auch die nunmehr von der Getreideversorgung abgeschnittene Stadt Athen kapitulieren. Der Sieger von Aigospotamoi, der Spartaner Lysander, rückte in Athen ein und installierte die Oligarchie der sog. Dreißig Tyrannen, die in Athen eine Diktatur ausübten (404/03 v.Chr.), bei harten Friedensbedingungen für Athen (Auflösung des Attischen Seebundes, Schleifung der athenischen Mauern usw.).
Die Jahre nach dem Peleponnesischen Krieg standen unter der Vormacht Spartas, das ihm genehme Regierungen in den abhängigen Stadtstaaten installierte; lediglich in Athen setzte sich die Demokratie wieder durch (403 v.Chr.). Die Wiederaufnahme des Krieges gegen das Perserreich durch Sparta - dem Krieg ging ein von griechischen Söldnern unternommener "Zug der Zehntausend" zur Unterstützung des persischen Thronprätendanten Kyros des Jüngeren voraus (401/00 v.Chr.) - hatte die Befreiung der preisgegebenen kleinasiatischen Griechenstädte zum Ziel, führte aber zu keinem weitergehenden Erfolg (400/394 v.Chr.). Im Korinthischen Krieg (395-386 v.Chr.) kämpfte eine von Persien unterstützte Koalition aus Korinth, Argos, Athen und Theben gegen Sparta. Beendet wurde dieser Krieg durch den sog. Königsfrieden (386 v.Chr.), einem persischen Diktat, das die Autonomie aller griechischen Stadtstaaten außerhalb Kleinasiens zum Inhalt hatte. Sparta behielt zwar noch die Führung in Griechenland, doch gab es bald Konkurrenz in Form des 2. Attischen Seebundes (377 v.Chr.) und des Boiotischen Bundes unter Führung Thebens (379 v.Chr.). Das Zusammentreffen von Sparta und Theben endete dabei mit der spartanischen Niederlage bei Leuktra (371 v.Chr.) und der Verselbständigung Messeniens (369 v.Chr.). Nach der Schlacht bei Mantinea (362 v.Chr.) gab es schließlich keine größeren Machtbildungen im griechischen Kerngebiet ("Agon ohne Ausweg"). Auf Sizilien hatten die karthagisch-griechischen Auseinandersetzungen an der Wende vom 5. zum 4. Jahrhundert v.Chr. (410 karthagische Eroberung von Selinus, 406 Kämpfe um Akragas, 405 karthagisches Friedensdiktat, 398/97 karthagische Belagerung von Syrakus) die griechischen Poleis sehr geschwächt. Dem Tyrannen Dioynsios I. von Syrakus (405-367 v.Chr.) gelang daher die Einbeziehung vieler sizilischer und kalabrischer griechischer Poleis in sein Herrschaftsgebiet (393, 382/74, 367 Karthagerkriege). Unter Dionysios II. (367-343 v.Chr.) zerfiel allerdings die von dessen Vater zusammengebrachte Herrschaft. Die (machtpolitische) Zukunft im politisch destabilisierten Griechenland gehörte den makedonischen Königen Philipp II. (359-336 v.Chr.) und Alexander III. dem Großen (336-323 v.Chr.); Makedonien trat als neue Macht neben die alten und sollte Letztere verdrängen (357/55 Bundesgenossenkrieg im 2. Attischen Seebund; 357, 352, 349 Einbeziehung von Amphipolis, Thessalien und Olynth in den makedonischen Machtbereich; 356/46 3. Heiliger Krieg). Die Schlacht von Chaironeia (338 v.Chr.) im "letzten hellenischen Freiheitskrieg" besiegelte dann auch die Abhängigkeit der griechischen Stadtstaaten von den Makedonenkönigen bei gleichzeitigem Aufkommen einer "hellenischen Renaissance" (Timoleons Neuordnung Siziliens; athenische Restauration [Eubolos]). Es folgten auf dem griechischen Festland der Aufstand Thebens gegen König Alexander und die Zerstörung der Stadt (335 v.Chr.) sowie ein Aufstand des spartanischen Königs Agis IV. (333/31 v.Chr.)

Athenische Demokratie (6.-4. Jahrhundert v.Chr.)

Die innere Entwicklung Athens von der archaischen bis zur klassischen Zeit lässt sich zum Teil an den allgemeinen Entwicklungen der griechischen Stadtstaaten zwischen dem 8. und dem 5. Jahrhundert v.Chr. festmachen. Ein Übergang vom (mythischen) Königtum (etwa eines Theseus) zur Adelsherrschaft läßt sich (zumindest in der politischen Theorie der klassischen Zeit) zu Anfang des 7. Jahrhunderts v.Chr. erkennen. Im 7. und beginnenden 6. Jahrhundert v.Chr. sind es die wirtschaftlichen Probleme der attischen Kleinbauern (Schuldknechtschaft) und die Einbeziehung einer größeren Bevölkerungsschicht in das politische System Athens, die im Vordergrund der Entwicklung stehen. Zu nennen sind hier die Rechtsreform des Drakon (um 624 v.Chr.) sowie die wirtschaftlichen und politischen Maßnahmen Solons (594 v.Chr.); letztere sind insbesondere wichtig in Hinblick auf eine sich ausbildende politische Verantwortung des Einzelnen in der Polis und auf den Gedanken der Verfügbarkeit der gesellschaftlichen Ordnung (Eunomie) aufgrund von Gesetzen. Die solonische Verfassung war dabei ein Zensussystem grundbesitzender Bürger, das die politische Mitsprache abhängig vom Reichtum machte und damit von der Verfügbarkeit des Einzelnen im athenischen Heer. Es gab vier Vermögensklassen (Pentakosiomedimnoi, Hippeis, Zeugiten [Hopliten], Theten), verteilt auf vier Phylen, die je 100 Mann in den Rat der Vierhundert (Bule) schickten. Daneben gab es die Volksversammlung (Ekklesia; <-> Heliaia), den Areopag (Adelsrat) und ein aus neun Archonten bestehendes Gremium mit archon eponymos, archon polemarchos, archon basileus und sechs Thesmotheten (Richtern). dass weiter Spannungen in Athen auftraten, ergibt sich aus der Tyrannis des Peisistratos (560-527 v.Chr.) und seiner Söhne Hippias und Hipparch (527-514/10 v.Chr.). Die solonische Verfassung blieb weiterhin in Kraft, wobei die adligen Familien aber in den Hintergrund gedrängt wurden. So brachte die Abschaffung der Tyrannis durch Kleisthenes (510 v.Chr.) auch keine aristokratische Restauration, sondern eine stärkere Einbindung der Hopliten (und später der Theten) in das politische System. Dies geschah zunächst auf lokaler Ebene, wo zehn (neue) lokale Phylen geschaffen wurden, deren jede aus drei Trittyen (Drittel) aus der Stadt (Asty), dem Binnenland (Mesogeion) und der Küste (Paralia) bestand. Die Phylen brauchten nicht geographisch zusammenhängend sein, hatten aber als Grundlage die Demen, die lokalen Einheiten Attikas (Dörfer, Stadtbezirke), wonach sich übrigens auch die Athener in ihrem "Nachnamen" (= Demotikon) nannten. Jede Phyle entsandte nun 50 Mann in den Rat der Fünfhundert (Bule) und stellte für das athenische Heer 1000 Mann unter einem Strategen, wobei die Strategen von der Volksversammlung gewählt wurden. Mit der Reform des Kleisthenes war für die am politischen Geschehen Beteiligten zumindest die (rechtliche) Gleichheit erreicht (Isonomia). Damit zusammenhängend, verhinderte die Verbannung von politisch einflußreichen Bürgern (wie Themistokles) durch den Ostrakismos (Scherbengericht), also durch das Urteil eines ca. 6000 Mann umfassenden Gremiums, die Konzentration politischer Macht in den Händen eines Einzelnen (Tyrannis) oder einer Gruppe (Oligarchie). Die Reformen hin zu einer Demokratie gingen in der 1. Hälfte des 5. Jahrhunderts v.Chr. weiter, wobei hier mit der Auslosung der Archonten (487/86 v.Chr.), der Einbeziehung der für die neu geschaffene athenische Flotte so wichtigen Theten und der Entmachtung des Areopags (462/61 v.Chr.) nur einige Entwicklungen angesprochen werden. Demokratie bedeutet aber in diesem Zusammenhang, dass von den geschätzten 250.000 bis 300.000 Einwohnern Attikas nur ein Bruchteil in der Volksversammlung direkt bestimmen und abstimmen konnte. Denn nicht zugelassen waren Frauen und Kinder, Sklaven und Metöken (Mitwohner), zugelassen nur derjenige erwachsene männliche Bürger, der auch athenische Eltern besaß. So waren vielleicht 10-15% der Einwohner Attikas, rund 30.000 bis 35.000 Männer, an der athenischen Demokratie beteiligt. Immerhin wurde in diesem engeren Kreis von Bürgern Demokratie gelebt und auch gedacht. Zentrales Organ (Souverän) war hierbei die Volksversammlung, in der jeder Bürger Rede-, Antrags- und Abstimmungsrecht hatte. Sie trat mehr als 40 Mal im Jahr zusammen und musste für wichtige Beschlüsse etwa 6000 Teilnehmer haben. Teile der Volksversammlung bildeten die Gerichte mit einer Mitgliederzahl zwischen 201 und 1501 Geschworenen, die Gerichte insgesamt das Volksgericht (Heliaia). Der Rat der Fünfhundert, der zehn mal fünfzig aus den Phylen erlosten Bürgern, war ein Koordinierungsgremium, das Beschlüsse der Volksversammlung vorberiet. Die Vertreter jeder Phyle leiteten dabei für ein Zehntel des Jahres als Prytanie die Geschäfte der Stadt. Die Beamten wurden im Fall der Archonten ausgelost, die Strategen und Finanzbeamten aber gewählt, da die Fähigkeiten der letzteren für das Wohl der Stadt entscheidend waren. Eine kontinuierliche Politik war dabei vorzugsweise über das Strategenamt gegeben, was z.B. Perikles ausnutzte. Auch kam der Demagogie, also der Beeinflussung der Volksversammlung bzw. der Gerichte durch einen Redner, große Bedeutung zu, wurde doch Perikles aufgrund von Autorität und Redekunst (Rhetorik) wiederholt ins Strategenamt gewählt (443-429 "Perikleisches Zeitalter"). Doch gerade während des Peleponnesischen Krieges kam der Demagogie gegenüber der Politik eine erhöhte Bedeutung zu ("radikale" Demokratie; 427 Mytilene, 415 Sizilienexpedition, 406 v.Chr. Arginusenprozeß), zumal wenn es um die "Wehrhaftigkeit" der Demokratie gegen äußere und innere Feinde ging. Es sei hier nur auf die oligarchischen Umstürze in den Jahren 411/10 und 404/03 v.Chr. verwiesen, aber auch darauf, dass die siegreichen Demokraten, etwa Thrasybulos im Jahre 403 v.Chr., zugunsten gesetzlich-demokratischer Maßnahmen auf eine blutige Rache verzichteten. Die Demokratie blieb bis in hellenistische Zeit Grundlage der athenischen Staatsordnung. Erst unter dem Einfluss Makedoniens und später der römischen Republik konnten oligarchische Tendenzen die Oberhand gewinnen.

Hellenismus

Nach der Ermordung seines Vaters, des Makedonenkönigs Philipp II. (336 v.Chr.), sicherte sich Alexander III. der Große (336-323 v.Chr.) die Macht im Königreich und die Vormacht in Griechenland (336 Alexander als Hegemon des Korinthischen Bundes, 335 Niederwerfung der auftständischen Thraker und Illyrer, 335 Zerstörung Thebens). Es folgte die Eroberung des Perserreiches: Vorbereitung des Feldzugs (335/34 v.Chr.), Übergang der makedonisch-griechischen Truppen nach Kleinasien (Troja, 334 v.Chr.), Schlacht am Granikos (334 v.Chr.), Schlacht bei Issos (333 v.Chr.), Belagerung von Tyrus (332 v.Chr.), Besetzung Ägyptens (332/31 v.Chr.), Orakel von Siwa, Schlacht bei Arbela/Gaugamela (331 v.Chr.), Einnahme Babylons, Vordringen nach Persien und Medien, Ermordung des Perserkönigs Dareios III. (336-330 v.Chr.) durch Bessos, (angebliche) Niederbrennung von Persepolis (330 v.Chr.), Vorstoß nach Baktrien (330/29 v.Chr.), Feldzug in Sogdien und Spitamenes (329-327 v.Chr.), Tötung des Kleitos (328/27 v.Chr.), Heirat Alexanders und Roxanes, Pagenverschwörung (327 v.Chr.), Indienfeldzug (326/25 v.Chr.) und Schlacht am Hydaspes (326 v.Chr.), Zug durch Gedrosien, Flottenexpedition des Nearchos (326/24 v.Chr.), Harpalos-Affäre (324 v.Chr.), Massenhochzeit in Susa, Revolte makedonischer Truppen in Opis, Tod Hephaistons (324 v.Chr.), Tod Alexanders (323 v.Chr.), Überführung des Leichnams nach Ägypten, politische Weichenstellungen nach dem Tod Alexanders durch die zukünftigen Diadochen.
Der Tod des Makedonenkönigs Alexander des Großen (323 v.Chr.), des Eroberers des Perserreichs, bedeutete Untergang und Zergliederung seines Reiches durch die Kämpfe um die Herrschaft, die von Alexanders ranghohen Offizieren und/oder Leibwächtern mit ihren Heeren in Asien, Afrika und Europa ausgefochten wurden. Alexander fungierte dabei als Folie, vor der die Kämpfe um die Herrschaft und die Rolle der makedonischen Königsdynastie der Argeaden stattfanden. Das Reich Alexanders ging dabei in einer ersten Etappe bis zum Jahr 316 v.Chr. unter; weitere Kriege sollten folgen, so dass die Kämpfe um die Macht bis zum Jahr 281 v.Chr. anhielten. Letztendlich entstand an der Wende vom 4. zum 3. Jahrhundert v.Chr. das hellenistische Staatensystems Griechenlands, Vorderasiens und Nordafrikas. Im Einzelnen lassen sich folgende machtpolitische Entwicklungen ausmachen: Lamischer Krieg (323/22 v.Chr.; Einschluss des makedonischen Heeres unter Antipater in Lamia, Entsatz und athenische Niederlage, Oligarchie in Athen, Selbstmord des Demosthenes); 1. Diadochenkrieg (321/20 v.Chr.; Feldzug des Perdikkas gegen Ägypten, seine Ermordung); Konferenz von Triparadeisos und Neuordnung der Herrschaft über das Alexanderreich (320 v.Chr.); 2. Diadochenkrieg (318/16 v.Chr.; Antigonos gegen Polyperchon, 317 Ermordung König Philipps III. von Makedonien, 317-307 Demetrios von Phaleron in Athen); 3. Diadochenkrieg (315/11 v.Chr.; Ptolemaios, Lysimachos und Kassander gegen Antigonos und Polyperchon, 315 Gründung Thessalonikes, 312 Schlacht von Gaza, 311 Seleukos in Baylonien); Ermordung des Alexandersohns Alexander IV. (310/09 v.Chr.); Kämpfe in Griechenland, in der Ägais und im östlichen Mittelmeerraum (309 Gründung Lysimacheias, 307 Antigonossohn Demetrios in Athen, 306 Schlacht bei Salamis [Zypern], 306 Annahme des Königstitels durch Antigonos und Demetrios, 305 Belagerung von Rhodos durch Demetrios, 305 Annahme des Königstitels durch Seleukos, 304 Annahme des Königstitels durch Ptolemaios); 4. Diadochenkrieg (302/01 v.Chr.; Ptolemaios, Seleukos, Lysimachos gegen Antigonos und Demetrios, 301 Schlacht bei Ipsos, Tod des Antigonos); Kampf um Makedonien (297 Tod des Kassander, 296/95 Belagerung und Einnahme Athens durch Demetrios, 294 Demetrios als makedonischer König, 292/89 Krieg zwischen Demetrios und Pyrrhos von Epeiros, 290 Gründung Demetrias'); 5. Diadochenkrieg (288/86 v.Chr.; Pyrrhos, Lysimachos, Seleukos, Ptolemaios gegen Demetrios, 287 Aufteilung Makedoniens, 285 Lysimachos Alleinherrscher in Makedonien, 283 Tod Demetrios'); 6. Diadochenkrieg (Seleukos gegen Lysimachos, 281 Schlacht bei Kuropedion, Ermordung des Seleukos).
Am Ende der Diadochenkämpfe (281 v.Chr.) hatten sich herausgebildet die hellenistischen Reiche der Seleukiden (Seleukos I. [311/04-281 v.Chr.], Antiochos I. [281-261 v.Chr.], ...), der Ptolemaier (Ptolemaios I. [323/05-283/82 v.Chr.], Ptolemaios II. [283/82-246 v.Chr.], ...) und der Antigoniden (Antigonos I. [306-301 v.Chr.], Demetrios [306-283 v.Chr.], Antigonos II. [283-239 v.Chr.], ...), die als Großmächte für das 3. Jahrhundert v.Chr. ein fragiles machtpolitisches Gleichgewicht schufen. Daneben enstanden die kleineren Königreiche Kappadaokien (ab 333 v.Chr.), Bithynien (ab 297/96 v.Chr.), Pergamon (ab 282/81 v.Chr.), Pontos (ab 281 v.Chr.), Armenien (ab 220 v.Chr.). Das Seleukidenreich war die flächenmäßig größte Monarchie und reichte vom westlichen Kleinasien bis zum Indus, wobei gerade die östlichen Provinzen alsbald nur lose bis gar nicht den seleukidischen Herrschers unterstanden (250? v.Chr.-10 n.Chr. Gräkobaktrisches Reich, 247 v.Chr.-224/26 n.Chr. Partherreich). In Ägypten, in Kyrene, in der südlichen Levante und teilweise in der Ägäis herrschten die Ptolemäer; Syrien und Palästina(Koilesyrien) blieben dabei in den fünf Syrischen Kriege (274-271, 260-253, 246-242, 221/19-217, 202-198/94 v.Chr.; 217 Schlacht bei Raphia) zwischen Ptolemäer- und Seleukidenreich umkämpft. Die Antigoniden beherrschten Makedonien nach Abwehr des Kelteneinfalls auf Makedonien und Griechenland (279/78 v.Chr.; 277 Keltensieg des Antigonos II. bei Lysimacheia, 276 makedonisch-antigonidisches Königtum) und das von Makedonien abhängige Griechenland (Akrokorinth, Chalkis, Demetrias als "Fesseln Griechenlands"); König Antigonos II. konnte sich im Chremonideischen Krieg (267-261 v.Chr.; Nesiotenbund) u.a. gegen die Ptolemäer behaupten. Auf der Peleponnes konnte der Achaische Bund eine erfolgreiche Expansionspolitik betreiben (251 Anschluss Sikyons, 229/21 Krieg gegen Sparta, 227 Umsturz in Sparta, König Kleomenes III., 221 spartanische Niederlage bei Sellasia), während der Ätolische Bund gegen den Hellenenbund eine Niederlage erlitt (Ätolischer Krieg 220/17 v.Chr.). In Kleinasien (Galatien) drangen die Kelten nach dem Sieg des Antigonos II. ein (275 Keltensieg Antiochos I. in der "Elefantenschlacht") und blieben für das westliche Kleinasien und das Königreich Pergamon weiterhin gefährlich. Das Seleukidenreich gelangte unter König Antiochos III. dem Großen (221-187 v.Chr.) zunächst zu vorheriger Machtfülle (220 Ausschaltung des Thronprätendanten Molon, 216/13 Niederwerfung des Achaios-Aufstands in Kleinasien [ab 220], 212/05 Ostfeldzug u.a. gegen das gräkobaktrische Reich, 200 Sieg am Paneion und Eroberung Koilesyriens).
Ab dem endenden 3. Jahrhundert v.Chr. hatten die hellenistischen Mächte im östlichen Mittelmeerraum mit der römischen Republik als uneingeschränkte Vormacht des westlichen Mittelmeers zu rechnen (264-241, 218-201 1., 2. punischer Krieg). Die makedonischen Könige Philipp V. (221-179 v.Chr.) und Perseus (179-168 v.Chr.) wurden im 1. römisch-makedonischen Krieg (211-205 v.Chr.; 205 Frieden von Phoinike), im 2. römisch-makedonischen Krieg (200-197 v.Chr.; 197 Schlacht bei Kynoskephalai, 196 römische Freiheitserklärung für Griechenland, 194 römische Räumung Griechenlands) und im 3. römisch-makedonischen Krieg (171-168 v.Chr.; 168 Schlacht bei Pydna) niedergerungen. Das Ende des makedonischen Königtums bedeutete die Aufteilung Makedoniens in vier Republiken, bis dort der Andriskosaufstand (149/48 v.Chr.) die Errichtung einer römische Provinz Macedonia erforderlich machte (148 v.Chr.). Dem Krieg Roms gegen den Achaischen Bund (147/46 v.Chr.) folgte die römische Provinz Achaia (146 v.Chr.). Auch waren alsbald das Seleukidenreich und König Antiochos III. vom Vordringen römischer Macht betroffen, wie der römisch-syrische Krieg (192-188 v.Chr.) zeigte (191 seleukidische Niederlage bei den Thermopylen, 190/89 Niederlage Antiochos' III. bei Magnesia, 188 Frieden von Apamea und Verlust des seleukidischen Kleinasien). Das Seleukidenreich - nunmehr nur noch eine Mittelmacht - zerfiel danach zusehends (168 misslungene Invasion Ägyptens durch Antiochos IV. [175-164 v.Chr.; Tag von Eleusis], 168/7-164 Aufstand der jüdischen Makkabäer, 135 Hasmonäerherrschaft über Judäa, 129 Partherfeldzug Antiochos' VII. [138-129 v.Chr.] und Verlust Mesopotamiens), bis der römische Feldherr Pompejus die römische Provinz Syria einrichtete (63 v.Chr.). Im Großen und Ganzen mit Rom eng verbunden war das im Verlauf des 3. Jahrhunderts v.Chr. zu einem eigenständigen Königreich aufgestiegene Pergamon, das sich über das westliche Kleinasien ausdehnte, sich gegen Kelten bzw. Galater und Seleukiden behaupten konnte und schließlich - neben der Insel Rhodos - der große territoriale Gewinner des Friedens von Apamea war; in ihrer Außenpolitik mussten sich die pergamenischen Könige Eumenes II. (197-159/8 v.Chr.), Attalos II. (159/8-138 v.Chr.) und Attalos III. (139/39-133 v.Chr.) an Rom orientieren, so dass Attalos III. die Römer als Erben seines Königreichs einsetzte und Letztere nach Überwindung des Aristonikos-Aufstands (133/29 v.Chr.) hier die Provinz Asia einrichteten. Die unter römischen Einfluss zurückgehende Macht der hellenistischen Großmächte sah - gut am Beispiel Pergamons erkennbar - die kleineren und mittleren Königreiche im Mit- oder Gegeneinander zu Rom zusehends gestärkt. Das Königreich Bithynien fiel durch Erbschaft an Rom (74 v.Chr.), während König Mithridates VI. von Pontos (120-63 v.Chr.) - letztlich erfolglos - auf Konfrontation mit den Römern setzte: 1. Mithridatischer Krieg (89/88-85 v.Chr.; 88 Vesper von Ephesos, 86 Plünderung Athens durch römische Truppen), 2. Mithridatischer Krieg (83-82 v.Chr.), 3. Mithridatischer Krieg (74-63 v.Chr., 64 römische Provinz Bithynia et Pontus). Einige Königreiche wie Armenien oder Judäa blieben als römische Klientelherrschaften bestehen, z.B. als Pufferstaaten zwischen Rom und dem Partherreich. Die letzte verbliebene hellenistische Macht war schließlich das ptolemäische Ägypten, das - auch innenpolitisch geschwächt - Kyrene (96 v.Chr.) und Zypren (58 v.Chr.) an die Römer verlor und schließlich massiv in die römischen Bürgerkriege einbezogen wurde (Königin Kleopatra VII. [51-30 v.Chr.]; 48/47 Alexandrinischer Krieg Caesars, 31 Schlacht bei Actium, 30 Selbstmord des Marcus Antonius und der Kleopatra); Ägypten wurde schließlich ebenfalls zu einer römischen Provinz (30 v.Chr.). Die hellenistische Staatenwelt war damit (politisch) untergegangen, der Hellenismus als Ausbreitung von griechischer Herrschaft, Kultur und Bildung (Monarchien, Poleis) wirkte gesellschaftlich und kulturell aber weiter nach.

Römische Kaiserzeit

Das Ende der römischen Bürgerkriege (Schlacht bei Actium 30 v.Chr.) und die faktische Alleinherrschäft des Oktavian, der als Einziger über die römischen Truppen und Soldaten verfügte (Treueidleistung) leitet traditionell die Geschichte von der römischen Republik zur römischen Kaiserzeit über. Mit der "Wiederherstellung" der Republik bei Weiterführung der republikanischen Institutionen (Wahlen, Ämter) und der Anerkennung von Oktavians Führungsanspruch durch Senat und Senatoren (27 v.Chr.) war die Machtstellung des princeps ("erster Bürger"), der den Ehrentitel Augustus erhielt, innerhalb dieser republikanischen Fassade durch immer wieder verlängerte Sondervollmachten hinreichend gesichert, der römische Senat teilweise an der Macht im römischen Reich beteiligt (senatorische, kaiserliche Provinzen; Provinzneuordnung). Die (informelle, formelle) Macht des Augustus (27 v.Chr.-14 n.Chr.), der zudem die tribunicia potestas und das imperium proconsulare erhielt (23/19 v.Chr.), beruhte dabei auf der Fiktion eines permanenten Staatsnotstands; Senatoren, Konsuln, Prätoren waren Zuträger dieser Macht. Nicht zuletzt um eines ausgeglichenen Staatshaushalts willen (angestrebte Balance zwischen Steueraufkommen und Ausgaben für das stehende Legionsheer [aerarium militare 6 n.Chr.]) betrieb Augustus eine expansive Außenpolitik (Erbschaft Galatien 25 v.Chr., Kantabrischer Krieg 25/19 v.Chr., Einbeziehung der Alpenregion bis zur Donau 25/15 v.Chr., misslungene Einbeziehung der Germania libera 12 v.Chr./9 n.Chr., Pannonischer Aufstand 6-9 n.Chr.), die aber auch eine Defensivstrategie bzgl. des Partherreiches beinhaltete (römisch-parthisches Abkommen 20 v.Chr.) oder auch Perspektiven des Friedens bediente (pax Augusta, Ara Pacis 13/9 v.Chr.). Hinsichtlich der Nachfolge im Prinzipat starben vorgesehene Personen der julisch-claudischen Herrscherfamilie vor Augustus, so dass Tiberius (14-37) unter Beipflichtung des Senats und unter Beibehaltung des von Augustus geschaffenen Herrschaftssystems dem Augustus als princeps nachfolgte.
Mit Tiberius setzte sich die julisch-claudische Kaiserdynastie fort. Tiberius brach die römischen Eroberungskriege zu Gunsten einer "gemäßigten Kriegspolitik" ab (Expeditionen des Germanicus in der Germania libera 14-16 n.Chr., Tod des Germanicus 19). Die Ausformung des Prinzipats nahm unter Tiberius weitere Gestalt an (Divinisierung des Augustus, Kaiserkult [Gebete, Opfer] in Italien und den Provinzen, Bedeutung von familiären Ereignissen im Kaiserhaus für die Untertanen [Entpolitisierung der Untertanenschaft], Denunziation [Prozess gegen Calpurnius Piso im Zusammenhang mit dem Tod des Germanicus 20]). Der (völlige) Rückzug des Tiberius nach Capri (26) ermöglichte den Aufstieg des Prätorianerpräfekten Sejan als "Ersatzkaiser", der aber gestürzt wurde (31). Die Beziehungen zwischen Kaiser und Senat blieben auch danach weiterhin durch Misstrauen geprägt. Nach dem Tod des Tiberius (37) wurde der Germanicussohn (Gaius Iulius Caesar) Caligula (37-41) dessen Nachfolger. Die römische Historiographie berichtet vom "Wahnsinn" dieses Kaisers, von dessen Willkür auch gegenüber den senatorischen Verfolgern seiner Familie sowie von Verschwörungen gegen den princeps, die letztlich zur Ermordung Caligulas führten (41). Mit Unterstützung der Prätorianer (gegen die Senatoren) gelangte danach (Tiberius) Claudius (Nero) (41-54) an die Macht. Auch unter Claudius blieben die Zerwürfnisse zwischen Kaiser und Senat bestehen; Misstrauen auf Seiten des Kaisers (Leibwache, Denunziationen, Todesurteile) und der große Einfluss der Ehefrauen auf den Kaiser, Messalina (ermordet 48) und Agrippina die Jüngere (Heirat 49), steigerten zudem den Unwillen der Senatorenschaft gegenüber Claudius. Claudius nahm eine offensive Kriegspolitik wieder auf, nachdem sich Tiberius mit der Unterwerfung von Gebieten in Nordafrika (17/24) begnügt hatte und geplante Feldzüge unter Caligula nicht mehr zustande kamen. Im Jahr 43 begann die Eroberung Britanniens, Mauretanien (nach einem Aufstand), Lykien und Thrakien wurden als Provinzen dem römischen Reich eingegliedert (43-46/47). Gegenüber den germanischen Friesen und Chauken sollte sich das römische Reich nach Angriffen (47) weiterhin defensiv verhalten. Nicht Claudius' Sohn Britannicus (ermordet 54), sondern der Sohn der Agrippina und Enkel des Germanicus, (Lucius Domitius Ahenobarbus, adoptiert als) Nero (Claudius Caesar) (54-68), folgte auf Claudius (vergiftet? 54). Der junge, bei der römischen Bevölkerung zunächst populäre Nero erlangte gegen Ende der 50er-Jahre größere politische Eigenständigkeit, die aber - seinen künstlerischen Neigungen, seiner Unberechenbarkeit und zunehmender Enthemmung entsprechend - eine einheitliche Linie vermissen ließ (Neros Ermordung der Mutter Agrippina 59, Aufstand in Britannien 60/61, römisch-partisches Kompromissabkommen von Rhandeia 64, großer Stadtbrand Roms 64, Christenverfolgung, neronische domus aurea und Monumentalstatue des Kaisers, Pisonische Verschwörung und Selbstmord Senecas 65). Der jüdische Aufstand gegen Rom (66-70/73) steht am Anfang von Ereignissen, die schließlich zur Absetzung des Kaisers durch den Senat führten (68); das wiederholte Auftreten Neros als Sänger und Wagenlenker, die von Nero beschlossene Verselbstständigung der griechischen Provinz Achaia (67?; später wieder eingegliedert), das konspirative Verhalten des gallischen Statthalters Gaius Iulius Vindex sowie die Usurpation des spanischen Statthalters Servius Sulpicius Galba (68) führten dazu, dass Nero in Panik geriet, aus Rom zu fliehen versuchte und sich letztlich von einem Sklaven töten ließ (68). Galba trat die Nachfolge Neros an, konnte sich in Rom auch auf Grund von falschen Personalentscheidungen nicht gegen den von den Prätorianern unterstützten weiteren Imperator Marcus Salvius Otho nicht durchsetzen und wurde ermordet (69). Otho wiederum unterlag dem zum Imperator gemachten Befehlshaber Aulus Vitellius des niedergermanischen Militärbezirks und beging nach der Niederlage seines Heeres bei Bedriacum Selbstmord (69). Gegen Vitellius und seine Rheinlegionen erhoben sich die Donaulegionen, die Titus Flavius Vespasianus, der den jüdischen Aufstand bekämpfte, zum Imperator (69) erhoben und ebenfalls bei Bedriacum die Vitellianer besiegten; Vitellius starb bei Straßenkämpfen in Rom (69).
Überlebender Imperator des sog. 1. Vierkaiserjahres war Vespasian (69-79), der die flavische Kaiserdynastie begründete. Unter ihm kam mit der Eroberung Jerusalems (70, und Masadas 73) der jüdische Aufstand zu einem Ende, auch gelang es den Bataveraufstand unter Gaius Iulius Civilis (69/70) am Niederrhein einzudämmen. Vespasian und sein ältester Sohn und Nachfolger Titus (Flavius Vespasianus) (79-81) verfolgten darüber hinaus aber eine "Politik des Innehaltens", die nichtdestotrotz die Aneignung von Gebieten zwischen Rhein und Donau (Arae Flaviae [Rottweil] 73/74) und die Eroberung großer Teile Britanniens (71-84/85) umfasste; die Legionen im Osten sollten einem neuen Defensivkonzept (gegenüber dem Partherreich) genügen. In Rom wurden neue öffentliche Gebäude errichtet oder wiederhergestellt, u.a. ein Amphitheater (Colosseum) und der Tempel der capitolinischen Götterdreiheit. Dabei erholten sich wegen der fehlenden (großen) Kriege die römischen Finanzen erstaunlich schnell. In die Regierungszeit des Titus fällt der Ausbruch des Vulkans Vesuv, der die römischen Kleinstädte Pompeji, Herculaneum und Stabiae zerstörte (79). Nach dem frühen Tod des Titus ging die Herrschaft auf dessen Bruder (Titus Flavius) Domitian(ianus) (81-96) über. Unter Domitian führte das römische Reich wieder offensiv Kriege (Chattenfeldzug 83, germanische Militärbezirke als römische Provinzen Germania inferior, Germania superior [n.83], Dakerkriege 85/97, Saturninusaufstand 88/89). Vor dem Hintergrund eines gespannten Verhältnisses zwischen (dem wohl unberechenbaren) Kaiser und Teilen des Senats fiel Domitian einer Palastverschwörung zum Opfer (96).
Domitians Nachfolger (Marcus Cocceius) Nerva (96-98), ein betagter Senator, lavierte politisch zwischen den Prätorianern in Rom und den Domitian anhängenden Armeen in den römischen Provinzen. Er adoptierte schließlich den Statthalter der obergermanischen Provinz, Marcus Ulpius Traianus, der von nun an das eigentliche Sagen in der römischen Politik hatte und nach dem Tod Nervas (98) als Imperator und Augustus (98-117) die politischen Fäden weiter in der Hand hielt (Ermordung des Prätorianerpräfekten Casperius Aelianus 98, Rückkehr nach Rom [99] als princeps optimus). Trajan führte die offensive Politik Domitians fort; die Dakerkriege (101-102 bzw. 105-106) führten zur Eroberung Dakiens und der Einbeziehung des Königreichs des Decebalus ins römische Reich als Provinz (Erbeutung des dakischen Königsschatzes, Trajanssäule auf dem forum Traiani in Rom [113]), der Krieg gegen das Partherreich (114/17) endete mit der zeitweisen Besetzung Armeniens und Mesopotamiens (Einnahme von Ktesiphon 114, römische Provinzen Assyria, Mesopotamia 114/17 und deren teilweise Räumung, jüdischer Aufstand in Ägypten u.a. 115/17). Beim Tod Trajans (117) war dessen imperialistische Ostpolitik schon gescheitert. Trajans Nachfolger wurde - entweder durch Adoption oder durch eine Intrige der Frauen um Trajan - (Publius Aelius) Hadrian(us) (117-138), mit dem das "goldene Zeitalter" Roms anbrach. Die friedlichen Jahrzehnte des römischen Reiches unter Hadrian und Antoninus Pius (138-161) wurden eingeleitet durch den Abzug der römischen Truppen aus dem und einem Friedensvertrag mit dem Partherreich (117/18). Nach dem innenpolitischen Ausgleich mit den Anhängern des Trajan verfolgte Hadrian eine defensive Außenpolitik, indem er große Teile der römische Grenze sichtbar (einschüchternd) durch Grenzanlagen (Kastelllinien, obergermanisch-rätischer Limes, Hadrianswall) befestigen ließ; diese militärische Abriegelung geschah wahrscheinlich zur Abwehr von kleineren Übergriffen und von Raubzügen, die somit nicht mehr zu kriegerischen Eskalationen beitragen konnten. Zivile Baumaßnahmen ließ der Kaiser auch in den Provinzen durchführen (Italica, Athen, Kyzikos), Ausdruck seines Philhellenismus (Panhellenion als politisches Projekt [131/32]); in und um Rom erneuerte er das Pantheon, ließ sein Mausoleum ("Engelsburg") aufführen und besaß in Tivoli eine prachtvolle Sommerresidenz. Eine größzügige Fiskalpolitik begünstigte wirtschaftlich alle Bewohner des Reiches, das gegen Ende von Hadrians Regierungszeit durch den jüdischen Bar Kochba-Aufstand erschüttert wurde (132-136). Hadrians Nachfolger sollte Marcus Annius Verus (Marc Aurel) werden, für den Übergang wurde (Titus Aurelius Fulvius) Antoninus (Pius) adoptiert. Mit ihm setzte sich nach dem Tod des homosexuellen Hadrian die Reihe der Adoptivkaiser fort. Antoninus Pius setzte die Innen- und Außenpolitik seines Vorgängers nahtlos fort, wobei er in Britannien die Grenze weiter nach Norden verlegte (Antoninuswall [ab 143]) und auch die Grenze des obergermanisch-rätischen Limes vorschob (150er-Jahre). Auch als Fiskalpolitiker war der Kaiser erfolgreich; bei seinem Tod (161) wies der Haushalt des römischen Reiches einen beträchtlichen Überschuss auf.
Die Blütezeit des römischen Reiches im 2. Jahrhundert war nicht zuletzt Ausfluss einer stabilen wirtschaftlich-sozialen Lage der römischen Gesellschaft. Landwirtschaft (Ackerbau, Viehzucht) war dabei die Grundlage der römischen Wirtschaft; der Großgrundbesitz der römischen Oberschicht (Senatoren, Ritter, Ratsherren) war um Gutshöfe und villae gruppiert, daneben gab es selbstständige Kleinbauern und Pächter (coloni). Kaiserlicher Grundbesitz und Fiskalland sowie öffentlicher Grundbesitz in den Gemeindestaaten machten einen erheblichen Teil der agrarisch bewirtschafteten Fläche aus. Die einige tausend Gemeindestaaten (civitates) gliederten das römische Reich politisch; sie waren soziokulturell-gentil organisiert um Städte oder stadtähnliche Orte, verfügten über einen Rat, die Magistrate und eine Volksversammlung, waren als (peregrine) civitates liberae Enklaven im Reich oder als civitates foederatae, stipendiariae mit Rom unter Erbringung von (Steuer-, Dienst-) Leistungen verbündet, waren (römischrechtlich) organisiert als coloniae nach Vorbild der Stadt Rom (Senat, Magistrate, Volksversammlung römischer Bürger) oder als municipia durch Verleihung des römischen oder (zunächst) latinischen Rechts. Die Stadt Rom mit ihren Institutionen und Magistraten besaß politisch eine Doppelstellung zwischen Stadtstaat und Reichsregierung, überlagert durch die Herrschaft des Kaisers. Stadt Rom, das Gebiet der italischen Bundesgenossenschaft und die römischen Provinzen waren zusammengefasst unter der Herrschaft des princeps (imperator), die auf unterschiedlichen Ebenen politisch wirksame Oberschicht bestand aus dem ordo senatorius, dem ordo equester und dem ordo decurionum, vom Kaiser hingen wichtige Zentralbehörden im römischen Reich ab, von den durch Ritter besetzten Präfekturen (Prätorianer-, Vigilien-, Annona-, ägyptische Präfektur) über die Verwaltung des kaiserlichen Haushalts (Sekretäre als Ressortleiter) bis zum consilium (kaiserlicher Rat) und comitatus (kaiserliches "Gefolge"). Kulturell und gesellschaftlich wuchs das römische Reich in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten zusammen (Weltreichs- statt romzentrierter Literatur, Vielfalt des religiösen Heidentums und frühes Christentum als "pazifistisches Netzwerk").
Das "goldene Zeitalter" Roms kam durch die Kriege, die Kaiser Marc Aurel (161-180), der Nachfolger des Antoninus Pius, zu führen hatte, zu seinem Ende. Zusammen mit seinem Bruder (Lucius Aurelius) Verus (161-169) hatte Marc Aurel zunächst den römisch-parthischen Krieg (161-166) zu bestehen, ausgelöst durch das Eindringen der Parther ins römische Syrien (Vertreibung der Parther aus Syrien, römische Eroberung von Artaxata 163, römische Eroberung von Ktesiphon, Zerstörung von Seleukeia 165, Eindringen der "Pest" ins römische Reich, Friedensvertrag mit den Parthern [römische Klientelstaaten Osrhoene und Nisibis, Dura Europos] 166). Völkerverschiebungen nördlich der Donau (165/66) führten alsbald zu den "Markomannenkriegen" (170-175, 178-180) und zur (wohl von Marc Aurel versuchten) Einbeziehung der suebischen Markomannen ins römische Reich; der Aufstand des römischen Befehlshabers Avidius Cassius konnte entschärft werden (175). Vor dem Hintergrund der sich ausweitenden tödlichen Seuche und der ins Geld gehenden Kriegspolitik gab nach dem Tod des Marc Aurel (180) dessen Sohn (Lucius Aurelius) Commodus (180-192) das weitere Kämpfen auf, abgesehen von einem kurzen, erfolglosen Feldzug gegen die Quaden (180). Commodus entfremdete sich vom väterlichen Beraterkreis, ein Anschlag auf ihn schlug fehl (182); der Prätorianerpräfekt Tigidius Perennis stieg in Commodus' Gunst auf und fiel in Ungnade (185), ebenso der Freigelassene Marcus Aurelius Cleander (†190). Die (wohl vorhandene) Egomanie des Kaisers (Auftritte als Gladiator, als Halbgott Hercules; Ermordung missliebiger Personen) führte zu dessen Ermordung (192). Commodus' Nachfolge trat der Frontoffizier (Publius Helvius) Pertinax (193) an, der aber knapp vier Monate später von Prätorianern erschlagen wurde, die wiederum mit Didius Julianus (193) einen weiteren Frontoffizier Marc Aurels zum Imperator erhoben. Das Kaisertum des Didius Julianus traf auf Widerstand bei den pannonischen Legionen, die den Statthalter (Lucius) Septimius Severus (193-211) zum Kaiser ausriefen. Septimius Severus gelang es, den britannischen Statthalter Clodius Albinus (193-197) in seine Kampagne einzubinden, während der syrische Statthalter Pescennius Niger (193-194) ebenfalls das Kaisertum usurpierte (193). Severus gelang, sich Italien und Rom kampflos einzuverleiben; Didius Julianus wurde hingerichtet, die Prätorianer als gedemütigte Eliteeinheit durch pannonische Soldaten ersetzt (193). Dann begannen die Truppen des Severus den Osten des römischen Reiches zu erobern (Belagerung von Byzanz 193/95, Sieg des Severus in der Schlacht bei Issos, Flucht und Enthauptung des Pescennius Niger 194, römische Strafexpedition östlich des Euphrat 195). Auch Clodius Albinus wurde von Septimus Severus besiegt (Schlacht bei Lugdunum 197), der in seiner Verfolgung von Senatoren an Kaiser Commodus anknüpfte. Severus (und seine Nachfolger) vermehrte(n) im Übrigen die Anzahl der römischen Truppen; großzügige Soldanpassungen ließen zudem den römischen Haushalt weiter in Schieflage geraten. Septimius Severus begründete die Kaiserdynastie der Severer. Erfolgreich war er mit seiner kriegerischen Außenpolitik etwa gegen das Partherreich; der Partherkrieg (197) endete nach der Einnahme von Ktesiphon mit der Errichtung der Provinz Mesopotamia mit der Hauptstadt Nisibis. Die anschließende Friedenszeit nutzte Severus u.a. zum Besuch seiner nordafrikanischen Heimat (Leptis Magna). Ein Aufstand des Räuberhauptmanns Bulla Felix in Italien und Gallien wurde ohne Eingreifen des Kaisers niedergeschlagen (207/08). Severus unternahm noch eine expeditio Britannica (208/11), bevor er in York starb (211). Seine beiden einander hassenden Söhne (Marcus Aurelius Antonininus) Caracalla (211-217) und (Publius Septimus) Geta (211) folgten ihm als Augusti in der Herrschaft nach und begaben sich nach Rom, wo nach wenigen Monaten zweier verfeindeter Regierungen Caracalla Geta und dessen Anhang töten ließ (211). Wohl 212 stattete Caracalla alle Einwohner seines Reiches durch die Constitutio Antoniniana mit dem römischen Bürgerrecht aus und reihte sich damit allgemein ein die Rechts-, Verwaltungs- und Sozialreformen der severischen Dynastie, die auch verbunden waren mit den damaligen bedeutenden Juristen Papinian, Ulpian und Marcian. Caracalla bekämpfte 213 die Alemannen und wandte sich dann gegen das Partherreich (Provinz Osrhoene 213, Aufenthalt in Antiochia 215/16, Massaker in Alexandria 216, römisches Eindringen ins Partherreich 216, Überwintern in Edessa 216/17). Caracalla wurde von einem Soldaten ermordet (217), die durch die Parther bedrängte römische Armee rief den Ritter und Prätorianerpräfekten Opellius Macrinus (217-218) zum Kaiser aus. Diesem gelang es, mit den Parthern Frieden zu schließen (217); Macrinus und sein Sohn Diadumenian unterlagen aber alsbald (218) dem Prätendanten und emesanischen Hohepriester Elagabal (218-222) aus der Familie des Septimius Severus. Der unkriegerische Elagabal verschaffte dem römischen Reich noch einmal eine Friedenszeit; als Nachfolger wurde durch Adoption Elagabals Vetter Bassianus als (Marcus Aurelius) Severus Alexander (222-235) aufgebaut. Dieser folgte, noch jung, nach Elagabals Ermordung (222) im römischen Kaisertum nach. Sein Zusammengehen mit der senatorischen Elite führte zur Entfremdung mit dem römischen Militär. Der Invasionskrieg gegen das neu entstandene Perserreich der Sasaniden endete noch mit einem Verhandlungsfrieden (232), aber anlässlich der Vertagung eines Feldzugs gegen die rechtsrheinischen Germanen wurde Severus Alexander in Mainz von seinen eigenen Soldaten ermordet (235).
Mit der Erhebung des Maximinus Thrax (235-238) zum Kaiser begann die Epoche der "Soldatenkaiser" als eine Krisenzeit im römischen Reich. Maximinus führte seinen Germanenfeldzug erfolgreich durch (Schlacht beim Harzhorn 235), scheiterte aber bei weiteren militärischen Unternehmungen am fehlenden Geld. Aufstände gegen Maximinus und dessen Verurteilung als Staatsfeind mündeten im 2. Vierkaiserjahr der beiden Gordiane (I., II., 238) und der "Senatskaiser" (Marcus Clodius) Pupienus (Maximus) (238) und (Decius Caelius) Balbinus (238) sowie des (Marcus Antonius) Gordian(us) (III., 238-244). Letzterer setzte sich durch, als der Feldzug des Maximinus nach Italien (Belagerung Aquileias 238) in einer Rebellion endete, in deren Folge Maximinus ermordet wurde, und es in Rom zu Kämpfen jedes gegen jeden kam. Hatte Maximinus die Germanen noch offensiv bekämpfen können, so änderte sich in den folgenden Jahrzehnten drastisch; aus dem imperialistischen Reich als Angreifer wurde ein Reich, das an vielen Fronten angegriffen wurde. Entlang des Rheins entstanden die germanischen Stammesbünde der Franken und Alemannen, die Raubzüge bis tief nach Gallien und Italien unternahmen. Eine Folge ihres unheilvollen Wirkens war die Entstehung des sog. gallischen Sonderreiches (260-274) unter dem "Sonderkaiser" (Marcus Cassianus Latinius) Postumus (260-269), der sich gegen Kaiser Gallienus (253/60-268) durchsetzen konnte (Aufgabe des römischen Gebiets zwischen Rhein und Donau). Entlang der Donau formierten sich "gotische Völkerschaften" als hauptsächliche Bedrohung gegen das römische Reich; Usurpationen gegen Kaiser Philippus Arabs (244-249; 1000-Jahr-Feier der Stadt Rom 248) verschärften noch die Lage an der Donaufront; der (Gegen-) Kaiser Decius (249-251) unterlag mit seinen Truppen den Goten bei Abrittus, während sein Nachfolger Trebonianus Gallus (251-253) wenig Wirkung entfaltete, ebenso Kaiser (Marcus Aemilius) Aemilianus (253). So plünderten gotische Gruppierungen in den 250er- und 260er-Jahren den Balkan, die Ägäis und Kleinasien; die Goten wurde durch Kaiser Claudius II. (268-270) bei Naissus besiegt. Das persische Sasanidenreich war der größte Feind Roms, das im Osten Gebietsverluste hinnehmen musste (250er-Jahre) bis hin zur persischen Kriegsgefangenschaft des römischen Kaisers Valerian (253-260) und zur Bildung eines weiteren Sonderreichs mit der Oasenstadt Palmyra als Zentrum (ca.260-273; Herrscherin Zenobia [268-272/73]). Kaiser Aurelian (270-275) gelang immerhin die Eingliederung der beiden Sonderreiche in das römische Reich (273/74), während er Dakien als römische Provinz aufgab (271). Unter Aurelian stabilisierte sich das römische Reich zusehends, Usurpationen und Bürgerkriege ließen nach, die Bedrohungen von außen konnten eingedämmt werden. Dies geschah auch durch Änderungen in der Verwaltung des Reiches bei (zeitweiliger) Schaffung ausgedehnter Kommandobereiche, durch eine Militarisierung der Provinzverwaltung bei Bevorzung des Ritterstandes, durch staatliche Eingriffe in das Münzwesen (Münzentwertung) bei Unterversorgung des Reiches mit Münzen und somit ausbleibender Inflation; Letztere sollte sich erst in 270er-Jahren bemerkbar machen (Münzreformen und kaiserliches Münzmonopol, Neuprägung von Goldmünzen unter Kaiser Aurelian). Zum Chaos der Zeit der "Soldatenkaiser" gehörten auch kurzzeitige Christenverfolgungen und eine wiederholte Betonung des Kaiserkults, der zur Stabilisierung des Reiches beitragen sollte. Die Regierungszeiten der Kaiser Tacitus (275-276), Probus (276-282) sowie Carus (282-283), Carinus (283-285) und Numerian (283-284) leiten dann über zur Tetrarchie Kaiser Diokletians (284-305).

Spätantike

Spätantike bezeichnet die Geschichte des römischen Reiches im 4. und 5. Jahrhundert n. Chr., beginnend mit den Kaisern Diokletian (284-305) und Konstantin I. dem Großen (306-337). Es ist eine Zeit großen politischen und gesellschaftlichen Wandels im Übergang von der Antike zum (frühen) Mittelalter bzw. zum oströmisch-byzantinischen Reich. Die politischen, militärischen, judikativen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Reformen der beiden Kaiser bewirkten u.a. eine Neuorganisation des römischen Reiches (Vergrößerung der Anzahl der Provinzen, Diözesen, Präfekturen), eine Neuaufstellung des römischen Heeres (Grenzverteidigung und Limitantruppen, Bewegungsheer und comitatensische Legionen) sowie die Anerkennung des noch unter Diokletian verfolgten christlichen Glaubens (Konstantinische Wende) bei Gründung einer zweiten römischen Hauptstadt Konstantinopel (330). Die Dynastie Konstantins, repräsentiert durch die Kaiser Konstantin II. (337-340), Constans (337-350), Constantius II. (337-361) und Julian (361-363), konnte (im Wesentlichen) ihre Macht im römischen Reich bis zum Tod Julians behaupten. Im dabei zeitweise faktisch geteilten Imperium Romanum der drei augusti und Konstantinsöhne Konstantin II., Constans und Constantius II. (Westen, Mittelteil, Osten des römischen Reichs) kämpften diese um die Macht (Einfall Konstantins II. ins Italien Kaiser Constans' 340; Constans als Kaiser des Westens nach Konstantins II. Tod 340/50; Usurpation des Magnentius, Ermordung des Constans 350; Schlacht bei Mursa 351; Selbstmord des Magnentius, Constantius II. als Alleinherrscher 353; Caesar Gallus 351/54; Usurpation des Silvanus 355; Caesar Julian 355/60; Usurpation Julians 360, dessen Feldzug gegen Constantius II. 361; Tod Constantius' II. 361). Auch ging es um die Verteidigung der römischen Außengrenzen; Bruderkämpfe und Usurpationen hatten selbstverständlich negative Auswirkungen darauf. Im Westen bedrohten Sachsen, Franken und Alemannen die Grenzen (Kämpfe am Rhein; Britannienfeldzug Constans' 343; Schlacht bei Straßburg gegen die Alemannen 357; Krieg Julians gegen die salischen Franken 358), im Osten war es das sassanidische Perserreich unter Großkönig Schapur II. (†379) (geplanter Feldzug Konstantins des Großen; Armenien unter römischem Einfluss 338; persischer Angriff auf Nisibis 338; römische Niederlage bei Singara 344; persische Angriffe auf Nisibis 346, 350; persische Eroberung Amidas 359; Perserfeldzug Julians 363), entlang der Donau Quaden und Sarmaten (erfolgreiche Kriege Constantius' II. gegen Quaden 358 und Sarmaten und Limiganten 359). Die Kaiser wirkten - wie Konstantin I. auch (Konzil von Nikaia 325) - mit ihrer je katholischen oder arianischen Politik auf die in verschiedene Glaubensrichtungen gespaltene christliche Kirche ein (Bischof Athanasius von Alexandrien; Enkämien-Synode von Antiochien 341; Konzil von Serdica 342/43; Donatisten in Nordafrika, Synode von Karthago 348; Synode von Mailand 355; Synoden von Sirmium 357, 358; Wiederbelebung heidnischer Kulte unter Julian, Philosophengesetz 362). Nicht nur hinsichtlich des Christentums, sondern generell erhöhte sich der Einfluss von Kaisertum und kaiserlicher Bürokratie in vielen Lebensbereichen der Bevölkerung des Imperium Romanum (Idealisierung des Kaisertums [Rombesuch Constantius' II. 357, Roma aeterna], administrative Intensivierung [zivile, militärische Ämter], Wirtschaft und Finanzen, Steuererhebung [Dekurionen] und Münzwesen; Senatoren, honestiores/potentes, humiliores/humiles, coloni, ["barbarische"] Soldaten).
Nach dem Tod Kaiser Julians auf dem Perserfeldzug (363) und der kurzen Regierung Kaiser Jovians (363-364) (römisch-persischer Friedensvertrag und Aufteilung Armeniens 363; Aufhebung des Philosophengesetzes 364) wurden Valentinian I. (364-375, Westen) und dessen Bruder Valens (364-378, Osten) zu neuen augusti und begründeten damit die valentinianische Herrscherdynastie (Erhebung des Valentiniansohns Gratian zum augustus 367; Kaiser Valentinian II. [375-392]). Die beiden Herrscher setzten sich gegen innere (Usurpation des Procopius 365; Schaffung des Amtes des defensor plebis 368; "Studentengesetz" 370; Aufstand des Firmus in Nordafrika 373/75) und äußere Feinde (Alemmannenkriege Valentinians I. 365/67; Kämpfe Valens' gegen die Goten 369) durch, an der Ostgrenze gegenüber dem Perserreich blieb u.a. in der Frage der Stellung Armeniens als Pufferstaat die politischen Verhältnisse unentschieden. Das Eindringen der Hunnen in Europa und das Ende des nördlich des Schwarzen Meers gelegenen Ostgotenreichs (375) sollten dann den Druck gotischer Völkerschaften auf die römische Grenze entlang der unteren Donau erhöhen (römische Niederlage in der Schlacht bei Adrianopel und Tod des Valens 378). Der von Kaiser Gratian (367/75-383) für den Osten des römischen Reichs zum augustus ernannte Theodosius I. der Große (379-395) konnte die Verhältnisse indes noch einmal stabilisieren (foedus mit den Westgoten 382; römisch-persischer Frieden 384), machte das nikaianische Christentum zur Staatsreligion (Edikt Cunctos populos von 380; Konzil von Konstantinopel 381 [nikaianisch-konstantinopolitanisches Glaubensbekenntnis]; Ambrosius von Mailand, Damasus von Rom, Martin von Tours als Vertreter der westlichen, Basilius von Caesarea, Gregor von Nazianz, Gregor von Nyssa als Vertreter der östlichen Kirche; Priscillianismus) und setzte sich auch gegen den Usurpator des westlichen Kaisertums, Magnus Maximus (383-388), durch (Ermordung des Maximus in Aquileia 388; Rombesuch des Theodosius 389 [heidnische Senatoren in Rom]) sowie gegen den von dem Franken Arbogast erhobenen Usurpator Eugenius (393-394) durch (Schlacht am Frigidus, Tötung des Eugenius, Selbstmord des Arbogast 394). Theodosius war damit Alleinherrscher (Verbot der Olympischen Spiele 394), starb jedoch alsbald unter Hinterlassung seiner Söhne Arcadius (395-408) und Honorius (395-423) als augusti im Osten und Westen des römischen Reiches.
Es folgte im 5. Jahrhundert eine fortbestehende faktische Teilung des römischen Reichs in einen West- und einen Ostteil, wobei insbesondere der Westen unter verheerenden Germaneneinfällen und feindlichen Invasionen zu leiden hatte. Hier entfalteten die nun in Ravenna residierenden weströmischen Kaiser (Honorius, Valentinian III. [423/25-455], Petronius Maximus [455], Avitus [455-456], Maiorian [457-461], Libius Severus [461-465], Anthemius [467-472], Olybrius [472], Glycerius [473-474], Nepos [474-475], Romulus Augustulus [475-476] kaum noch politisch-militärisches Gegenspiel, was z.B. die Bedrohung Italiens durch die Westgoten unter Alarich anbetraf (Heermeister Stilicho und Alarich; Feldzug Stilichos gegen Vandalen und Alanen 401; Ermordung Stilichos 408; militärische Aufgabe Britanniens 410; westgotische Eroberung Roms 410; Westgotenreich im südlichen Gallien 416) oder die zunehmende Ablösung Britanniens und Galliens von der römischen Herrschaft (Abzug römischer Truppen aus Britannien 401; Eindringen von Sueben, Alanen, Burgundern und Vandalen nach Gallien; Usurpationen in Gallien [Konstantin III. 407, Jovinus 411, Constantius III. 421]). Auch Spanien und Nordafrika war von den geramanischen Invasionen betroffen (Vandalen unter König Geiserich in Nordafrika, Belagerung von Hippo Regius 430, vandalische Eroberung von Karthago 439, vandalische Plünderung Roms 455). Lediglich in Gallien gelang es dem römischen Heermeister Aetius (†454) zwischenzeitlich und mit fränkischer, burgundischer und westgotischer Hilfe, sich in der Schlacht auf den "Katalaunischen Feldern" (451) gegen ein hunnisch-ostgotisches Heer unter Attila (†453) durchzusetzen. In Gallien fanden dennoch unvermindert die fränkische Landnahme (Norden, Nordosten), die Ausdehnung des Westgotenreichs (Süden) und die Ausdehnung des (zweiten) Burgunderreichs (Niederlage und Umsiedlung der Burgunder in die Sapaudia 435/36) statt. Vom Eindringen äußerer Feinde in das Reichsgebiet war der Osten des römischen Reichs weit weniger betroffen. Mit Kaiser Theodosius II. (408-450) ("Zitiergesetz" 426; Konzil von Ephesus 431; Codex Theodosianus als Gesetzbuch 435; latrocinium von Ephesus 449) endete die theodosianische Kaiserdynastie. Ihm folgten die (auf den Osten beschränkten) Kaiser Marcian (450-457) (Konzil von Nikaia-Chalkedon 451), Leon I. (457-474) und Zenon (474-491). Mit dem Ende des westlichen Kaisertums (Ricimer als germanischer Heermeister in Italien; König Odoaker in Italien [476-493] als römischer patricius) kamen römische Staatlichkeit (auf der Ebene des Kaisertums <-> lokale römische Verwaltung) und Spätantike zu ihrem Ende. Resümierend lässt sich für das römische Reich im 4. Jahrhundert festhalten: die Christianisierung des Reiches unter christlichen (katholischen, arianischen) Kaisern bei christlich-kirchlichen Glaubensstreitigkeiten und bei einer teilweise toleranten, teilweise gemäßigten antipagane Religionspolitik, die Bürokratisierung des Reiches, der Aufstieg Konstantinopels als eine Reichshauptstadt, das Nebeneinander von meist miteinander verwandten Kaisern in der Herrschaft über das Reich, die Eindämmung von Usurpationen, die weitgehende Stabilisierung der römischen Grenzen bei Einbeziehung "barbarischer" Völkerschaften (Germanen, Goten) in römisches Reich und römische Armee (foederati, laeti, hospitalitas). Für das 5. Jahrhundert kann gelten: die Erosion römischer Herrschaft im Westteil des Reiches ("weströmisches Reich", germanische Königreiche auf römischem Boden) als Folge militärischer Niederlagen und wirtschaftlichem Niedergangs (abnehmende Bedeutung der Städte, Rolle der gallorömischen Senatorenschicht), die Stabilisierung des Ostteils ("oströmisches Reich") auch auf wirtschaftlicher und kultureller Basis (Bedeutung des Städtewesens, hellenistische Traditionen). Die Teilung des römischen Reichs in eine lateinische West- und eine griechische Osthälfte kann so unabhängig von äußeren Bedrohungen und militärischen Gegebenheiten auch als ein allmähliches (die Spätantike durchziehendes) Auseinandertreten von West und Ost im ökonomischen und kulturell-geistigen Bereich interpretiert werden.

Frühbyzantinische Zeit

Das oströmische Reich des 5. bis 7. Jahrhunderts, zeitlich zwischen dem Ende des westlichen Kaisertums und den arabisch-islamischen Eroberungen einordbar, konsolidierte sich ab der 2. Hälfte des 5. Jahrhunderts als Vormacht zwischen Europa, Asien und Afrika; der oströmische Kaiser war seit der Absetzung des Romulus Augustulus (476) und dem Tod des weströmischen Kaisers Julius Nepos (480) der einzige römische Herrscher, der den Kaisertitel trug. So kam nach Kaiser Markian Leon I. ohne Rücksprache mit dem westlichen Kaisertum an die Macht, und so verzichtete Kaiser Zenon auch darauf, für den Westen einen neuen (Schatten-) Kaiser einzusetzen. Kaiser Anastasios I. (491-518), ein Übergangskandidat, kann dann in Verbindung mit der Entstehung dessen, was byzantinisches Reich genannt wird, gebracht werden (Anastasios als Monophysit, Konsolidierung der Finanzen, Spannungen mit dem Ostgotenreich Theoderichs des Großen, Völkerschaften an der unteren Donaugrenze). Zentral für das 6. Jahrhundert ist aber die Gestalt Kaiser Justinians I. (527-565), der, im Jahr 525 zum Caesar erhoben, im Jahr 527 seinem Onkel Justin I. (518-527; justinianische Dynastie) als Herrscher über das oströmische Reich nachfolgte. Die ersten Regierungsjahre (527-532) waren von einer Konsolidierung der Herrschaft Justinians geprägt (526-532 Perserkrieg, 529 1. Codex Iustinianus und kaiserliche Weltordnung, 529/30 1. Samariteraufstand, 532 Nika-Aufstand, 532 "Ewiger Friede" mit dem Perserreich, 532/33 Religionspolitik zwischen Chalkedoniern und Miaphysiten). In einer Phase der Expansion (532-536) dehnte sich das oströmische Reich in den westlichen Mittelmeerraum aus (533/34 Vandalenkrieg, 535-ca.562 Gotenkrieg, 551 Festsetzung auf der iberischen Halbinsel), die kaiserliche "Fürsorge und Kontrolle" für die bzw. der Untertanen erreichte einen Höhepunkt (533 Institutionen, Digesten, 534 2. Codex Iustinianus), das Kaisertum manifestierte sich im christlichen Glauben (536 Konzil von Konstantinopel) und den herrscherlichen Kirchenbauten (537 Hagia Sophia in Konstantinopel). Es folgten Jahre des Abschwungs (536-542) - Naturkatastrophen (536/37 Vulkanausbruch? und Verdunklung des Himmels) und Justinianische Pest (542) sind hier zu nennen -, außenpoltisch gab es Rückschläge gegenüber Persern (540-561/62 Perserkriege, unterbrochen von Waffenstillständen) und Ostgoten (546/47/50 "Kampf um Rom"). Das Jahrzehnt nach 542 (542-553) war weiter gekennzeichnet durch die Kriege an der Ostgrenze des Reiches, in Italien oder auf dem Balkan; es gab von Seiten Justinians Reformneuansätze, das Ringen um die Einheit der christlichen Kirche(n [Beginn der Ausbildung orientalischer Kirchen]) ging weiter (544/45 Drei-Kapitel-Streit, 553 5. Ökumenisches Konzil von Konstantinopel); eine Zäsur stellte der Tod der Kaiserin Theodora (†548), der Ehefrau Justinians, dar. Die letzte Phase im Leben des Kaisers (553-565) offenbart dann dessen Scheitern gerade in der Religions- und Kirchenpolitik, während doch das oströmische Kaisertum (auch in der "heiligen" Person des Kaisers) für den Gesamtanspruch eines nunmehr politischen Christentums in der oströmischen Gesellschaft stand und damit für (mit dem damaligen Mitteln so nicht durchführbares) System von Repression und Kontrolle (, das etliche Teile des Reiches wie Ägypten, Nordafrika, Syrien oder Kleinasien nicht erreichen sollte).
Justinian I. starb in der Nacht vom 14. zum 15. November 565; sein Nachfolger wurde Justin II. (565-578), ein Neffe des verstorbenen Herrschers. Unter ihm kam es wegen der Verweigerung von Tributzahlungen zum langwierigen oströmisch-persischen Krieg (572-591; oströmischer Sieg bei Melitene 575, Nachfolgestreitigkeiten im Perserreich, Durchsetzung des oströmischen Kandidaten Chosrau II. [590-628], Friedensvertrag 591 [Teile Armeniens und Mesopotamiens an Ostrom]), der u.a. die Auswirkung hatte, dass Italien zu großen Teilen an die Langobarden verloren ging (Langobardeneinfall 568) bzw. u.a. nach dem Verlust von Sirmium (582) der Balkan verstärkt einer slawisch-awarischen Einwanderung offenstand. Zudem verschärfte die Religionspolitik u.a. der Kaiser Tiberios II. (578-582) und Maurikios (582-602) die Spannungen zwischen orthodoxen Christen und Monophysiten (Ägypten, Syrien) sowie zwischen Christen und Heiden. Ein misslungener Awarenfeldzug des Kaisers Maurikios führte zu dessen Absetzung und Ermordung (602) sowie zum Kaisertum des Usurpators Phokas (602-610), der sich im ganzen byzantinischen Reich und - unter wesentlicher Preisgabe der oströmischen Herrschaft auf dem Balkan - auch gegen persische Angriffe (oströmisch-persischer Krieg 602-628) behaupten konnte. Die Feindseligkeit der in Konstantinopel herrschenden Familien gegenüber Phokas mündeten in der erfolgreichen Verschwörung des Herakleios, des Exarchen von Karthago (608; Besetzung Ägyptens, Einnahme Konstantinopels, Absetzung des Phokas 610). Herakleios' I. (610-641; herakleianische Dynastie) Kaisertum war anfangs nicht unumstritten, was die Perser dazu nutzten, weite Teile des byzantinischen Reiches zu erobern (614/18/19 Eroberung Syriens, Palästinas, Ägyptens), während Byzanz die Kontrolle über das Binnengebiet des Balkans und die untere Donau endgültig verlor (614/15). Das persische Eindringen nach Kleinasien führte zu byzantinischen Gegenangriffen auf sassanidischem Gebiet (622/29; awarisch-persische Belagerung von Konstantinopel 626, byzantinischer Sieg in der Schlacht bei Ninive 628, Sturz und Ermordung Chosraus II. 629) und letztlich zum Ende der byzantinisch-persischen Auseinandersetzungen (Frieden auf der Basis des status quo ante 629, Rückführung des von den Persern erbeuteten Kreuzes Christi nach Jerusalem 630). Nur wenige Jahre Frieden waren dem Reich des Herakleios gegönnt, die einhergingen mit einer langsamen Erholung der vom Krieg gegen die Perser betroffenen Gebiete. Indes blieben hier die religiösen Differenzen in der christlichen Religion erhalten (638 Konstantinopolitaner Ekthesis zur Religionsfrage [Monenergetismus, Monotheletismus]). Die politische Lage sollte sich zudem verschärfen, als ab ca.634 arabisch-islamische Übergriffe auf byzantinisches Territorium einsetzten (byzantinische Niederlage in der Schlacht am Yarmuk 636); es folgte die arabische Eroberung von Damaskus (635), Jerusalem und Antiocheia (638), schließlich die Besetzung Ägyptens (640/42; kurzfristige Rückeroberung Alexandreias 645). Das sassanidische Perserreich ging im Übrigen bis zum Jahr 651 unter.

Mittelbyzantinische Zeit

Der (endgültige) Verlust von asiatischen und afrikanischen (Orient-) Provinzen erfolgte in Zusammenhang mit der arabisch-islamischen Expansion (islamisches Kalifat und Weltreich) im 7. und 8. Jahrhundert. Er verkleinerte nicht nur das Herrschaftsgebiet der byzantinischen Kaiser entscheidend. Das Reich musste sich behaupten, indem es sich politisch-militärisch veränderte, was wiederum einen gesellschaftlichen Wandel nach sich zog (Transformation des 7./8. Jahrhunderts; byzantinische Staatsorganisation, veränderte Rolle des Kaisertums [griechischer Kaisertitel basileus, römische Ideologie und byzantinische Regionalmacht], Konstantinopel als einzige Großstadt und kulturelles Zentrum eines griechischen Reiches, orthodoxes Christentum). Byzanz richtete sich nach Osten aus, Kleinasien wurde zum Kerngebiet des Reiches, während die westlichen Gebiete - die Exarchate Karthago (Nordafrika) und Ravenna (Mittelitalien mit Rom), Süditalien, Sizilien, Sardinien und Korsika - demgegenüber immer mehr an Bedeutung verloren. Die Thronwirren nach dem Tod Kaiser Herakleios' (641) brachten dessen zunächst minderjährigen Enkel Konstans II. (642-668; Regentschaft für den Kaiser) an die Macht. Dieser hatte sich auseinanderzusetzen mit jährlich auf das byzantinische Kleinasien übergreifenden arabischen Razzien, die indes weitgehend erfolglos blieben und letzten Endes am zähen Widerstand der Byzantiner scheiterten. Hingegen waren die Araber nun auch als Seemacht präsent (Plünderungen Zyperns 649, 653; byzantinische Niederlage in der Schlacht am lykischen Phönixvorgebirge 655). Innerarabische Streitigkeiten um das Kalifat (656/61) verschafften Byzanz eine Atempause, die nicht lange währte. Konstans selbst zog sich in die verbliebenen westlichen Besitzungen seines Reiches zurück (Besuch Roms 662, Syrakus als Hauptstadt, Ermordung des Konstans 668). Auch unter Kaiser Konstantin IV. (668-685), dem Sohn des Konstans, hielten die arabischen Übergriffe auf Kleinasien (sogar noch verstärkter) an, um in der 1. arabischen Belagerung Konstantinopels (674/78) ihren Höhepunkt zu finden (Einsatz des "griechischen Feuers"; byzantinisch-arabischer Friedensvertrag 678). Auf dem Balkan, den Byzanz - wie gesagt - nur noch an wenigen Küstengebieten (Thrakien, Südgriechenland) beherrschte, endete ein kaiserlicher Feldzug mit einer Niederlage gegen di dort eingedrungenen Bulgaren (679). Erfolgreicher war Konstantin IV. in seiner Religionspolitik (680/81 Konzil von Konstantinopel [Abkehr vom Monotheletismus, Orthodoxie und Papsttum im Westen]), die sein Nachfolger Justinian II. (685-695, 705-711) weiterführte (691/92 Trullanum). Außenpolitisch profitierte Justinian zunächst vom damals stattfindenden Bürgerkrieg im Omaijadenkalifat (685/92; byzantinische Niederlage in der Schlacht bei Sebastupolis 693, Absetzung Justinians II. 695; Kaiser Leontios [695-698], Tiberios III. [698-705]). In der Folge konnten die Omaijaden Karthago und das byzantinische Nordafrika erobern (698), auch die arabischen Angriffe auf Kleinasien nahmen wieder zu (arabische Eroberung von Tyana 708); mit Unterstützung von Khazaren und Bulgaren gelang es Justinian, die Herrschaft über das byzantinische Reich wiederzugewinnen, doch soll diese in ein Terrorregime umgeschlagen sein (Sturz und Ermordung Justinians 711). Die folgenden, nur kurz regierenden Kaiser (Philippikos Bardanes [711-713], Anastasios II. [713-715], Theodosios III. [715-717]) stehen für eine Schwäche der Zentralgewalt. Kaiser Leon III. (717-741; syrische Dynastie) konnte diese Krise nach der 2. arabischen Belagerung Konstantinopels (717/18; Aufstand in Italien 718) überwinden, außenpolitisch auch im Bündnis mit den Khazaren, im Innern durch die fortführende Ausgestaltung der militärischen Themenorganisation (kleinasiatische Themen: Opsikion, Anatolikon, Armeniakon, Thrakesion [7. Jahrhundert, Mitte?], Kibyrrhaioton [8. Jahrhundert?]; europäische Themen: Thrakien [680/81], Hellas [694/95]; Themen als Rekrutierungsgebiete). Gerade die Themenorganisation zeigt dabei Wandel und Militarisierung der byzantinischen Gesellschaft an, die sich im Verlauf des 7. und 8. Jahrhunderts von den spätantiken Grundlagen löste und zum Reich der griechischen Rhomäer wurde. Ein Abkehr vom Westen und von den noch dem byzantinischen Reich verbliebenen Besitzungen in Italien war damit verbunden; insbesondere führte die Epoche des (wie auch immer intensiv durchgeführten) Ikonoklasmus ("Bilderstreit" als Ablehnung der byzantinischen Ikonenverehrung; 1. Phase 727-787 [Konzil von Nikaia 787], 2. Phase 815-843 [Synode in Konstantinopel 843]) zu einer weiteren Entfremdung zwischen West- (Papsttum) und Ostkirche (Patriarchat von Konstantinopel). Unter Leons III. Sohn und Nachfolger Konstantin V. (741-775), der durchaus erfolgreich militärisch in Kleinasien die Araber (Übergang vom Omaijaden- zum Abbasidenkalifat 750), auf dem Balkan die Bulgaren bekämpfte (750/60-er-Jahre), gingen die italienischen Gebiete Byzanz großenteils verloren (langobardische Eroberung Ravennas 751). Das Papsttum in Rom wandte sich der neuen Großmacht im Westen zu, dem Frankenreich der karolingischen Könige, was letztlich - in einer Phase familiärer Irritationen in der byzantinischen Kaiserdynastie (Kaiser Leon IV. [775-780], Konstantin VI. [780-797], Kaiserin Irene [797-802]) - zur Kaiserkrönung des Frankenkönigs Karl des Großen (768-814) durch Papst Leo III. (796-816) führte (800). Das so begründete lateinische (West-) Kaisertum trat in Konkurrenz zu den byzantinischen Kaisern (Zweikaiserproblem); diesbezüglich kam es unter Kaiser Nikephoros I. (802-811) zu militärischen Maßnahmen gegen die Franken (Venedig zwischen Frankenreich und Byzanz 807/10, Istrien, Dalmatien), sein Nachfolger Michael I. (811-813) anerkannte das Kaisertum Karls (813), zumal damals die Macht des bulgarischen Khans bedrohlich wuchs (schwere byzantinische Niederlage gegen die Bulgaren 811; Kaiser Staurakios [811]). Nach einem byzantinisch-bulgarischen Friedensvertrag (816/17), der letztlich die Voraussetzungen für eine byzantinische Einflussnahme auf die und die Christianisierung der Bulgaren (850/60-er-Jahre Missionierung durch die "Slawenapostel" Kyrill und Method) schuf, war das Reich Kaiser Leons V. (813-820) außenpolitisch kaum noch bedroht. Innenpolitisch lebte ein verschärfter Ikonoklasmus wieder auf, zudem beschäftigte ein Aufstand des "Slawen" Thomas (821/23) Kaiser Michael II. (820-829; amorische Dynastie), während die byzantinischen Inseln Kreta (ab ca.824) und Sizilien (ab ca.827; Eroberung von Palermo 829) arabisch wurden. Kaiser Theophilos (829-842) erlitt eine schwere Niederlage gegen die Araber (838 Schlacht bei Dazimon, arabische Eroberung Amorions; 841 arabische Eroberung Baris [arabisches Emirat Bari]). Unter Kaiser Michael III. (842-867) endete die Epoche des "Bildersturms" mit der Rückkehr zur orthodoxen Bilderverehrung (843). Weiter gelang es dem Kaiser, außenpolitisch für Stabilität zu sorgen und das Reich aus der militärischen Defensive zu führen (Zerfall des Abbasidenkalifats ab 842; byzantinischer Sieg über die Araber und diese unterstützende Paulikianer bei Porson 863). Er setzte auch kulturell Akzente ("Universität" am Kaiserpalast in Konstantinopel, enzyklopädische Bildung in Byzanz; Patriarch Photios [858-867, 877-886], Leon der Mathematiker -> "makedonische Renaissance").
Der Sturz und die Ermordung Kaiser Michaels III. (867) machte den Weg zum Kaisertum frei für Basileios I. (867-886; makedonische Dynastie). Michael III. und Basileios I. stehen am Anfang der Zeit des 10. bis 12. Jahrhunderts und damit der byzantinischen Großmacht. Unter Basileios I. bekämpfte Byzanz - anfangs mit wechselndem Erfolg - die Araber im Raum von Ägäis, Golf von Korinth und Adria (arabische Belagerung Ragusas, arabische Eroberung Maltas 870, Einnahme Baris 871/76 -> Franken, Langobarden und Byzantiner in Unteritalien; arabische Eroberung von Syrakus 878); die Byzantiner drangen im kleinasiatischen Raum weiter vor (873 Einnahme von Samosata und Sozopetra, 878 Eroberung der Paulikianerstädte Argaun und Tephrike [Umsiedlung von Paulikianern auf den Balken -> Katharer]; 878 byzantinisches Heer vor Tarsos). Auch innenpolitisch erwies sich Basileios als durchsetzungsfähig. Zu Rückschlägen kam es indes unter Kaiser Leon VI. (886-912), dem Sohn des Basileios (896 byzantinische Niederlage gegen die Bulgaren in der Entscheidungsschlacht bei Bulgarophygon, Friedensvertrag und byzantinische Tributzahlungen, 902 Eroberung von Taormina und Ende der byzantinischen Herrschaft auf Sizilien, 904 arabische Plünderung von Thessalonike, 907 russisch-warägische Drohung eines Angriffs auf Konstantinopel und Handelsabkommen, 911/12 byzantinischer Versuch der Eroberung Kretas). Unter den Kaisern Konstantin VII. Porphyrogennetos (913-959), dem Sohn Leons VI. und Romanos I. Lakapenos (913-944) hatte sich das Reich bulgarischen Angriffen unter Zar Symeon I. (893-927) zu erwehren (bulgarische Eroberung Adrianopels [914] und Besetzung großer Teile des Balkans, Friedensvertrag nach dem Tod des Zaren 927). Romanos gelang es indes nicht, seiner Familie auf Dauer den Kaisertitel zu sichern; es setzte sich Konstantin VII. durch, wobei das Kaisertum des 9. und 10. Jahrhunderts sich zunehmend gegen mächtige Adelsfamilien (Kourkouas, Maleinos, Melissenos, Phokas, Skleros u.a.) und deren politische Konkurrenz durchzusetzen bzw. diese zu integrieren hatte (dynastische Legitimation, adlige Machtzentren und Besitzkumulation [abhängige Bauern, Steuerflucht, "Soldatenbauern" und Kataphraktenreiter], Zentrale und gestiegene Bedeutung der Provinzen). An der Ostgrenze feierte der Herrscher Erfolge (944 byzantinische Truppen vor Edessa [Mandylion Christi], 949 byzantinische Eroberung von Germanikeia). Konstantin verhalf darüber hinaus der "makedonischen Renaissance" zum entscheidenden Durchbruch (Geschichtsschreibung, Aufzeichnung von Heiligenlegenden, Aufzeichnung des kaiserlichen Hofzeremoniells usw.). Unter Konstantins Sohn Romanos II. (959-963) konnten Kreta (961) und (zeitweise) Aleppo erobert werden; Kaiser Nikephoros II. Phokas (963-969), der Eroberer Kretas, verheiratet mit Theophanu, der Ehefrau seines Vorgängers, setzte die expansive byzantinische Außenpolitik weiter fort (965 Eroberung von Tarsos, Mopsuestia und Zyperns, 969 Eroberung von Antiocheia) und ergriff auch steuerliche Maßnahmen (u.a. gegen Kirchen und Klöster), um die Staatseinnahmen zu verbessern. Eine Palastverschwörung beseitigte Nikephoros (969), Kaiser wurde nun Johannes I. Tzimiskes (969-976), der Theodora, die Tochter Konstantins VII. heiratete. Johannes gelang die zeitweise Unterwerfung Bulgariens, zudem griff er in Syrien ein (Feldzüge nach Tiberias, Akkon und Damaskus), weiter vermittelte er dem ostfränkisch-deutschen Königen Otto I. (936-973; Kaiser 962) und Otto II. (973-983) die Verwandte Theophanu (†991) als Braut für den Letzteren (972). Nach dem Tod des Johannes (976) setzte sich im Bürgerkrieg Basileios II. (976-1025) als Kaiser (der Makedonendynastie) durch. Die Verheiratung von Basileios' Schwester mit dem Kiewer Großfürsten machte den Weg frei für die griechisch-orthodoxe Christianisierung Russlands (Taufe des russischen Großfürsten Vladimir 989). Die Unterwerfung Bulgariens durch den Kaiser erwies sich als langwierig (991/1018; byzantinischer Sieg in der Schlacht von Kleidion [im Strymontal] 1014, Tod Zar Samuels [976-1014]), die Grenze des byzantinischen Reiches war wieder die untere Donau. Problematisch war zeitweise das politische Verhältnis zwischen dem West- und byzantinischem Kaisertum, was Unteritalien anbetraf (982 Schlacht bei Cotrone; nicht zustandegekommenes Heiratsprojekt zwischen Basileios II. und Kaiser Otto III. [983-1002] 1002). Innenpolitisch wandte sich der Kaiser verstärkt gegen die mächtigsten Adelsfamilien (Phokas). Die Kaiser bis zur Mitte des 11. Jahrhunderts (Konstantin VIII. [1025-1028], Romanos III. [1028-1034], Michael IV. [1034-1041], Michael V. [1041-1042], Konstantin IX. Monomachos [1042-1055]) entfalteten dagegen - relativ gesehen - wenig innen- und außenpolitische Wirkung (politische Kooperation mit dem Adel, byzantinische Eroberung Edessas 1031, zeitweise Eroberung des Ostteils Siziliens 1038, Eroberung Anis 1045; Regierungen der Kaiserinnen Zoe und Theodora 1042, 1055/56). Um 1050 ergaben sich kaum merkliche Veränderungen für die Außenpolitik des byzantinischen Reiches (Rückgang der Kiewer Machtstellung, Petschenegen an der Donau, türkische Seldschuken in Asien, Normannen in Unteritalien). Parallel dazu kam es um die Person des Patriarchen Michael I. Kerullarios von Konstantinopel (1043-1058) zu einem Schisma zwischen der papstgeführten Westkirche und dem östlichen orthodoxen Christentum (1054). Dieses Schisma wuchs sich in der Zeit der Kreuzzüge zu einer Kirchenspaltung zwischen Ost und West aus.
Die Jahrzehnte nach der Mitte des 11. Jahrhunderts sollten zum machtpolitischen Zusammenbruch des byzantinischen Reiches führen und damit die Expansion des lateinischen Westens in den östlichen Mittelmeerraum im Gefolge der Kreuzzüge des 11./12. bis 13. Jahrhunderts befördern. Die byzantinischen Kaiser der 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts gehörten den mächtigen Adelsfamilien im Reich an, die nun auch unmittelbaren Einfluss auf die Zentrale ausübten und kaum Anhänger eines starken Kaisertums waren. Nach einer kurzen Regierungszeit Michaels VI. (1057-1059) versuchte Kaiser Isaak I. Komnenos (1059-1061) auch auf Grund der sich verändernden außenpolitischen Lage (Vordringen der Normannen in Süditalien, ungarische und petschenegische Einfälle, seldschukische Übergriffe), die byzantinischen Finanzen zu reformieren, scheiterte aber darin. Sein Nachfolger Konstantin X. Dukas (1059-1067) konnte sich in den Provinzen des Reiches gegenüber dem erstarkenden lokalen Adel kaum durchsetzen. Kaiser Romanos IV. Diogenes (1068-1071) erlitt mit seinem Heer (u.a. aus Söldnern) gegen die türkischen Seldschuken auf Reichsgebiet bei Mantzikert eine Niederlage (1071), die - obwohl militärisch unbedeutend - das Reich in eine schwere Krise stürzen sollte. Der in Gefangenschaft geratene Romanos konnte mit den Seldschuken einen Frieden aushandeln, doch der wurde hinfällig als sich Michael VII. Dukas (1071-1078) im Kaisertum durchsetzte. So wurde das kleinasiatische Binnengebiet von den Türken erobert, Bari als byzantinische Zentrale für Unteritalien fiel in normannische Hände (1071), die Finanzen des Reiches zerrütteten mehr und mehr, die byzantinische Goldwährung (Nomisma) geriet in Mitleidenschaft, der Gegensatz zwischen Kaisertum und Adel lähmte die byzantinische Politik unter Michael VII und auch unter dessen Nachfolger Nikephoros III. Botoneiates (1078-1081). Erst Alexios I. Komnenos (1081-1118; Dynastie der Komnenen) gelang im Einvernehmen mit dem Adel (Komnenen, Dukas u.a.) die Überwindung der Staatskrise. Ein Bündnis und Handelsvertrag mit Venedig (1082/84) sollte verhindern, dass Normannen aus Unteritalien die Kerngebiete des Reiches auf dem Balkan angriffen (1081/85; normannische Einnahme Dyrrachions 1081); sie ermöglichten der Lagunenstadt aber auch den Aufstieg zum wichtigsten Handelszentrum des Mittelmeerraums im späteren Mittelalter. Während Antiocheia für Byzanz verloren ging (1084), gelangen ein Sieg über die Petschenegen (1091; Belagerung von Konstaninopel, Schlacht bei Levunion) sowie Rückeroberungen in Kleinasien (seldschukisches Emirat von Smyrna). Zu weiteren außenpolitischen Unternehmungen fehlten dem Kaiser aber die Kräfte, so dass er sich um auswärtige Hilfe (Söldner) u.a. aus dem lateinischen Europa bemühte. Die kam in Form des 1. Kreuzzugs (1096-1099; päpstlicher Kreuzzugsaufruf auf dem Konzil von Clermont 1095, Kreuzzugsgelübde der Kreuzfahrer) und eines Heeres von "fränkischen" Rittern, das der Kaiser über lehnsrechtliche Eidesleistungen einzubinden versuchte (Aufenthalt der Kreuzfahrer vor Konstantinopel 1096; westliches Anspruchsdenken <-> byzantinisches Sicherheitsbedürfnis). Das von den Kreuzfahrern belagerte Nikaia wurde so von byzantinischen Truppen besetzt (1097), dem Sieg der Kreuzritter über die Seldschuken bei Dorylaion folgte die byzantinische Besetzung des westlichen Kleinasien (1097), während Anatolien der byzantinischen Herrschaft weiterhin verschlossen bleiben sollte. Die Eroberung Antiocheias durch die Kreuzfahrer (1098) offenbarte dann das grundlegende Zerwürfnis und Misstrauen zwischen dem abendländischen Ritterheer und dem byzantinischen Kaiser (Verhandlungen vor Arqa). Gerade der Widerstand des normannischen Fürsten Bohemund von Antiocheia (1099-1111) gegen den Kaiser ließ Letzteren auf eine flexiblere Politik umschwenken, die immer noch einen gewissen byzantinischen Einfluss in Syrien und Palästina garantierte (byzantinisches Laodikeia und Kilikien, Byzanz und die Kreuzfahrerstaaten; Belagerung von Dyrrhachion durch Bohemund 1107/08, Vertrag von Devol 1108). Im Adriaraum konnte Venedig das byzantinische Dalmatien besetzen (1116); Kaiser Johannes II. Komnenos, der Sohn des Alexios, fühlte sich an den Vertrag von 1082 nicht gehalten und favorisierte Pisa, mit dem Byzanz im Jahr 1111 einen Vertrag geschlossen hatte. Venedigs Versuch der Einnahme Korfus scheiterte indes (1122/23), zumal Johannes I. die ins byzantinische Territorium eingefallenen Petschenegen besiegen konnte (1122). Es folgten aber weitere venezianische Vergeltungsmaßnahmen und Plünderungen gegen Byzanz, so dass sich der Kaiser darauf verstehen musste, die Handelsprivilegien Venedigs zu erneuern (1126). Während Johannes II. das entstehende normannische Königreich in Unteritalien und Sizilien im Auge behielt (deutsch-byzantinisches Bündnis) und es in Kleinasien auf einen Status quo zwischen Byzantinern und Seldschuken hinauslief, unternahm der Kaiser zwei Offensiven zur Eroberung Antiocheias (1137/38, 1141/43), die beide letztlich misslangen. Dagegen wandte sich Johannes' jüngster Sohn Manuel I. Komnenos (1143-1180) als Kaiser - im Zuge einer zunehmenden Verschränkung des Westens mit dem Osten - auch Westeuropa zu (deutsch-byzantinisches Heiratsbündnis 1146); jedoch behinderten die Pläne Manuels, das normannische Unteritalien seinem Reich wieder einzugliedern, zunächst die arabische Eroberung des christlichen Edessas (1144) und der 2. Kreuzzug (1147-1149). 1149 scheiterte der byzantinische Feldzug gegen die Normannen schon in den Anfängen, 1157 landeten griechische Truppen in Unteritalien, 1158 kam es zu einem Bündnis zwischen den Normannen und Byzanz, was wiederum die Position Manuels gegenüber den Handelsstädten Venedig, Pisa und Genua stärkte, während das Verhältnis zwischen den beiden Kaisern Friedrich I. Barbarossa (1152-1190) und Manuel belastet wurde (antideutsche Koalition Manuels [bis 1167], alexandrinisches Papstschisma [1159-1177]); später (1170) näherte sich Manuel wieder dem deutschen Kaiser an, fand sich aber alsbald im Gerüst der lateinischen Staaten isoliert (1173) (zwischenzeitliche byzantinische Besetzung Anconas 1173). Im verwickelten Verhältnis zwischen Byzanz und den Kreuzfahrerstaaten nahmen Pläne zur Eroberung des fatimidischen Ägypten konkrete Formen an (1167/69; byzantinische Flottenexpedition, Einnahme Damiettes 1169), scheiterten aber. Ebenso scheiterten Manuels Kreuzzugspläne (1175/76) zur Unterstützung der Kreuzfahrerstaaten mit der Niederlage gegen die Seldschuken in der Schlacht bei Myriokephalon (1176). Nach dem Tod Manuels (1180) und dem damit einhergehenden Ende der komnenischen Großmachtpolitik strebte das byzantinische Reich unter dem Kindkaiser Alexios II. Komnenos (1180-1183) und dem Komnenen Andronikos I. (1183-1185) seinem Nieder- und Untergang entgegen (Massaker an Genuesen und Pisanern in Konstantinopel 1182; Ermordung Alexios' II. 1183; Terrorregime des Andronikos; normannische Eroberung von Thessalonike 1185; Sturz, Folterung und Ermordung des Andronikos 1185). Auch die nachfolgenden Kaiser (Isaak II. [1185-1195], Alexios III. [1195-1203], Alexios IV. [1203-1204]; Dynastie der Angeloi; Alexios V. Murtzuphlos 1204) konnten den Untergang nicht bremsen, der mit dem Verlust der bulgarischen Provinzen (1186/90), dem 3. Kreuzzug Friedrich Barbarossas (1189-1192) und der Unabhängigkeit Serbiens (1190) einherging. Tribute an den deutschen Kaiser Heinrich VI. (1190-1197) kamen hinzu (Alamannikon 1196); der 4. Kreuzzug (1202/04) endete mit 1. Einnahme von Konstantinopel (1203), der am 13. April 1204 die endgültige Eroberung (und Plünderung) der Stadt durch die Kreuzfahrer folgen sollte.

Spätbyzantinische Zeit

Mit der Eroberung Konstantinopels (1204) war das byzantinische Reich (zunächst) Geschichte, lateinische "Franken" beherrschten die "Romania" rund um die Ägäis. Die politische Zersplitterung des ehemaligen byzantinischen Territoriums in lateinische Staaten - allen voran das lateinische Kaiserreich (1204-1261; 1205 Niederlage bei Adrianopel gegen die Bulgaren), das Königreich Thessalonike (1204-1222), das Fürstentum Achaia (1205-1429), das Herzogtum Athen (1205-1458), das Herzogtum Naxos (1207-1566) - und griechische "Nachfolgereiche" wie das Reich von Nikaia (1204-1261) unter Kaisern der Laskaridendynastie (Konstantin XI. [1204-1205], Theodor I. [1208-1222], Johannes III. [1222-1254], Theodor II. [1254-1258], Johannes IV. [1258]), das Despotat Epirus (1204-1318) und das Reich von Trapezunt unter komnenischen Kaisern (1204-1461). Die Schwäche des lateinischen Kaiserreichs ausnutzend, gelang es den byzantinischen "Nachfolgereichen" im Balkanraum und in Kleinasien, immer mehr vom ehemals byzantinischen Territorium gutzumachen; das Kaiserreich von Nikaia behauptete sich auch gegen das türkische Sultanat Ikonium. Kaiser Michael VIII. Palaiologos (1259/61-1282; Dynastie der Palaiologen) gelang - nach seinem Sieg bei Pelagonia (1259) - (unverhofft) die Einnahme Konstantinopels am 25. Juli 1261.
Das dadurch wiedererstandene byzantinsche Reich war aber nur mehr eine Regionalmacht, die sich in der Folgezeit gegen die lateinischen Besitzungen, gegen Türken und Bulgaren durchsetzen musste. Auch verteidigte Michael erfolgreich mit seiner Großmachtpolitik sein Kaisertum gegen westliche Bestrebungen, die lateinische "Romania" wiederherzustellen (1274 [nicht verwirklichte] Ankündigung einer Kirchenunion zwischen West und Ost auf dem Konzil von Lyon, 1281 Niederlage einer lateinischen Armee, 1282 Sizilianische Vesper und Übergang Siziliens an das Königreich Aragon). Unter Michaels Sohn Andronikos II. Palaiologos (1282-1328) sank das byzantinische Reich endgültig auf den Status einer Regionalmacht ab, der es nicht gelang, genügend Einnahmen für den Staatshaushalt zu generieren (Gegensatz Adel-Kaiser) oder die Reste der lateinischen "Romania" sich einzuverleiben. Stattdessen verlor das Reich nach und nach seine kleinasiatischen Gebiete, als diese von der Katalanischen Kompanie, einer Söldnertruppe im Dienst des Andronikos II., verlassen wurde (1326 Fall von Brussa, 1331 Fall von Nikaia, 1337 Fall von Nikomedeia); die Kompanie eroberte 1311 Athen und richtete dort ihre Herrschaft auf (1311-1385). Erbstreitigkeiten innerhalb der Familie des Andronikos schwächten die Position des Kaisers noch mehr; als dessen Nachfolger setzte sich in einem Bürgerkrieg (1321/28) sein Enkel Andronikos III. Palaiologos (1328-1341) durch. Unter diesem Kaiser verschlechterte sich die Finanzlage des Reiches weiter (Abwertung des Nomisma), verursacht durch eine ungerechte Steuererhebung und durch ständige Kriege, die das Reich weitgehend in der Defensive sahen (Epirus als abhängiges Despotat, Gebietsgewinne in Thessalien, serbisches Großreich unter [Zar] Stephan Dusan [1331-1355]). Der Tod des Andronikos war Ursache eines weiteres Bürgerkriegs im byzantinischen Reich (1341/54) zwischen den Kaisern Johannes V. Palaiologos (1341-1376, 1379-1391), den Sohn Andronikos' III., und Johannes VI. Kantakuzenos (1341/47-1354). Johannes VI. setzte sich letztlich durch, hatte aber mit der vom Schwarzen Meer eingeschleppten Pestepidemie des "Schwarzen Todes" (1347/52) zu kämpfen sowie mit dem Zelotenaufstand in Thessalonike (1341/50). Zudem konnten die osmanischen Türken aus dem Nordwesten Kleinasiens, im Bürgerkrieg mit Johannes VI. verbündet, sich in Europa festsetzen (Eroberung von Gallipoli 1352/54). Schließlich verband sich der Zerfall des byzantinischen Reiches, das um die Mitte des 14. Jahrhunderts nur ein unzusammenhängendes Konglomerat von Herrschaftsgebieten war, mit der Abneigung der Griechen gegenüber den Lateinern (lateinischer Transithandel ohne Beteiligung Byzanz' [genuesische Kolonie Galata], Kriege zwischen Genua und Venedig, lateinische Herrschaft über eine Vielzahl von Ägäisinseln), was die immer wieder propagierte Kirchenunion unmöglich machte und die religiös-mystische Erneuerung des Hesychasmus beförderte (Gregorios Palamas [†1359], Synode von Konstantinopel 1351). Letztlich war vom Reich der byzantinischen Kaiser in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts wenig genug übrig. Das griechische Herrschaftsgebiet unterlag während der Regierungszeiten der Kaiser Johannes V., Johannes VI. und Andronikos IV. Palaiologos (1376-1379) einer zunehmenden Feudalisierung (Verteilung von Reichsprovinzen an die Kinder von Kaisern) und wurde durch die türkischen Eroberungen massiv verkleinert (osmanische Eroberung Adrianopels 1369, 1. osmanische Eroberung Thessalonikes 1387), während das serbische Großreich schon wieder zerfallen war (osmanischer Sieg über die Serben in der Schlacht an der Marica 1371, osmanischer Sieg in der Schlacht auf dem Amselfeld 1389) und auch von den Bulgaren keine Bedrohungen mehr ausgingen (bulgarische Tributpflicht gegenüber den Osmanen 1388). Die Reisen Kaiser Johannes' V. ins westliche Europa zwecks Herstellung einer Kirchenunion und westlicher militärischer Unterstützung blieben erfolglos (1366, 1369/71). Beim Tod Johannes' V. (1391) schien das Ende des byzantinischen Reiches nur noch eine Frage kurzer Zeit zu sein. Trotzdem versuchte Kaiser Manuel II. (1391-1425), sein Reich aus der Umklammerung des türkischen Sultans Bajazid (1389-1403) zu befreien (osmanischer Sieg über ein Kreuzfahrerheer in der Schlacht bei Nikopolis 1396, Europareise Manuels II. 1399/1400 [Renaissance und antik-byzantinische Kultur]). Die osmanische Niederlage gegen den mongolischen Herrscher Timur (†1405) in der Schlacht bei Ankara (1402) brachte allerdings für Byzanz eine neue Gnadenfrist, der nachfolgende osmanische Bürgerkrieg (1403/13) ebenfalls, zumal Byzanz mit dem Sieger im Bürgerkrieg, Sultan Mehmed I. (1413-1421), verbündet war. So blieb der Herrschaftsraum Kaiser Manuels II. auf Konstantinopel, Thessalonike, einige Inseln und Küstengebiete im und entlang der Küste von Marmara- und Schwarzem Meer sowie auf Teile der Peleponnes beschränkt; auf der Peleponnes erlebte das palaiologische Despotat Morea mit dem Regierungszentrum Mistras (ab 1383) in der 1. Hälfte des 15. Jahrhunderts eine kulturelle Spätblüte und war auch vor türkischen Angriffen durch das Hexamilion (Festungsanlage am Isthmos von Korinth) relativ geschützt. Ein byzantinisches Eingreifen in die osmanischen Thronstreitigkeiten nach dem Tod Mehmeds I. bestrafte Sultan Murad II. (1421-1451), indem er Konstantinopel - wenn auch erfolglos - belagerte (1422). Murad eroberte das 1423 an Venedig gelangte Thessalonike (1430), wodurch das byzantinische Reich auf die Größe eines Stadtstaats schrumpfte. Manuels Sohn und Nachfolger Johannes VIII. (1425-1448) setzte die Politik seines Vaters gegenüber dem Westen und die Kirchenunion fort (Kirchenunion auf dem Konzil von Ferrara-Florenz 1438/39 und deren Verkündigung 1439, [zunächst erfolgreicher] christlicher Kreuzzug gegen die Osmanen 1443/44, Niederlage der Kreuzfahrer bei Varna 1444 und Scheitern der Politik Johannes' VIII.). Als Johannes starb (1448), folgte ihm als letzter byzantinischer Kaiser sein Halbbruder Konstantin XI. Palaiologos (1448-1453) nach. Unter ihm sollte sich das Schicksal Konstantinopels und des Reichs erfüllen. Sultan Mehmed II. (1451-1481) schnitt die Stadt, deren Bevölkerungszahl stark gesunken war, zunehmend von der Außenwelt ab und ging im Frühjahr 1453 zur Belagerung Konstantinopels über, das am 29. Mai 1453 schließlich erobert wurde. Mit der Eroberung endete das byzantinische Reich der Rhomäer; Morea mit Mistras wurde 1460 türkisch, das Kaiserreich Trapezunt im Jahr 1461.

Frühe Neuzeit, Moderne

Über Jahrhunderte hinweg war Griechenland Teil des Osmanischen Reiches, die Griechen von Griechenland über die türkische Ägäisküste bis zur Schwarzmeerküste nach der Eroberung Konstantinopels (1453) und dem politischen Ende des Byzantinischen Reichs im millet-i-Rum unter den orthodoxen Patriarchen von Konstantinopel (griechisch-orthodoxe Kirche) organisiert. Die somit weithin im Osmanischen Reich verstreut lebenden Griechen waren die Romaioi, als Nichtmuslime und zimmis vielfach dikriminierte Untertanen der osmanischen Sultane und zur Zahlung der Kopfsteuer (cizye) verpflichtet. Sprachlich war das attische Griechisch Hoch- und Schriftsprache, das Romäische das Vulgärgriechische, im 18. Jahrhundert war das Griechische als Bildungssprache und Vermittler europäischer Ideen zunehmend von Bedeutung. In der frühen Neuzeit gelang es Mitgliedern im Netzwerk der erfolgreichen griechischen Händleraristokratieder der Fanarioten, benannt nach dem Istambuler Stadtteil Fanari und Beziehungen zum orthodoxen Patriarchat nutzend, im osmanischen Staatsdienst aufzusteigen (griechische Dragomane, Großdragomanat, Fanariotenhöfe auf dem Balken [Budkarest, Iasi]). Die militärisch-(innen-)politische Krise des Osmanischen Reiches seit dem 18. Jahrhundert (Frieden von Karlowitz 1699, Passarowitz 1718, Belgrad 1739; Pax Ottomanica 1739-1768; russisch-osmanische Kriege 1768/74, 1787/92; Ägyptenfeldzug Napoleons 1798/1802) machte aus dem russischen Zaren den Schutzherrn der orthodoxen Christen im osmanischen Reich, beförderte das Eindringen von Gedankengut der europäischen Aufklärung und der Amerikanischen und Franzöischen Revolution auf den Balkan und führte zum Aufkommen des "Griechischen Projekts" und zur Bildung von nationalgriechischen Vereinigungen (Filiki Etaireia u.a.), u.a. einhergehend mit der Ausformung einer neuen griechischen "bürgerlichen" Händlerelite, die von einem Wirtschaftsaufschwung im Ägäisraum profitierte.
Die innenpolitische Schwäche des Osmanischen Reiches führte im Übrigen auf dem Balkan dazu, dass es immer wieder zu Aufständen und zu von der osmanischen Zentrale unabhängigen Herrschaftsbildungen kam (griechischer Aufstand 1770; Osman Pazvantoglu in Bulgarien/Ostserbien 1794/1807; Pascha Ali Tepedelenli von Ioannina in Albanien/Epirus/Makedonien/Thessalien 1788/1807/22). Der griechische Unabhängigkeitskrieg (1821-1832) reihte sich somit in diese Abfolge von Aufständen und Separationen ein. Der Unabhängigkeitskrieg hatte im Feldzug des Alexandros Ypsilantis (†1828) in Rumänien sein Vorspiel (Februar-Juni 1821). Der Aufstand auf der Peloponnes und in Mittelgriechenland und (etwas später) in der Ägäis begann gegen Ende März 1821, das osmanische Verwaltungszentrum Tripolis in Arkadien wurde Ende September eingenommen, osmanische Gegenangriffe konnten abgewehrt werden (vergebliche osmanische Belagerung von Messolongi, osmanische Plünderung von Chios 1822, griechischer Sieg in der Dervenakis-Schlucht [Juli 1822]). Die militärische Behauptung ließ indes die politische Uneinigkeit zwischen den Aufständischen offenkundig werden (Verfassung von Epidauros), die sich in zwei Bürgerkriegen (November 1823-Juni 1824, November-Dezember 1824) entlud. Durch das Eingreifen ägyptischer Truppen unter dem Befehl Ibrahim Paschas (†1848) auf der Peloponnes und im osmanischen Auftrag (1825) verschlechterte sich die militärische Situation der Aufständischen gravierend (Landung einer ägyptischen Flotte bei Navarino, osmanische Einnahme von Tripolis, Abwehr des ägyptischen Vorstoßes auf den Isthmus 1825). Gerade die Einnahme der griechischen Stadt Messolongi (1826) ließ als Folge einer politischen Welle von "Philhellenismus" die europäischen Großmächte Großbritannien, Russland und Frankreich auf die Seite der aufständischen Griechen treten (Petersburger Protokoll [4. April 1826], Vereinbarung zwischen Großbritannien und Frankreich [1827]). Neben diplomatischen Mitteln griffen die Großmächte auch zu militärischen (Versenkung der ägyptischen Flotte von Navarino [Oktober 1827, als letzte Seeschlacht mit Segelschiffen]). Der Friedensvertrag von Adrianopel (1829) garantierte die Autonomie Griechenlands im/vom Osmanischen Reich, während die (Verfassungs-) Streitigkeiten zwischen den englisch- und russisch-orientierten Abgeordneten der griechischen (dritten) Nationalversammlung von Piada (1826) schließlich in die Regentschaft und Alleinherrschaft des russisch-griechischen Ioannis Kapodistrias (1828-1831) einmündete. Nach Kapodistrias' Ermordung (1831) folgte eine Zeit der Anarchie (1831/32; Sieg der "Konstitutionalisten" in der Schlacht auf dem Isthmus von Korinth [März 1832], [vierte] Nationalversammlung von Argos [Juni 1832] und deren von den Großmächten veranlasste Auflösung [August 1832]). Das politische Einwirken der europäischen Großmächte (Imperialismus, Phlihellenismus -> Londoner Protokoll [3. Februar 1830], Londoner Vertrag [7. Mai 1832], Vertrag über die griechischen Staatsgrenzen [Juli 1832]) insbesondere auf das osmanische Reich, das große Teile des projektierten griechischen Staates (Peloponnes, Mittelgriechenland, Kykladen, Nördliche Sporaden) immer noch besetzt hielt, führte zur Konstituierung eines Königreichs Griechenland unter dem bayerischen Prinzen Otto (1832-1862), dem Sohn des philhellenischen bayerischen Königs Ludwig I. (1825-1848). König Otto sah sich in seinem "Musterkönigreich" mit massiven sozialen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert (Verlegung der Haupstadt von Nauplion nach Athen 1833, Einführung der Drachme als Landeswährung 1833, Rechnungshof 1833, Bildung einer regulären Armee bei Ausschaltung von Freischärlerverbänden, Bedeutung des ägäischen Seehandels, Reformversuche in der Landwirtschaft und Widerstand der Großgrundbesitzer, Staatsrat 1835, Nationalbank 1842 <- "englische", "französische", "russische" Partei und politische Spaltung der griechischen Gesellschaft). Die absolutistische Herrschaft Ottos rief indes zunehmend Widerstände hervor, die in der Verfassungsrevolte von 1843 und der Umwandlung des griechischen Staates in eine konstitutionelle Monarchie gipfelten (1843/44); Ministerpräsident Ioannis Kolettis (1844-1847) verfolgte seine nationale Megali Idea ["Große Idee"] und errichtete eine "parlamentarische Diktatur". Im Krimkrieg des Osmanischen Reiches, Großbritanniens und Frankreichs gegen Russland (1853-1856) nahm Griechenland eine neutrale Rolle ein; Großbritannien und Frankreich besetzten dennoch den Hafen von Piräus (1854) und blockierten die griechischen Handelshäfen (1854/57).
Dem Sturz König Ottos in einem Militärputsch (1862) schlossen sich bürgerkriegsähnliche Zustände im griechischen Staatswesen an (Übergangsregierung, Nationalversammlung, politische Parteien "Berg" und "Tal"). Gemäß der konstitutionell-demokratischen Verfassung von 1864 stand der neu installierte König Georg I. ("König der Hellenen", 1863/64-1913), vormals Prinz Wilhelm von Sonderburg-Glücksburg, einer "gekrönten Republik" vor, deren Gebiet sich um die schon im Jahr 1800 selbstständig gewordenen und unter britischen Schutz stehenden Ionischen Inseln erweiterte (1864). Großbritannien wurde zudem als Hegemonial- zur (alleinigen) Schutzmacht für ganz Griechenland. Auch ergab sich vor dem Hintergrund einer beginnenden Industrialisierung in den 1860er-Jahren ein gesellschaftlicher Wandel vermehrt hin zu bürgerlichen Prinzipien (Vereinswesen, "Nationale Frage"). Die "Nationale Frage" und der damit verbundene Irredentismus (betreffend die Vereinigung aller Griechen in einem Staat) führten über den Kretischen Aufstand (1866/69) und die weitere Demontage des Osmanischen Reiches auf dem Berliner Kongress (1878 [Orientkrise 1876/77]; Souveränität für Rumänien, Serbien, Montenegro) zu der zweiten Gebietserweiterung des griechischen Staates um Thessalien und Teile von Epirus (1881; Ciflik-Güter und -Bauern), wenn auch nun nichtgriechische Minderheiten (Albaner, Slawen) im griechischen Staat vermehrt wahrgenommen wurden. Innenpolitisch trug die Durchsetzung des parlamentarischen Systems (zunächst der Parteien "Berg", "Tal", "Nationalkommitee", Neoterikon Komma u.a., dann der Parteien Neoterikon Komma, Ethnikon Komma) (z.B. gegen die Übergriffe des Königs) zur Stabilisierung Griechenlands bei. Ministerpräsident Charilaos Trikoupis (1882-1895, †1896) konnte gegen Endes des 19. Jahrhunderts eine Reform- und Modernisierungspolitik betreiben (Infrastrukturausbau -> Eisenbahnbau 1882/93, Kanal von Korinth 1893); nicht zuletzt ein Staatsbankrott (1893) offenbarte aber die äußere Abhängigkeit des griechischen Staates (Diaspora-Griechen, ausländische Kapitalgeber) und die immer noch bestehende Schwäche in den Wirtschaftsstrukturen. Im "Friedenskrieg" von 1885 (Angliederung Ostrumeliens an Bulgarien) forderte Griechenland in der Form einer "bewaffneten Bettelei" von den Großmächten "Gebietskompensationen", scheiterte aber mit diesem Ansinnen. Auch der vier Wochen dauernde griechisch-osmanische Krieg von (April) 1897 endete mit einer demütigenden Niederlage, die auf Grund der diplomatischen Intervention der Großmächte bei Osmanischen Reich doch noch glimpflich ausging (kleinere Gebietsverluste). Streitigkeiten um die griechische Sprache (als Dimotiki ["Volkssprache"]) gingen in der Folge einher mit dem Makedonienkonflikt (1903/08), bei dem sich der griechische Irredentismus gegen bulgarische Einflüsse zu behaupten suchte. Die Jungtürkische Revolution im Osmanischen Reich (1908) sollte einerseits auch bei Griechen (alsbald enttäuschte) Hoffnungen auf Reformen im Osmanenreich wecken, andererseits führte sie zur definitiven Abtrennung Kretas, das an Griechenland gelangte (1908/13; Kretakrise). Mit der Jungtürkischen Revolution als Vorbild fand in Griechenland die Militärrevolte von Goudi (Vorort Athens) statt (1909); unter Ministerpräsident Eleftheros Venizelos (†1936) sollte sich - als Teil einer Weiterführung der Modernisierungspolitik - das griechische Militär mittels Aufrüstung zu einer schlagkräftigen Landarmee und Marine entwickeln. Griechenland schloss zudem mit Serbien und Bulgarien den Balkanbund ab (März-Juni 1912).
Damit begann ein Jahrzehnt fast ununterbrochener Kriege, eingeleitet durch die Balkankriege von 1912/13. Den Verbündeten im Balkanbund und Serbien gelang im Ersten Balkankrieg die Besetzung weiter Teile des Osmanischen Reiches auf dem Balkan (Oktober 1912-Mai 1913), wobei auch ein unabhängiges Albanien entstand. Streitigkeiten zwischen den Siegern im Ersten Balkankrieg führten alsbald zum Zweiten Balkankrieg (Juni-August 1913), der mit einer Niederlage Bulgariens endete (Frieden von Bukarest [10. August 1913]). In den Balkankriegen hatte Griechenland weitere Teile von Epirus, "Ägäis-Makedonien" bis zur Chalkidiki sowie (neben Kreta) die ägäischen Inseln hinzugewonnen. Folgen der Balkankriege waren "ethnische Verschiebungen", Vertreibungen und Fluchtbewegungen im großen Ausmaß. Nach der Ermordung König Georgs I. in Thessaloniki (1913) folgte dessen Sohn Konstantin I. (1913-1916) als Herrscher nach. Unter ihm kam es im Vorfeld und während des Ersten Weltkriegs (1914-1918) zu Konflikten mit dem Ministerpräsidenten Venizilos um die politische Ausrichtung Griechenlands (Neutralität gegen großgriechische Expansionspolitik auf Seiten der alliierten Mächte <- Royalisten gegen Modernisierer). Mit den alliierten Militäroperationen bei Gallipoli (Februar 1915) und dem Kriegseintritt Bulgariens auf Seiten der Mittelmächte (September 1915) geriet Griechenland in die Schusslinie sowohl der Mittelmächte (deutsch-bulgarische Besetzung Ostmakedoniens 1916) als auch der Alliierten (Balkanfront und Besetzung Thessalonikis [Oktober 1915], italienische Besetzung von Teilen von Epirus 1915, englische Besetzung von Ägäisinseln [1915/16], französische Besetzung Korfus [September 1916], französischer Angriff auf Piräus und Athen [November 1916, "Novemberereignisse"]); Folge davon war eine tiefgehende Nationale Spaltung Griechenlands (Ethnikos Dichasmos; August/Oktober 1916), eine Gegenregierung unter Venizilos entstand in Thessaloniki, während die Royalisten unter König Konstantin zunächst das alte griechische Territorium (v.1912) kontrollierten. Doch wurde der alliierte Druck alsbald zu groß (alliierte Seeblockade, französische Besetzung von Korinth und Athen [Mai 1917]); König Konstantin verließ das Land, sein Sohn Alexander (1917-1920) wurde König, Venizilos führte nun allein die Regierung über ein zwischen seinen Anhängern und den Royalisten weiterhin gespaltenes Griechenland. Das nun offiziell auf der Seite der Alliierten in den Krieg eintretende Griechenland (Saloniki-Front und Schlacht bei Skra di Legen [Mai 1918], Makedonienoffensive [September 1918]) gehörte nach der Beendigung des Ersten Weltkriegs zu den Siegern. Nicht zuletzt im Vertrag von Sèvres (1920) erhielt Griechenland Nordepirus/Südalbanien, West- und Ostthrakien sowie das (Mai 1919) besetzte Gebiet um das kleinasiatische Smyrna, zudem das Anrecht auf die Dodekanes (außer Rhodos) zugesprochen. Der frühe Tod König Alexanders und eine Wahlniederlage des Venizilos (1920) führte König Konstantin I. (1920-1922, 2. Mal) und die Royalisten zurück zur Macht, die sich als die besseren Vertreter großgriechischer Politik in Kleinasien erweisen wollten; nach (scheinbaren) Anfangserfolgen (1921) scheiterten letztlich die Kriegsunternehmungen gegen die türkische Republik (türkische Gegenoffensive [August 1922], Zerstörung und Fall Smyrnas [9. September 1922; "Kleinasiatische Katastrophe"], griechischer Rückzug und griechische Flüchtlinge). Der Friedensvertrag von Lausanne (1923) sah dann die beiderseitige Zwangsumsiedlung von Griechen und Türken vor ("ethnische Homogenität") bei Anerkennung der Grenzen zwischen den Staaten Griechenland und Türkei.
Auch zwischen den Weltkriegen blieb die Spaltung der griechischen Gesellschaft zwischen Venizelisten und Antivenizelisten erhalten (venizelistische Parteien "Liberale Union", "Liberale Republikaner", daneben "Sozialistische Arbeiterpartei Griechenlands" u.a.), wobei in Griechenland - nach dem Umsturz von 1922 und dem kurzem politischen Zwischenspiel König Georgs II. (1922-1923) - auf Druck von Militärs (Theodoros Pangalos [†1952], Georgios Kondylis [†1936]) die republikanische Staatsform eingeführt wurde (1924; Beschneidung bürgerlicher Freiheiten ["Gesetz zum Schutz der Republik"], Verbot der "Kommunistischen Partei Griechenlands"). Statt einer parlamentarischen Demokratie erlebte Griechenland zunächst die Diktatur des Theodoros Pangalos (Juni 1925-August 1926), der die "ökumenische Regierung" von Venizelisten und Royalisten auf verfassungsmäßiger Grundlage folgte. Diese Regierung hatte sich letztlich mit wirtschaftlichen Problemen ([fehlende] Modernisierung im Industriesektor, Inflation, Eingliederung von Flüchtlingen, staatlicher Protektionismus), einem gesellschaftlich-sozialen Wandel und dem Umgang mit ethnischen Minderheiten auseinanderzusetzen. Unter dem wieder nach Griechenland zurückgekehrten Eleftheros Venizelos als Ministerpräsidenten (1928/32) erlebte die griechische Republik sowohl ihre "Goldenen Jahre" in wirtschaftlicher und (stabiler) politischer Hinsicht, als auch den wirtschaftlichen Absturz in Folge der Weltwirtschaftskrise (1931; Staatsbankrott 1932); wiederholte Parlamentswahlen und instabile, von Antivenizelisten gebildete Regierungen (1932, 1935) sowie Putschversuche (März 1932, März 1935) prägten die 1930er-Jahre, bis Georgios Kondylis putschte, die Republik abschaffen ließ und die griechische Monarchie unter König Georg II. (1936-1947, 2. Mal) restaurierte (1936). Jedoch entstand aus der Ministerpräsidentenschaft des Ioannis Metaxas (†1941) schon bald eine durch den König gedeckte Diktatur (1936/40, "Regime des 4. August"), die sich durch einen rigiden Antikommunismus auszeichnete und sich durchaus Anleihen nahm an den faschistischen Diktaturen in Deutschland und Italien, sich außenpolitisch aber eng mit Großbritannien verbunden fühlte.
Der Angriff Italiens auf Griechenland im Zweiten Weltkrieg (1939-1945) (August/Oktober 1940) führte wegen des Stockens in den militärischen Operationen Italiens ("Epos von Albanien") zum Eingreifen deutscher Truppen (April 1941, "Operation Marita"), so dass Athen schon Ende April, Kreta Ende Mai 1941 erobert werden konnte. Die nachfolgende Besatzungszeit (1941-1944) in den drei (deutschen, italienischen, bulgarischen) Besatzungszonen war geprägt von Hunger (Hungersnot 1941/42), Besatzungsterror (Geiselerschießungen, Auslöschung der Gemeinden Kalavryta [Dezember 1943] und Distomo [Juni 1944] als "Sühnemaßnahmen" u.a.) und Widerstand (linksgerichtete "Nationale Befreiungsfront" EAM [September 1941], "Griechische Volksbefreiungsarmee" ELAS [Februar 1942] -> Partisanen, griechisches Hinterland als Partisanengebiete); nach der Kapitulation Italiens (1943) nahm der militärische Widerstand griechischer Partisanen noch zu, während er in einzelne, sich auch feindlich gegenüberstehende (kommunistische, antikommunistische) Organisationen zersplitterte, wobei auch eine Kollaboration einzelner Partisanenorganisationen mit der deutschen Besatzungsmacht bzw. der von ihr installierten griechischen Marionetteregierung (unter Georgios Tsolakoglou [1941-1942), Ioannis Rallis [1942-1944]) nicht ausgeschlossen war. Dem politischen Schulterschluss zwischen den linksgerichtet-kommunistischen Partisanengruppen in Griechenland und der regulären, ins Ausland geflüchteten Regierung unter dem König und dem Ministerpräsidenten Georgios Papandreou (†1968), zwischen kommunistischem und bürgerlichem Lager diente in Hinblick auf die Zukunft Griechenlands nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs die (Beirut-) Libanon-Konferenz (Mai 1944). Nach dem Abzug der deutschen Truppen aus Griechenland (September 1944) standen sich trotz des auf der Libanon-Konferenz Vereinbarten zunehmend feindlich gegenüber ("Dezemberereignisse" 1944), wobei Großbritannien und dann die USA das bürgerliche Lager (in den Städten) gegen die (noch vielfach das Land beherrschenden) Partisanen unterstützten. Das Abkommen von Varkiza (Februar 1945), der "weiße Terror" und die Gegenaktionen der Partisanen führten in den griechischen Bürgerkrieg (1946-1949), der als erster Stellvertreterkrieg zwischen Kommunisten und Antikommunisten, zwischen Sowjetunion und USA gelten kann. Die Kommunisten organisierten sich neu in der "Demokratischen Armee Griechenlands" DSE (1946) und konnten zunächst Erfolge erzielen. Das zunehmende Engagement der USA und das Ausscheren Jugoslawiens unter Tito aus dem kommunistischen Ostblock (1949) beendeten aber den Bürgerkrieg zu Gunsten der bürgerlichen Kräfte (1949), die die griechische Monarchie unter dem zurückkehrenden Georg II. bestätigt hatten (1946).
Die Zeit nach dem Bürgerkrieg war im griechischen Königreich (König Paul I. [1947-1964]) geprägt von einer liberalen Zwischenphase (1950/52), dem eine über zehn Jahre dauernde Dominanz rechter Kräfte unter den Ministerpräsidenten Alexandros Papagos (1952-1955, †1955) und Konstantinos Karamanlis (1955-1963, †1998) (NATO-Beitritt 1952, Wahlrechtsreform 1952; Spitzelwesen, politische Häftlinge, Todesstrafe, Militär <-> "Schattenstaat"; rechte Parteien "Hellenische Sammlung", "Nationale Radikale Union" ERE, liberale Zentrumsparteien, linke Partei "Vereinigte Demokratische Linke" EDA; massive Einmischung der USA in die griechische Politik). Gerade unter Karamanlis war eine wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung Griechenlands gegeben (Bauindustrie, Gastarbeiter-Anwerbeabkommen mit der BRD [März 1960], EWG-Assoziierungsabkommen [Juli 1961]), während in Hinblick auf den schon lange gärenden Zypernkonflikt (britisches Zypern 1878, Erzbischof Makarios III. [1950-1977]) und die "Zypernfrage" (Anschluss der Mittelmeerinsel an Griechenland oder Selbstständigkeit) Großbritannien, Griechenland und die Türkei sich auf eine Selbstständigkeit der Insel einigten (1959/60). Die zunehmenden innenpolitischen Gegensätze zwischen Rechts und Links brachten das liberale Zentrum unter Ministerpräsident Papandreou (1963-1965) an die Macht. Die "Juliereignisse" (Juli 1965) um den Verteidigungsminister Petros Garoufalias (†1984) führten unter massivem Druck König Konstantins I. (1964-1973) zum Rücktritt Papandreous und zu einer Beschädigung des griechischen Parlamentarismus. Die Verfassungskrise mündete schließlich ein in Militärputsch ("Revolution vom 21. April" 1967) und Militärdiktatur (1967-1974). Ein Gegenputsch des Königs scheiterte (Dezember 1967; Exil des Königs, Beendigung der Monarchie durch die Junta 1973), die Militärjunta unter Georgios Papadopoulos (1967-1973, †1999) und Dimitrios Ioannidis (1973-1974, †2010) sollte für die folgenden Jahre die Macht nicht aus den Händen geben (Antikommunismus, Pressezensur, Versammlungsverbot, Verbot der politischen Parteien und der Gewerkschaften, "Säuberungen" und Foltergefängnisse). Politisch bedeutete das Obristenregime Stillstand bei außenpolitischer Isolation, wirtschaftlich setzte sich die positive Entwicklung - wenn auch unter massiver Neuverschuldung des Staates - fort. Studentische Proteste (1973) und das versuchte Ausgreifen der Junta nach Zypern (1974; Absetzung Makarios', türkische Invasion auf Zypern, Zweiteilung der Insel) brachten das Militärregime schließlich zu Fall (1974).
Die Wiederherstellung der Demokratie (Metapolitefsi ["Demokratisierung"] 1974) erfolgte unter Ministerpräsident Karamanlis (1974-1981; Parteien Nea Dimokratia ND, "Panhellenische Sozialistische Bewegung" PASOK) bei Preisgabe griechischen Einflusses auf Zypern, vorübergehendem Rückzug des Landes von der NATO und Zurückdrängung der Bedeutung des Militärs (Prozesse und Urteile gegen die Verantwortlichen der Militärdiktatur, Entfernung von Juntafunktionären aus dem öffentlichen Dienst). Die Europaorientierung der Politik Karamanlis' fand im EG-Beitritt Griechenlands im Jahr 1981 ihren Höhepunkt, während die EG-kritische PASOK unter Andreas Papandreou (†1996) die Parlamentswahlen von 1981 gewann; ein Jahr zuvor war Karamanlis griechischer Staatspräsident geworden (1980). Die Regierung des Ministerpräsidenten Papandreou (1981-1989, "Dritter Weg") brachte einen neuen Demokratisierungsschub bei Versöhnung der Bürgerkriegsparteien (Rückkehr von Bürgerkriegsflüchtlingen), Stärkung der bürgerlichen Rechte (Zivilehe, Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau) und des Parlaments (1985), wenn auch die öffentliche Verwaltung bei Vermischung von Verwaltung und PASOK-Politik stark aufgbläht wurde. Schwierig blieb das außenpolitische Verhältnis zur Türkei (türkische Republik in Nordzypern [1983], Grenzzwischenfall am Fluss Evros [1987], griechisch-türkische Gespräche in Davos [1988]). Papandreou stürzte schließlich über einen Finanzskandal (1989). In Europa kam es zur Osteuropäischen Wende (1989) und damit zu neuen globalen Konstellationen, erkennbar etwa am neuen, Griechenland benachbarten Staat Makedonien (1991; Namensstreit) oder an der Zuwanderung aus den ehemaligen Ostblockländern (<-> Griechenland als typisches Auswanderungsland im 19. und 20. Jahrhundert). Die politischen Entwicklungen verstärkten den sich in 1980er-Jahren schon ankündigenden gesellschaftlichen Wandel (Kleinfamilie, Abkehr von patriarchalischen Gesellschaftsstrukturen, Pluralismus einer Zivilgesellschaft). Griechenland blieb Mitgliedsstaat in der EU und führte 2001 sogar als eines der ersten Länder den Euro als Währung ein (<- Europäische Währungsunion, Eurozone). Die Finanzkrise von 2009 bedeutete indes eine merkliche Zäsur in der wirtschaftlichen Entwicklung Griechenlands (überdurchschnittliche Wachstumsraten der Wirtschaft, Infrastrukturprojekte, Tourismus). Griechenlands Staatsdefizit stellte sich in der Folge der Finanzkrise als katastrophal heraus, der EU-Mitgliedsstaat muss(te) finanziell durch Kredite von EU, Europäischen Zentralbank und Internationalem Währungsfonds gestützt werden, was im Gegenzug einen Rückgang der griechischen Wirtschaftsleistung, massive Einschnitte im Sozialbereich und Verwerfungen im politischen Bereich bedeutete. In Abkehr vom bisherigen Zweiparteiensystem (ND, PASOK) regiert seit 2015 Ministerpräsident Alexis Tsipras mit seiner "Partei der radikalen Linken" SYRIZA Griechenland, das noch immer unter den Folgen der Finanzkrise leidet.

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Bearbeiter: Michael Buhlmann, 12.2023