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Schottland: Vorgeschichte, Antike, Mittelalter, frühe Neuzeit, Moderne
Schottland, mit dem südlich gelegenen England zu einer Insel verbunden, 79000 qkm groß, zeichnet sich mit seinen vorgelagerten Inseln ([Äußere, Innere] Hebriden, Orkneys, Shetlands) durch seine geologische (Präkambrium, Kambrium usw.) und geografische Vielfalt (Highlands, Mittleres Tiefland, Südliches Hügelland) aus.
Frühe Jäger und Sammler lebten seit dem Mesolithikum in Schottland (9.-5. Jahrtausend v.Chr.), die Nordseeküste war um 6100 v.Chr. von einer Tsunami-Katastrophe betroffen. Neolithische Siedlungen datieren ab der 1. Hälfte des 4. Jahrtausends v.Chr. und weisen auf Viehzucht und Getreideanbau hin (Skara Brae, Barnhouse settlement). Jungsteinzeitlich sind die Kammergräber als gemeinschaftliche Bestattungsform (Galeriegräber [court cairns], stalled cairns), neolithische Kultstätten stellen der Hügel von Cairnpapple (um 3000 v.Chr) und die Steinkreise von Callanish, Stenness und Brodgar (3. Jahrtausend v.Chr., 1. Hälfte).
Bronzezeitlich sind Funde wie die Bronzeaxt von Migdale (2200/2000 v.Chr.) oder das Grab von Culduthel (2000 v.Chr.); in der Spätbronzezeit (1200/1000 v.Chr.) wurde Schottland vom Ausbruch des isländischen Vulkans Hekla heimgesucht (Opfergaben im Duddingstonsee, 950/750 v.Chr.).
Die um 700 v.Chr. beginnende Eisenzeit steht für keltische Geschichte und Kultur (Ausbreitung keltischer Kultur und Sprache, Akkulturationsvorgänge; Hügelfestungen [hillforts], Steinhäuser, crannógs); eisenzeitliche Funde sind die Erlenholz"göttin" von Ballachulish (600 v.Chr.), das Wagengrab von Newbridge (5. Jahrhundert v.Chr.), eine "Leier" von der Insel Skye (300 v.Chr.).
Mit der Einbeziehung Englands in das römische Reich (ab 43 n.Chr.) geriet auch Schottland (Caledonia) seit der 2. Hälfte des 1. Jahrhunderts n.Chr. ins Blickfeld der Römer (römische Invasionen 71/74, 79/81 [Schlacht bei Trimontium], 83/84 [Schlacht beim Mons Graupius]).
Die schottischen Stämme konnten indes in der Folge des Baus der Limesanlagen von Hadrians- und Antoninuswall (n. ca.118, 142/54) ihre (relative) Unabhängigkeit von Rom behaupten (römische Festung Cramond ca.140, 208/11; römische Invasion unter Kaiser Septimius Severus [193-211] 209/11).
In römische und nachrömische Zeit (Abzug römischer Truppen aus Britannien 409/10, Aufgabe Britanniens 440) gehören dann die Stämme Schottlands (Votadini/Gododdin u.a.) und die frühmittelalterlichen Königreiche Gododdin, Ystrad Clud/Alclud (bis 11. Jahrhundert) und Dál Riada (Gälen, Scot(t)i; König Fergus Mór [10./11. Jahrhundert]) sowie das Königreich der Pikten und das Königreich Fortriu (König Óengus I. [731-762]); aus den letzteren Herrschaftsbildungen entstand das schottische Königreich (Alba) angeblich (?) König Kenneths I. (9. Jahrhundert) der Alpindynastie bis auf König Malcolm II. (†1034).
Das frühe Schottland hatte sich dabei mit den Wikingern und Dänen auseinanderzusetzen (Hebriden, Orkneys).
In der Zeit des Übergangs von Antike zu Mittelalter verbreitete sich auch das Christentum in Schottland (Steine mit christlichen Inschriften [5. Jahrhundert, 2. Hälfte], Missionare Ninian, Mungo, Columban der Ältere).
Der Alpindynastie folgte das Haus Dunkeld (1034-1286) u.a. mit den Königen David I. (1124-1153), William I. (1165-1214) und Alexander II. (1214-1249). Englische Einflüsse auf Schottland (Lehnswesen, Verwaltung) bis hin zur Oberhoheit (Vertrag von Falaise 1175) zeichneten das Hochmittelalter aus; die schottischen Könige engagierten sich in der Gregorianischen Kirchenreform (Klostergründungen [Dumferline, Holyrood, Melrose], Selbstständigkeit der schottischen Bischofskirche 1192), schottische Kultur äußerte sich besonders in der verschiedensprachigen Geschichtsdichtung.
Das spätmittelalterliche Schottland wird eingeleitet durch die Schottischen Unabhängigkeitskriege (1296-1328 [Schlachten von Stirling 1297 und Falkirk 1298, Robert Bruce [†1329]; 1332-1357 [Vertrag von Berwick 1357]). Die schottische Stuartdynastie begann mit König Robert II. (1371-1390). Unter Robert II. und den Stuartkönigen Robert III. (1390-1406), Jakob I. (1406-1437), Jakob II. (1437-1460), Jakob III. (1460-1488) und Jakob IV. (1488-1513) kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen mit England (Schlachten von Otterburn 1388, Roxburgh 1436, Sark 1448, Flodden Field 1513; Verlust von Berwick upon Tweed 1482; Gewinn der Orkneys und Shetlands 1469, der Hebriden 1493).
Innenpolitisch konnte das Königtum erfolgreich den schottischen Adel verdrängen und die Zentralisierung des Königreichs vorantreiben (Lehnswesen, königliche Städte [royal burhgs], Kronrat, Parlament), für die schottische Wirtschaft blieben weiterhin auf Ackerbau, Viehzucht und Fischerei maßgeblich, weiter der lokale, regionale und überregionale Handel (mercat crosses, Hafenstädte [Export, Import]; gesellschaftliche Hierarchie [Adel, Bauern, Leibeigene/Sklaven]). Im 15. Jahrhundert entstanden erste schottische Universitäten (St. Andrews 1410/13, Glasgow 1450, Aberdeen 1495, [Aberdeen 1583]).
Dem mit Frankreich verbündeten Schottenkönig Jakob V. (1513/28-1542) folgten dessen Tochter Maria Stuart (†1567) und die Niederlage gegen das England König Heinrichs VIII. (Schlachten bei Ancrum Moor 1545 und von Pinkie Cleugh 1547; Verträge von Boulogne 1550 und Norham 1551), während sich spätestens seit der Mitte des 16. Jahrhunderts die Reformation auch in Schottland durchsetzte (Scots Confession des Parlaments 1560); König Jakob VI. (1567-1625), der Sohn Maria Stuarts, war Protestant und verband ab 1603 als Jakob I. die Königreiche Schottland und England in Personalunion.
Unter Jakobs Sohn Karl I. (1625-1649) kam es in Schottland zu den "Bischofskriegen" (1639/40; presbyterianische Kirche Schottlands [National Covenant], Covenanters und englischer Bürgerkrieg [ab 1642]). Die Herrschaft Oliver Cromwells (†1658) umfasste auch das von englischen Truppen besetzte Schottland, während unter den Stuartkönigen Karl II. (1660-1685) und (dem katholischen) Jakob II. (1685-1688/1701) die Personalunion weiterbestand. Die Glorious Revolution in England (1688) führte zur Herrschaft Wilhelms von Oranien (1689-1702) in England und Schottland.
Nach der Act of Settlement des englischen Parlaments 1701, der Act of Security des schottischen Parlaments 1704 und einem englischen Handelsembargo gegenüber Schottland folgte 1707 die Realunion zwischen den beiden Königreichen letztlich unter den Königen des Hauses Hannover Georg I. (1714-1727), Georg II. August (1727-1760), Georg III. (1760-1820) usw. (Old Pretender 1708, Jakobitenaufstand 1715/16, Schlachten von Prestonpans 1745, Falkirk 1746 und Culloden 1745).
Kunst, Literatur und Kultur Schottlands standen in der frühen Neuzeit unter den Voraussetzungen von Renaissance und Reformation (schottische Geschichtsschreibung u.a.), bedeutend war die schottische Aufklärung im 17./18. Jahrhundert (Francis Hutcheson [†1746], David Hume [†1776], John Knox Witherspoon [†1794], Thomas Reid [†1796], Dugald Stewart [†1828] u.a.), weitreichend die von James Macpherson (†1796) kolportierten angeblichen Werke Ossians.
Das 19. Jahrhundert sah Schottland als Teil Großbritanniens und des britischen Weltreichs (schottische Soldaten im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg [1775-1783], Spanischen Unabhängigkeitskrieg [1808-1814], Krimkrieg [1853-1856], Ersten Weltkrieg [1914-1918]), als Teil der wirtschaflich-gesellschaftlichen Entwicklung im Gefolge von Industrialisierung und Urbanisierung (James Watt [†1819], Kohleabbau und Schwerindustrie, Eisenbahnbau, Schiffsbau; schottische Auswanderung u.a. nach Kanada [Nova Scotia]; Staat und Kirche [Church of Scotland, United Presbyterian/Free Church of Scotland).
Dabei kam es seit dem 19. Jahrhundert zu nationalen Bestrebungen in Schottland, die sich nicht zuletzt im Rahmen einer sich ausbildenden parlamentarischen Demokratie im schottischen Parteienwesen niederschlug (Scottish/Independent Labour Party, Scots National League/Scottish Party). Nach Zweitem Weltkrieg (1939-1945) und europäischer Integration Großbritanniens erlangte Schottland seit 1997 eine immer größere politische Autonomie innerhalb des britischen Herrschaftsverbunds (schottisches Parlament 1999, Referendum zur Abtrennung Schottlands vom Vereinigten Königreich 2014).
Heute ist Schottland ein integraler Bestandteil der Europäischen Union und Großbritanniens, eingebunden in die Weltwirtschaft, ausgestattet mit seiner regionalen Kultur.
Literatur:
Maier, Bernhard (2015), Geschichte Schottlands (= BSR 2844), München 2015
Bearbeiter: Michael Buhlmann, 06.2024