938 [Mai], (Essen-) Steele:
Hoftag König Ottos I. in Steele
Der Hoftag König Ottos I. der Große (936-973) in Steele befasst sich mit der Fehde zwischen Herzog Eberhard von Franken (911-939) und dessen Vasallen Bruning. Weiter entscheidet der Hoftag zwischen Eintritts- und Anwachsungsrecht zu Gunsten des Eintrittsrechts.
II,9. [...] Der König [Otto I.] aber zog durch Bayern und kehrte, nachdem dort die Dinge zufriedenstellend geregelt worden waren, nach Sachsen zurück.
II,10. Der Streit aber, der zwischen Eberhard und Bruning ausgebrochen war, gelangte dorthin [und damit die Nachricht], dass öffentlich Mordtaten geschahen, dass Äcker verwüstet wurden und dass man nirgends vor Brandstiftungen zurückschreckte. Auch über die Verschiedenartigkeit von Rechtsansprüchen ist es zum Streit gekommen; es waren die, die sagten, dass die Söhne der Söhne nicht den Söhnen gleichgestellt werden können und dass das Erbe den Söhnen zukommen solle, wenn deren Väter verstorben waren, während die Großväter noch lebten. Von daher kam es von Seiten des Königs zu dem Gebot, dass eine Zusammenkunft des gesamten Volkes beim Ort, der Steele heißt, einberufen wurde. Und es geschah, dass der Rechtsfall unter Zeugen untersucht werden sollte. Der König aber wollte nach besserem Rat des Nutzens nicht, dass adlige Männer und Alte des Volkes unehrlich [den Rechtsfall] behandelten; hingegen befahl er, dass die Sache von den Kriegern entschieden wurde. Es siegte aber die Partei, die die Söhne der Söhne unter die Söhne stellte; und es wurde festgesetzt, dass sie gleichermaßen mit den Onkeln das Erbe teilen in ewiger Übereinkunft. Dort ist auch ein Frieden zwischen den Unruhestiftern festgesetzt worden; diese hatten bis dahin verneint, dass sie irgendetwas gegen die königliche Herrschaft unternommen hätten; vielmehr hätten sie nur das an ihren Bundesgenossen begangene Unrecht bestraft. Der König bemerkte aber deren Missachtung ihm gegenüber - sie hielten es nämlich nicht für nötig, gemäß dem Befehl [des Herrschers] zum Hoftag zu kommen -, verschob den Waffengang, gab Verzeihung und als Nächstes - wie von jeher üblich - Gnade. Aber diese Verzögerung zog viele herab zu größerem Verderben. Außerdem entstand viel Unrecht durch Aufrührer: Mord, Meineid, Verwüstungen und Brand. Gleichermaßen verkehrten sie [die Aufrührer] in jenen Tagen Recht in Schlechtigkeit, Heiliges in Meineid. [Buhlmann]
Widukind von Corvey, Sachsengeschichte, II,10. - MGH SSrG [60], S.73f.