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Mittelalterliche
Verfassungsgeschichte

Berner Handfeste (1218 April 15)

Nach dem Aussterben der Zähringerherzöge (1218) wurde Bern zur Königsstadt der spätstaufischen Herrscher Friedrich II. (1212-1250), Heinrich (VII., 1220-1235) und Konrad IV. (1237-1254). Beim Übergang der Berner Stadtherrschaft an den Staufer Friedrich II. soll Letzterer den Einwohnern der Stadt die sog. (Goldene [weil mit einer ech-ten Goldbulle des Königs versehene]) Berner Handfeste, eine das Berner Stadtrecht enthaltene Urkunde vom 15. April 1218 zugestanden haben. Über die Echtheit des Schriftstücks hat dabei die historische Forschung lang gestritten; in letzter Zeit überwiegen die Meinungen, die Handfeste sei eine Fälschung aus der Zeit (kurz?) vor 1274.

Edition: Die Urkunden Friedrichs II., bearb. v. W. KOCH, Tl. 3: 1218-1220 (= MGH. Diplomata. Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser, Bd. 14,3), München 2010, MGH DFII 439 (1218 April 15). - Übersetzung: BUHLMANN.

Friedrich, durch die Gnade Gottes König der Römer und allzeit Mehrer des Reiches sowie König von Sizilien, den geliebten, frommen .., dem Schultheißen, dem Rat und allen Bürgern von Bern in Burgund seine Gnade und alles Gute. [1.] Weil ja Berthold [V., 1186-1218], der Herzog von Zähringen, die Stadt [burgus] von Bern eingerichtet hat mit der ganzen Freiheit, mit der auch Herzog Konrad [1122-1152] Freiburg im Breisgau eingerichtet hat[te], und [ihr] die Freiheit schenkte gemäß dem Recht der Stadt Köln, während Kaiser Heinrich [VI., 1190-1197] [dies] bestätigte und alle Fürsten der Krone des römischen Reichs, die dabei waren, zustimmten, wollen wir, dass euch und allen, die das vorliegende Schriftstück bis in Ewigkeit sehen werden, bekannt wird, dass wir durch die Autorität königlicher Hoheit diese Stadt von Bern und alle Bürger, die sich jetzt dort aufhalten und die später dorthin kommen werden, in unsere und des römischen Reiches Herrschaft und Verteidigung aufgenommen haben, indem wir auf ewig euch und eure Nachkommen als frei betrachten und als losgelöst von ganzer Dienstbarkeit und Besteuerung, durch die ihr bedrängt wurdet, außer vom Zins für eure Häuser und Grundstücke, der für ein Grundstück von 100 Fuß Länge und 60 [Fuß] Breite auf dem Grund und Boden des Reiches jährlich 12 Pfennige üblicher Münze beträgt. Wir wollen, dass ihr mit euren Nachkommen durch die Zahlung dieses Zinses frei seid von ganzer anderer Dienstbarkeit und Besteuerung durch uns und alle unsere Nachfolger und unsere Stellvertreter. Und wir befestigen diese Freiheit und Immunität euch und euren Nachkommen durch königliche Macht. [2.] Wir versprechen euch und euren Nachkommen auch fest, dass wir diese Stadt Bern mit ganzer Ehre und dem zu ihr gehörenden Recht in unserer Herrschaft und der des Reiches behalten werden und dass wir sie und euch niemals als Lehen, durch Verkauf, durch Tausch oder auf andere Weise von unserer Gewalt oder der des römischen Reiches entfremden oder abbringen. [3.] Hingegen wollen wir, dass ihr auf Grund und Eigengut des Reiches frei und ohne Besteuerung wohnt und euch auch nach Lehnsrecht [der Stellung] der anderen Getreuen und Dienstleute des Reiches erfreut, frei eine Münzstätte besitzt und Märkte im Umfang von 15 Tagen, nämlich am Fest des heiligen Georg [23.4.] und 8 Tage danach und am Michaelsfest [29.9.] und 8 Tage danach. [4.] Und ich erlasse allen in der Zeit des öffentlichen Marktes Hinzukommenden den Zoll und verspreche mit königlicher Freigebigkeit Frieden und Sicherheit hinsichtlich der Waren und Personen bei der An- und Abreise außer für den, der gegen einen Bürger gewalttätig vorgeht. Und wenn ein Händler während der Zeit des Marktes beraubt wird und wenn er den Räuber benennt, veranlasse ich, dass ihm [das Geraubte] zurückgegeben wird, oder bezahle [den Schaden]. [5.] Wir wollen auch, dass alle Händler zur Marktzeit auf den Plätzen und auf dem Besitztum des Reiches außer auf den Gütern der Bürger, wo sie möchten, Flächen und Zelte vorbereiten ohne Bezahlung oder Widerspruch. Und wenn zur Zeit des Marktes sich irgendein Streit zwischen den Bürgern und den Händlern erhebt, wird er nicht durch mein Urteil oder das meines Vertreters entschieden, sondern nach dem Gewohnheitsrecht der Kaufleute, besonders der kölnischen [Kaufleute], von den Bürgern. [6.] Wir gestehen euch auch durch königliche Freigebigkeit den Wald zu, der Bremgarten heißt, und das, was um die Mauern der Stadt liegt zur Nutzung, die für gewöhnlich Allmende heißt. Und darüber hinaus geben wir euch Gemeinschaft und Nutzen am Wald, was ehafti genannt wird, für eure ganze Notwendigkeit unbeschadet und ohne Widerspruch. [7.] Wir versprechen euch auch festsetzend, dass wir und nicht irgendeiner unserer Nachfolger euch einen Schultheißen, einen Priester, einen Lehrer, einen Sakristan, Ratsmitglieder, einen Vogt oder einen anderen Amtsträger geben; wir werden aber sie, wenn ihr diese in gemeinsamem Beschluss euch an die Spitze stellt, bestätigen. In jedem Jahr könnt ihr auch den Schultheißen und die Ratsmitglieder oder auch alle Amtsträger außer dem Priester austauschen oder andere wählen. [8.] Wir versprechen euch festsetzend hinsichtlich des Hauses [Burg], das Herzog Berthold bei euch befestigt hat, dass ihr davon niemals von uns oder unseren Nachfolgern irgendeinen Schaden oder irgendeine Bedrückung erleiden werdet. [9.] Niemals müsst ihr mit uns oder einem, der euer [Stadt-] Herr sein wird, wegen einer Kriegsangelegenheit länger wegbleiben als bis zur folgenden Nacht, in der ihr in eure Häuser zuückkehren könnt. Wenn aber euer Herr in die Stadt kommt, werden die Ritter und Gäste [des Gefolges] in den Häusern jener untergebracht, die gewohnt sind, Gäste aufzunehmen. Wenn aber die Häuser jener nicht ausreichen, müssen sie auch anderswo untergebracht werden ohne Nachteil der Bürger. [10.] Außerdem gestehen wir aus königlicher Freigebigkeit euch zu, dass ihr Nahrung, Wein und alle anderen Güter frei kaufen und verkaufen könnt, wann auch immer es euch gefällt, ohne Bedrückung und Strafe. [11.] Auch kann jeder Bürger das Haus, die Güter und alles, was sie besitzen, beleihen, verkaufen und jedem geben, den er auswählt, ohne Bedrückung und Widerspruch. Und wenn jemand anwesend ist, wenn irgendein Bürger seine Erbgüter und sonstigen Güter verkauft oder verpfändet, und er nicht widerspricht in dem, was Recht ist, sondern er jenen erst später angeht, so kann jener vor zwei geeigneten Zeugen im Übrigen die Einwände diesbe-züglich mit dem Hinweis, dass damals nicht widersprochen wurde, zurückweisen. [12.] Jeder Mann, der an diesen Ort kommt und bleiben will, möge frei sich niederlassen und bleiben. [13.] Wenn er aber ein Höriger von irgendjemandem ist und den Leibherrn leugnet, ist der Herr angehalten, innerhalb eines Jahres mit 7 seiner Nachbarn und Verwandten nachzuweisen, dass dieser sein Höriger ist. Andernfalls - wenn er dies innerhalb von Tag und Jahr nicht nachweist - bleibt [der Hörige] als Freier in der Stadt und kann im Übrigen nicht weiter belangt werden. Wenn [der Hörige] aber den Leibherrn bekennt, möge er innerhalb eines Jahres diesem zugeführt werden oder in der Stadt frei bleiben. Wenn er innerhalb eines Jahres nicht weggeführt wurde, möge er, nachdem das Jahr vergangen ist, im Übrigen frei bleiben. [14.] Wenn irgendjemand das Bürgerrecht in der Stadt erhalten möchte, geschieht dies unter der Bedingung, dass er alle Rechte der Stadt anerkennt, außer er ist auf gemeinsamem Beschluss der Bürger davon ausgenommen und entbunden. [15.] Kein Auswärtiger kann Zeugnis geben über einen Bürger, es sei denn, ein Bürger über einen anderen. Und die ganze Bezeugung muss vor zwei geeigneten Zeugen geschehen nach Sehen und Gehör. [16.] In dieser Stadt gibt weder ein Mönch noch ein Geistlicher noch ein Ritter Zoll; auch von verarbeiteter Kleidung soll niemand Zoll geben. Hinsichtlich dem, was auch gekauft und verkauft wird [im Wert von] unter 5 Schillingen, muss niemand Zoll geben. Wenn aber der Kauf oder Verkauf 5 Schillinge überschreitet, wird von je 5 Schillingen ein Pfennig als Zoll gegeben. Beim Vieh aber wird so verfahren, wie es im Rodel, der eure Rechte und [die] der Freiburger enthällt, beschrieben steht. Wenn irgendjemand von denen, die Zoll geben müssen, wissentlich und betrügerisch den Zoll unterschlägt, soll er zu drei Pfund und einem Heller verurteilt werden. Wenn aber ein Zöllner irgendeinen Betrug begeht, muss der Kaufmann beweisen, dass er [den Zoll] gegeben hat, und so entgeht er der Zahlung; und jener zahlt dem Richter für seinen Betrug drei Pfund und drei dem Ankläger. [17.] Wer auch immer Zöllner ist, muss alle zur Stadtmauer gehörenden Übergänge in Benutzung halten, und was darauf an Vieh verloren geht oder verletzt wird, muss er zahlen und so für den Schaden einstehen. [18.] Keiner soll das öffentliche Stadtmaß aufbewahren, außer ihm wird dies von einem Richter oder vom Rat gestattet. Wer es aber aufbewahrt, muss jedem Bürger es kostenlos zur Verfügung stellen, wann auch immer dieser es braucht. Von Auswärtigen empfängt er aber für jeden Zentner einen Heller und nicht mehr. Wenn er aber mehr empfängt von einem Auswärtigen und irgendetwas von einem Bürger und wenn er überführt wird, zahlt er dem Schultheiß drei Pfund und drei dem Ankläger. [19.] Außerdem soll jegliches Maß und Gewicht für Wein, Getreide, Silber und jegliche Dinge in der Gewalt des Richters und des Rates stehen, und nachdem sie verliehen wurden, befinden sie sich unter der Aufsicht und Prüfung von einem oder zwei Bürgern; und wenn bei irgendjemandem später ein größeres oder kleineres Maß oder Gewicht gefunden wird, wird er gleichsam als Dieb und Fälscher verurteilt. Wenn er aber dies leugnen will, wird er durch zwei Zeugen überführt und gemäß dem, was er verdient, bestraft. Und wenn er das rechtmäßige Maß nicht benutzt hat, wird er wie ein Fälscher bestraft; und im Übrigen darf er öffentlich keinen Verkauf in der Stadt tätigen. [20.] Wenn ein Bürger aus dem Rat der Stadt ist und wegen eines Vergehens durch Urteil aus dem Rat ausgeschlossen und verworfen wurde, darf er im Übrigen niemals mehr in den Rat oder in ein städtisches Amt gewählt werden. [21.] Wenn ein Bürger irgendetwas außerhalb der Stadt kauft oder er irgendetwas irgendjemandem verspricht oder auf irgendeine Weise der Schuldner von irgendjemandem geworden ist und wenn er diesbezüglich in der Stadt von jemandem angeklagt wird, muss er, wenn er dies nicht leugnen will, außerhalb zu dem Ort gehen, wo er eine solche Übereinkunft oder Zusage gegeben hat, und dort soll er dies durch Bezahlung oder Gerichtsurteil erledigen, so dass die Stadt ihn von daher nicht belangt. [22.] Wenn ein Bürger alle Güter, Eigengüter oder andere Dinge innerhalb von Tag und Jahr in ruhigem Besitz hat, soll er diesbezüglich später von niemandem belangt werden, außer der, der ihn angeht, kann beweisen, dass er [während dieser Zeit] nicht in Land und Stadt gewesen sei. Und wenn irgendwer einen Bürger hinsichtlich Eigengütern, Lehen, Pfändern und anderen Gütern, die [dies]er Tag und Jahr in ruhigem Besitz innehat, unrechtmäßig angreift, ist er angehalten, diesem [Bürger] 10 Pfund zu zahlen. [23.] Wenn ein Bürger einen anderen Bürger vor einem auswärtigen Richter anklagt, soll er den ganzen Schaden, der dabei entsteht, bezahlen und darüber hinaus dem Schultheißen drei Pfund und drei dem Kläger büßen. [24.] Wessen Haus in der Stadt abgebrannt ist und wer vom Grundstück Steuer und Abgabe gegeben hat, verliert das Bürgerrecht nicht, wenn er irgendwo auf dem Land lebt; wenn er es [das Bürgerrecht] aber einem Fremden gegeben hat, ist er kein Bürger mehr, außer er baut [das Haus wieder auf]. [25.] Wenn ein Gastfreund in der Stadt wohnt und allen Rechtssetzungen der Stadt nachkommt, soll jener wie jeder andere Bürger das Bürgerrecht erhalten, außer er kann keinen Bürger davon überzeugen. [26.] Wenn für die Stadt Krieg entsteht und irgendjemand erscheint unpassend und unzureichend bewaffnet, so soll er nicht angehalten werden, dies zu berichtigen. Wenn er aber nach Hause zurückkehrt und bewaffnet zurückkommt, büßt er, wenn er [diesbezüglich] überführt wird, drei Pfund dem Richter und drei dem Kläger. [27.] Wenn irgendwer einen Bürger im eigenen Haus und auf dessen Grundstück grundlos bei Tag oder bei Nacht heimsucht und diesem Schaden ohne jegliche Genugtuung versursacht, soll jener Schaden und Vergehen tragen. Wenn er aber das getane Unrecht nicht vergelten kann oder will, büßt er, wenn er dem Richter vorgeführt wird, als durch Zeugen überführter Angeklagter dem Richter 3 Mark und 3 dem Kläger. [28.] Wer innerhalb der Stadtgrenzen und des Stadtfriedens tötet, soll ohne jeglichen Widerspruch hingerichtet werden; wenn er aber im Zorn [jemanden] verwundet hat, verliert er die Hand. Wenn der Angeklagte geflohen ist und nicht gefangen wurde, wenn er - dreimal angerufen - sich nicht mit dem Gericht vergleicht, hat er sich dadurch selbst überführt und verdammt; und daher zerstören Schultheiß und Rat zusammen mit allen Bürgern dessen Haus, und die zerstörten Baulichkeiten bleiben Tag und Jahr liegen; und nach Ablauf des Jahres können dessen Erben das Gebäude wiederaufbauen, wenn sie wollen, und [dies] frei besitzen, wenn sie zuvor drei Pfund bezahlen. Der Angeklagte aber erleidet, wenn er später in die Stadt zurückkehrt und ergriffen wird, dieselbe Strafe, als wäre er am ersten Tag ergriffen worden. [29.] Niemand soll irgendjemanden ohne Gerichtsbeschluss in der Stadt festnehmen, außer bei diesem wurde ein Diebstahl oder Falschmünzerei nachgewiesen oder er verübte in der Stadt einen Totschlag. Und in diesen drei Fällen darf ein beliebiger Bürger ihn festnehmen und dem Gericht vorführen, damit er gemäß dem, was er verdient, verurteilt wird. [30.] Auch kann jeder Bürger Klage erheben und gegen den, der innerhalb der Stadt einen Bürger getötet hat, wegen des Totschlags, wenn dieser geleugnet wird, einen Zweikampf veranlassen, auch wenn der Getötete kein Verwandter von ihm ist. [31.] Wer auch immer innerhalb der Stadt bei Nacht irgendjemanden unbesonnen angeht oder verletzt, verliert als [überführter] Angeklagter eine Hand. Wenn er aber [dies] leugnet und der Geschädigte ihn nicht überführen kann, kann er, wenn er will, mit ihm einen Zweikampf durchführen. [32.] Dies ist aber des Recht des Zweikampfs: Wer auch immer irgendjemanden in einer Auseinandersetzung verwundet, verliert die Hand, wenn er als Angeklagter überführt wird; wenn aber der, der diesen anklagt, überführt wird, löst er die Bewaffnung, über die er verfügt, für drei Pfund ein. Wer aber an irgendjemanden vollendeten Totschlag begangen hat, verliert, wenn er als Angeklagter überführt wird, den Kopf; wenn aber der, der anklägt, überführt wird, verliert er die Hand. [33.] Wenn ein Bürger oder ein in der Stadt wohnender Gastfreund irgendeinen seiner Mitbürger oder den genannten Gastfreund gefangennimmt oder veranlasst, ihn zu fangen oder zu berauben, muss er den ganzen Schaden, den der Geschädigte durch Eid und vor geeigneten Zeugen nachweist, diesem bezahlen und darüber hinaus dem Schultheiß 3 Pfund und 3 dem Kläger, und wie ein Fälscher muss er auf seine Ehre verzichten und im Übrigen als Verräter gelten. [34.] Wenn zwei Bürger in Zank geraten und in der Stadt miteinander raufen oder sich schlagen und wenn der Verursacher durch Zeugen überführt wird, soll er dem Schultheiß 3 Pfund und 3 dem Kläger zahlen, der andere aber zahlt nichts. Wenn sie aber von ihren Nachbarn, vor denen der Streit zum Urteil gelangte, versöhnt wurden, sind sie nicht angehalten, vor dem Richter auszusagen; und dies soll innerhalb oder außerhalb der Stadt gelten. Wenn aber der Streit zuvor vor Gericht in eine Klage mündete, kann er nicht ohne Gericht und Urteil des Richters beendet werden. [35.] Wenn zwei Bürger als Freunde die Stadt verlassen und dann miteinander raufen oder sich schlagen und wenn der Verursacher durch Zeugen überführt wird, soll er dem Schultheiß 3 Pfund zahlen, der andere nichts. Wenn aber zwei Feinde, die zuvor die Stadt verlassen haben, sich raufen und schlagen oder verletzen oder töten, erleiden sie dieselbe Strafe, als wenn dies in der Stadt geschehen wäre. [36.] Wenn ein Bürger einen Fremden außerhalb der Stadt schlägt und jener darüber in der Stadt klagt, nützt ihm das nichts. Wenn aber ein Bürger von einem Fremden außerhalb der Stadt geschlagen und verwundet wird und er dies dem Richter und seinen Mitbürgern anzeigt und diesbezüglich klagt, wenn jener [Beklagte] darüber hinaus die Stadt betritt und der verletzte Bürger ihn gefangennimmt oder tötet, ist er nicht angehalten, dies gegenüber dem Richter zu büßen. [37.] Wenn irgendein Gastfreund einen Bürger durch Wort oder Tat herausfordert, so dass er diesen in der Stadt schlägt oder verwundet, und wenn durch geeignete Zeugen nachgewiesen werden kann, dass der Gastfreund Urheber [der Tat] gewesen ist, büßt er diesem mit 3 Schillingen, wenn jener verletzt davonkommt, bzw. büßt den Erben des Klägers mit 3 Pfund, wenn jener aber stirbt, und 3 dem Richter der Stadt. [38.] Wenn irgendein Bürger wissentlich oder unwissentlich Geraubtes kauft und wenn jener, der beraubt wurde, hinzukommt und durch Zeugen nachweist, dass jene Dinge ihm unrechtmäßig abhanden gekommen sind, ist er [der Käufer] angehalten, ihm [den Bestohlenen] [die Dinge] ohne jeglichen Schaden zurückzugeben. Und dies wird so festgesetzt, damit die Stadt nicht durch ein Verbrechen Schande und Schaden erleidet. [39.] Wenn irgendein Bürger die Gnade [seines] Herrn verliert, muss er innerhalb von 6 Wochen sich mit ihm versöhnen, wenn sich der Herr im Umland oder in der Stadt aufhält, und in jenen 6 Wochen Frieden haben an Leib und Gütern innerhalb und außerhalb der Stadt; und über alle Güter verfügt er inzwischen, wie er will, nur das Haus, das er bewohnt, darf er nicht verkaufen oder beleihen, bis er die Gnade seines Herrn genießt. Wenn er aber die Gnade seines Herrn nicht genießt, kann er mit dem Haus und allem, was er innerhalb der Stadt besitzt, dazu gezwungen werden, dass er die Gnade seines Herrn erlangt. Wenn er die Liebe seines Herrn nicht erlangen kann, soll der Herr angehalten werden, ihm Geleit an Gut und Körper zu geben bis zu zwei Meilen im Umkreis der Stadt. Und wenn er einige Häuser in der Stadt besitzt, aber nur eins bewohnt, wird der Herr [dies] besitzen, er aber darf diesen nicht an Eigengütern, Lehen und anderen Gütern ganz und gar beschweren. Alles aber, was der Herr nach Ende der sechs Wochen in dessen Haus vorfindet, erhält er frei und besitzt es. Wenn aber der Herr sich im Land und Umland der Stadt nicht aufhält, genießt er bis zu dessen Ankunft an Leib und Besitz Frieden und Sicherheit. [40.] Außerdem setzen wir durch königliche Freigebigkeit für euch fest, dass wenn Bürger in der Stadt und außerhalb heiraten, dies unter der Voraussetzung geschieht, dass [die Verheirateten] rechtlich gleich gestellt sind und dass, wenn einer stirbt, der andere [Ehepartner] alle Güter, die dieser hinterlässt, nach Erbrecht frei und ruhig besitzen wird. Und der Herr der Stadt [der König] darf nicht verhindern oder widersprechen, wenn die Frau des Verstorbenen und der Mann der Verstorbenen heiraten, wen auch immer sie wollen nach ihrem Wunsch. [41.] Wenn zwei verheiratet sind und sie haben Kinder, werden deren Kinder nach dem Tod beider Elternteile nach Erbrecht ohne jeglichen Widerspruch alle Güter der Eltern frei besitzen. Keines der Kinder erbt endlich, wenn es nicht ehelich im Ehebett gezeugt wurde. [42.] Solange aber Vater und Mutter leben und sie Kinder haben, dürfen diese ihnen nicht widersprechen bei dem, was sie mit ihren Gütern machen wollen. [43.] Während der Vater lebt und gesund und wohlauf ist, kann er außerdem alle Güter, die er als Eigengüter, Lehen und andere Dinge besitzt, hergeben, verkaufen und ausleihen auf welche Weise er will ohne Widerspruch der Kinder und der Ehefrau. Aber die Ehefrau darf dies nicht tun. Wenn er aber bettlägerig wird, kann er nicht für sein Seelenheil oder die Eltern oder überhaupt jemanden von allen seinen Gütern [etwas] hergeben ohne die Zustimmung der Ehefrau außer 5 Schillingen. [44.] Wir geben dasselbe Recht der Frau. Wenn irgendein Bürger stirbt und seiner Ehefrau viele Güter hinterlässt, kann jene alle seine Güter hergeben oder verkaufen, wie sie will, außer die Eigengüter, auch gegen den Willen der Kinder. Und solange sie ohne Mann lebt und ihre Kinder großziehen will, kann sie, wenn sie nichts hat außer den Eigengütern, durch Zeugen oder Eid veranlassen, auch die Eigengüter, wenn Hunger droht, teilweise zu verkaufen oder zu beleihen bis zu einer Höhe von 5 Schillingen, und mehr ist nicht möglich. Und wer auch immer solches kauft oder beleiht unter gutem Zeugnis, ist [diesbezüglich] sicher. Wenn sie aber einen anderen heiratet, kann sie jenem die beweglichen Sachen geben, aber von den Eigengütern nichts wegen der Zustimmung der Kinder, außer dass sie ihr Haus zur Bestreitung ihres Lebens besitzen muss. [45.] Wenn aber eines der Kinder [nicht] heiratet, kann es in das Haus der Mutter eintreten und dort mit der Mutter zusammen wohnen ohne Schaden endlich der Mutter. Es soll endlich der Mutter die Räumlichkeiten an der Feuerstelle überlassen und im Haus anderswo wohnen. Dies aber soll die Tochter nicht tun und auch nicht der Sohn, wenn [sie oder] er in der Stadt ein Haus hat. In das Haus des Vaters darf der Sohn auch nicht ziehen. [46.] Wenn zwei verheiratet sind in der Stadt und beide sind ohne rechtmäßie Erben und ein [Partner] stirbt nach dem anderen, so beerbt diese der Nächste von den Hinterbliebenen. [47.] Wenn irgendwer in der Stadt mehrere Söhne hat und er einem jeden den Anteil des Besitzes gegeben hat und wenn es geschieht, dass die Söhne ohne Frauen und Kinder sterben, einer nach dem anderen, erbt deren ganzer Besitz der Vater nach Erbrecht, wenn sie niemanden ihr Erbe gegeben haben auch gegen den Willen der Eltern, Brüder, Schwestern oder anderer, solange sie gesund und wohlauf waren. Und wenn der Vater stirbt und später einer der Brüder, teilen die anderen Brüder sein Erbe unter sich auf, und die Mutter erhält nichts. Und so wird sie, wenn alle sterben, später die Erbin aller sein. Ist aber auch die Mutter gestorben, folgt der Nächste in ihrer Verwandtschaft. Wenn aber Vater und Mutter tot sind und einer der Söhne lebt, stirbt aber ohne Frau und Kinder, so folgt der nächste Verwandte ihm nach. [48.] Wurde festgesetzt, dass, wenn irgendwer mehrere Söhne hat, er einem von jenen einen Anteil am Besitz gibt, solange er lebt, muss dieser nach dem Tod des Vaters oder der Mutter den Anteil empfangen, und alle teilen sich den übrigen Besitz gleichmäßig untereinander auf. Oder sie wenden sich gegen seinen Anteil, und so teilen sie alles unter sich gleichmäßig auf. Wenn die Ehefrau eines Bürgers stirbt und wenn er mit ihr Kinder hat, soll er die Eigengüter und die anderen Güter, wie er will, an sich nehmen ohne Zustimmung der Kinder. Wenn die Kinder der Frau nicht von ihm sind, ist er angehalten, die an sich genommenen beweglichen [Güter] und Eigengüter für diese zu bewahren. Lehen aber besitzen sowohl die Kinder als auch die Nachkommen nach dem Tod des Vaters gleich. Dasselbe Recht gilt hinsichtlich der Frau. [49.] Solange ein Sohn unter der Gewalt des Vaters ist und ohne Ehefrau, wird er nicht vom Vater durch Besitz oder Ehe rechtmäßig und gesetzlich getrennt sein - bei dem, was er verspricht oder ausgibt oder was ihm anvertraut wird, braucht es das Einverständnis und die Zustimmung des Vaters -; weder der Vater noch der Sohn sind angehalten zu zahlen oder sich diesbezüglich zu verantworten. Wenn [der Sohn] aber durch Besitz oder Ehe vom Vater vernünftigerweise getrennt und bei dem, was er verspricht oder ausgibt, zu zahlen angehalten ist, muss der Vater in keiner Weise dafür einstehen. [50.] Wenn ähnlich der Vater stirbt und die Kinder sind minderjährig, können weder die Ehefrau noch die Kinder irgendetwas bewerkstelligen außer mit Hilfe ihres Vormunds und Sachwalters, der ihnen vom Richter gegeben wurde. Und der Sachwalter darf nur das tun, was dem Nutzen der Mutter und der Kinder dient. [51.] Wenn irgendwer in der Stadt ohne rechtmäßigen Erben stirbt, müssen der Richter und der Rat alle Güter, die er hinterlässt, unter ihrer Bewachung einen Tag und ein Jahr ohne Schaden aufbewahren, damit, wenn doch jemand das Erbe nach Erbrecht einfordert und wenn er beweist, dass er rechtmäßiger Erbe ist, er [die Güter] empfängt und frei besitzt. Wenn aber, nachdem das Jahr vorüber ist, das, was aufbewahrt wurde, von keinem Erben gefordert wird, wird ein Teil des Besitzes für das Seelenheil des Verstorbenen zum Nutzen der Armen gegeben, ein zweiter Teil muss für den Kirchenschmuck und zum allgemeinen Nutzen der Stadt verwendet werden, ein dritter Teil steht dem Richter zu. [52.] Wer das 14. Lebensjahr vollendet, kann wie jeder anderer über alle bürgerlichen Rechte und das Gericht verfügen und Zeugnis im Gericht ablegen. Die, die - nun da oder später hinzukommend in der Stadt - unter 15 Jahre alt sind, müssen immer in ihrem 15. Lebensjahr schwören, alle Rechte und Freiheiten der Stadt treu zu beachten und dem römischen Reich und dem Herrscher des Reiches und nicht zuletzt ihren Mitbürgern und Geschworenen in allem Treue und Wahrheit bewahren. [53.] Welcher Bürger die oben aufgeschriebenen Rechte nicht einhalten und beachten will, zahlt, wenn er vor das größere Gericht kommt, 3 Pfund, dann 10, dann 20 und so ohne Ende. [54.] Zuletzt gestehen und versichern wir durch königliche Autorität euch und allen euren Nachkommen zu alle oben genannten Rechte und Freiheiten, auf Grund derer Konrad, Herzog von Zähringen, Freiburg im Breisgau errichtete und mit der Freiheit ausstattete gemäß dem Recht der Stadt Köln auf Grundlage eines mit seinen 12 sehr bekannten Dienstleuten vor den Heiligen geleisteten Eides und darüber hinaus durch das den Eid bekundende Legen seiner rechten Hand in die Hand eines freien Mannes, so dass er selbst und seine Nachkommen immer diese Rechte als unverletzlich beachten und auf keine Weise brechen werden. Nicht zuletzt gestehen wir zu und versichern euch und allen euren Nachfahren durch königliche Autorität jene Rechte und Freiheiten, die Herzog Berthold, einstmals euer Herr, euch gab und bestätigte, und darüber hinaus alle Rechte und Freiheiten, die in euren Rodeln und denen der Freiburger enthalten sind, oder jene [Rechte], die ihr bis jetzt zum gemeinsamen Nutzen und zur Ehre eurer Stadt und zur Ehre des Reiches bewahrt und erweitert und durch eure Erlasse und Rodel in gemeinsamem und gesundem Beschluss getroffen habt. Alle unsere Fürsten der Krone waren anwesend, stimmten zu, befürworteten [dies] und gaben [dem] Zustimmung: der Bischof von Metz und Speyer durch Gottes Gnade, unser Kanzler, der Bischof von Bamberg durch dieselbe Gnade; Ludwig von Öttingen, Gottfried von Hohenlohe, Anselm von Justingen, ein Berater an unserem Hof, Meister Konrad von Ulm, unser Notar, Eberhard von Winterstetten, der Schenk, Konrad von Waldburg, der Truchsess, von Papenheim, unser Marschall, und mehr als viele andere unserer Fürsten und Getreuen. Damit aber dies von uns und den Zukünftigen als gültig und fest bestehen bleibt und auf ewig Beachtung findet, haben wir veranlasst, das vorliegende Rechtsinstrument euch und euren Nachkommen aufzuschreiben und zu bewilligen und mit dem Goldsiegel unserer königlichen Hoheit zu befestigen. Gegeben in Frankfurt im Jahr der Gnade 1218 an den siebzehnten Kalenden des Mai [15.4.], Indiktion sechs. (B.)

Bearbeiter: Michael Buhlmann

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