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Deutsche Geschichte im Mittelalter

Artikel: Pfalzgrafschaft Tübingen

 

Pfalzgrafschaft Tübingen

Deutsche Geschichte im Mittelalter
  In das 11. Jahrhundert zurück reichen die Anfänge der Tübinger (Pfalz-) Grafen, die die historische Forschung mit den königlichen Amtsträgern im Nagoldgau in Verbindung bringt und die umfangreichen Besitz im Schwarzwald, auf der Alb und entlang der Donau besaßen. In der 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts kristallisierte sich Tübingen als Besitzschwerpunkt und namengebende Burg heraus, die Tübinger Grafen waren mit den niederelsässischen Egisheimern, den Zeizolf-Wolframen, Grafen im Kraichgau, und den Grafen von Arnstein verwandt. Vielleicht im Gefolge der Staufer erlangte Hugo I. (†1152) vor 1140 das schwäbische Pfalzgrafenamt, das - 854 erstmals bezeugt - eine übergeordnete Gerichtsbarkeit im Rahmen des schwäbischen Herzogtums garantieren sollte. Pfalzgraf Hugo II. (1152-1182) konnte sich in der Tübinger Fehde (1164-1166) gegen die Welfen behaupten, Markt- und Stadtgründungen der Tübinger betrafen im 12. und 13. Jahrhundert etwa Böblingen, Heimsheim, Herrenberg, Horb, Sindelfingen und natürlich Tübingen. Trotz fortschrittlichen hochmittelalterlichen Herrschaftsausbaus gelang den Pfalzgrafen weder der Aufstieg in den Reichsfürstenstand noch die Ausbildung eines größeren Territoriums. Vielmehr gab es seit dem endenden 12. Jahrhundert eine pfalzgräfliche Linie und eine der Grafen von Montfort und Montfort-Werdenberg, im Verlauf des 13. Jahrhunderts kamen ein Herrenberger, Horber, Böblinger und Asperger Zweig der Grafenfamilie hinzu, das Ende der Staufer (1268) hatte negative Rückwirkungen auf die Grafen als deren Parteigänger. Noch 1268 verkaufte Pfalzgraf Rudolf die Pfalzgrafenwürde an den Markgrafen Heinrich II. von Burgau (v.1242-ca.1293), um danach in den Deutschen Orden einzutreten, 1342 wurde Tübingen an die Grafen von Württemberg verpfändet bzw. verkauft. Aus der Böblinger Linie entwickelten sich die Herren von Lichteneck mit ihrer von den Habsburgern abhängigen Herrschaft im nördlichen Breisgau.
_ Die Tübinger Grafen traten als Gründer von Klöstern hervor. Blaubeuren, Obermarchtal und Bebenhausen sind hier zu nennen, auf das bei Tübingen gelegene Bebenhausen gehen wir ausführlicher ein: Ein Gütertausch mit dem Bistum Speyer war eine Voraussetzung für das durch Pfalzgraf Rudolf I. von Tübingen (1182-1219) wahrscheinlich 1183, zum Zwecke des Seelenheils gestiftete Kloster beim Dorf Bebenhausen. Der Aufbau des Klosters in den 1180er-Jahren ging aber langsam voran, so dass die zunächst anwesenden Prämonstratenser noch vor 1189/90 das Kloster verließen und den nachfolgenden Zisterziensern Platz machten. Letzteren gelang es, Bebenhausen zu einem der wohlhabendsten Klöster der Region zu machen. Bis zu 80 Mönche und 130 Laienbrüder soll die an Grundbesitz und Rechten reiche Kommunität gegen Ende des 13. Jahrhunderts beherbergt haben, das architektonische Ensemble mit Klosterkirche, Klausur, Refektorium, Wirtschaftsgebäuden und Ummauerung beeindruckt noch heute. Das 14. Jahrhundert ist auch die Zeit, in der das Kloster von den Tübinger Grafen Besitz, Burgen, Fronhöfe und Rechte erwarb und ein Klosterterritorium um Bebenhausen ausbilden konnte. Der Zisterze standen dort hoheitliche Rechte (Niedergerichtsbarkeit) über ein gutes Dutzend von Orten mit vielleicht 2500 Einwohnern zu. In dieser Zeit geriet das Kloster zunehmend in den Sog der württembergischen Landesherrschaft. Schon zu Beginn des 14. Jahrhunderts war Bebenhausen vom Reichskrieg gegen den Grafen von Württemberg (1310-1312) betroffen, der Druck verstärkte sich nach der Übernahme der Tübinger Pfalzgrafschaft durch Württemberg (1342) und trotz der Bindungen der Mönchsgemeinschaft an Königtum und Reich. Die katholische Klosterzeit endete mit der Einführung der württembergischen Reformation (1534/35).
 
 Literatur: Buhlmann, Michael, Mittelalterliche Geschichte im deutschen Südwesten, Tl.1: Frühes Mittelalter - Hohes Mittelalter, Tl.2: Spätes Mittelalter, Tl.3: Anhang (= VA 24/1-3), St. Georgen 2006, Tl.2, S.85f; Decker-Hauff, Hansmartin, Quarthal, Franz, Setzler, Wilfried (Hg.), Die Pfalzgrafen von Tübingen. Städtepolitik, Pfalzgrafenamt, Adelsherrschaft im Breisgau, Sigmaringen 1981; Lorenz, Sönke, Die Königswart. Tübinger Pfennig und Silberbergbau im Nordschwarzwald zur Zeit der Pfalzgrafen von Tübingen, in: BlldtLG 128 (1992), S.85-115; Text: Buhlmann  

Bearbeiter: Michael Buhlmann