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Mittelalterliche
Geschichtsschreibung

Lebensbeschreibung des Abtes Wilhelm von Hirsau

Die nachfolgend aufgeführte Lebensbeschreibung des Hirsauer Abtes Wilhelm (1069-1091), die lateinische Vita Willihelmi, wurde vielleicht von dem Hirsauer Mönch Haimo niedergeschrieben, der vor 1088 erstmals bezeugt ist und die Vita wohl in der Hauptsache zur Zeit Abt Gebhards (1091-1105), des Nachfolgers Wilhelms, verfasste. Die letzten Kapitel der Lebensbeschreibung stammen aus der Zeit nach 1106/07. Die Vita enthält neben einem spröden Gerüst aus biografischen Fakten vielfach christlich-erbauliche Abschnitte sowie an der Bibel sich orientierende Wundererzählungen.

Edition: Vita Willihelmi abbatis Hirsaugiensis auctore Haimone, hg. v. W. WATTENBACH, in: Monumenta Germaniae Historica. Scriptores (in Folio), Bd.12: [Historiae aevi Salici], hg. v. G.H. PERTZ u.a., 1866, Ndr Stuttgart 1968, S.209-225. - Übersetzung: BUHLMANN.

ES BEGINNT DAS LEBEN DES SELIGEN ABTES WILHELM.
1. Der ehrwürdigste Abt Wilhelm aus bayerischem Geschlecht, geboren von frommen Eltern, erfüllt von der Gnade Gottes, wuchs heran in frommer Tüchtigkeit des Geistes, der ihn gegenüber allen liebenswert macht. Aber im kindlichen Alter wurde er von ehrbaren Eltern Gott im Kloster des heiligen Märtyrers Emmeram übergeben und die kluge Biene pflückte die Blumen der Tugenden aus den göttlichen Schriften und von den Beispielen der älteren Geistlichen, und er barg dies im Bienenkorb seines Herzens. Und so wenig er die Kraft der klösterlichen Religion in diesem Kloster annahm, machte er durch die Gnade Gottes immer Fortschritte zum Besseren im Glauben. Während er auch von den Törichten und Nachlässigen in der Stadt gefürchtet wurde, wurde er von den Anständigen und Frommen wegen der Aufrichtigkeit und der Einfachheit des Lebens überaus geachtet. Endlich besaß er, während die göttliche Gnade ihn begleitete, eine solche Vorzüglichkeit des Verstandes, dass er sich auszeichnete durch die Hoheit der vornehmen Denkart gleichwie durch die Beschäftigung mit verschiedenen Wissenschaften. Davon hinterließ er uns auch viele Denkmäler seiner natürlichen Begabung. Er erdachte nämlich eine Sonnenuhr als Beispiel für die Hemisphäre des Himmels; er zeigte, dass daran die natürlichen Solstitien und Äquinoktien und der Zustand der Welt durch gewisse Messungen zu finden sind; er sorgte dafür, auch alles den Buchstaben anzuvertrauen. Viele Fragen zur Zeitrechnung klärte er durch sehr passende Methoden. Er war in der Musik sehr bewandert, er klärte auch viele, den alten Lehrern unbekannte Tatbestände dieser Kunst auf. Auch viele in den Gesängen erkannte Fehler berichtigte er vernünftig genug gemäß der [Musik-] Kunst. Im Quadrivium [den vier mathematischen Disziplinen der sieben freien Künste] überragte er in der Tat fast alle alten [Lehrer].
2. Er begehrte aber, dem alleinigen Gott zu gefallen, und ging daran, sein Fleisch mit den Lastern und Begierden zu kreuzigen, und er quälte den Körper mit Fasten, Nachtwachen und der Härte des Bußgewandes. So also machte ihn, der durch den Glauben gefestigt, durch die Hoffnung bestärkt, durch die Liebe verwurzelt und fest begründet, mit der ganzen Redlichkeit der Sitten geschmückt war, die Vorsehung des allmächtigen Gottes zum Trost vieler dem Kloster Hirsau zum Vorsteher. Endlich schickten die in diesem Kloster Gott dienenden Brüder, als sie schon eines Vorstehers entbehrten, betört von dessen süßem Ruf, vornehme Gesandte, um ihn herbeizurufen. Aber jener rühmte sich, nachdem er die Ursache [des Kommens] erkannt hatte, nicht im Stolz, sondern beschloss, während er von Fasten und Gebeten frei war und nachdem er sich mit anderen und den geistlichen Leuten zusammengesetzt hatte, dass der Wunsch Gottes in dieser Sache ermittelt werden müsse. Zuletzt, nachdem er die Erlaubnis [zum Weggang] erhalten hatte, als auch alle Tüchtigen ihn zum ehrenhaften Amt beglückwünschten, waren sie endlich betrübt, dass sie des sehr süßen Trostes seiner Freundschaft und seines Zuspruchs entbehrten. Jener aber erforschte nicht, was seine Angelegenheiten waren, sondern was die Gottes sind, und entschied sich, dass er der Wahl [der Hirsauer Mönche] nicht anders als ganz und gar zustimme, sofern das Kloster zuvor zur vollen Freiheit zurückgeführt werde. Weil dieses Kloster Adalbert [II. von Calw], Graf und Vogt dieses Ortes, mit seinen Eltern in das Eigentumsrecht zurückgebracht und fast zerstört hatte, schützte er, nachdem er von der Beständigkeit und Seelengröße des Mannes Gottes gehört hatte, daher vor, dass er ihm in allem gehorchen werde. Als er freilich auf einem königlichen Hoftag sich an diesen seligen Mann wandte, verfasste er mit weltlicher Schlauheit unehrlich eine Urkunde, während jener mit schlichter Einfalt nichts Schlimmes ahnte, und erreichte, dass jene mit dem königlichen Siegel befestigt wurde. Als er daher an Christi Himmelfahrt, die in diesem Jahr auf die 4. Nonen des Juni [2. Juni 1071] fiel, [Hirsau] erreichte, war eine große Menge von Geistlichen und Laien zusammengerufen worden, und er wurde durch gemeinsamem Wunsch aller hier zum Abt gewählt, ernannt und unter vielen Tränen auf den Abtsessel gesetzt. Nachdem er diese Würde empfangen hatte, begann er in der Leidenschaft des himmlischen Eifers so sehr zu erglühen, dass er den anderen durch die Gnade des Beispiels voranstand; und seine schlaue Beschäftigung mit den Wissenschaften wandelte sich zur Beachtung des klösterlichen Glaubens. Eifrig war er bei Ermahnungen, streng beim Zurechtweisen. Keinem gegenüber neidisch, durch Liebe heiter, war er freigebig. Ihm war bei aller Würde eine anziehende Liebenswürdigkeit inne, durch die er die menschlichen Herzen angenehm beeinflusste. Er achtete die Tat jedes Einzelnen so wie die eigene, er unterstützte Fremde und Arme mit Väterlichkeit, sehr oft bedeckte der des eigenen Hemds und anderer Kleidungsstücke Beraubte einem Elenden die Glieder.
3. Zwischen diesen Übungen der Tugenden wurde er durch eine gewisse Versuchung mehr geprüft als getrieben. Diese Prüfung brachte ihm die Krone, dem Hirsauer Kloster aber Festigkeit und Befestigung. Er entdeckte nämlich in der oben erwähnten, unehrlich zustande gekommenen Urkunde zur [klösterlichen] Freiheit, als die Ehefrau des besagten Grafen ihn heimlich darauf aufmerksam machte, dass unter dem Vorwand der besagten Freiheit die ehemalige Herrschaft und ungerechte Unterwerfung des Klosters Hirsau nicht gemindert, sondern darüber hinaus vermehrt und bekräftigt worden war. Durch solche Verwirrung aber ein wenig beunruhigt um den Zustand des Ortes, flehte er den Herrn unter fleißigem Bitten und unter Tränen an, damit er vom weltlichen Joch der Herrschaft den Ort wegziehe, den für seine Liebe er [Wilhelm] zur Leitung empfangen hatte. Daher umzingelte der barmherzige Herr, der nach dem Wort des Psalmisten allen ihn Anrufenden nahe ist in der Wahrheit, unversehens diesen Grafen mit solcher Feindschaft, dass dieser fast verzweifelte daran, irgendeine Tür des Entrinnens [aus der Feindschaft] finden zu können. So gefesselt, erbat er mit ganzer Demut den Rat und die Hilfe geistlicher Männer. Diese sagten, dass jener nicht anders sich der Feindschaft entledigen könne, als dass er dem Hirsauer Ort, den er unrechtmäßig besaß, mit ganzem Glauben die Freiheit zurückgebe. Durch diese Ratschläge zur Ruhe gekommen, entsagte er mit ganzer Ehrlichkeit dem ganzen Recht des Eigentums an diesem Ort und veranlasste, mit aller Sorgfalt eine Urkunde gemäß dem Rat der gottesfürchtigen Leute herzustellen, nachdem die vorhergehende Urkunde ganz und gar zerstört und verworfen worden war. Danach verfasste der ehrwürdige Vater Wilhelm sehr gelehrt in eigener Arbeit und mit Fleiß die neue Urkunde; er selbst legte es dem König Heinrich [IV.] vor, um es mit dem königlichen Siegel bekräftigen zu lassen.
4. Nachdem dieses zu einem Ende gebracht wurde, beschloss er auch, den apostolischen Sitz [Rom] zu besuchen und für das Kloster Hirsau ein zweites, kanonisches Privileg hinzuzuerwerben. Daraufhin ging er die Reise an und kam nach glücklicher Fahrt nach Rom. Dort wurde er freundlich empfangen vom apostolischen Herrn Gregor [VII.] seligen Angedenkens. Nachdem die Gründe erörtert wurden, wegen denen er zu jenem gekommen war, stimmte er [der Papst] dem, soweit es sich ziemte, freigebigst zu. Er übergab ihm [Wilhelm] nämlich ein durch apostolische Autorität ausgeführtes Privileg und bewahrte wegen der Befestigung des Hirsauer Klosters eine von diesem [Wilhelm] erhaltene Urkunde im Schrein des heiligen Petrus auf. Ziemlich lange hielt er [Wilhelm] sich dort auf; ihm widerfuhr eine sehr schwere Krankheit. Nämlich wurde der Kranke von einer schrecklichen Blähung des Bauches heimgesucht, so dass er sich nirgends hinbewegen konnte. Und als er lange an dieser Krankheit laborierte und an seiner Gesundung auch von den erfahrensten Ärzten gezweifelt wurde, befahl er an einem Tag, ihn zum Altar der heiligen ewigen Jungfrau Maria zu führen, und er erflehte mit krankem und zurückgelehntem Bauch am Altar die Hilfe der frommsten Gottesmutter mit vertrautesten Gebeten an. Solcher Hoffnung und solchem Glauben folgte die Gnade Gottes durch die Liebe seiner süßesten Mutter. Plötzlich nämlich begann er entgegen der Hoffnung aller zu genesen und zu essen, und nicht lange danach kehrte er, von allen freudig verabschiedet, zu seinem Ort [Hirsau] zurück.
5. Zu dieser Zeit wurde die katholische Kirche durch ein elendes und abscheuliches Schisma von den Feinden der christlichen Einheit geteilt. Aber weil dieser wahrhaft durch Gott Gewürdigte [Wilhelm] im göttlichen Feuer der Liebe ganz erglühte und mit Eifer entbrannte, ermunterte er mit heilsamem Rat jeden Einzelnen, an der Einheit der Kirche festzuhalten und diese zu bewahren. Und weil er mit einfachem und reinem Schmuck für das eintrat, was er tat, gefiel dies den Seelen aller frommen Leute. Was er sagte, erfreute die Herzen aller guten Menschen mit der vertrautesten Leidenschaft der Liebe. Mit Einfachheit erwuchs in ihm solches durch schlangenhafte Klugheit, so dass er an Klugheit alle Klugen dieses Zeitalters zu übertreffen schien und er in der Unwissenheit reinen Geistes wunderbar durch das Göttliche geschmückt war.
6. Durch solche Freigebigkeit der Liebe bewirkte er, dass er niemanden, der begehrte, sich vollkommen dem Dienst an Gott [als Mönch] hinzugeben, für seine Armut verachtete, niemanden wegen Unwissenheit zurückwies. Adlige und Nichtadlige, Reiche und Arme, Männer und Frauen begeisterte er dafür, die Welt gering zu schätzen, und er entflammte die Einzelnen zur Liebe des himmlischen Lebens durch Wort und Beispiel. Viel verteilte er an die Fremden, viel an die Armen. Und er setzte dennoch nicht die Seelsorge für die ihn Anvertrauten hintan; hingegen war er allen behilflich bei Notwendigem mit väterlicher Besorgnis und großer Hingabe. Wenn aber Mangel bei den Abhängigen [Knechten, Mägden, Bauern] auftrat, machte er diesen nicht allein erträglich, sondern auch für sich und die Seinen angenehm durch freundliches und natürliches Nachsinnen, indem er anfügte, dass dieser [Mangel] den Geliebten Christi eine Prüfung sei, und, wenn mit Danksagungen und Bittbesuchen Ruhe einkehrte, dass ohne Zweifel bald eine von Gott kommende Tröstung offenbar werde. Und wie dies durch offensichtliche Anzeichen oft dargelegt wurde, weil ja ihn der Herr in ganzer Not gegen die Feinde offenbar seiner Barmherzigkeit würdigte, während er durch Glauben und Gebete hervorstach. Weil also der Ruhm seine lobenswerten Taten verbreitete, strömten von überall her die Gläubigen zu ihm als gleichsam gutem Duft Christi zusammen. Diese begehrten von ihm heilsamste Ratschläge, andere aber empfahlen sich seinen Gebeten, die meisten vertrauten sich, nachdem sie die Last der Welt abgestreift hatten, seiner Lehrerschaft an.
7. Zur Durchführung des Gottesdienstes wollte er [Wilhelm] aus Gründen der Demut nicht, dass kirchliche Gewänder benutzt wurden, die mit Goldfransen oder irgendwelchen geflochtenen Metallpreziosen geschmückt waren. Abgelehnt wurde auch das Küssen der Hand und der Knie des Abtes; und ganz und gar verbannte er eine solche Gewohnheit, außer wenn gerade Ältere ihn bedrängten, diese Geste von ihnen zu empfangen. Einmal folgte er der vorausgehenden Versammlung der Brüder [Mönche] und beobachtete sie sorgfältig; seufzend und wehklagend und die Augen mit dem Herzen zum Himmel gehoben betete er für sie aufmerksamer. Wenn bei Tisch ihm sorgfältiger das Zubereitete hingestellt wurde, nahm er das Dargebotene [nur], wenn allen gemeinsam aufgetragen wurde. Wenn er aß, kostete er nur wenig, wenn aber nicht, verteilte er sogleich [sein Mahl] an die Untergebenen. Er schätzte gering die Verschiedenheit der Vergnügungen und Mahlzeiten, die zum Luxus reizen; er war mit Geringem und Mittelmäßigem zufrieden. Wenn jedenfalls die Notwendigkeit ihn wohin auch immer hinaustrieb, erfreute er sich nicht an einem stolzen Hengst, reiste indes auf einer Stute oder auf dem Rücken eines gemeinen Esels. Er verabscheute schöne Kleider aus Schafswolle, er verbot oft mit schärfstem Bann, Tuniken und Kukullen, die er auch unter Androhung der Exkommunikation entzog, sowie verschiedene Gerätschaften mit überflüssigem und prunkvollem Zierrat zu schmücken. Wer in Gehorsam oder anders, wer versucht wurde und mit Traurigkeit zu ihm kam, den betrübte er [Wilhelm] nicht durch Verachtung oder Verfluchung, sondern er besänftigte den Schmerz durch tröstende Worte und entließ sie fröhlich und heiter. Die brennende und leuchtende Lampe war nicht verborgen unter dem Scheffel, sondern ragte über den Leuchter hervor; daher bemühte er sich, allen ein Beispiel für ein gutes Leben zu geben.
8. Neben diesen und anderen Tugenden ist es der Erzählung nicht wert, vollständig zu entfalten, wie sehr er durch den aufrichtigen und vollkommenen Glauben stark war. Durch diese Tugend nämlich gleichwie von einem Panzer umgeben, besiegte er mit männlichem Mut Feindliches und ging öfter nicht wenige Schwierigkeiten und fast Unmögliches an und führte dies, begünstigt durch den Herrn, zu einem glücklichen Ende. Ich erinnere aus den vielen [Geschehnissen] an Weniges. Während an einem Tag der heilige Vater eine Sache der Hofgemeinschaft mit den für auswärtige Angelegenheiten zuständigen Brüdern zwischen dem Übrigen, was besprochen wurde, erörterte, zeigten sie an, dass fünf Pfund Silber für eine gewisse unvermeidliche Ausgabe unentbehrlich seien. Als sie aber diese weder rasch hatten noch irgendwo durch die schnelle Beleihung eines Waldes besorgen konnten, drängte die Notwendigkeit sehr, ohne irgendeine Verzögerung das Geld zu bezahlen. Sie wussten durch die drängende Verwirrung nicht, auf welche Weise sie vorzugehen hatten. Der fromme Vater vertraute aber dem Herrn, er bemühte sich durch tröstende Worte ihre Schüchternheit zu überwinden und sagte, dass in keiner Weise an der Barmherzigkeit Gottes zu zweifeln sei. Während jene sich durch seinen Trost ein wenig von der Angst frei machten und beteuerten, dass sie nicht ihretwegen, sondern wegen des Schadens an der Gemeinschaft kleinmütig seien, stand er von der Versammlung auf, ging, während jene auf seine Rückkehr warteten, nach draußen und erflehte die Hilfe des Herrn an. Und es gab keine Verzögerung, der Herr als gütiger Vater half seinem getreuen Diener. Unversehens kam er nämlich zu Hilfe und er ließ ihn den ganzen Geldbetrag zukommen. Bald kehrte er [Wilhelm] daher zurück, holte aus seiner Hand die fünf Pfund Gold und sagte, die Brüder freundlich ansprechend: "Das Geld ist da, für das ihr so kleinmütig wart. Lernt also, nicht noch länger an der vielfachen Güte des allmächtigen Gottes zu verzweifeln!"
9. Ebenso kam der Gott liebenswerte Vater an einem Morgen hinsichtlich des Klosters voran. Nicht lange vorher war er auf einen sehr armen Mann getroffen, der mit Frau und elf kleinen Söhnen standhaft von ihm ein Almosen forderte. Die Brüder aber, die ihn [Wilhelm] begleiteten, trugen vom Kellermeister wenige Brote mit sich, die kaum für eine Mahlzeit ausreichen konnten; sie wollten nämlich auf einer Wiese essen. Also lud der Mann Gottes den Armen mit seiner Frau und den Kindern zum Essen ein. Während alle Platz nahmen, kam eine nicht geringe Menge von Reitern, Volk und nicht zuletzt Armen herbei. Deshalb sagte der von Gott erfüllte Mann, nachdem die Gefährten des seligen Mannes unruhig wurden und mutlos, mit fröhlichem Gesicht zu diesen: "Fünf Brote, mit denen der Herr fünftausend Menschen speiste, blieben solange ganz und wurden nicht vervielfacht, und nicht eines von diesen wurde aufgegessen. Sie sind vom Herrn verwendet worden, sie sind damals geteilt worden, und die meisten von jenen sind gegessen worden." Dies sagte er, und er verteilte mit entschlossenem Mut und großer Hand an die Menge, die herangekommen war, kleine Essen. Durch seinen Glauben und seine Verdienste waren diese für alle genügend vervielfältigt worden. Fürwahr bewunderten viele seinen Glauben und seine Freigebigkeit, alle waren von wenigen Speisen gesättigt. Während also alle mit Freuden zurückkehrten, behielt der liebenswerte Mann Gottes den oben erwähnten Armen mit Frauen und Söhnen zurück, und über lange Zeit brachte er ihm das Notwendige an Essen herbei bis zur neuen Ernte.
10. Zu dieser Zeit, als er über die Brücke über den Nagold genannten Fluss hinüberging, begegnete ihm ein Armer mit Namen Hezo, der über viele Jahre zu Hause krank darniederlag und der nicht anderswo hingehen konnte außer mit zwei Krücken. Als er [Wilhelm] also dem Armen begegnete auf der Brückenmitte, nahm er diesem eine Krücke ab und ging mit dieser Krücke ein Stück vorwärts, blieb stehen und forderte den Armen auf, zu ihm zu kommen. Aber jener lehnte ab, er könne nicht herankommen ohne den Halt der anderen Krücke. Dagegen sagte der Priester [Wilhelm]: "Ich gehe von hier sicher nicht weg, solange du nicht zu mir kommst." Der Arme gehorchte dessen Aufforderung; Schritt für Schritt kam er, so gut er konnte, zu diesem. Hierauf ging er glücklich und [nunmehr] am ganzen Körper unversehrt festen Fußes auf und ab, nachdem er die Krücken von sich geworfen hatte.
11. Wir führen aber das als wert und nicht mit Schweigen zu übergehen auf, was wir mit eigenen Augen gesehen und betrachtet haben. Ein gewisser Straßburger Kanoniker [der spätere Abt Gebhard von Hirsau?] von edelster Abstammung kam zum Kloster des Mannes Gottes und lebte, dort demütig aufgenommen, auf fromme Weise. Er wurde am ganzen Körper bald nach seinem Klostereintritt von einer Lähmung erfasst, so dass außer der Stimme kein Körperglied ihm gehorchte. Dieser sehr vermögende Mann zeichnete sich durch einen scharfen Verstand und eine Beharrlichkeit der Seele aus, besonders durch Wissen und Beredsamkeit. Und es war notwendig, dass er durch die[se] fromme Geißel des Herrn gezügelt wurde, damit er nicht durch irgendeine Überheblichkeit emporgehoben wurde, da ja der Geist des Menschen immer vorwärts zum Schlechten neigt und bald einen übermäßigem Absturz erleidet. Durch diese Krankheit war er während eines Jahres so sehr geschwächt, dass er die Hand nicht zum Mund führen und außer mit Hilfe anderer den Körper nicht bewegen konnte, zudem - wie oben gesagt - des ganzen Dienstes der Glieder entbehrte. Schon nahte die Zeit seines Sterbens, schon schaute der Herr ihn aus der Höhe an; und siehe, die Gesundheit begann zurückzukehren, die Freude am Essen und Lesen setzte ein, der Schritt wurde sicherer; aber der Dienst der Hände verweigerte sich [noch] ganz und gar, solange dies zur höheren Ehre des Herrn gereichte. An irgendeinem Tag betrat Wilhelm, der Mann Gottes, dessen Zelle, um ihn zu besuchen, und betete, damit dieser vom Herrn durch Gebete den Gebrauch der rechten Hand erlange. Jener winkte ab mit höchster Verwünschung und versicherte, das Wohl des Körpers für sich gering zu schätzen. Aber der fromme Vater, gänzlich ergriffen und erfüllt von Mitleid und Barmherzigkeit, segnete jenen, und er wurde geküsst, und er ging in die Kapelle der heiligen Mutter Gottes und ewigen Jungfrau Maria, wo er eine kurze Zeit betete. Wiederum besuchte er den Kranken, und er fand dessen rechte Hand wiederhergestellt. Nach wenigen Tagen kam die Frau von dessen Bruder zum Kloster und zu diesem, und er selbst wurde mit einer Sänfte zu dieser getragen. Während der Unterredung in Erbauung und Vertrautheit verblasste die Erinnerung an seine geheilte rechte Hand. Als er von jener Frau mit Zuneigung geküsst wurde, wurde sie aber bald [wieder] lahm. Wie er dies merkte, verabschiedete er jene [Frau] und verleugnete sein Missgeschick; er begab sich in seine Zelle und trauerte ein wenig über das, was ihm widerfahren war. Der Mann Gottes folgte ihm, und - geführt vom Geist Gottes - fragte er ihn nach dem Grund seiner Traurigkeit und was geschehen war. Jener beichtete demütig und ehrlich. Ihm antwortete der von Gott erfüllte Mann mit Worten des Trostes und segnete die [von ihm] ergriffene rechte Hand; und er stellte die vormalige Gesundheit wieder her.
12. Zu einer anderen Zeit besuchte er [Wilhelm] eine Zelle von gewissen Brüdern in einer unterhalb [vom Kloster] gelegenen Wildnis, wo diese mit seiner Erlaubnis gleichsam nach Art der Eremiten lebten. Ihnen meldete er seine Ankunft einen Tag vorher. Sie waren erfreut über den Besuch des liebenswertesten und gleichsam engelsgleichen Vaters und bereiteten alles vor, was für den Vater notwendig war, und für die ihn Begleitenden Ähnliches. Es war aber derselbe Ort geeignet zum Fischfang und ein Priester in ihrer Gemeinschaft erfahren in dieser Kunst. Diesen baten die Brüder sehr, damit er für sich und jene sorge und seine Fähigkeit beim Fischfang anwende. Er versprach dies und tat, was er konnte. Aber die Sache ging nicht voran. Als er die ganze Nacht sich abmühte und hinsichtlich seines Versprechens ganz und gar nichts zustande brachte, beging er, durch sein Versprechen gleichsam wie durch Scham besiegt, einen Diebstahl an den Fischen seiner Gefährten und brachte frühmorgens eine Forelle von ungewohnter Größe den Brüdern. Und als er wegging, ließ er diese in nicht geringer Bewunderung zurück. Es war unter den Brüdern einer von schärferem und vorausschauendem Verstand, der die ungewöhnliche Größe des Fisches bewunderte; er fing an, sorgfältiger darüber nachzuforschen. Wie es zuerst die Art der Menschen ist, verneinte und verwünschte [der zur Rede gestellte Mönch] einen Diebstahl mit größter Zurückweisung; aber mit süßen Worten und der Wahrheit wurde er überführt und gab seine Schuld einfach zu. Damals hättest du jene Brüder sehen sollen, wie unmäßig betrübt und schwankend sie waren, weil er den abscheulichen Diebstahl eines Fisches begangen hatte. Aber weil sie schon für den herankommenden Vater die Speisen auftrugen, wurde dies nicht offenbar. Dann beschlossen sie in gemeinsamem Beschluss und unter dem Deckmantel der Liebe, den Fisch dem Vater aufzutragen, und sie setzten fest, dass jene Sünde bei ihnen durch Fasten und Gebete im Geheimen beseitigt werden solle. Sie versündigten sich aber an der Gerechtigkeit, weil sie ja auf diese Weise nicht in Liebe dienten. Als schon der Tag sich dem Abend zuneigte, kam der ersehnte Vater an, man lief ihm entgegen, er wurde empfangen und zum Gebet geführt. Dann eröffnete der geliebteste Vater den geliebtesten Söhnen [Mönchen] mit reichlicher Liebenswürdigkeit, dass er großen Hunger habe, und ermahnte sie, falls sie Speisen hätten, [diese] schnell aufzutragen. Dann wurde sich niedergesetzt und jenem [Wilhelm] der Fisch aufgetragen, und mit höchster Aufmerksamkeit auf das, was geschehen werde, beobachtete man den Mann Gottes. Jener Mensch wurde mit Unterstützung Gottes unterrichtet über das Geheimnis, und obwohl er, wie oben gesagt, nicht geringen Hunger hatte, verwünschte er auf wunderbare Weise das ihm Aufgetragene, und er wollte ganz und gar nichts essen, was gleichsam in Sünde geraubt war. Keiner der Schüler oder der [mit Wilhelm] Angekommenen oder der Umstehenden wagte, den Mann [Wilhelm] nach dem plötzlichen Sinneswandel zu fragen. Aber die Angekommenen waren in größter Bewunderung, die Mönche in größter Furcht. Später am Tag gestanden die Reumütigen mit der Demut des Herzens ihre Schuld, und sie wurden vom frömmsten Vater sanftmütig aufgenommen und unter der strengsten Androhung, dass sie solches nicht mehr wagten, ermahnt.
13. In dieser Zeit schickte der Mann Gottes vom Kloster einen Bruder mit Namen Benno zusammen mit dafür bezahlten Bauern, um elf Ladungen Wein mit Wagen herbeizuschaffen; ein gewisser Mainzer Bürger mit Namen Wignand schickte den Wein im Dienst der Liebe den Hirsauern. Auf dem Weg aber, auf den sie mit dem Wein kamen, stürzten sich nachts Räuber wegen der Beute auf sie. Aber jene blieben unter dem Schutz Gottes unverletzt und flohen mit ihren Sachen, außer dass der rechte Unterarm des vorgenannten Bruders durch die um sich schlagenden Feinde gebrochen wurde, so dass er jenen [Arm] geschient am Hals anband und weiter diesen nicht benutzen konnte. Danach geschah noch ein anderes Unglück. Eines der Fässer, das voll mit Wein war, war insbesondere für die Almosen vorgesehen und fiel, als der Wagen sich neigte, in einen Graben; und der Wein floss fast gänzlich in den Graben. Nachdem der Wein von den Bauern herausgeschöpft und das leere Fass auf den Wagen geladen worden war, setzten die, die diesen Verlust ertragen hatten, mit großer Betrübnis die Reise fort. Aber der besagte Bruder ging, nachdem er die Gefährten zurückgelassen hatte, zum Kloster voraus und offenbarte dem Mann Gottes wehklagend die Verletzung seines Arms und das Missgeschick mit dem Wein, was geschehen war. Jener antwortete diesem heiter und ruhig mit einem Wort aus Hiob, indem er sagte: "Der Herr hat gegeben, der Herr hat genommen, es geschieht, wie es dem Herrn gefällt. Gepriesen sei der Name des Herrn." [Hiob 1,21]. Und er segnete folgerichtig dessen Arm, und er erhielt die frühere Gesundheit zurück. Daraufhin befahl er [Wilhelm] diesem, dass er alle Fässer des auswärtigen Weins durch Öffnen der Deckel sorgfältig untersuche; und als er die übrigen [Fässer] voll fand, schenkte er dieses [eine Fass mit dem wenigen Wein] ganz den Armen. Während dieser Befehl schnell ausgeführt wurde, füllte sich, während alle, die dabei waren und das sahen, staunten und sich freuten, das vorher leere Fass so mit Wein, dass man keines von den übrigen [Fässern] als so voll vorfand. Und als dies der besagte Bruder erfreut und aufgeregt dem Mann Gottes berichtete, empfing er von diesem weiter den Befehl, dass niemandem dies offenbar werde. Dies ist endlich von den anderen, die dabei waren, überall bekannt gemacht worden. Den Bauern aber, die zuvor wegen ihrer Nachlässigkeit beim vergeudeten Wein sofort ein Pfund Silber zahlen wollten, befahl er, einen Schilling vom festgesetzten Lohn ihrer Arbeit hinzuzufügen, und sie wurden, mit Essen und Trinken ansehnlich versorgt, mit Freude zurückgeschickt.
14. Als der heilige Mann zu irgendeiner Zeit im Ort, der Weil heißt, Aufenthalt hatte, reichte der oft genannte Bruder Benno, der dort Verwalter der klösterlichen Angelegenheiten war, während der Speisezeit ihm wenige kleine Fische und sagte, dass er vor dessen Ankunft lang und viel fischen gewesen war, er aber nicht mehr als jene [Fische] habe fangen können. Dieser befahl ihm, sogleich zum Fischen zurückzukehren und nicht an der Barmherzigkeit Gottes zu zweifeln. Als jener, davon beeindruckt, enteilte und nachdem entsprechend dem Wort des Mannes Gottes das Netz aus dem Wasser herausgezogen wurde, fing er sogleich acht große Hechte und mit diesen kam er glücklich zum Mann Gottes zurück, nachdem er das Netz an einer Schnur [wieder] versenkt hatte. Dann befahl der gütigste Vater, alle Armen, die am Ort zu finden waren, zum Essen einzuladen und ihnen diese, zum Mahl bereiteten Fische aufzutragen.
15. Ebenso befahl der Mann Gottes an einem Tag dem Almosengeber, dass er die Nahrungsmittel für die Armen größer als gewöhnlich vorbereite. Er hörte von diesem, dass für die anzufertigenden Brote vom Getreide sehr wenig übrig sei. Diesem wurde befohlen, sorgfältiger vorzugehen, ein wenig Getreide blieb übrig, mit einem anderen Bruder betrachtete er besorgt den offenen Trog, er maß und fand kaum einen Scheffel [Getreide] und zeigte dem Mann Gottes die Wahrheit über diese Angelegenheit an. Nachdem der Morgen aber vorüber war und als der Almosengeber auf Befehl des Vaters denselben Trog öffnete, fand er ihn voll mit Getreide, während Gott die Treue und die Verdienste seines Dieners offenbarte; [der Trog] war so groß, dass für gewöhnlich zwanzig Scheffel hineinpassten. Weil nämlich der heilige Mann immer deswegen eifrig war, um in allem den Wunsch Gottes zu erfüllen und für das Nützliche vorzusorgen, stand daher der barmherzige und gerechte Herr auf dessen fromme Bitte in ganzer Notwendigkeit [Wilhelm] gnädig und wirksam zur Seite.
16. Nachdem an Wunderbarem über den heiligen Mann, seinen Glauben und seine Heiligkeit teilweise erinnert wurde, ist jetzt über diesen anderes zu berichten, nicht so sehr Wunderbares als Erheiterndes zum Hören, sowohl Nützliches als auch Nachahmenswertes in Bezug auf die menschliche Hinfälligkeit. Nicht nämlich sollen bei den Heiligen Gottes Zeichen und Wunder nachgeahmt werden. Hingegen gefallen die Übungen ehrenhafter Werke, die auch die Schriften der heiligen Autorität bezeugen, die Barmherzigkeit, das Mitleid mit den Elenden und der Eifer der Seelen, Gott mehr als die Messopfer und das Wissen um Gott mehr als das Opfer. Daher befolgte der Freund Gottes [Wilhelm] beständig, wie oft gesagt ist, die Werke der Barmherzigkeit, er empfing an einem Tag mehr als siebzig Brüder vom Hasungen genannten Kloster, die zu ihm geflohen waren und seinen heilsamen Rat und seinen zuverlässigen Trost erflehten. Überhaupt hatte der von den Schismatikern gewählte und eingesetzte Mainzer Bischof [Wezilo, 1086-1088], weil dieselbe Kirche [Hasungen] der Mainzer Kirche nach Eigentumsrecht unterworfen war, versucht, durch Ratschläge und Schmeicheleien diese Brüder seiner Gewalt zu unterwerfen und durch die Teilnahme an einem unerlaubten Abendmahl zu verderben. Jene indes bewahrten gegen die[se] unabänderliche Anmaßung der kirchlichen Einheit die Treue, gleichwie sie mit tauben Ohren den Schmeichler verachteten. Und gemäß dem Rat und Befehl des frommen Vaters Wilhelm versammelten sie sich bei ihm, nachdem sie alles zurückgelassen hatten. Dies aber geschah um den Monat August herum vor der Erntezeit. Und wie sehr auch in diesem und im folgenden Jahr zum größten Teil durch Geld gekauftes Getreide täglich zur Ernährung der Brüder aufgewendet wurde, besaß er [Wilhelm] dennoch ein großes Vertrauen in Gott und lobpreiste den Herrn für die Ankunft jener [Brüder]. Da auch alle Speicher mit Getreide voll waren, befahl er, die übliche Menge an Brot zu vermehren, und sagte: "Weil der Herr die Zahl seiner Diener vergrößert hat, müssen wir auch die Nahrung für jene vergrößern." Ziemlich lange blieben also diese Brüder bei ihm, und nachdem sie die ganze Menschlichkeit [Wilhelms] erfahren hatten, schickte er sie später zur Zelle des heiligen Gregor [Klosterreichenbach] mit allem, was dazugehörte, solange sie wollten.
17. Zu einer anderen Zeit reiste er [Wilhelm] auch zu einer Zelle, die er auf Wunsch eines seiner Begleiter an der Donau errichtet hatte. Und schon näherte er sich jener Zelle, und siehe, an der Grenze des Waldes entdeckte man eine Hütte, und nachdem er einen seiner Mitreisenden mit sich genommen hatte, zögerte er nicht, dorthin zu gehen, während die Übrigen die Reise fortsetzten. Als er zu der Hütte kam, bemerkte er eine sehr arme Frau. Er trat ein und vergaß seine Würde [als Abt], er vergaß den strengen Umgang und setzte sich ans Feuer und ließ sie sich setzen. Während er den Blick schweifen ließ, versuchte er von dieser in einem Gespräch zu erfahren, ob sie, die ganz und gar nichts im Hause hatte, mit ihrem Mann [hier] lebe und woher sie die Nahrung für dieses Leben nehme. Jene bekannte, dass ihr nichts außer dem elenden Leben geblieben war, dass sie sich ernähre von Wasser und Brot und dass sie dies kaum mit der täglichen Arbeit ihrer Hände zustande bringe. Nachdem inzwischen der Mann vom Feld zurückgekehrt war, erfragte er von diesen, ob sie von dem katholischen Glauben wüssten, ohne den niemand das ewige Heil erlangen könne. Sie bekannten einfach, dass sie ganz und gar den Glauben nicht kannten. Aber jener seufzte tief, und er hatte von ganzem Herzen Mitleid mit deren Elend. Er sagte: "Warum habt ihr Mangel an äußeren Dingen, die ihr im Herzen hungrig seid, alles im Überfluss zu genießen von Gott, der für uns sorgt?" Dies sagte er und erklärte ihnen kurz den Glauben, soweit sie [diesen] erfassen konnten. Und sie wurden jetzt unterwiesen, und er fügte hinzu, dass sie ihm zu dieser Zelle folgen sollten. Später an jenem Tag kamen sie [dahin], und er empfing sie freundlich. Lange Zeit behielt er sie fromm bei sich, er erleichterte ihre Lasten nicht unbeträchtlich. Und so ist es eine Tatsache, dass er ihren geistigen Mangel durch das Wort des heiligen Unterrichts milderte und das körperliche Elend freigebigst verminderte.
18. Als er [Wilhelm] einmal im Herbst durch Bayern reiste, traf er zwei Arme, die von ihm gegen die Kälte Hilfe an Kleidung forderten. Er erinnerte sich bald an den heiligen Martin, der die Hälfte seines Mantels an den frierenden Armen schenkte. Er war mit einem Diener unterwegs, abgesondert von den [anderen] Reisenden. Und er teilte seinen Mantel, der ihn üblicherweise sowohl beim Reiten als auch beim Schlafen wärmte, in zwei Teile, und er gab jedem Armen ein Stück, wodurch sie vor der Kälte geschützt waren.
19. Ich trage etwas über den seligen Mann vor, das zu tun hat mit der Reinheit und Einfachheit seiner Seele, die man anerkennen und lieben muss, und mit der zu verwünschenden und zu verdammenden Eitelkeit von vielen seines Standes. Ein gewisser Abt widmete sich kostbaren Kleidern weit mehr, als es solch einer Person und solch einer Stellung zustand. Diesen achtete der Mann Gottes wegen seiner vielen, ihm von Gott gegebenen guten Eigenschaften, aber er griff ihn darin [wegen dessen Kleidung] wegen des Eifers für Gott oft scharf an, wenn auch weniger nützlicher gewesen wäre. Zu irgendeiner Zeit brachte dieser Abt ihm für die [gottesdienstliche] Segnung eine kostbare Decke, und er fragte, ob er [Wilhelm] im Gedenken an die gegenseitige Zuneigung dies annehme. Dies nahm der von Gott erfüllte Mann in großer Einfalt an und achtete nicht auf die Gegenseitigkeit des Schenkens. Mit dem Geschenk hatte er [der Abt] darauf gezielt, dass er seine Eitelkeit hinsichtlich der kostbaren Kleidung ein wenig beschönigen könne, gleichwie wenn er [Wilhelm], lobenswert und in allem als Mönch vollkommen, diese [seine] Art zeige, jener dann nicht eben anders charakterisiert werden könne. Und jener Abt nämlich war einst Profess des Mannes Gottes und wurde von diesem zu einer solchen Ehre [als Abt] geführt. In einer Nacht aber benutzte der Mann Gottes jene Decke. Einer von den Brüdern, ihm in Gehorsam ergeben, dass er ihm heimlich half, ermahnte ihn am folgenden Tag, dass er überlistet werden solle. Nachdem er diese unglaubliche Aussage gehört hatte, entsetzte er sich und erschauderte, und bald gab er jene im Bösen empfangene Decke an zehn Arme. Jener, geliebt durch Gott, besaß dies[e Decke] [bis dahin] in lobenswerter und würdiger Weise mit seinem anderen Besitz. Wenn er nämlich von irgendeinem Menschen irgendetwas Gutes zur Ermahnung hörte oder wenn er etwas von Gott geschickt bekam, empfing er dies mit aller Demut. Ich bin gezwungen, den Hochmut und den Übermut vieler zu beweinen. Ich bin gezwungen auszurufen: "O Zeiten, o Sitten!" [Cicero, Catilina I,1] Er [Wilhelm] war ein Mann der Tugenden, ein Spiegel ganzer Ehrlichkeit, er wählte von jedem Menschen statt des Tadels die Gerechtigkeit und ehrte in jedem Menschen die Wahrheit.
20. Ein sowohl natürliches wie heftiges Mitleid war aber in ihm, das sich nicht allein auf die Menschen, sondern auch auf die stumpfsinnigen Tiere bezog. Es begab sich, dass in irgendeinem Winter, als aus dem Überfluss an Schnee heraus die Kraft der Kälte über das Gewöhnliche hinauswuchs, derselbe Vater [Wilhelm], bewegt vom Herzen der Frömmigkeit, nachdem er den Propst herbeigerufen hatte, diesem mit klagender Stimme sagte: "Das Geflügel stirbt an Kälte und Hunger. Sammle eine Hand voll Hafer und ramme eine Umzäunung ein, damit sie das finden, was sie ernährt." Aber jener antwortete: "Herr, es fehlen uns die Garben Hafer." Diesem sagte jener: "Hast du Garben an Weizen?" Er sagte: "Ich habe [solche]." Dann sagte der fromme Vater: "Also verkaufe jene und kaufe Hafer." Jener gehorchte dem Befehl und sprach zu seinem Helfer, dass er am Morgen zum Hof gehe und das Befohlene erfülle. In der Nacht, auf der der Morgen folgen sollte, wurde durch die Gnade Gottes, die die Güte seines Dieners vergalt, die Kälte des Eises infolge der sanften Temperatur der Luft gemindert. Endlich besuchte er [Wilhelm] demütig die Armen mit Almosen und krank daniederliegende Bauern und wärmte sie mit frommen Belehrungen. Zuletzt übergab er die Verstorbenen mit Sorgfalt dem Grab. Er lehnte aber keinen ab von denen, die an einer Geisteskrankheit litten. Mit dem ganzen Konvent der Brüder sang er nämlich Psalmen und Lobpreisungen für jene oder sättigte sie mit Hilfe der Brüder, die dafür bestimmt waren. Und sie kehrten durch die Barmherzigkeit Gottes gesund an Geist und Körper sowie fröhlich zu den eigenen Leuten zurück.
21. Auch der klösterliche Gottesdienst, der in den deutschen Gebieten fast daniederlag bei denen, die eine solche Lebensweise vorgaben, fing an durch den Eifer des seligen Vaters zu gesunden und Bedeutung zu erlangen. Nicht allein die Einrichtung der Klöster machte durch seinen Eifer Fortschritte, sondern auch jeder Stand der kirchlichen Ordnung wurde durch seine Beispiele belehrt. Er unterwies nämlich die Mönche in Demut, Liebe, Leidenschaft und Gottesfurcht; Bischöfe, Priester oder andere Geistliche förderte er in Lehre und Haltung; Laien belehrte er In Bezug auf das Klosterleben und den Gehorsam; Jungfrauen, Witwen und Frauen unterrichtete er in Lauterkeit und Keuschheit; die Armen Christi und die Fremden, die zufrieden waren, gering zu sein, sagte er mit Worten und Werken, dass sie die Welt unter ihren Füßen hätten und deren ganzen Glanz. Einzelne Christgläubige flohen zu jenem wie zur Brust der Mutter und gewannen durch ihn viel in Gott.
22. Nun komme ich endlich zu dem, was von allen seinen Werken das vorzüglichste ist und was bis zum Ende des Zeitalters den durch das klösterliche Leben zu rettenden Seelen vieler nützte. Er [Wilhelm] war nämlich ein eifrigster Gründer neuer Klöster und der Reformer alter. Insgesamt errichtete er sieben Klöster von Grund auf entweder selbst oder durch seine Schüler an verschiedenen Orten. Das erste war die Zelle des heiligen Gregor [Klosterreichenbach], das zweite die des heiligen Märtyrers Georg [St. Georgen im Schwarzwald], beide [gelegen] im Schwarzwald, das dritte in Bayern zu Ehren des heiligen Martin [Fischbachau], das vierte in Thüringen, das Erfurt genannt wird [St. Peter], das fünfte in Zwiefalten zu Ehren der heiligen Maria, das sechste im Ort Weilheim, das später umsiedelte zum Berg des heiligen Peter [St. Peter im Schwarzwald], das siebte in der Provinz Kärnten [St. Paul im Lavanttal]. Drei andere aber, nämlich Schaffhausen, Petershausen und Komburg, fast schon zerstört, erneuerte er. Deren Verwaltung bereitete ihm mit täglichem Kummer eine nicht geringe Schwierigkeit, gleichwie Personen für die Gemeinschaften der Brüder zu finden waren, die nützlich und geeignet waren, um die Seelen zu erreichen. Vieles gab es bei der sonntäglichen Messpredigt [zu beachten], wenige Zuarbeiter gab es, während die, die den anderen vorstehen sollten, sowohl in der Tat als auch in der Predigt, nicht weniger in der weltlichen als auch in der geistlichen Wissenschaft erprobt sein mussten. Aber weil er die wenigsten fand, die beides beherrschten, waren endlich mehrere da, die eines ohne das andere beherrschten, d.h. [sie waren bewandert] entweder im geistlichen Leben ohne Wissenschaft oder gelehrte Beredsamkeit oder im gelehrten Wort außerhalb der frommen Belehrung. Jener kluge Baumeister bemühte sich, jene gleichsam quadratischen Steine, wo sie in Erscheinung traten, in das geistliche Gebäude einzubauen, auf dass sie nach Belehrung mit den [klösterlichen] Bräuchen lobenswert lebten, auch wenn die übrigen Fähigkeiten weniger vorhanden waren. Darin folgte er dem denkwürdigen Vorbild Papst Gregors VII. Diesem nämlich zeigte die Geistlichkeit seiner Kirche zwei durch das Volk für das Bischofsamt Erwählte an und bat, einen von den zweien zum Bischof zu weihen. Aber der Papst wusste von dem einen, dass er ein guter Gelehrter war und nicht besonders fromm, vom anderen, dass er im Gegenteil fromm, aber nicht erfahren in der Notwendigkeit der Bildung war. Er zweifelte an jedem, den er von den zweien auswählen würde, und er erreichte durch göttliche Eingebung, dass ihm durch die Gebete dieses Gottesmannes [Wilhelm] auf diese Weise dies offenbart wurde. Als nämlich der geistliche Mann dies[e] vom Papst ihm auferlegte [Entscheidung] fürsorglich Gott empfahl und er demütig durch die heilige Gottesmutter Maria für sich diesbezüglich den Willen Gottes erbat, offenbarte sich ihm die selige Jungfrau Maria und zeigte ihm zwei Ringe, deren einer aus reinem Gold, deren anderer aus durchsichtigem Edelstein war. Und als diese fragte, welchen von den beiden [Ringen] er wählen würde, sagte er: "Es besteht kein Zweifel, dass - wie die heilige Schrift bezeugt - Gold Weisheit bezeichnet, der Edelstein aber Einfachheit und das reine Leben des Menschen. Daher verdient aus dem Urteil der keuschesten Gottesmutter und ewigen Jungfrau Maria jener, der keusch, gerecht und fromm lebt, auch wenn ihm das Gold der Weisheit oder der Beredsamkeit fehlt, als Beispiel für das gute Leben dem Volk voranzustehen. Was nämlich dessen Sprache verschweigt, lehrt das Leben." Es gebührt sich endlich, bei dieser Wahl vorzugsweise die Vorschriften für Geistliche zu beachten und immer hinsichtlich der Lenkung der Seelen nicht die volkstümlichen, sondern selbstverständlich die regelgemäßen Personen zu fördern.
23. Durch dieses Vorbild unterrichtet, ordnete der treue und kluge Mann des Herrn [Wilhelm] aus den besagten Klöstern, nachdem die Äbte eingesetzt worden waren, als Prioren fromme Mönche ab mit den Laienbrüdern. Der liebenswerte Vater, glühend vor Eifer um die Seelen, richtete es nämlich zuerst ein, dass die Mönche den treuen Dienst der Laienbrüder für die auswärtige Verwaltung [des Klosters] nutzten. Und umgekehrt hielten sich diese Laien streng an das, was die Mönchen für das Seelenheil taten, und sie ahmten deren Klosterdisziplin nach ihrem Können außerhalb des Klosters mit sich bessernden Gewohnheiten nach. Über deren Klosterleben gemäß dem, was der oft genannte Vater [Wilhelm], von Gott vermittelt, anordnete, ist es der Mühe wert, daran zu erinnern, wovon wir in der heutigen Zeit überzeugt sind, dass es auch in Zukunft vielen helfen kann. Zu den nächtlichen Vigilien kommen alle [Laienbrüder] in der Kirche zusammen, um abschließend zu der auferlegten täglichen Arbeit kurz die Matutin zu singen. Danach begeben sich die, die wollen, zurück in die Betten, die anderen verharren in der Kirche, bis die Nokturnen von den [Voll-] Mönchen beendet werden. Am frühesten Morgen hören sie die Messe, daraufhin kommen sie zum Kapitel zusammen, dort erbitten sie Vergebung für verschiedene Übertretungen, und sie empfangen vom [Konversen-] Meister die entsprechende Unterweisung. Nachdem dies geschehen ist und während das Sündenbekenntnis von denen, die es nötig haben, folgt, gehen alle zur auferlegten Arbeit auseinander. Das jenen Auferlegte ist innerhalb und außerhalb der [Kloster-] Zelle durchzuführen, und sie betreiben und verwalten zuverlässig, ehrlich und sorgfältig das ihnen von Gott Aufgetragene. Nichts Eigenes besitzen sie, aber man liest in den Apostelakten [4,32], dass alles zusammen besprochen wird und jedem entsprechend eine Aufgabe zugeteilt wird. Bei den durchzuführenden Arbeiten vermeiden sie nicht allein Streitigkeiten und Zank, sondern enthalten sich auch des Müßiggangs. Sie gehorchen ihren Oberen, ohne deren Erlaubnis machen sie sich nicht länger außerhalb der [Kloster-] Zelle auf den Weg. Immer am Sonntag empfangen sie das Abendmahl, so dass eine Hälfte von jenen zusammen an einem, die andere Hälfte am anderen Sonntag den Körper und das Blut des Herrn demütig empfängt, aber an höchsten Festtagen alle zusammen. Der, der reisen wird, empfängt das Abendmahl am selben Tag, wenn er weiß, dass er am folgenden Sonntag nicht zurückgekehrt ist. Die von einer Reise Zurückkehrenden erbitten die Vergebung für auf der Reise begangene Übertretungen. Sie kochen abwechselnd in den ihnen zugeteilten Wochen in der Küche sowohl für sich als auch für die [Voll-] Mönche und die Gäste und bereiten die Nahrung vor. Sie nehmen die Nahrung zusammen ein, die sie für sich abwechselnd hinstellen. Zur Komplet gleichwie zu den Nokturnen sind alle oder fast alle anwesend, später begeben sie sich mit Schweigen in die Betten. Zur Beachtung dieses geistlichen Lebens erbaute der heilige Vater Wilhelm eine geeignete Unterkunft an diesem Ort Hirsau, nämlich das neue Kloster zu Ehren der seligen Apostel Petrus und Paulus und des heiligen Bekenners Aurelius auf einer Fläche nach Süden hin mit Hilfe der seinem Gehorsam unterstehenden Diener. Dieses wurde innerhalb von neun Jahren aufgeführt und im zehnten [Jahr] geweiht [2. Mai 1091]. Ehe endlich das Gotteshaus selbst geweiht wurde, bevölkerte er es mit armen Leuten, die vom oberen Teil bis zur Flügeltür im Kreis standen, und diente, nachdem die Türen geschlossen worden waren, diesen selbst. Zu dieser Zeit und danach bis zu seinem Tod gab er für Bedürftige mehr als gewöhnlich für Nahrung aus.
24. Nach der besagten Weihe lebte er [Wilhelm] noch neun Wochen, und schon beherrschte ihn am Geburtstag der Apostel Petrus und Paulus [29. Juni] eine Kraftlosigkeit. Am folgenden Tag [30. Juni] feierte er am Hauptaltar eine private Messe. In der folgenden Nacht [1. Juli], als er sich wegen der Krankheit des Körpers nicht aufrichten konnte, empfing er durch göttliche Eingebung Trost, und ihm wurde gesagt, dass die Heiligen Petrus und Paulus zu seiner Hilfe da seien. Als er in der Morgendämmerung kaum einen Schritt gehen konnte, befahl er, ihn zur Kirche zu führen und eine Messe zu feiern. Und durch Hände an beiden Seiten gestützt, opferte er über dem Altar der Apostel Petrus und Paulus das Opfer der lebendigen Hostie. Und als ob er zum Herrn gehen wollte, sang er an dessen Festtag die Worte des heiligen Paulus, die dieser schon im Angesicht seines Todes sagte, die auch zu diesem Zeitpunkt bestens passten [2. Tim. 1,12]. Diese lauten so: "Ich weiß, wem ich vertraue, und ich bin gewiss, weil der gerechte Richter machtvoll [genug] ist, auf mein Sterben an jenem Tag zu achten." Diese Messe war seine letzte Feier. Am vierten Tag danach [2. Juli] kam er ins Kapitel, um die Brüder zu besuchen und anzuhalten. Hinsichtlich dessen, was er aber für diese bis dahin eingerichtet hatte, begann er zu erzählen und zu ermuntern, damit sie von Tag zu Tag [darin] Fortschritte machten. Zuerst erzählte er ihnen vieles von der immerwährenden Liebe Gottes, vom Vorzug der klösterlichen Lebensweise, von der Bezeugung gegenseitiger Liebe, von der zu nachzueifernden Gastfreundschaft und der ganzen drohenden Kümmernis, von dem hochzuachtenden Almosengeben, von freiwilliger Freigebigkeit und Ähnlichem. Später sagte er mit klagender, eindringlicher Stimme: "Eins ist es, was mich sehr erbittert und beschwert, das ich dem zu beweinenden Gott und euch vortrage." Und als wir alle bestürzt waren, sagte er: "Gewisse Brüder sind mit euch ins Kloster eingetreten mehr gemäß der Schlauheit des Fleisches als gemäß der geistlichen Einfachheit. Sie beunruhigten mich öfter durch ihre Gesänge und Ratschläge und widerstanden der einfachen Art der Oberen. Aber der allmächtige Gott trennte diese von uns und entfernte sie aus dem Kloster." Nachdem er dies gesagte hatte, fügte er sogleich an: "In Zukunft werde ich, Teuerste [Mönche], kein Kapitel mit euch haben. Daher hört, Söhne, das letzte Wort des Vaters und haltet in Erinnerung fest, was ihr seht und hört." Nachdem das Kapitel beendet war, begab er sich in seine schmucklose Unterkunft und gestand nach üblicher Sitte allen, die wollten, dass sie ihn besuchten. Dann befahl er am dritten Tag [4. Juli], in die Kirche der heiligen Maria gebracht zu werden, und während dort der Konvent der Brüder für ihn die Messe feierte, bereiteten die letzte Ölung des Kranken und der Empfang von Körper und Blut des Herrn seinen Tod vor. Und er erbat sich von allen die Lossprechung und sprach selbst alle los; und einzelne küsste und umarmte er, und mit Väterlichkeit sagte er den Anwesenden Lebewohl und vertraute den Abwesenden seine innigste Liebe an, wie er alle flehentlich bat und beschwor, dass sie an der Einheit der Kirche und der Unterstellung unter den apostolischen Stuhl, wie ihm dies von diesem zugestanden worden war, bis zuletzt unveränderlich festhalten sollten. Schließlich schloss er mit erhobenen Händen vor allen mit einem kurzen Gesang so: "Ich rufe Gott als Zeugen, dass ich bis jetzt treu und wohlwollend gegen euch gehandelt habe." Aus der Kirche wurde dies berichtet, es kamen mit Betrübnis und Seufzen die zu ihm zusammen, zu denen er das der Erinnerung werte Wort sprach: "Vom Tod eines gerechten Mannes muss nicht berichtet werden, weil er eine Veränderung zum Besseren, von der Sterblichkeit zur Unsterblichkeit, vom Irdischen zum Himmlischen ist." Nachdem man ihn am späteren Tag in das Krankenhaus getragen hatte und sich der Konvent der Brüder dort versammelte, starb er selig um die Mittagszeit der 4. Nonen des Juli [4. Juli], während alle erbarmenswert weinten und jammerten, und er gab seine mit glücklichen Verdiensten erfüllte Seele Gott zurück. Und weggerissen vom Ägypten dieser Welt, nahm er auf ewig Wohnstatt in der Welt der Lebenden. Zusammen kamen nun zwei Bischöfe und fünf Äbte, Geistliche und nicht wenige [Laien] beiderlei Geschlechts. Nach den Exequien, die fünf Tage lang eifrigst gefeiert wurden, wurde er mit geschuldeter Ehrerbietung in der Mitte der Apostelkirche, die er gegründet hatte, beerdigt.
25. Nicht lange nach seinem Tod aber, nach einer Nacht der Trauer, die alle bedrückte, erhellte uns der Tag des tröstenden Jubels mit der Ankunft des damaligen Herrn Prior Gebhard, später des Nachfolgers der verstorbenen Herrn [Wilhelm] in der Leitung des Klosters [1091-1105]; bei sich trug er Reliquien des heiligen Apostels Petrus, nämlich dessen Haare, die vom ehrwürdigsten Abt Hugo von Cluny [1049-1109] geschickt wurden und wegen denen der Vater Wilhelm ihn [Gebhard] vor seinem Tod weggeschickt hatte. Diese Haare über dem ganzen Gold und dem Edelstein sollten die Hirsauer mit größter Überzeugung verehren, wir verehren wahrhaft die Haare des Apostelfürsten Petrus. Vor alter Zeit nämlich, ehe die Körper der Apostel Petrus und Paulus, die damals getrennt waren, zusammen an sichersten Orten, wo sie heute sind, verwahrt werden, gab es einen Küster der römischen Kirche, einen frommen Mann mit Namen Odo, der davon der Welt berichtete und zum Kloster Cluny, wo er später Abt wurde [927-942], eilte; und unter anderen Reliquien der Heiligen brachte er nicht wenige Haare des heiligen Apostels Petrus herbei. Der besagte Abt [Hugo] von Cluny, der brennendste Verehrer unserer Gemeinschaft [Hirsau], bezeugte in sicherster Übereinstimmung mit den hochbetagten älteren Mönchen [seines Klosters], dass diese [Haare], die er uns schickte, aus denen [nach Cluny gelangten] ausgewählt wurden; wir empfingen sie von ihm, um das Kloster [weiter] aufzubauen und gemäß der Regel zu leben. Wir führen dies als notwendig hier an, damit nicht irgendwer hinsichtlich dieser Haare in Zweifel gerät, ob dies wahr sei, was von so vielen und so ausgezeichneten Zeugen bestätigt wird. Ehe die, die die genannten Reliquien brachten, nach Hirsau gelangten, übergaben sie sie vorsorglich einem gewissen frommen Priester, der sich an einem benachbarten Ort aufhielt, zur Aufbewahrung bis zum Fest, das das des heiligen Petrus in den Fesseln [1. August] genannt wird. An diesem Tag wurden die erwähnten Reliquien daher in Anwesenheit von Äbten und anderen frommen Männern unter dem größten Jubel der Geistlichkeit und des Volkes ins Kloster Hirsau aufgenommen und zuerst über dem Grab des verstorbenen seligen Vaters Wilhelm, dem sie besonders zugeeignet wurden, auf diese Weise der frommen Leidenschaft der Söhne [Mönche] vorgeführt. Endlich wurden sie unter fröhlichem Lobpreis des Gottesdienstes mit demütiger Verehrung aller, die dabei waren, geküsst und in einen silbernen Schrein, der dafür vorbehalten war, gebettet.
26. Es wird über den heiligen Gregor und den heiligen Gallus durch viele Zeichen nach ihrem Weggang von diesem Leben berichtet, dass sie die Klöster, die sie zur Ehre Gottes erbauten, durch ihre Schutzherrschaft vor Feindseligkeiten schützten. Wir erfahren von nicht wenigen Taten in dieser unserer Zeit über den heiligen Mann Gottes [Wilhelm] aus Bekanntem und von rechtschaffenen Leuten. Wir haben durch Aufschreiben dafür gesorgt, über seine Heiligkeit zu erzählen. Es war eine gewisse Äbtissin im Gebiet Noricum, die sich ganz den frommen Werken hingab. Durch ihren Rat war einst der besagte Mann Gottes Vorsteher von Hirsau geworden, weil sie ihn sehr wegen der Lebensverdienste schätzte. Nach seinem Tod gelangte zu ihr das Gerücht, dass sich viele verdächtige Leute darin verschworen, das Kloster Hirsau von Grund auf zu zerstören. So an ununterbrochenen Schmerzen leidend, wandte sie sich mit beständigen Bitten an Gott, damit er durch die Hilfe seines Schutzes das Verbrechen abwende; und er führte die neue Pflanzung seines getreuen Dieners [Wilhelm] zum Wachstum. Und weil sich ihr Herz in frommer Enge zusammendrückte und wegen der drohenden Gefahr den Herrn inständig bat, offenbarte sich in einer Nacht der Ruhenden im Schlaf der Mann des Herrn Wilhelm, und mit heiterer Miene erfreute er die Trauernde, indem er sagte, dass es längst viele gäbe, die dabei seien, solch ein Verbrechen abzuwehren, aber dass es [noch] nicht völlig verhindert sei. Als diese erschüttert fragte, wer dies zu verhindern versucht, sagte er: "Ein guter Engel des Herrn." Und sogleich verschwand die Vision, wahrlich wie der Psalmist sagt: "Der Engel des Herrn schickt ihn in die Menge der Furchtsamen und rettet sie." [Ps. 22,8]. Und wenn er auch noch als gerecht im Schutz des Herrn bezeichnet wird, erfahren endlich offensichtlicher und strenger die Rache des Herrn die, die auf Befehl des Königs Heinrich IV. aufbrachen, die Hirsauer deswegen zu vertreiben, weil sie gegen die römische Kirche nicht dessen [Heinrichs] Ketzerei anhängen und sich nicht durch die Gemeinschaft mit ihm beschmutzen wollten, der am unflätigsten war und von allen, die auf der Erde lebten, der Schändlichste. Während dieser daher dies in die Wege leitete, ging ein gewisser Bischof von Straßburg mit Namen Werner [II., 1065-1079] mit kriegerischer Gewalt daran, Hirsau zu verwüsten; aber an dem Tag, an dem er ein Pferd gepanzert bestieg, um solch ein Verbrechen zu begehen, hauchte er durch einen plötzlichen Tod, bevor er die Rüstung [wieder] abnehmen konnte, sein Leben aus, und er fuhr lebend zur Hölle hinab. Ich sage, lebend, wie es geschrieben steht [Num. 16,22], fuhr er zur Hölle hinab, der sich wissend und klug abmühte, um ungerecht zu handeln, der unschuldig versuchte, die Diener Gottes zu verderben. Als die Krieger, die gezwungen waren, ihm [Werner] Hilfe zu leisten, dies als verabscheuenswert erkannten, nahmen sie [vom Unternehmen] Abstand, und sie weigerten sich, bei solch einem Verbrechen zu helfen. Dies geschah aber lange nach dem Tod des Mannes Gottes [Wilhelm], aber Ähnliches gegen den heiligen Ort und seine Bewohner flößte allenthalben allen Furcht ein.
27. Es ist wert, hier etwas anderes, gleichermaßen nicht sehr Unähnliches anzuführen, nämlich über die Eindringlinge auf Hirsauer Besitz, die abzuwehren und aufzuhalten waren. Ein gewisser Mann mit Namen Winther aus dem Allmendingen genannten Ort verließ die Welt und nahm unter Abt Wilhelm den Habit des heiligen Klosterlebens an; neben anderen Besitztümern übertrug er ein am besagten Ort gelegenes Gut in rechtmäßiger Schenkung dem Nutzen der Hirsauer Brüder. Nachdem beide, nämlich Abt Wilhelm und der besagte Mann, dieses Leben verlassen hatten, nahm ein junger Mann unbedacht gleichsam nach Erbrecht das besagte Gut an sich. Und als er an einem Tag zwei Karren Wein und anderes gewaltsam von dieser Besitzung fortführte, brach sich auf dem Weg eines der Rinder, die den Raub zogen, den Fuß. Der junge Mann saß auf dem Pferd, stürzte, gleichsam an Schlafsucht leidend, zu Boden und verlor, von Sinnen, auch die Fähigkeit zu sprechen. Aber nach einiger Zeit kam er allmählich an Geist und Körper zu sich. Nachdem er zu Kräften gekommen war, fing er an zu überlegen, dass er solch einen Unglücksfall niemals zuvor erlebt hatte und er dies nicht ohne die Güte Gottes überstehen würde. Dank seiner Überlegung veranlasste er, dass er zum Kloster Hirsau gebracht wurde, und dort, als sich seine Einstellung zur Welt änderte, übergab er sich gläubig Gott. Und nach wenigen Jahren im heiligen Kloster beendete er selig das Leben. Seht, indem wir dies anführen, erwägen wir die sowohl schreckliche als auch furchtbare Gerechtigkeit Gottes hinsichtlich dieser zwei Übeltäter [Bischof Werner, junger Mann], von denen der eine kopfüber in den Tod geführt, der andere aber barmherzig zu einem besseren Leben gerettet wurde. Wir können dies besser mit den Worten des Psalmisten bewundern und sagen: "Kommt und seht die Werke des Herrn, wie schrecklich er ist in den Beschlüssen hinsichtlich der Söhne der Menschen." [Ps. 65,5]. Aus dieser Überlegung heraus sind wir auch gezwungen mit dem Apostel auszurufen: "O Höhe der reichen Weisheit und des Wissens Gottes, wie unergründlich sind seine Urteile und unerfindlich seine Wege!" [Röm. 11,33]. Wer nämlich kennt den Sinn des Herrn? Weshalb ist er barmherzig gegenüber dem einen, weshalb gegenüber dem anderen verhärtet, dass dieser nicht gerettet wird? Weil niemand gemäß der Sprüche Salomos weiß, ob er durch Hass oder Liebe [von Gott] gewürdigt wird, aber für alle die Zukunft ungewiss ist, sollen wir die geheime Gerechtigkeit Gottes in Furcht verehren und sollen sie mit Verehrung fürchten. Und während wir in diesem Körper gemäß dem Psalmisten dem Herrn in Furcht dienen sollen [Ps. 2,11], sollen wir ihn auch mit Schrecken bejubeln.
28. Wie wir sagten, führte der heilige Vater Wilhelm, schon mit Gott herrschend, sein Kloster mit großer Fürsorge. Dies wird auch aus einer anderen Erscheinung genügend offenbar. Wir haben als notwendig angeführt, durch Aufschreiben den Nachfahren zu berichten von einer Erscheinung, die ein alter unschuldiger und einfacher Mann hatte und durch die sowohl die zukünftigen als auch gegenwärtigen Hirsauer [Mönche] ermahnt werden, dass sie die Festsetzungen des besagten Vaters beachten, besonders die Anordnung hinsichtlich des Armen- und Krankenhauses und die Befolgung der klösterlichen Lebensweise. Es war auch festgesetzt worden von dem mit gemeinsamem Rat der älteren Mönche, dass alle Laienbrüder, die ins Kloster eintreten wollen, im Armenhaus in Laienhabit dienen und endlich statt von Almosen von der gemeinsamen Nahrung und Bekleidung der Brüder ausgehalten werden. Dessen [Wilhelms] Nachfolger [Gebhard] änderte diese Gewohnheit so ab, dass die besagten Brüder von den Almosen, die sie verwalteten, alles Notwendige für den Körper erlangen sollten. Dadurch ergab sich die sehr schmerzliche Tatsache, dass sie, als die von Fremden und Armen gewohnte Barmherzigkeit nachließ, wie Bedürftige, die in den kalten Nächten des Winters von der Herberge ausgeschlossen waren, vor Hunger und Kälte mit beklagenswertem Geschrei auf dem Platz [vor dem Kloster] lärmten, so dass die in der Nacht ruhenden Brüder öfter erwachten. Diese Belästigung wurde dem Abt häufig von den Brüdern angezeigt, er kümmerte sich nicht darum, dies und vieles andere zu verbessern. In einer Nacht, in der Christi Himmelfahrt gefeiert wurde, sah ein Priester des Klosters, bewährt im klösterlichen Leben und in den Sitten, in einer nächtlichen Erscheinung, dass er angehoben und auf einen Berg unvergleichlich in der Höhe hingestellt wurde, wo alles erfüllt war mit einem unvergleichlichen Schein des Lichts, mit einem wunderbaren unvergleichlichen Duft und mit dem süßesten Gesang der dort wohnenden Seligen. Er selbst war dadurch nicht minder erfreut und wünschte inständig, dabei zu sein. Unter denen, die er sah, erkannte er auch den ihm einst sehr vertrauten Abt Wilhelm, der durch einen klaren Blick und den Habit hervorstach. Mit diesem sah er zwei ihm unbekannte Männer in Bischofskleidung, und er fragte, wer sie seien, und hörte, dass der eine der heilige Bischof Ulrich von Augsburg [923-973], der andere aber der gleichermaßen heilige einstige Bischof Konrad von Konstanz [935-975] war. Und als er nach anderen fragte, wollte Abt Wilhelm nicht mehr antworten und fügte zuletzt dieses für die Hirsauer Bemerkenswerte hinzu: "Ich befehle dir mit der höchsten Majestät Gottes, dass du dem Abt und dem Prior und den übrigen Brüdern in Hirsau sagst, dass sie gemäß den [Vorschriften], die sie von uns empfangen haben, den Bedürftigen und Gästen mit ganzer Liebe dienen und die Gewohnheiten und ihr Leben gemäß der Regel des heiligen Benedikt ändern sollen. Vor allem sollen sie den Zorn und die Entrüstung, den Hass und das Vorurteil, wodurch sie ununterbrochen Gott beleidigen, mit ganzer Bosheit von sich werfen und stattdessen eine sichere und beständige Liebe bewahren. Wenn sie dies indes nicht beachten, werden sie ohne Zweifel die Strafe erfahren." Nach diesen Worten, die er ihm [dem Mönch] sagte, verschwand er mit den anderen, die dabei waren, in eine verborgene Höhe des Himmels. Jener Priester aber, dem dies offenbart war, berichtete, weil er nicht wagte, dies allein zu tun, mit Hilfe eines anderen Priesters dem Abt davon. Dieser befahl, [von nun an wieder] die frühere Regelung des Abtes Wilhelm hinsichtlich der Almosen zu beachten, das Übrige endlich, durch das das Kloster in Unruhe gestürzt war, schaffte er als verfehlt ab. Daher geschah durch die besagte Drohung des seligen Vaters Wilhelm, dass fast nichts ihm [Gebhard] glückte. Nämlich wenige Zeit später wurde er von der Leitung des Klosters entbunden [1105] und mit der bischöflichen Inful in Speyer versehen; er erregte den Hass aller gegen sich wegen ungebräuchlicher Angewohnheiten, aber der Tod ereilte ihn bejahrt und schnitt ihn aus der Gesellschaft [1107].
29. Nicht ist aber zu vernachlässigen, sondern sorgfältig zu erwägen, wie sehr der heiligste Vater Wilhelm durch Verehrung gewürdigt wird auf Erden, der sich an der Versammlung solcher [Kirchen-] Vorsteher im Himmel erfreut, deren gleichsam ruhmvolles Gedenken das gläubige Volk der heiligen Kirche in jährlicher Verehrung feierlich pflegt. Wenn aber irgendwer wegen seines Unglaubens Zweifel äußert, dass diese Vision nicht zu beachten, indes als nichtige Träumerei zu erwägen sei, so möge er unzweifelhaft wissen, dass nirgends in den heiligen Schriften geschrieben steht und dass einst nicht gehört wurde, dass irgendeinem Menschen durch die Einflüsterung von Dämonen entweder offen oder versteckt geweissagt wurde, dass er sich vom Schlechten abwenden und Gutes machen solle, wie es hier geschah durch den wohlwollendsten Vater Wilhelm. Es steht auch fest, dass berühmte und vorzügliche Gelehrte der Kirche, der selige Gregor [der Große; Papst 590-604] und Augustinus [†430], auch nicht wenige weltliche Personen in ihren Werken zur Erbauung der Gläubigen eingefügt haben die Dinge, von denen sie kein anderes Zeugnis haben, als dass diese dadurch bezeugt sind, dass sie im Traum gesehen wurden. Wie wir dies alles, was wir von dem heiligen Mann [Wilhelm] erklärt haben, endlich unter dem Siegel der reinsten Wahrheit abschließen, so mögen wir noch ein Zeugnis vortragen, durch das wir ihn als tüchtig erkennen im Gottesdienst, wo er im Haus des Herrn als treuer und kluger Diener arbeitete. [Dieses Zeugnis] wird bestätigt durch göttliche Autorität und ist wahr gemäß dem Heilsplan, dem gewissenhaft alles Gott untersteht im Guten.
30. Als der heilige Vater [Wilhelm] von der schweren Krankheit gequält wurde, nämlich von der, durch die die Schuld Adas gelöst wurde, wurde er von vielen Großen der Provinz besucht, um auch durch ihre Verehrung den Mann Gottes irgendwie immer auf wunderbare Weise hochzuhalten in Ausdauer bis zum guten Ende [dem Tod Wilhelms] und um ihre Seelen der ausgehenden heiligen Seele [Wilhelms] anzuvertrauen. Daher kam unter den Ersten als besonderer und frömmster Liebhaber des seligen Mannes der Wormser Bischof Adalbert [ab 1070] herbei, der der einfachen Seele immer am vertrautesten war und dem der Teuerste des Herrn, der die Treue des Bischofs kannte, öfter seine außerordentlichen Geheimnisse anvertraute. Dieser daher so vortrefflichen und bewährten Person der Kirche öffnete er [Wilhelm] sich zwischen Unterredungen der Vertrautheit und versicherte [das Folgende] unter dem Zeugnis des göttlichen Namens. Er sagte: "Einst öffnete mir in einer gewissen Nacht in Regensburg im Kloster des heiligen Emmeram ein Mann von erfülltem Alter, von wunderbarer Schönheit jenseits der menschlichen Art, der mich mit heiterer Miene ansprach und köstlichste Trauben mir mit der Hand darreichte. Er sagte: "Nimm mich auf, liebe mich." Umgestoßen durch das Ungewöhnliche seiner Gabe und die Offenheit eines solchen Mannes, bekenne ich für mich bewundernd, dies nicht verstanden zu haben. Dann sagte jener: "Ich habe dafür gesorgt, eine Schule einzurichten, für die ich vor allen Zeitaltern vorausbestimmt habe, dass du mit ihr betraut wirst. Wenn du diese gemäß meinem Beschluss geleitet haben wirst, wirst du in Ewigkeit beschenkt durch guten Lohn. Du magst nicht zweifeln, Freund, ich werde derselbe Helfer sein, der auch [dich] belohnt." Bei diesen Worten erwachte ich und überlegte bei mir vieles, und Selbiges tat ich öfter später. Und weil mein Geist sich mit vielem Nachdenken beschäftigte, floh ich endlich zur sichersten Tür der großen Barmherzigkeit Gottes, und ich habe mich meinem Herrn Gott anvertraut, wie ich nur konnte. Und siehe, am selben Tag erschienen unsere Brüder von diesem Kloster [Hirsau] und trugen Schriften mit Gebeten von vielerlei Art, und sie entführten mich mit unwiderstehlicher Gewalt aus der klösterlichen Ruhe und bedrängten mich, dass meine Kleinheit ihnen vorstehe. Und unter Beschwörung des göttlichen Namens zwangen die Forderungen mich, dies nicht abzulehnen. Ich bekenne, eingeladen habe ich das Joch des Herrn empfangen, besiegt wurde ich durch eine so einmütige Bitte. Wenn ich etwas in diesem Amt [an Einsicht] gewonnen habe, wenn ich Gott gefallen habe, sage ich ihm, dass ohne ihn Wertvolles nichts, Heiliges nichts ist, dass alles Gute [nur] durch ihn kommt. Lob sei allem Mitgefühl und seinen Wohltaten, Ehre und auf jede Weise Dank in allen Zeitaltern der Zeitalter. Amen."
ES ENDET DIE LEBENSBESCHREIBUNG DES SELIGEN ABTES WILHELM.

Bearbeiter: Michael Buhlmann

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