Quellen zur Geschichte Gerresheims

[1039-1058]:

Sog. Testament der Essener und Gerresheimer Äbtissin Theophanu

Die Essener Äbtissin Theophanu (1039-1056) war Enkelin Kaiser Ottos II. (973-983) und seiner byzantinischen Ehefrau Theophanu, ihr Vater der lothringische Pfalzgraf Ezzo (Erenfrid) (996-1034) aus dem Adelsgeschlecht der Ezzonen (zum Großvater Ezzos, Erenfrid). Das sog. Testament der Theophanu spiegelt die Fürsorge für ihre Untergebenen wider, aber auch den Wunsch, dass zukünftige Generationen sich an sie erinnern mögen.

Weil es jedem fremd und unbekannt ist, was die Zukunft bringt oder wann der letzte Tag sich nähert, tragen wir Fürsorge im Herrn und mehren den Ertrag aus unseren zusammengebrachten Schätzen, damit wir nicht, während Gott selbst oder sein Tag heranrückt, wegen Ungehorsam oder durch die Schuld des Müßiggangs verworfen werden. Es steht nämlich geschrieben: Der Tag des Herrn kommt so wie der Dieb in der Nacht. Auch ich, Theophanu, obschon unwürdige und sündige Äbtissin, habe den solcherart insgeheim und verborgen heranrückenden Tag mit Schmerzen erwartet, weil ich schon die Reichen und sogar die Armen im Geiste [von Gott] entrückt gesehen hatte, so dass sie weder von ihren Seelen noch von ihren Gütern Erwähnung getan haben. Deshalb habe ich den oben genannten Tag besorgten Gemütes mit der Hilfe Gottes betrachtet und sorgfältig bestimmt, wie viel bei meinem Ableben für meine Seele verteilt werden soll. Dies habe ich – entsprechend eingeteilt – an einem Ort [dem Schrein, s.u.] zusammengestellt: Zuerst an meinem Todestag 30 Schillinge für die Priester, 12 für die zu feiernden Messen bis zum dreißigsten Tag. Den Armen als Almosen 5 Schillinge. Am nächsten Tag den Armen 2 Schillinge. Am dritten Tag oder dem wie immer beschaffenen Begräbnistag meines Körpers 5 Schillinge den Armen, am vierten Tag 2, am sechsten 2, am siebten 2, am achten 30 Pfennige. Danach aber zu jedem siebten Tag 30 Pfennige. Zwischen diesen Tagen aber täglich bis zum dreißigsten Tag drei Pfennige und dies alles den Armen. Den Fremden und anderen Bedürftigen ungeschmälert 5 Schillinge. 30 Pfennige den ebenso vielen Priestern für die abzuhaltenden Messen an diesem Tag und für die Empfehlung meiner Seele. Wenn aber hier nicht so viele Priester zusammenkommen, werden sie [die Pfennige] zu meinen Brüdern vom heiligen Liudger [Kloster Werden a.d. Ruhr] geschickt, damit die Zahl der [gehaltenen] Messen vollständig wird. In den obersten Fächern des Schreins befindet sich das, was wir zuvor hinsichtlich der Verteilung beschrieben haben. Am zweiten und an jedem einzelnen, anderen dreißigsten Tag – auch bis zum Jahrestag – 12 Pfennige für ebenso viele Messen, als Almosen aber 18 Pfennige und auch an den einzelnen Tagen nach jedem dreißigsten Tag 3 Pfennige als Almosen und 3 Pfennige für die Messen. Somit entfallen auf jeden Monat außer dem ersten Monat 17 Schillinge, die in den übrigen Fächern des Schreins ausfindig gemacht werden können. [Lücke] Am Jahrestag 30 Pfennige für ebenso viele Messen. Für einhundert Arme lassen sich 5 Schillinge im letzten Fach aufgeteilt finden, wo auch 30 Pfennige zu finden sind, die sich auf die 5 verbliebenen Tage beziehen. 3 Frauen 3 Schillinge, damit sie am dreißigsten Tag einzeln den Psalter über meinem Grab singen. Euch, Brüder und Schwestern, – ich nenne euch Söhne und Töchter, denen ich meine Seele und meine Güter anempfehle – ermahne ich freundschaftlich, damit ihr andächtig seid, ihr mich treu und liebenswürdig [in Erinnerung] behaltet und ich euch namentlich beauftrage, meinen Körper und mein [ewiges] Leben zu bewachen: Dechantin Swanberg, Adelheid, Swanhild, Hathwig, Emma, Mazaka, Mazaka, Hizela, Sigeza, Wendela, Pröpstin Gepa, Priester Heinrich, Priester Brun, Priester Hermann, Diakon Eilbracht, Priester Everwin, Priester Poppo, Priester Guntram, Wezel, Altuom, Okger, Gebhard, Hermann, Frikoz, Bertha, Oda, Riklend, Wazala. Wacht – so bitte ich –, Brüder und Schwestern, und euer Gebet tröstet mich, die gewiss nicht tot ist, aber schläft. Denkt aber, wie erfreut, wie berühmt es euch macht, wenn jemand für euch betet, wenn dieses Los euch widerfährt. Betet – so bitte ich – endlich in diesem Sinne, damit, wenn euer Gebet mich einmal aus dem Schlaf erweckt, ich nicht beiseite stehe für euch zu beten, auf dass durch das gemeinsame Gebet die Worte der heiligen Schrift sich erfüllen: Betet für den anderen, damit ihr gerettet werdet. Mich selbst aber und alles zuvor Erwähnte vertraue ich euch und eurer Treue unter der Zeugenschaft Christi an. [Auf der Urkundenrückseite:] Dies habe ich, Theophanu, zur Erinnerung an meine Seele zur Verteilung bestimmt. Am ersten dreißigsten Tag dieser Gemeinschaft 16 Pfennige. Genauso am zweiten dreißigsten Tag, auf dieselbe Weise am dritten dreißigsten Tag, am vierten, fünften, sechsten, siebten, achten, neunten, am zehnten, elften, zwölften [dreißigsten Tag]. In [Essen-] Rellinghausen aber 29 Pfennige an den einzelnen dreißigsten [Tagen]. In [Düsseldorf-] Gerresheim aber 34 Pfennige. Zum Jahrgedächtnis auch 34 Pfennige am selben Ort Gerresheim. Zur Beleuchtung aber 6 Schillinge und einen Pfennig. Am ersten siebten Tag 5 Pfennige. Ebensoviel am zweiten siebten Tag, ebensoviel am dritten siebten, ebensoviel auch an jedem dreißigsten [Tag] im Jahr. Am ersten siebten Tag von den 5 Pfennigen 10 Kerzen für die Nacht, eine im Stift, die zweite in der Krypta, die dritte in der Kapelle der Äbtissin, die vierte beim heiligen Pantaleon, die fünfte bei der heiligen Maria, die sechste beim heiligen Johannes, die siebte beim heiligen Quintinus, die achte bei der heiligen Gertrud, die neunte in Rellinghausen, die zehnte in Gerresheim. [Buhlmann]

Originalurkunde auf Pergament; in Latein. Die Urkunde, der der Rechtsakt der Stiftung anlässlich des Todes der Äbtissin zugrunde liegt, ist ein großes, annähernd quadratisches Pergament, beidseitig beschrieben mit dunkler Tinte, die Eigennamen in Majuskelschrift, die übrigen Buchstaben als Minuskeln. - RhUB II 179.