Quellen zur Geschichte Gerresheims

1591 Dezember 10:

Protest Herzog Wilhelms von Jülich-Kleve-Berg

Der Streit um die ständische Neuorientierung der Gerresheimer Frauengemeinschaft zog sich von 1585 bis 1594. Margarethe Elisabeth von Manderscheid-Gerolstein war im Jahr 1585 Küsterin in Essen, wurde 1588 dort Dechantin, 1589 Pröpstin von Rellinghausen und zudem Äbtissin von Schwarzrheindorf (1589-1604) und Freckenhorst (1591-1604). Margarethe Elisabeths Wahl zur Ger-resheimer Stiftsleiterin war ohne die Kanoniker und nur mit der Stimme der Felicitas von Eberstein der Jüngeren, der Nichte der verstorbenen Äbtissin Felicitas, erfolgt und wurde allgemein und insbesondere in Gerresheim und durch die Regierung des Herzogtums Berg nicht anerkannt. Stattdessen ging mit den Stiftsfrauen von Neuss und der Administratorin Margarete von Loe die Abkehr vom hochadlig-gräflichen Frauenstift und damit eine Veränderung der bisherigen ständischen Verfassung des Stifts weiter voran. Da nutzte es auch nichts, dass der katholische Kölner Erzbischof Ernst von Bayern die protestantische (!) Margarethe Elisabeth als Gerresheimer Äbtissin durchzusetzen versuchte. Vielmehr verursachten die erzbischöflichen Maßnahmen vehementen Protest von Seiten des bergischen Herzogs Wilhelm von Jülich-Kleve-Berg (1539-1609) als Schutz- und Landesherrn des Stifts.

Von Gottes Gnaden, wir Wilhelm Herzogh zu Jülich, Cleve und Berg, Grave zu der Mark und Ravensbergh, Herr zu Ravenstein etc. Thun kund und zu wissen hiemit menniglichen. Nachdem unns vorkhomen, welcher gestalt unser namen unsers Vettern und Sohns des hochwürdigen hochgebornen Fürsten, Herrn Ernsten, Erzbischoven zu Cölln und Churfürsten ein vermeint Geistlich Mandat in Lateinischer sprach Patentsweiß mit einem anhangenden Siegell, des Stiffts Gerreßheim Abtey belangend, etlichen unsern Rheten in gegenwärtigkeit eines Notarien und gezeugen, am dreiundzwanzigsten tagh nechstabgelauffenen Monats Novembris dieses Einundneunzigsten Jhars vermeindlich insinuiret, welches gestanden an alle dieyenige den es fürkhommen und die darin angezogene Sach betreffen thete, oder einichswegs betreffen mogte, darinnen dabeneden erzelt, was maßen obged. Ihre Churf. L. (wiewoll doch ohne dardurch Ihrer Churf. L[iebden] Reputation und Ehre, darob wir unns zierlich bezeugen thun, zu verletzen, in viell wege nichtig unnd wider Recht) die Wollgeborne Abdißen zu Gerreßheim in bester Form confirmire und bestettiget und alle anderen Electiones oder postulationes so geschehen oder geschehen mogten auffgehoben, mit beigesetztem angemaßten Bevelchs, das die Junffern und Capitell zu Gerreßheim und alle andere die diese Sach berüren thete, keine andere denn allein obged[acht[e] von Gerolstein für eine Abtissinne erkennen unnd halten, die auffkompften derselbigsten folgen lassen, auch darin sein sollen, das wircklich solche gefolgt werden, wie auch, das alle diejenigen, so einiche Jura, güter und Pertinentien gemelter Abdeyen, under was schein es wolle, inhaben, dieselbige alßbald obgem[elter] von Manderscheid zustellen unnd verschaffen zugestellt werden, und zu dem ende Executores vermeindtlich verordnet, auch mit angemastem bevelch, craft von Irer Churfürstl. L. verlehnter commission die Inhabere aus Irer Churfl. L. authoritet dergestalt zu zwingen und abzuschaffen, unnd gemelte von Gerolstein in alle und yede Jura, güter und possessiones vel quasi der Kirchen zu Gerreßheim einzusetzen und dabei handzuhaben. Wan nun aber aus oben referiertem vermeinten Geistlichen Mandat offentlich zu ersehen, das daßelbig neben deme es wie gemelt nichtigh unnd wider Recht, auch durchaus stracks zu entgegen sei unserer von unvordencklichen Jaren hero als unnser Landen Freiheit, Altherkommen und Privilegien herbrachter und habender hoch- unnd gerechtigkeit, nemblich keine einiger fremder und aufwendiger Geistlichkeit Proces, Ladung, Citation, Inhibition, Mandaten, Bannbrief, Ordnung, Reformation, Decreten und dergleichen in unseren Landen zu gestatten, anzunehmen, zu insinuieren, zu verkhündigen, zu üben, zu exequieren, oder sonsten ins werck zu richten, in massen es auch von unseren Voreltern und unns bei hohen straffen und Pfeenen allezeit verpotten gewesen unnd noch verpotten ist unnd das derhalben durch solches vorgemeltes vermeindtes Mandat wider ißgerürte unnser Landenn Freiheit, altherkomen und Privilegien, auch unsere Hoch- und gerechtigkeit in vielwege gehandlet unnd attentiert, unnd dan nit ersinclichen, das einiche außwendige Geistliche Obrigkeit bei menschen gedenken ehemalen in possessione vel quasi gewesen oder noch sei, in unnseren Landen einiche Geistliche Jurisdiction ferner unnd weiter dan unserer Voreltern und wir in etlichen unns unvergreifflichen fellen zugelassen zu exerzieren, sonder vielmehr offentlich am tage, das wir in uraltem unnd weit über menschen gedenken herbrachten gebrauch allezeit gewesen und noch sein, die frembde außlendische Geistliche Jurisdiction, in diesen unnd dergleichen anderen fellen, in unserem Fürstenthumben nit zu gestatten, sonder außzukheren und außzuhalten, ingestalt auch solche herkhomen unnd gebrauch in des heiligen Reichs Religionsfridden fundiert. Demnach ercleren wir unns hiemit offentlich und bedencklich, das wir in obg. Vermeinte hiebefür durch unsere Voreltern unnd folgend durch unns hochstraffliche verbottene Insinuation angeregtes Geistlichen Mandats unnd seinem Inhalt einichssins zu bewilligen oder zugeheben unnd demselbigen statzugeben mit nichten, dan vielmehr abzuschaffen unnd zu caßieren gemeindt sein, wie auch wir solches hiemit caßiert und abgeschafft haben, unnd unns also bei obgerürtem uraltem herkhomen unnd gebrauch handhaben und denselbigen continuieren wollen. Bevelhen darbeneden hiemit allen unnd yeden unnserer Unterthanen, Geistlichen und Weltlichen, was standts, wesenns und namens die auch seien, sembtlichen und einem Jeden insonderheit bei vermeidung unnserer ungnaden, vorgerürtem nichtigen unnd widderrechtlichen, zudem obangezogener unser Hoch- Ober- unnd gerechtigkeit herkhomen unnd gebrauch, als unser Landen Freiheit, altherkhomen und Privilegien ungemäßen und ganz widrigen vermeinten nichtigen Geistlichen Mandat keineswegs zu gehorsamen unnd statzugeben, wie gleichfalls unnseren Ambtleuten, Bevelhabern, Vogten, Richtern, Schultheißen, Botten unnd dergleichen allen andern ganz ernstlichen daran zu sein, das angeregtem Geistlichen Mandat unnd deßen Inhalt kein gehorsam noch volg geleistet, auch deßfalls einicher außwendiger Geistlicher Jurisdiction nebung und Execution derselbigen in unnseren gebieten nit geduldet noch gestattet werde, auch acht zu haben, ob Jemand dyßfalls einiche fernere Process verkhündigen oder sonsten in unnseren vermög mehrgemelten vermeinten Geistlichen Mandats Ichtwas vornehmen oder sonsten Execution zu thun understehen wollte, solches abzukheren crafft unserer vorgemelter diesfals publicirten Evicten unnd bevelhen ernistlichen einzusehen, das denselbigen gemeeß gelebt allerdingen zu verschaffen, auch was derohalben vorlauffen thuet unnd sich zuträgt unns zu erkennen zu geben, die fernere notturft dargegen vorzunehmen, jedoch gegen die so bereit obgmltr. Unnserer Landen freiheit, altherkhomen unnd Privilegium, auch unsere von alters hergebrachte hoch- und gerechtigkeit violijrt und verbrochen, gebürtliche straff hiedurch unbegeben. Versehen unns also unnachleßigh. Urkhund unseres hievorgesetzten Secret-Siegels. Geben zu Düsseldorf am zehnten Decembris Anno etc. Neuntzig unnd eins. (S.) [Unterschrift fehlt.] [Schaumburg]

Originalbrief auf Deutsch. - Edition bei: Schaumburg, Gerresheim, S.65ff, Anl.F.