Quellen zur Geschichte Gerresheims

1594 April 6:

Urkunde Papst Clemens' VIII.

Der knapp zehn Jahre dauernde Streit um die ständische Orientierung der Gerresheimer Kommunität endete im Jahr 1594 mit der Anerkennung der neuen ständischen Ordnung durch Papst Clemens VIII. (1592-1605).

Zur zukünftigen Erinnerung der Sache. Wir haben von der weltlichen Kollegiatkirche des heiligen Märtyrers Hippolyt in Gerresheim in der Kölner Diözese erfahren, in der außer der Äbtissin zurzeit auch die geliebten Töchter in Christus, die Kanonissen, die von der Gründung an aus gräflichem Geschlecht sein müssen, leben und auch nicht wenige Kanoniker Kanonikat und Pfründe haben und diese zusammen mit der Äbtissin und den vorgenannten Kanonissen das Kapitel ausmachen. Vor vielen Jahren war es wegen der fehlenden Fürsorge der damaligen Äbtissin zu schlechten Gewohnheiten und zu die Regel verletzenden Verstößen und vielen Unterlassungen gekommen, an denen, falls sie nicht beachtet und mit entsprechenden Maßnahmen beantwortet worden wären, ohne Zweifel die Stiftung jener Kirche und des Kapitels dem Untergang preisgegeben wäre, weil insbesondere keine Kanonissen vorhanden waren, die Verwaltung jener Abtei und der Ämter Laien anvertraut war und der Gottesdienst nicht wie erforderlich durchgeführt und oft unterlassen worden war, alle Güter der Kirche, sowohl die geistlichen als auch die weltlichen, von Tag zu Tag abnahmen und zusammensanken. Weil Wilhelm, einst Herzog von Kleve und ? wie erklärt wird ? [zweiter] Gründer dieser Kirche begehrte, gegen die Missstände anzugehen, den Gottesdienst in der besagten Kirche zu erneuern und diese zum früheren Glanz zurückzuführen, übertrug er eine gewisse Margarethe von Loe, damals Äbtissin der Kirche St. Quirin in Neuss, mit nicht wenigen Kanonissen, die, wenn sie auch nicht von Grafen abstammen, wie es von der Gründung der Kirche an gefordert wurde, doch aus adligem Geschlecht abstammten und denen es nicht erlaubt war, wegen eines kriegerischen Ansturms und wegen der Zerrüttung des Stifts dort zu bleiben, auf die erstgenannte Kirche und ordnete der damaligen Äbtissin der erstgenannten Kirche eine angemessene Pension zu, von der sie leben konnte. Es wollte aber derselbe Herzog Wilhelm, dass die gräflichen Jungfrauen, die in der erstgenannten Kirche in Zukunft aufgenommen zu werden begehrten, wenn sie dazu geeignet waren, nicht ihrer Vorrechte beraubt, sondern mit den adligen Jungfrauen vermischt geduldet werden. Diese Übertragung prüften und befestigten der Gesandte des apostolischen Stuhls, der sich damals in jenen Gebieten [des Niederrheins] aufhielt, und der ehrwürdige Bruder, der Kölner Erzbischof, der bei ihnen [den Stiftsfrauen] war, wie in verschiedenen Schriftstücken darüber ausführlicher berichtet wird. Weil aber der jetzige Herzog Johannes von Kleve begehrte, die Übertragung und das andere Vorausgeschickte durch apostolische Autorität zu befestigen und zu prüfen, erfüllen wir dessen Wünsche in dieser Hinsicht, neigen den uns unterbreiteten Bitten darüber hinaus zu und versichern und prüfen durch päpstliche Autorität gemäß dem Vorliegenden die Übertragung und das andere Vorausgeschickte; und wir fügen jenem die Bekräftigung der apostolischen Festigkeit hinzu und ergänzen alles und jedes sowohl an Rechten als auch an Fehlendem, wofür sie einschreiten könnten. Und nichtsdestoweniger übertragen wir die Kanonissen, die ? wie gesagt ? übergesiedelt sind von der Kirche St. Quirin zur erstgenannten Kirche, von Neuem und entscheiden, dass die, die übergesiedelt sind, darüber hinaus nicht belästigt, gestört oder bedrängt werden und im Übrigen auch die Jungfrauen aus adligem Geschlecht, soweit sie geeignet sind, als Kanonissen der erstgenannten Kirche aufgenommen werden können und müssen und dass nicht zuletzt das, was gegen diese von irgendeiner Autorität wissentlich oder unwissentlich eingewendet wird, vergeblich und ohne Wert ist. Dem stehen nicht entgegen die apostolischen Beschlüsse und Einrichtungen und nicht zuletzt [die Einrichtungen] der erstgenannten Kirche und der Kirche St. Quirin, auch nicht bekräftigte Festsetzungen und Gewohnheiten und nicht andere entgegenstehende Sachverhalte gemäß der beeideten apostolischen Versicherung und Befestigung. Durch das Vorliegende zielen wir aber nicht darauf, die Lebensweise der besagten Kanonissen irgendwie zu billigen.

Gegeben in Rom in St. Peter unter dem Siegelring des Fischers am Tag des 6. April 1594, im dritten Jahr unseres Pontifikats. [Unterschrift:] M. Vestius Barbianus. [Buhlmann]

Originalbrief auf Latein. - Schaumburg, Gerresheim, S.68ff, Anl.G.