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Ruhrgebiet, Niederrhein, Westfalen
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Gerresheim

I. Anfänge. Die Gerresheimer Frauengemeinschaft St. Hippolyt hatte am Ende des Mittelalters eine bewegte Geschichte hinter sich. Begonnen hatte es als eine Stiftung des fränkischen Adligen Gerrich gegen Ende des 9. Jahrhunderts, dann kamen der Überfall der Ungarn auf Gerresheim (wahrscheinlich 919) und der Übergang der eigenkirchlichen Einrichtung an den Kölner Erzbischof (922), schließlich die mühsame Zeit der Konsolidierung und des Wiederaufbaus, die mit der Weihe einer neuen Kirche (970) und der Bestätigung des Gerresheimer Zolls (977) durch Kaiser Otto II. (973-983) ihren vorläufigen Abschluss fand. Im 11. Jahrhundert war die Kommunität zeitweise (?) - unter Äbtissin Theophanu (1039-1058) - mit der Frauengemeinschaft in Essen verbunden gewesen, doch fehlen genauere Angaben. Lediglich eine Notiz, die als Zusatz zum berühmten Theophanu-Testament interpretiert werden kann, weist Entsprechendes aus.

II. Hohes Mittelalter. Auch Verbindungen Gerresheims zur Frauengemeinschaft St. Ursula vor den Toren Kölns hat es bis zum hohen Mittelalter gegeben; die Kölner Einrichtung war ja nach der Flucht der Gerresheimer Sanktimonialen infolge der Ungarnkatastrophe entstanden. Für das 12. Jahrhundert findet sich mit Heizzecha eine Äbtissin, die als Leiterin von St. Hippolyt und St. Ursula beim Kölner Erzbischof Beschwerde wegen der Übergriffe der Gerresheimer Vögte führte (1107). Die Gerresheimer Äbtissin Hadwig von Wied (ab 1150) war Leiterin der Essener Frauengemeinschaft (1150-vor 1176?) und gründete an der von ihrem Bruder, dem Kölner Erzbischof Arnold II. (1151-1156), gestifteten Kapelle von Schwarzrheindorf eine Frauenkommunität.

Das hohe Mittelalter sah eine wirtschaftlich und religiös stabile Gemeinschaft, wie sie sich in dem auf Veranlassung von Äbtissin Guda (1212-1232) niedergeschriebenen Urbar niederschlägt. Ob der berühmte Zisterziensermönch Caesarius von Heisterbach (*1180-†1240) in seinen Wundergeschichten Gerresheim erwähnt, ist zweifelhaft. Aus der Zeit um 1030/40 stammt ein ottonisches Evangeliar, der "Hidda-Codex", aus der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts ein liturgischer Ordo.

Fotos: Michael Buhlmann (Gerresheimer Basilika, westliches Eingangsportal)

III. Späteres Mittelalter. Im 13. Jahrhundert geriet das von den bergischen Grafen bevogtete Frauenstift zunehmend in Abhängigkeit dieser weltlichen Territorialherren, Frauengemeinschaft und Grundherrschaft Gerresheim wurden zu einem Bestandteil der bergischen Landesherrschaft. Parallel dazu entwickelte sich aus Gerresheimer Markt und Zollstelle eine Kaufleute- und Handwerkersiedlung, die 1368 zur (bergischen Land-) Stadt erhoben wurde und zunehmend das Stift an den Rand drängte. Die Gerresheimer Geschichte des ausgehenden Mittelalters und der beginnenden frühen Neuzeit ist daher überwiegend eine städtische, wie der Bau der Stadtmauer (15. Jahrhundert, 1. Drittel), der städtische Katharinenkonvent (vor 1450), der Quadenhof als Offenhaus des Herzogs von Jülich-Berg (1459) oder die städtische Polizeiordnung von 1561 zeigen.

IV. Frühe Neuzeit. Mindestens seit dem späteren Mittelalter war das Gerresheimer Stift eine Gemeinschaft, in der nur hochadlige Frauen ihre Heimat fanden. Im Zusammenhang mit dem Übertritt des Kölner Erzbischofs Gebhard Truchseß von Waldburg (1577-1583) zum evangelischen Glauben (1582), der Heirat Gebhards mit der Gerresheimer Stiftsfrau Agnes von Mansfeld und dem Truchsessischen Krieg zogen aber die obdachlos gewordenen Sanktimonialen des Neusser Stifts St. Quirin mit Unterstützung des bergischen Landesherrn und gegen den Widerstand der Gerresheimer Stiftsinsassen in Gerresheim ein (1585). Aus dem Gerresheimer hochadligen Institut entstand damit eine Gemeinschaft, die auch für Frauen aus dem niederen Adel offen war.

Über die Verhältnisse im Stift während des 17. und 18. Jahrhunderts ist wenig bekannt. Die Frauengemeinschaft in Gerresheim ist 1803 aufgehoben worden, bis 1828 bestand an ihrer Stelle eine Versorgungsanstalt für Beamtentöchter, die ehemalige Stiftskirche wurde Kirche der Pfarrei Gerresheim.

Fotos: Michael Buhlmann (Ostflügel der ehemaligen Frauengemeinschaft, Denkmal des heiligen Hippolyt)

Literaturverzeichnis: Below, Georg von, Zur Geschichte von Gerresheim im 16. Jahrhundert, in: DJb 7 (1893), S.201-206; Dresen, Arnold, Die Feier der Hochfeste in der Stiftskirche zu Gerresheim, in: AHVN 115 (1929), S.205-219; Gerresheim 870-1970. Beiträge zur Orts- und Kunstgeschichte, hg. v. Hugo Weidenhaupt, Düsseldorf 1970; Gerresheim, bearb. v. Hugo Weidenhaupt, in: Handbuch der historischen Stätten Deutschlands, Bd.III: Nordrhein-Westfalen (= Kröner Taschenausgabe 273), Stuttgart 1970, S.253; Weidenhaupt, Hugo, Das Kanonissenstift Gerresheim 870-1400, in: DJb 46 (1954), S.1-120; Weidenhaupt, Hugo, Aus Düsseldorfs Vergangenheit. Aufsätze aus vier Jahrzehnten, Düsseldorf 1988; Weidenhaupt, Hugo (Bearb.), Gerresheim (= Rheinischer Städteatlas 59), Köln-Bonn 1995.

Texte/Publikationen (Geschichte)

Quellen zur Geschichte Gerresheims