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Ruhrgebiet, Niederrhein, Westfalen
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Kaiserswerth

I. Frühes Mittelalter. Gegen Ende des 7. Jahrhunderts gründete der angelsächsische Missionar Suitbert (†713) ein Kloster auf einer Rheininsel am Niederrhein; der Ort wurde "Werth" (für "Insel"), später Kaiserswerth genannt. Erst aus dem letzten Viertel des 9. Jahrhunderts sind dann zwei Immunitätsprivilegien ostfränkischer Herrscher überliefert, die eine enge Beziehung der Rheininsel zum Königtum anzeigen. Zu Beginn des 10. Jahrhunderts stand Konrad, der spätere ostfränkische König (911-918), als Laienabt der geistlichen Gemeinschaft in Kaiserswerth vor. Um 1016 an die lothringischen Pfalzgrafen vergeben, gelangte die Rheininsel etwa 1045 wieder an das (salische) Königtum. Die Könige Heinrich III. (1039-1056) und Heinrich IV. (1056-1106) hielten in der dortigen Pfalz Hof, der damals noch unmündige Heinrich IV. wurde hier von Erzbischof Anno II. von Köln (1056-1075) entführt (1062). In dieser Zeit war die geistliche Kommunität in Kaiserswerth eine als Pfalzstift organisierte Kanonikergemeinschaft.

Fotos: Michael Buhlmann (ehemalige Stiftskirche)

II. Kaiserswerth zur Stauferzeit. Mit König Konrad III. (1138-1152) setzten die Beziehungen Kaiserswerths zu den staufischen Herrschern ein. Konrad stellte die Königsleute, die königlichen Kaufleute und die Stiftsleute in Kaiserswerth unter seinen Schutz (1145), sein Nachfolger Friedrich I. Barbarossa (1152-1190) verlegte die Zollstelle vom niederländischen Tiel auf die Rheininsel (vor 1174), wo er die auch heute immer noch beeindruckende staufische Pfalzanlage aufführen ließ. Die Pfalz war am Ende des 12. und in der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts Zentrum einer staufischen Prokuration, die Reichsbesitz und königliche Rechte der Umgebung zusammenfasste. Als wichtige Festung am Niederrhein blieb Kaiserswerth auch nicht von Belagerungen verschont (1215, 1247/48), während sich im Schatten von Pfalz und Stift eine Stadt mit durchaus reichsstädtischem Charakter entwickelte. Der 1248/49 von Burggraf Gernand II. (1245/49-1271) vollzogenen Übergabe Kaiserswerths an König Wilhelm von Holland (1247-1256) folgte die Verpfändung bzw. Übergabe von Reichsbesitz, Pfalz und Zoll an die Grafen von Berg bzw. die Kölner Erzbischöfe.

Fotos: Michael Buhlmann (staufische Kaiserpfalz)

III. Spätes Mittelalter. Die Pfandschaften von Burg und Stadt Kaiserswerth (samt Zoll und Reichseinkünften) wechselten, bis mit der Übertragung Kaiserswerths an den Grafen von Jülich im Jahre 1302 jeglicher Einfluss des deutschen Königtums auf den Pfalzort am Rhein verschwand. 1386 gelangte das verpfändete Kaiserswerth an den Pfalzgrafen, 1399 an die Grafen von Kleve, die 1424 die Pfandschaft an den Kölner Erzbischof verkauften. Zur inneren Entwicklung Kaiserswerths im späten Mittelalter ist zu sagen, dass sich im 13. Jahrhundert gegen das Kanonikerstift eine Bürgergemeinde mit einem Rat (1279, 1284-1286) etablierte. Ab 1335 sind Bürgermeister überliefert, im 14. und 15. Jahrhundert stellt sich Kaiserswerth als ein Ort dar, in dem eine, auch mit dem Stift verbundene Kaufleuteschaft als Oberschicht wirtschaftlich (über Wein-, Obst- und Kalkhandel) und politisch das städtische Leben dominierte. Daneben gab es die Mittelschicht der selbstständigen Handwerker und die Unterschicht der in abhängiger Stellung Arbeitenden.

IV. Neuzeit. In der frühen Neuzeit war Kaiserswerth eine Stadt in der Landesherrschaft der Kölner Erzbischöfe und Kurfürsten und wurde als Festung ausgebaut. Mehrmals wurde der Ort belagert (u.a. 1689 und 1702). Gegen Ende der frühen Neuzeit kam die Stadt in Vollziehung eines Urteils des Speyerer Reichskammergerichts an den kurpfäzischen Territorialkomplex an Nieder- und Mittelrhein (1768). 1803/04 wurde das Kanonikerstift säkularisiert. Im Gefolge der Französischen Revolution (1789) erlebte das Rheinland damals einen vielfältigen Wandel. Kaiserswerth geriet 1808 bis 1813 unter französische Herrschaft und wurde als Mairie (Bürgermeisterei) organisiert. 1815 ist der Ort dann eine preußische Stadt geworden, Teil des Düsseldorfer Landkreises in der Provinz Cleve-Berg. Wirtschaftliche Veränderungen wie der Wegfall des Treidelverkehrs auf dem Rhein trafen Kaiserswerth schwer; doch es gab auch Neuanfänge, u.a. in der Person des Bürgermeisters Johann Joseph Rottlaender (1833-1852) und des evangelischen Pastors Theodor Fliedner (*1800-†1864). Diakoniewerk und Frühindustrialisierung prägten nun den Ort. 1929 ist Kaiserswerth nach Düsseldorf eingemeindet worden und seither Stadtteil einer Großstadt.

Literaturverzeichnis: Burghard, Hermann, Kaiserswerth im späten Mittelalter. Personen-, wirtschafts- und sozialgeschichtliche Untersuchungen zur Geschichte einer niederrheinischen Kleinstadt (= Veröffentlichungen des Landschaftsverbands Rheinland), Köln 1994; Dresen, A[rnold], Beda Venerabilis und der älteste Name von Kaiserswerth, in: DJb 28 (1916), S.211-218; Großmann, Dieter, Hanc templi partem Gernandvs reparat. Zur Baugeschichte der Stiftskirche in Kaiserswerth, in: Wallraff-Richartz-Jahrbuch 46 (1985), S.367-375; Heck, Karl, Geschichte von Kaiserswerth. Chronik der Stadt, des Stiftes und der Burg mit Berücksichtigung der näheren Umgebung, Düsseldorf 2.Aufl. 1925; Kaiser, Reinhold (Bearb.), Kaiserswerth (= Rheinischer Städteatlas, Nr.46), Köln-Bonn 1985; Kelleter, Heinrich (Bearb.), Urkundenbuch des Stiftes Kaiserswerth (= Urkundenbücher der geistlichen Stiftungen des Niederrheins, Bd.1), Bonn 1904; Lorenz, Sönke, Kaiserswerth im Mittelalter. Genese, Struktur und Organisation königlicher Herrschaft am Niederrhein (= Studia humanoria, Bd.23), Düsseldorf 1993; Pagenstecher, Wolfgang, Burggrafen- und Schöffensiegel von Kaiserswerth, in: DJb 44 (1947), S.117-154; Redlich, Otto R., Die Bedeutung von Stift und Burg Kaiserswerth für Kirche und Reich, in: AHVN 115 (1929), S.61-75; Senger, Nicola , St. Suitbert in Kaiserswerth (= Veröffentlichungen der Abteilung Architektur des Kunsthistorischen Instituts der Universität Köln, Nr.69), Köln 1999; Stick, Günther, Das Kollegiatstift St. Suitbert zu Kaiserswerth (von der Gründung bis zum Ausgang des Mittelalters), Diss. Bonn 1955; Vogel, Franz-Josef, Das Romanische Haus in Düsseldorf-Kaiserswerth, Düsseldorf 1998; Zimmermann, Christa-Maria, Stöcker, Hans (Hg.), Kayserswerth. 1300 Jahre Heilige, Kaiser, Reformer, Düsseldorf 2.Aufl. 1981.

Texte/Publikationen (Geschichte)

Quellen zur Kaiserswerther Geschichte (Mittelalter)