Quellen zur Geschichte Gerresheims

905(06) Februar 4:

Übergabe von Hörigen in die Wachszinsigkeit

Die älteste original überlieferte Urkunde der Gerresheimer Frauengemeinschaft vom 4. Februar 905 oder 906 wurde von Everwin und seinen Schwestern Lantswind und Adalburg ausgestellt und behandelt die Ablösung von "Hörigen beiderlei Geschlechts und unseres Eigentums vom Joch der Knechtschaft" und die Übergabe in die sog. Wachszinsigkeit, so "dass von diesem Tag der Übergabe an keiner der nun Wachszinsigen nämlich Dienstbarkeit schuldet, außer dass jeder einzelne soviel wie zwei Pfennige Wachs an die Kirche des heiligen Hippolyt, die in Gerresheim ist, für das Fest jenes zur Beleuchtung zahlt." Wachszinsigkeit bedeutete eine nur maßvolle Abhängigkeit, die mit einem jährlich abzuführenden Wachszins, einer Todfallabgabe (Besthaupt, Bestkleid, Kurmede) und einer hier allerdings nicht erwähnten Heiratsabgabe (Buteil) verknüpft war. Sie band die Abhängigen somit kirchlich-ideell an das Stift und dessen Patron Hippolyt. Inwieweit es Bindungen der stiftischen Hintersassen zum Kölner Erzbischof gegeben hat - wie es die Urkunde andeutet -, bleibt allerdings unklar.

(C.) Wer die Schuld, die Fesselung und die Dienstbarkeit aufhebt, erhofft sich zuversichtlich in Zukunft den Lohn bei Gott. Deshalb haben im Namen des Herrn wir - ich, Everwin, zusammen mit meinen Schwestern, der Äbtissin Lantswind und der Adalburg - für das Heil unserer Seelen und der unserer Eltern und für ewigen Lohn die Hörigen beiderlei Geschlechts und unseres Eigentums vom Joch der Knechtschaft aus der öffentlichen Dienstbarkeit losgemacht als Freie; wir wissen auch durch diesen Brief der Ablösung, von dem gegenwärtigen Tag an diese freigelassen zu haben, deren Namen sind: Salafrid mit Frau und seinen Söhnen, auch der Tochter Odokaris; Waltbirin und Alflint; Wendilgart und deren Tochter Frithawar; Brantrud und deren 2 Töchter; Ratburg und Hildiburg; Frithuwi mit ihren Söhnen; Bertheid mit ihren Söhnen; Meginbilt; Gozswint mit ihren Söhnen; Rimburg mit ihren Söhnen; Mareswid mit ihren Söhnen. Durch diese Festlegung [gilt] jedenfalls, dass von diesem Tag an keiner nämlich Dienstbarkeit schuldet, außer dass jeder einzelne soviel wie zwei Pfennige Wachs an die Kirche des heiligen Hippolyt, die in Gerresheim ist, für das Fest jenes zur Beleuchtung zahlt. Sie seien der Schutzgewalt jener Kirche oder dem Priester untergeordnet, der die Verwaltung der Kölner Kirche innehat, und der Herrschaft jener Äbtissin, die den Ort in gegenwärtiger Zeit leitet. Was sie aber an Eigentum haben oder sich von nun an erarbeiten können, besitzen sie selbst. Sie mögen dies besitzen und den Nachkommen gemäß Erbrecht als Besitz hinterlassen mit Ausnahme des Besthauptes entweder beim Vieh oder bei einer beliebigen anderen Sache; dies wird dann als Bestes ausfindig gemacht bei jedem einzelnen, wenn sein Tod bevorsteht, und der Kirche als unsere und auch seine Almosen - wer immer es ist, ob Mann oder Frau - hinterbracht. Wenn irgendwer aber, wovon wir glauben, dass es am wenigsten geschieht, - seien es wir selbst, was den Unsrigen und allen unseren Nachkommen fern sei, oder irgendeine dem entgegenstehende oder von anderswoher kommende Person - gegen diese Urkunde der Freiheit angehen oder diese brechen oder verändern will, verfällt er zuerst dem Zorn des allmächtigen Gottes, dessen Mutter und des heiligen Märtyrers Hippolyt und zahlt überdies gezwungenermaßen eine auferlegte königliche Strafe [in Höhe von] 5 Pfund Gold und 10 Gewichten Silber und ist nicht mehr imstande, das zu vertreten, was er gefordert hat. Aber diese vorliegende Urkunde der Freiheit möge mit stärkender Übereinkunft bestehen bleiben. Öffentlich geschehen in Gerresheim, im 6. Jahr des Königs Ludwig [des Kindes], zur Zeit des Erzbischofs Hermann und der Äbtissin Lantswind; selig im Namen des Herrn. Zeichen des Everwin. Zeichen des Hathager. Zeichen des Ruotbert. Zeichen des Ruothard. Zeichen des Heio. Zeichen des Hermann. Zeichen des Wanbold. Zeichen des Ruotwig. Zeichen [Lücke für Namen]. Zeichen [Lücke für Namen]. Zeichen [Lücke für Namen]. Zeichen [Lücke für Namen]. Zeichen [Lücke für Namen]. Zeichen [Lücke für Namen]. Anstelle des Herirad habe ich, Ruotbraht, im Namen des Herrn diese Freilassungsurkunde geschrieben und unterschrieben. (SR.) [Buhlmann]

Originalurkunde in Latein. Als Original stellt diese Urkunde das erste sichere Zeugnis für die Existenz der Gerresheimer Frauengemeinschaft dar. - RhUB II 179.