Quellen zur Geschichte Gerresheims

[912] August 13, Gerresheim:

Übergabe von Hörigen in die Wachszinsigkeit

Durch Everwin und die Gerresheimer Äbtissin Lantswind (905/06, 912) wurden die Hörigen Salafrid und Liebwi zusammen mit deren Söhnen und Töchtern in die Wachszinsigkeit der Gerresheimer Frauengemeinschaft entlassen.

(C.) Wer die Schuld, die Fesselung und die Dienstbarkeit aufhebt, erhofft sich zuversichtlich in Zukunft den Lohn bei Gott. Deshalb haben im Namen des Herrn wir - Everwin und meine Schwester Lantswind - von unseren [Leuten] einen Frommen und Treuen ausgeschaut und haben den uns treuen Knecht, einen Einheimischen mit Namen Salafrid, und dessen Frau mit Namen Liebwi mit den Söhnen und Töchtern für das Heil unserer Seele und der unserer Nachkommen und für ewigen Lohn vom Joch der Knechtschaft und von öffentlicher Leistung frei entbunden, gleichwie wir mit dieser Urkunde die Freilassung vom jetzigen Tag an durchgeführt haben. Besonders durch die Übereinkunft, dass von diesem Tag an keiner irgendeinen Dienst schuldet, mögen sie - eine Kleinigkeit ausgenommen - gehen, fortgehen und durch die offenen Tore ein- und austreten, durch kein Hindernis abgehalten. Sie wollen aber lieber die Schutzgewalt oder den Schutz der Kirche Gottes und des heiligen Märtyrers Christi Hippolyt oder die Obhut jenes Herrn [Everwin] oder der Herrin [Lantswind]. Wegen dem Teil der Vereinbarung, dass zu den einzelnen Jahren an die oben genannte Kirche des heiligen Hippolyt jeder einzelne derjenigen zum Fest des Märtyrers zwei Pfennige Wachs zu zahlen hat, geben sie nichts mehr vom geringen Eigentum und befleißigen sich nach dem Tod eines einzelnen derjenigen - eine Kleinigkeit ausgenommen - das, was sie als bestes haben an Pferden oder Kühen oder Schweinen oder an anderen Dingen, abzugeben. Im Übrigen haben sie die Freiheit zu geben, zu kaufen und zu tauschen, entweder zum Guten oder zum Schlechten. Wenn irgendwer aber, wovon wir nicht glauben, dass es geschieht, - seien es wir selbst, was fern sei, oder einer unserer Erben oder irgendeine dem entgegenstehende oder von anderswoher kommende Person - gegen diese Urkunde der Freiheit angehen oder diese brechen oder verändern will, verfällt sie zuerst dem Zorn des allmächtigen Gottes, dessen Mutter und des heiligen Märtyrers Hippolyt und löst dies - zu 3 Pfund Gold und 4 Gewichten Silber [Zahlung] gezwungen - überdies auch gegenüber der in Anspruch genommenen, teilnehmenden Staatskasse aus und ist nicht [mehr] imstande, [das] zu vertreten, was er gefordert hat. Indes möge diese vorliegende Urkunde der Freiheit mit stärkender Übereinkunft bestehen bleiben. Öffentlich geschehen zu Gerresheim, am Tag der Iden des August [13.8.], im 1. Jahr des erlauchtesten Königs Karl. Zeichen des Everwin und der Lantswind; im Namen des Herrn selig. Zeichen des Walfried. Zeichen des Hathager. Zeichen des Ruotbert. Zeichen des Reginbernu. Zeichen des Ruothard. Zeichen des Heio. Zeichen des Hermann. Zeichen des Ruotwig. Zeichen des Wanbold. Zeichen des Sigibert. Zeichen des Wilhelm. Zeichen des Immo. Zeichen des Hildebold. [Buhlmann]

Originalurkunde in Latein. Auf Grund der Zeugenlisten in den Gerresheimer Urkunden zu 905/06 und 922 und deren weitgehender Übereinstimmung mit der Zeugenliste dieser Urkunde können wir das in der Quelle auftauchende "1. Jahr des erlauchtesten Königs Karl" auf die Regierungsjahre des westfränkischen Königs Karls III. "des Einfältigen" (898/911-923) beziehen und damit die Urkunde auf das Jahr 912 datieren. Hintergrund der westfränkischen Herrschaft im Gebiet zwischen Rhein, Ruhr und Wupper waren die schon erwähnten karolingischen Reichsteilungen. Nach der Wahl des ersten nichtkarolingischen Königs Konrad I. (911-918) trennte sich bekanntlich Lothringen von Ostfranken und war bis 925 westfränkisch. Auch das rechtsrheinische, fränkische Gebiet (bis zur fränkisch-sächsichen Grenzzone), der politische Bezirk der sog. Duisburg-Kaiserswerther Grafschaft, gehörte daher zum Herrschaftsbreich Karls "des Einfältigen"; dies wird bestätigt auch durch einen Aufenthalt Karls in Duisburg im Jahr 922. - NrhUB I 73 (mit falscher Datierung); RhUB II 180.