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St. Georgener Handschriften

in der Badischen Landesbibiliothek Karlsruhe

Codex St. Georgen Nr. 5

Ein Antiphonarium cisterciense ist das aus der Bibliothek des Villinger Georgsklosters stammende Wonnentaler Antiphonar, das auf die 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts datiert wird. Die Handschrift wurde irgendwo im Breisgau wahrscheinlich für den Zisterzienserinnenkonvent Wonnental geschrieben. Letzterer, zunächst (1220/30er-Jahre) beheimatet bei der Männerzisterze Tennenbach, dann ab spätestens 1248 in Wonnental bei Kenzingen ansässig, wurde von den Markgrafen von Hachberg und den Herren von Geroldseck unterstützt. Die Nonnengemeinschaft war Hauskloster der Herren von Üsenberg. Eingegliedert in den Zisterzienserorden wurde der Frauenkonvent endgültig im Jahr 1262, Vaterabt war der Tennenbacher Klosterleiter. Das 14. Jahrhundert steht für die Blütezeit des Klosters, das umfangreichen Grundbesitz mit daraus resultierenden Einnahmen besaß. Wirtschaftliche Schwierigkeiten im 15. Jahrhundert leiteten den Niedergang des Konvents ein, die Kriege des 17. Jahrhunderts verschonten das Kloster nicht. Die Zisterze wurde 1806 säkularisiert und badisch.

Das eben erwähnte Chorgesangbuch stammt damit aus der wirtschaftlich und geistig-religiös so erfolgreichen Blütezeit des Klosters Wonnental. Das Antiphonar führt die für die kirchliche Liturgie so wichtigen, lateinischen Wechselgesänge des Chorgebetes auf, wobei die zeitliche Anordnung der Gesänge sich nach der Liturgie des Kirchenjahres richtet. Auf 260 Pergamentblättern enthält die Handschrift zahlreiche ornamentale Initialen sowie figürliche Anfangsbuchstaben und Randillustrationen. Zierbuchstaben und Miniaturen zeigen sich besonders eindrucksvoll auf der Handschriftenseite, die dem Fest der heiligen Agnes (am 21. Januar) gewidmet ist. Die dort dargestellten Figuren zeigen in der Manier der Skulpturen der Turmvorhalle und des Westportals des Freiburger Münsters Agnes und Christus im Gespräch bzw. gemeinsam und umschlungen auf dem himmlischen Thron. Die Innigkeit zwischen Christus und der Heiligen wird dabei durch die intensive Farbgebung der Szenen noch gesteigert.

Literatur, Abkürzungen: Buhlmann, M., Die mittelalterlichen Handschriften des Villinger Klosters St. Georgen (= Vertex Alemanniae, H.27), St. Georgen 2006, S.23f; r = recto; v = verso.

Bearbeiter: Michael Buhlmann