Lexikonartikel: Bildung, Buch, Wissenschaft

Bildung, Buch, Wissenschaft

Jegliche klösterliche Bildung im früheren Mittelalter basierte auf den aus der Antike überlieferten artes liberales, den „(sieben) freien Künsten“, also dem Trivium („Dreiweg“), bestehend aus: Grammatik, Dialektik (Logik) und Rhetorik, und dem Quadrivium („Vierweg“), bestehend aus den mathematischen Wissenschaften Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Musik. Dem Novizen oder Mönch oblag in der Klosterschule zunächst (und z.g.T. einzig) der Erwerb der lateinischen Sprache, der Bildungssprache und Sprache der Liturgie im Mittelalter; alle Gesänge und Gebete waren auf Latein, ebenso die Bibel (Vulgata), die Schriften der Kirchenväter, die meisten der Aufzeichnungen des Klosters von der Geschichtsschreibung bis zu den Heberegistern. Die Bildung der Mönche basierte auf den Büchern, dem „geistigen Schatz“ des Klosters. Im Skriptorium wurden lateinische Bücher abgeschrieben, die Bibliothek bestand aus wenigen bis einigen in Latein verfassten Codices, die man mitunter auch anderswo erworben hatte, Tischlesungen und die Verpflichtung der Mönche, etwa während der Fastenzeit zu lesen, gehörten zum monastischen Alltag. Dass es daneben auch alt- und mittelhochdeutsche Glossen und Werke gab wie etwa die Notkers des Deutschen (*ca.950-†1022) aus St. Gallen, soll nicht verschwiegen werden. Lateinische Geschichtsschreibung war jedenfalls in den Schwarzwaldklöstern zuhause. Erinnert sei an die Chroniken Bernolds von Konstanz (*ca.1050-†1100) und Ottos von St. Blasien (13. Jh., 1. Drittel) an die Gengenbacher oder die St. Georgener Annalen, an die „Hirsauer Annalen“ des Johannes Trithemius (*1462-†1516) am Beginn der frühen Neuzeit. Auch Nonnen haben Latein lesen und schreiben gelernt, auch sie schrieben Bücher ab und leisteten zusammen mit den Mönchen einen wesentlichen Beitrag zur Bildungs- und Buchkultur des frühen und hohen Mittelalters, auch zur Überlieferung antiker Texte und der Bibel in einem angeblich dunklen Zeitalter.

Dass dieses monastische „Bildungsideal“ nicht zu allen Zeiten auch ideal befolgt wurde, erklärt sich aus dem wirtschaftlichen und geistigen Auf und Ab des benediktinischen Mönchtums im Mittelalter. Klosterreformen brachten Lesen und Schreiben in Erinnerung, Scholastik, Universitäten und Buchdruck traten im späteren Mittelalter neben die monastische Bildung mit seinen Klosterschulen. So entstanden im deutschen Südwesten die Universitäten Heidelberg (1386), Freiburg (1457) und Tübingen (1477), in den Städten gab es zunehmend Stadtschulen mit einer auf Handel und Gewerbe ausgerichteten Ausbildung.

Gleba, Klosterleben, S.92-98; HbBWG 1,2, S.108-143; Koch, Artes liberales; LexMA 1, Sp.1058-1063.

Artikel aus: Michael Buhlmann, Benediktinisches Mönchtum im mittelalterlichen Schwarzwald (= Vertex Alemanniae, Heft 10/1-2), St. Georgen 2004

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