Lexikonartikel: Vogt, Vogtei

Vogt, Vogtei

Der Vogt war im Mittelalter der Schutzherr einer geistlichen Kommunität oder eines Klosters. Da Abt und Mönche nach Bibel und Kirchenvätern nicht das weltliche Schwert führen durften, brauchten sie für ihre weltlichen, auch rechtlichen Belange einen Vertreter, eben den Vogt, der dafür Abgaben und Gerichtseinnahmen erhielt. Bei Reichsklöstern war die Vogtei mit dem Sonderrechtsbezirk der Immunität und dem Königsschutz verbunden. Da Schutz aber auch immer Herrschaft bedeutete, denn nur ein Mächtiger konnte dem Kloster und dessen Besitz wirklich Schutz bieten, kamen (mitunter massive) Einmischungen des Vogts in innere und äußere Angelegenheiten der Mönchsgemeinschaft vor. Dagegen wandte sich die hochmittelalterliche Kirche mit ihrer Forderung nach der „Freiheit der Kirche“. Doch stand der damals propagierten freien Vogtwahl oder Vogtlosigkeit der Klöster ein zunehmender Territorialisierungsprozess bei den entstehenden Landesherrschaften entgegen. Schutz und Schirm über die Mönchsgemeinschaften ergänzten oder ersetzten nun das nicht mehr zeitgemäße Rechtsinstitut der Vogtei, viele Klöster wurden bei Landsässigkeit und Landstandschaft Teil der Landesherrschaft des Fürsten oder Grafen, der über die geistliche Kommunität die Vogtei bzw. den Schutz ausübte.

Das Beispiel des mittelalterlichen St. Georgener Klosters mag das Beziehungsgeflecht zwischen Mönchsgemeinschaft und Vogt verdeutlichen: Die Vogtei des 1084/85 gegründeten Klosters stand zunächst der Familie des Klosterstifters Hezelo (†1088) zu, doch wurde Hezelos Sohn Hermann 1094 auf der Reichenau ermordet. In Auseinandersetzung gegen die Herren Ulrich (I., ca.1100-1123) und Ulrich (II., 1123-1152) von Hirrlingen erlangten spätestens 1114 die Zähringerherzöge die St. Georgener Klostervogtei, die – trotz des päpstlich verbrieften Rechts der freien klösterlichen Vogtwahl – erblich in den Händen der Zähringer verblieb. Bei deren Aussterben (1218) kam die Vogtei an die Staufer, ein Privileg Kaiser Friedrichs II. (1212/15-1250) vom Dezember 1245 schränkte die Vogtwahl des Klosters insofern ein, dass nur Angehörige des staufischen Königshauses Vögte sein sollten. Davon unbenommen war die Übergabe der Vogtei als Reichslehen an die Herren von Falkenstein (und Ramstein), die diese bis ins 15. Jahrhundert innehatten. Durch Verkauf der Vogtei an die Grafen von Württemberg und die Herren von Rechberg (1444, 1449), durch Verkauf des Rechberger Anteils an das Herzogtum Württemberg (1532) geriet das Kloster in den Sog der württembergischen Landesherrschaft bis hin zur Landstandschaft und wurde 1536 gewaltsam reformiert. Neben den Klostervögten im Sinne der Inhaber der (Kast-) Vogtei über die Mönchsgemeinschaft als solcher und über das Klostergebiet des späteren Mittelalters gab es (Teil-) Vögte über verschiedene einzelne St. Georgener Besitzungen. Letztere waren ja weit verstreut im deutschen Südwesten und im angrenzenden elsässisch-lothringischen Raum und bedurften von daher des jeweiligen „Schutzes“ von Herrschaftsträgern „vor Ort“. Auch die Schenkung von Gütern war vielfach damit verbunden, dass der Schenkende sich die Vogteirechte über das Schenkungsgut vorbehielt, wie wahrscheinlich beim Wald zwischen Brigach und Schiltach, wo die Ritter von Ramstein im Jahr 1170 ihre Vogtei ausübten.

Buhlmann, Könige in Beziehungen zu St. Georgen, S.29ff; Buhlmann, Päpste in Beziehungen zu St. Georgen, S.19ff; LexMA 8, Sp.1811-1814; Vogtherr, Reichsabteien; Wollasch, Anfänge, S.81-92.

Artikel aus: Michael Buhlmann, Benediktinisches Mönchtum im mittelalterlichen Schwarzwald (= Vertex Alemanniae, Heft 10/1-2), St. Georgen 2004

Artikel schließen