Lexikonartikel: Reichsabtei, Reichsbindung, Reichsunmittelbarkeit

Reichsabtei, Reichsbindung, Reichsunmittelbarkeit

(Benediktinische) Reichsabteien, Reichsklöster waren dem ostfränkisch-deutschen König unterstellte geistliche Kommunitäten, die begabt wurden mit freier Abtswahl, Königsschutz und Immunität (als ein mit einem Vogt verbundenen Sonderrecht) und als Gegenleistung dem König das servitium regis („Königsdienst“, d.h.: Unterbringung und Versorgung des reisenden Königs, Anwesenheit des Abtes bei Hoftagen, Verpflichtung zur Heeresfolge, Gebet der Mönche für den König) zu leisten hatten. Die Reichsabteien waren Teil der ottonisch-salischen Reichskirche, der Abt als Klosterleiter erlangte im Zuge von Investiturstreit und Wormser Konkordat (1075-1122) eine reichsfürstliche Stellung, manche Klöster beherrschten im späten Mittelalter ein reichsunmittelbares Territorium, wobei die Temporalien, das (weltliche) Reichskirchengut, für die Belehnung durch den König eine wichtige Rolle spielten.

In Abgrenzung zu den Reichsklöstern standen die benediktinischen Reformklöster des 11./12. Jh. zunächst nur unter dem Schutz des Papstes. Doch gelang es vielen dieser Klöster wie etwa St. Blasien oder St. Georgen, auch Beziehungen zum deutschen Königtum als „Vogt der Kirche“ aufzubauen (Reichsbindung, relative Reichsunmittelbarkeit). Königliche Privilegierungen, der Besuch von Hoftagen durch den Abt oder die Nennung des Klosters in den Reichsmatrikeln des 15. Jh. gehören hierher. Dass sich bei den Reformklöstern aus dieser Art von Reichsbindung indes keine Reichsunmittelbarkeit und Reichsstandschaft im späten Mittelalter entwickeln konnte, war eine Folge der Klostervogteien, mit denen Adelsfamilien und Territorialherren wie Zähringer oder Habsburger beträchtlichen Einfluss auf die Mönchsgemeinschaften ausüben konnten. Die Reformklöster wurden in die Landsässigkeit und Landstandschaft hinabgedrängt, manche im Rahmen der Reformation aufgehoben.

Buhlmann, Könige in Beziehungen zu St. Georgen; LexMA 7, Sp.783; Stievermann, Landesherrschaft; Vogtherr, Reichsabteien.

Artikel aus: Michael Buhlmann, Benediktinisches Mönchtum im mittelalterlichen Schwarzwald (= Vertex Alemanniae, Heft 10/1-2), St. Georgen 2004

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