Lexikonartikel: St. Blasien

St. Blasien

Über die Frühgeschichte des Klosters St. Blasien besteht Unklarheit. Die cella alba des Hochrheinklosters Rheinau soll im 9. Jh. am Anfang einer Entwicklung hin zum Kloster St. Blasien des 11. Jh. stehen. Demnach muss sich die Zelle im Südschwarzwald (in einem längeren Prozess) von Rheinau gelöst haben. Vielleicht spielte der in der Überlieferung als „Stifter“ bezeichnete (sanctus) Reginbertus (10. Jh.?) eine Rolle, jedenfalls ist mit Werner I. (1045?-1069) erstmals ein Abt von St. Blasien bezeugt. Am 8. Juni 1065 erhielt das Schwarzwaldkloster, das im Übrigen mit der Adelsfamilie um Herzog Rudolf von Rheinfelden (1057-1079) verbunden war, von König Heinrich IV. (1056-1106) ein Immunitätsprivileg, zwischen 1070 und 1073 sind Kontakte zum cluniazensischen Reformkloster Fruttuaria in Oberitalien anzunehmen. Folge dieser Kontakte waren der Anschluss St. Blasiens an die fruttuarische Reformrichtung, die Einführung des Instituts der Laienbrüder (Konversen) und wohl die Gestaltung St. Blasiens als Doppelkloster von Mönchen und Nonnen; die Nonnen sollten dann vor 1117 das Kloster Berau besiedeln. Der Historiograf Bernold von Konstanz (*ca.1050-†1100) stellt St. Blasien neben Hirsau und Allerheiligen als führendes schwäbisches Reformkloster dar. Von St. Blasien sollten u.a. reformiert oder (als Priorat, Propstei) gegründet werden: Muri (1082), Göttweig (1094, Göttweiger Reform), Ochsenhausen (1099), Stein am Rhein (v.1123), Prüm (1132) oder Maursmünster (v.1166). An Kommunitäten im Schwarzwald beeinflusste St. Blasien die Klöster Alpirsbach (1099), Ettenheimmünster (1124) und Sulzburg (ca.1125) sowie seine Propsteien Weitenau (ca.1100), Bürgeln (v.1130) und Sitzenkirch (ca.1130). Eine Liste von Gebetsverbrüderungen, um 1150 erstellt, zeigt die Weitläufigkeit der Beziehungen zwischen St. Blasien und anderen Frauen- und Männerklöstern.

Im Verlauf des 12. Jh. erlahmte indes der Eifer der Schwarzwälder Mönche, die Aktivitäten wurden vom Ausbau einer umfangreichen Grundherrschaft dominiert. Im 14. und 15. Jh. erreichte die Grundherrschaft ihre größte Ausdehnung und erstreckte sich über weite Gebiete des Südschwarzwaldes, unter Einbeziehung der genannten Propsteien sowie des Nonnenklosters Gutnau und der Niederkirchen in Niederrotweil, Schluchsee, Wettelbrunn, Achdorf, Hochemmingen, Todtnau, Efringen, Schönau, Wangen, Plochingen, Nassenbeuren usw. Die Schutzvogtei der Bischöfe von Basel konnte abgeschüttelt werden, wie ein Diplom Kaiser Heinrichs V. (1106-1125) vom 8. Januar 1125 beweist, das dem Kloster Königsschutz und freie Vogtwahl zugestand. In der Folge etablierten sich die Zähringer als Klostervögte, nach deren Aussterben (1218) wurde die Vogtei unter Kaiser Friedrich II. (1212/15-1250) Reichslehen, so dass immerhin eine gewisse Anbindung St. Blasiens an das Reich bestand, ohne dass hier von einem Reichskloster oder von Reichsunmittelbarkeit geredet werden kann. Um die Mitte des 13. Jh. sind die Habsburger als Schutz- und Kastvögte der Mönchsgemeinschaft bezeugt. St. Blasien wurde damit zu einem Bestandteil des vorderösterreichischen Herrschaftsverbands der habsburgischen Herzöge und in der frühen Neuzeit als Landstand vorderösterreichisches Prälatenkloster. Trotzdem gab es auch Beziehungen zum Reich, die damit zusammenhingen, dass das Kloster zwischen 1422 und 1521 in den Reichsmatrikeln geführt wurde und der schwäbische Reichskreis 1549 vergeblich versuchte, St. Blasien als Reichsprälatenkloster einzubinden. Immerhin waren die vier seit dem Ende des 13. Jh. von St. Blasien erworbenen „Reichsherrschaften“ Blumegg, Bettmaringen, Gutenburg und Berauer Berg Ausgangspunkt für die 1609 konstituierte reichsunmittelbare Herrschaft Bonndorf.

St. Blasien, das von der Reformation verschont blieb, ist dann 1806 säkularisiert worden. Von der alten Klosteranlage, die im 18. Jh. barock überbaut wurde, ist nichts vorhanden.

Äbte

Büttner, St. Blasien und Basel; GB V, S.146-160; Jakobs, St. Blasien; HbBWG 2, Sp.537-545; LexMA 8, Sp.1136f; MGH DHIV 154; Ott, St. Blasien im hohen und späten Mittelalter; Ott, Klostergrundherrschaft; Ott, Vogtei; UB StBlasien 18, 125; Wollasch, Muri.

Artikel aus: Michael Buhlmann, Benediktinisches Mönchtum im mittelalterlichen Schwarzwald (= Vertex Alemanniae, Heft 10/1-2), St. Georgen 2004

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