Quellen zur Geschichte Gerresheims

[1212-1232]:

Anordnung Äbtissin Gudas für das Seelenheil verstorbener Stiftspriester

Einblick in die inneren Verhältnisse des Gerresheimer Frauenstifts gibt die folgende Urkunde der Gerresheimer Äbtissin Guda (1212-1232). Guda ist als Organisatorin der Frauengemeinschaft bekannt. Sie veranlasste, ein Heberegister stiftischer Güter und Abgaben zu erstellen, und wahrscheinlich geht auch die Anlage eines liturgischen Ordo auf Guda zurück. Das wirtschaftliche Gedeihen der Gerresheimer Kirche führte wohl auch dazu, daß in der Amtszeit Gudas mit Bau einer neuen, spätromanischen Stiftskirche begonnen werden konnte; die Kirche wurde - einer unbestätigten Überlieferung zufolge - im Jahre 1236 geweiht. Die hier vorliegende Urkunde hat nun eine Anordnung Gudas für das Seelenheil der verstorbenen Stiftspriester zum Inhalt.

Im Namen der heiligen und ungeteilten Dreieinigkeit. Ich, Guda, durch göttliches Mitgefühl so genannte Äbtissin von Gerresheim, allen Getreuen Christi, sowohl den gegenwärtigen als auch den zukünftigen, zu deren Kenntnis dieses Schriftstück gelangen wird, [alles Gute] in Ewigkeit. Es ist fromm und heilbringend für die Seelen, für die nach ihrem Tode Sorge zu tragen, die aus dieser Welt übersiedelten, weil der Trost allein den Toten nach der Frist dieses Lebens als höchstes übrig bleibt. Ich habe also durch die Erforschung des stets wachsamen Geistes den unbeweinten (Todes-) Tag, den Tag des Unheils und des Elends, den großen und bitteren Tag mir sehr vor Augen gehalten und beschlossen, das Andenken unserer priesterlichen Brüder, die in der Kirche des heiligen ruhmvollen Märtyrers Hippolyt dem Herrn dienten, aufzurichten zum Heil dieser Seelen, gleichwie auch die Gewohnheit in anderen und den meisten Kirchen Frommes auferlegt. Also habe ich mich beeilt, den Gedanken dieser Überlegung am heilsamsten zur Ausführung zu bringen und mit gemeinsamem Beschluss der ehrwürdigen Herren Vorsteher des Kölner Kapitels und nicht zuletzt auch durch den Rat des Konvents und des ganzen Kollegiums der Gerresheimer Kirche festgesetzt, dass nach dem Ableben irgendeines Priesters, der in der schon erwähnten Kirche [seinen] Lebensunterhalt verdient hat, die Einkünfte und der Ertrag eines Jahres sowohl von den Äckern als auch von den Zehnten den Beschützern seiner Seele oder den Eltern - teils für seine [eventuell] abzuzahlenden Schulden, teils für das Heil seiner Seele zur Erneuerung - zugewiesen werden. Dem Nachfolger wird einstweilen durch die Verwaltung der tägliche Lebensunterhalt zugeteilt. So ist dies dennoch [unter Berücksichtigung] der unterschiedlichen Bedingungen des Jahres und des Schicksals gänzlich auszuführen, [auch] wenn irgendeiner von jenen Priestern zwischen dem Tag des heiligen Johannes des Täufers [24.6.] und dem nachfolgenden Tag des heiligen Apostels Andreas [30.11.] gestorben ist, [und zwar] mit den Erträgen [aus dem Zeitraum] zwischen den vorher erwähnten Festen und durch die gesammelten Spenden und nicht durch andere Erhebungen. Wenn er aber zwischen dem Tag des heiligen Andreas und dem nachfolgenden Geburtstag des heiligen Johannes des Täufers stirbt oder weggeht, hören dieselben gesammelten Spenden und die Erträge für jenes (Rest-) Jahr völlig auf. Von den vorgenannten und zum Heil der Seele abgestellten Rückstellungen ist eine Mark abzuziehen, von der 9 Schillinge zur Verpflegung des Konvents eingeteilt werden. Für seine Seele werden 3 der nämlichen Schillinge verwendet am Tag seines Todes, 3 am dreißigsten [Tag nach dem Todestag], 3 am Jahrestag, die übrigen 3 aber durch den Küster als Pfründe zur Beleuchtung. Nach dem Fortgang des Priesters aber, der die Sorge in der Pfarre hat und weil er den notwendigen Dienst durch seinen Helfer innehat und auf Grund der Rechenschaft einzig gegenüber dem Erzdiakon gehalten ist, [diesen Dienst] seinem Nachfolger aufzuerlegen, wird einiges noch hinzugefügt, was in diesem Text ausdrücklich gesondert steht: Der dritte Teil der Äcker, der vierte der Zehnten der Häuser im Ort, der Morp [Meures-, Pils- oder Höltersmorp bei Erkrath und Mettmann] genannt wird, die Hälfte im Ort Dellinghausen [bei Gerresheim], die Hälfte in Rotthausen; überdies der Zehnt, der in der Umgebung anfällt und der sich auf die Beleuchtung der Kirche des heiligen Gerrich erstreckt; überdies die Abgaben in Höhe von 18 Schillingen und 6 Pfennigen und die Spenden der ganzen Pfarrei; außerdem die Hühnchen, die abzugeben sind in der Pfarrei, und nicht zuletzt der Zehnt an Lämmern, dargeboten zum Fest der heiligen Walburgis [1.5.] und was von den Nachfolgern der anderen Priester übriggelassen wird. Wer auch immer daher versucht, den Vertrag dieser frömmsten Einrichtung, der festgesetzt ist durch frommen Rat, durch verletzende Verwegenheit für ungültig zu erklären oder missgünstig durch Verleumdung zu verletzen, wird durch die Macht von Jesus Christus und aller Menschen, die gleichwie von Gott die Gewalt zu binden und zu lösen haben, in die Fessel des Banns getan; aber wer sich bemüht, diese Urkunde zu beachten, der wird eingehen in die Gemeinschaft aller Heiligen und die ewige Schönheit der Vergeltung genießen. Damit nicht die Bosheit der Boshaften angreifen kann und damit jedem, der dies befolgt, dies gültig bleibt, möge deshalb diese Wohltat der frommen und freundlich gesinnten Anordnung durch das Anhängen und Befestigen sowohl unseres Siegels als auch [des Siegels] des heiligen Hippolyt, des Schutzherrn der Gerresheimer Kirche, vor Zeugen bekräftigt werden. [Buhlmann]

Lateinische Abschrift des 14. Jahrhunderts. - Kessel, Gerrich, S.189, Nr.IV.