Quellen zur Geschichte Gerresheims

1218:

Erwerb des Gerresheimer Tuchhauses

Zu Beginn des 13. Jahrhunderts machen sich neue Formen des Zusammenlebens in Gerresheim bemerkbar. So erwirbt Äbtissin Guda (1212-1232) "ein Haus, in dem Tuch verkauft wird", was auf jeden Fall Handel und vielleicht auch Tuchherstellung in Gerresheim voraussetzt. Und die nachstehende Urkunde nennt die Gerresheimer "Bürger" (cives) und bezeichnet den Ort als "Stadt" (civitas), wenn auch die Entwicklung bis dahin noch einige Zeit dauern sollte. Die Urkunde lässt aber ebenso die Abhängigkeit der Gerresheimer Einwohner vom Stift und seiner Grundherrschaft erkennen: Angelegenheiten des Zolls wurden vor der Äbtissin geregelt; die Äbtissin setzte den Meier (Schultheißen) des Derner Hofes in "die Verwaltung oder das Gericht der 'Stadt'" ein und bestimmte ihn damit vermutlich zum Vorsteher des (hohen) Schöffengerichts. Der Schultheiß musste "dem Stiftsvogt der Kirche" eine jährliche Abgabe zahlen, ein Hinweis auf das (hohe) Vogtgericht unter Vorsitz des Stiftsvogts, des Grafen von Berg. Daneben - und dies sei hier nur angemerkt - gab es noch auf der Ebene der Fronhofsverfassung ein niederes Vogtgericht, das sich mit der Entfremdung und Vernachlässigung von Hofgütern beschäftigte.

Im Namen der heiligen und ungeteilten Dreieinigkeit. Guda, durch die Gnade Gottes Äbtissin von Gerresheim, allen, die das vorliegende Schriftstück sehen werden, [Grüße] in Ewigkeit. Die furchtbare Verschlagenheit der Unverschämten und das schlüpfrige Gedächtnis der Menschen verdrängt das, was von der Kirche eingerichtet wird; dies muss aber durch einen entsprechenden Schutz abgesichert werden, damit dadurch die Wahrheit der Nachkommenschaft bekannt werden kann und im Gedächtnis der Wissenden nicht verschwindet. Deshalb wollen wir sowohl den Zukünftigen als auch den Gegenwärtigen bekannt machen, dass wir, weil wir ewiges Gedächtnis suchen und im Himmel so großen Lohn erwarten, weder durch Geld bewegt, noch durch Drohungen erschreckt, noch durch die Bitten der Großen oder die Heftigkeit der vielen Freunde von diesem Vorsatz abgebracht werden können, dass wir in Anbetracht der freien Ämter nach dem Tod Heinrichs, der Hac genannt wurde, hinsichtlich des dadurch eingetretenen Mangels unserer Kirche Sorge tragen. Wir haben den Zoll in Gerresheim, der demselben Heinrich gehörte, dem Meier in Dern und seinen Nachfolgern zugestanden, damit sie - gleichwohl gemäß diesem Pachtvertrag - besser dem Konvent dienen können [in der Hinsicht], dass sie am Geburtstag des Herrn [25.12.] dem Konvent 16 Scheffel ausgesuchten Weizens in Gerresheimer Maß abzuleisten haben [und weiter]: Zur Weihe der Kirche dasselbe [29.9.]; zu Ostern dasselbe; am Fest des heiligen Hippolyt [13.8.] dasselbe; an Allerheiligen [1.11.] 6 Scheffel; zu Pfingsten 4; am Fest des heiligen Ägidius [1.9.] 4. Und es wird kein ungerechter Zoll erhoben, und sie haben das zu billigen, was jeweils vor der Äbtissin von den Bürgern [a civibus] durch Festsetzung entschieden wird. Weiter besetzen wir die Verwaltung in Mintard und die Verwaltung oder das Gericht der Stadt [iudicium civitatis] und das Amt für die Wachszinsigen [cerocensualium officium] mit unserem Meier, übrigens unter der verbrieften Bedingung, dass die Häuser der Schwestern und Brüder der Kirche, die innerhalb der Stadt gelegen und persönlich von diesen bewohnt sind, frei sind auf ewig von aller Abgabe und allem Dienst an den Meier. Und Letzterer steht im Gericht in eigener Person vor, ohne dass ein Stellvertreter ihm unterstellt ist, und er wird über alle gerecht richten. Außerdem haben wir an die aufzurichtende Stärke aller zuvor Genannten, aber nicht an die Böswilligen gegen einen Meier, der gute Dienste leistet, verfügt, dass alles vorher Erwähnte, was die Ämter am Ort betrifft, demjenigen gänzlich entzogen wird, wann oder wie auch immer der, der dienen soll, die unten verfügten Bedingungen des Dienstes vernachlässigt. Zahlungsbedingungen sind diese: Am Fest des heiligen Hippolyt überreicht der Schultheiß [scultetus] 6 Mark kölnischer Münze, 4 zu Händen der Äbtissin und 2 dem Küster der Kirche. Am Tag der Bekehrung des heiligen Paulus [25.1.] gibt er 2 Mark und ein Viertel. Zum Geburtstag des heiligen Johannes des Täufers [24.6.] 21 Schillinge. Von diesen geben wir der Kustodin jährlich 6 Schillinge. Ebenso leistet er vom Hof in Mintard zum Fest des heiligen Martin [11.11.] 15 Malter Weizen, vom Roggen 10, vom Hafer 30, von den Erbsen 3, vom Salz 3 [Malter], 6 Gänse, 30 Hühner, 10 Ellen Leinentuch und statt der Schweine 8 Schillinge; zu Quadragesima [Invocavit] 10 Schillinge für die Fische; zum Osterfest 4 Sch. [Schilling]; zu den Bitttagen 4 Sch. für die Schafe. Das Übrige zahlt die dazugehörige Hofgenossenschaft [familia] an uns. Ebenso zahlt der oft genannte Schultheiß für das Gericht jährlich am Fest des Lambertus [17.9.] dem Stiftsvogt der Kirche [maiori advocato ecclesie] eine Mark.

Geschehen ist dies im Jahr der Fleischwerdung des Herrn 1218 mit den Zeugen Hauptdekan Konrad, Propst Philipp von Gräfrath, Hermann von Bürgel und den Rittern Gumpert, Siegfried, Antonius, Craton, Alexander von Linnep, Otto von Linn, dessen Sohn Gerhard, Peter von Undurtens und vielen anderen Menschen guten Leumunds. [Buhlmann]

Lateinische Originalurkunde. - NrhUB II 78.