Rezensionen (Geschichte)
P
P&M = Patristica et Mediaevalia
Pabst, Angela (2003), Die athenische Demokratie (= BSR 2308), München 2003 > A Athenische Demokratie
Pabst, Bernhard (1994), Atomtheorien des lateinischen Mittelalters, Darmstadt 1994, VIII, 373 S., DM 68,-. Der römische Schriftsteller Lukrez (†55 v.Chr.) hatte mit seiner Dichtung De rerum natura ("Über die Natur der Dinge") eine "Welt aus Atomen" beschrieben, die neben der antiken Atomistik allgemein und trotz der damit verbundenen Leugnung Gottes auch das Mittelalter beeinflussen sollte. Isidor von Sevilla (†636) und Beda Venerabilis (†735) erwähnen in ihren Schriften zwar die Atomlehre, doch war in der Folgezeit der Atombegriff eher mit den kleinsten Elementen in Ordnungssystemen wie Zeit (Augenblick), Zahl (Eins) oder Text (Buchstabe) verbunden. Eine physikalische Atomtheorie entwickelte sich wieder in Anschluss an die Aristotelesrezeption des hohen Mittelalters. "Mathematischer Atomismus" beschäftigte sich mit Kontinuitäten und Teilbarkeiten (qualitätslose Atome als kleinste Teilchen), die Frage der Existenz eines Vakuums "zwischen den Atomen" wurde diskutiert. Eine Weiterentwicklung der Atomistik erfolgte dann erst in der frühen Neuzeit. [Buhlmann, 10.2008]
Padova, Thomas de (2013), Leibniz, Newton und die Erfindung der Zeit (= Piper 30628), München 2015, 349 S., Schwarzweißabbildungen, Zeittafeln, € 10,99. Der Engländer Isaac Newton (*1642/43-†1727), Mathematiker, Physiker, Verfasser der Principia über die (Himmels-) Mechanik sowie der Opticks (1704), Abgeordneter im englischen Unterhaus m Gefolge der Glorious Revolution (1688/89), Präsident der Londoner Royal Society (1707) und Aufseher bzw. Direktor der Londoner Münzanstalt (1696), und der Deutsche Gottfried Wilhelm Leibniz (*1646-†1716), Erfinder von mechanische Rechenmaschinen (1672/76; Bitcodierung von Zahlen 1679), Hofbibliothekar im Herzogtum Hannover (1677), Präsident der Berliner Sozietät der Wissenschaften (1700) und Verfasser der Neuen Abhandlungen über den menschlichen Verstand (1705), der Théodicée (1710) und der Monadologie (1712/14), stehen für den Aufbruch der (experimentellen Natur-) Wissenschaft(en) im 17. Jahrhundert. Vor dem Hintergrund von massiven Entwicklungen im Bereich mechanischer Uhren (Pendeluhr, Federuhr [Unruhe], Minuten- und Sekundenzeiger, wahre Sonnenzeit, wahre mechanische Zeit und Zeitgleichung, Längengradbestimmung in der Seefahrt), aber auch vor dem Hintergrund des Streites um die Entdeckung der Differenzial- und Integralrechnung (mathematischer Briefwechsel zwischen Newton und Leibniz 1676, Prioritätsstreit 1711/12) nahmen Newton und Leibniz unterschiedliche Positionen in Bezug auf die Charakterisierung von Zeit ein. Wie insbesondere aus dem Briefwechsel zwischen Leibniz und dem Newtonanhänger Samuel Clarke (1715) hervorgeht, präferierte Newton die Setzung eines absoluten Raumes mit einer ebenso absoluten Zeit (objektives Zeitmaß), während Leibniz die Zeit kausal (aufeinanderfolgend), relational, beobachtbar und daher gedanklich verstand (Kausalstruktur der Welt) und damit abhängig vom Geschehen in der Welt (Raum, Zeit, Materie). Im 18. und 19. Jahrhundert setzte sich in der physikalischen Wissenschaft die newtonsche Idee des absoluten Raums und der absoluten Zeit durch. Die kausale Zeittheorie Leibniz' bildet aber eine Grundlage für die Betrachtung der Raumzeit in der Relativitätstheorie Albert Einsteins (Ursache und Wirkung, "Relativität der Gleichzeitigkeit", Lichtgeschwindigkeit und räumliche Entfernung), die absolute Zeit Newtons ist u.a. die Zeit der Quantenphysik, beide Zeitauffassungen stellen somit unterschiedliche Wahrnehmungen auf die Welt dar. Hinzu kommt die Betrachtungsweise der Zeit als soziale Zeit, als zeitlicher Bezugsrahmen für menschliche Gesellschaften mit ihren (Erinnerungs-) Kulturen (Zeitstandards, Zeitmentalitäten). [Buhlmann, 07.2015]
PAE = Schriften der Pädagogischen Arbeitsstelle für Erwachsenenbildung in Baden-Württemberg
Pätzold, Stefan (2019), Der vergessene Erzbischof? Friedrich I. von Köln (1100-1131), in: AHVN 222 (2019), S.91-140. I. Friedrich entstammte wahrscheinlich dem Adelsgeschlecht der Edelfreien von Schwarzenburg (bei Böhmen) und war ein nachgeborener Sohn Bertholds I. von Schwarzenburg (†v.1104). Für den geistlichen Stand vorgesehen, absolvierte Friedrich eine entsprechende Ausbildung am Bamberger Domkapitel, wo er auch Kanoniker wurde; auch betrieb Friedrich Studien in Frankreich und wechselt als Domkanoniker nach Speyer (v.1097). Nach dem Tod Erzbischof Hermanns III. (1075-1099) wurde Friedrich (I.) als Landfremder durch Wahl zum Kölner Erzbischof (1100-1131) berufen. Als Seelsorger, Priester und Richter war er für geistlichen und weltlichen Belange in der Kölner Diözese und im Kölner Metropolitanverband zuständig, die weltliche Herrschaft war als Regierungsgewalt (iurisdictio) mit Gerichtsbarkeit und Verwaltung verbunden (Straf- und Disziplinargewalt, Diözesansynoden u.a. als Gerichtstage). Ausfluss von Friedrichs Tätigkeit als Erzbischof war die Förderung geistlichen, gerade auch zisterziensischen und prämonstratensischen (Norbert von Xanten) Lebens in der Diözese (Siegburger Propstei auf dem Martinsberg bei Remagen 1110/17, Kanonikerstift Dünnwald ca.1118, Benediktinerinnenkloster Fürstenberg [1119]/44, Kanonikerstift Steinfeld 1121, Zisterzienserkloster Kamp 1122, Siegburger Propstei Zülpich 1124, Benediktinerinnen Kloster Rolandswerth 1126, Prämonstratenserstift Knechtsteden ca.1130). Durchaus als gelehrter Theologe hielt Friedrich anlässlich der Öffnung von Gräbern am Kölner Kanonikerstift St. Gereon am 13. Oktober 1121 eine Predigt über die Märtyrer der Thebäischen Legion; auch initiierte er die Niederschrift des sog. Friedrich-Lektionars mit Hieroynmus-Briefen, in dem er in der Titelminiatur auch abgebildet erscheint (ca.1130). Grundlage der fürstlichen Herrschaft Friedrichs war die über Personen, Besitz und Rechten vermittelte weltliche Herrschaft des Erzbischofs als Herrschaftagglomeration(en). Dabei lassen sich Herrschaftsschwerpunkte festhalten, etwa geistliche Gemeinschaften (Dünnwald, Kamp, Knechtsteden, Rolandswerth u.a.), Burgen (Padberg, Rolandseck, Volmarstein, Wolkenburg), der westfälische Herrschaftsbereich um die erzbischöfliche Pfalz Soest, Städte (Andernach, Bonn, Köln, Soest). Geherrscht wurde durch erzbischöfliche Ministeriale (der familia sancti Petri; Haupthofämter: Kämmerer, Truchsess, Mundschenk, Kölner Vogt, villici, sculteti), ein sich ausformender Kölner Lehnsverband (Herzöge von Limburg und Löwen, rheinische Pfalzgrafen, Grafen/Herren von Are, Arnsberg, Bonn, Cappenberg, Dyck, Gladbach, Heimbach, Heinsberg, Hemersbach, Hochstaden, Isenburg, Jülich, Kenten, Kessel, Kleve, Nörvenich, Odenkirchen, Padberg, Randerath, Tomburg, Wassenberg-Geldern, Wickrath, Zütphen u.a.) umfasste die militia adliger gepanzerter Reiter, Adlige fungierten als Vögte von geistlichen Gemeinschaften. Neben dem im 11. bis 13. Jahrhundert wirksamen weltlichen Herrschaftsinstrument lehnsrechtlicher Beziehungen war das geistliche Priorenkolleg als Schaltstelle der Macht bedeutsam. II. In der Reichspolitik und im Investiturstreit (1075-1122) war der Erzbischof Parteigänger Kaiser Heinrichs IV. (1056-1106), auch als dessen Sohn Heinrich V. (1106-1125) gegen den Vater rebellierte (1104). Erst Anfang 1106 erkannte Friedrich Heinrich V. als Herrscher an; der Kölner Erzbischof war für den jungen König in diplomatischen Missionen (u.a. beim Papst 1109/10) tätig, Friedrich hielt sich oftmals über längere Zeiträume im Gefolge der Herrschers auf, er krönte zudem Heinrichs Verlobte Mathilde in Mainz zur Königin. Friedrich nahm auch am Romzug Heinrichs teil (1111), der bekanntlich mit dessen Kaiserkrönung und der zwischenzeitlichen Niederringung des Reformpapsttums endete. Ab 1112 kam es vermehrt zum Widerstand gegen die Herrschaft des salischen Kaisers (Streitigkeiten mit Graf Rudolf von Stade und Herzog Lothar von Sachsen, Unruhen in Sachsen). Ein misslungener Feldzug Heinrichs V. gegen die Friesen, an dem auch Kölner Truppen unter Friedrich beteilgt waren, soll zum Verwürfnis zwischen Kaiser und Erzbischof geführt haben (1114). 1114 findet sich jedenfalls Friedrich wohl zusammen mit weiteren niederrheinischen Großen (Heinrich von Limburg, Gottfried von Löwen) im Aufstand gegen Heinrich V. (Abwehr von Angriffen des Kaisers gegen Deutz und Köln, Verwüstung von Bonn und Jülich, Niederlage des kaiserlichen Heers bei Andernach); der Aufstand griff auf Sachsen über (Niederlage Heinrichs V. in der Schlacht am Welfesholz 1115, Zusammenbruch der salischen Herrschaft am Niederrhein und in Sachsen). Friedrich war in den folgenden Jahren ein entschiedener Gegner des Kaisers, der kirchliche Bann gegen den Kaiser wurde in der Kölner Stiftskirche St. Gereon verlesen (1115), auch war der Herrscher von Friedrich und Erzbischof Adalbert von Mainz (1110-1137) exkommuniziert worden (1115). Ab 1119 signalisierten Kaiser und Kölner Erzbischof zunehmend Versöhnungsbereitschaft (kaiserlicher Hoftag von Tribur, Verhandlungen zwischen Papst und Kaiser in Mouzon 1119, kaiserlicher Hoftag von Goslar und Ausgleich zwischen Kaiser und Gegnern 1120, Würzburger Frieden 1121, Wormser Konkordat 1122 [Heinricianum mit Zeugenschaft und Rekognition Friedrichs]). Auch in den letzten Regierungsjahren des Kaisers hielt sich der Kölner Erzbischof weitgehend fern von der Reichspolitik, abgesehen von einem Kriegszug Heinrichs V. gegen Holland (1123) und vielleicht von einen Kriegszug gegen Frankreich (1124). Auch an der Eroberung der abgefallenen Stadt Worms war wohl Friedrich beteiligt (1124). Der Erzbischof nahm an der Beerdigung des Kaisers in Speyer teil (1125). Bei den Verhandlungen zur Wahl des neuen Herrschers in Mainz setzte sich die Partei des Mainzer Erzbischofs Adalbert durch; der sächsische Herzog Lothar von Supplinburg (1125-1137) wurde (der nicht unumstrittene) Nachfolger des Kaisers und von Erzbischof Friedrich I. in Aachen gekrönt (1125). In der Folgezeit befand sich Friedrich jedenfalls in politischer Distanz zum König, den er als bedrohlich für seine Machtposition am Niederrhein empfand (Aufenthalte Lothars in Köln 1126, 1129 bei Abwesenheit des Erzbischofs, zeitweilige päpstliche Suspendierung Friedrichs 1128?, Zusammentreffen von König, Erzbischof und Papst in Lüttich 1131). III. Im Investiturstreit blieb das Verhältnis des Kölner Erzbischofs zu den Päpsten meist distanziert, folgte Friedrich doch eher den Positionen der salischen Könige bei der Besetzung der Bischofsämter durch die Herrscher. Erst mit der Distanzierung Friedrichs von Heinrich V. kam es zu einer zeitweisen Annäherung zwischen Erzbischof und Papst Calixt II. (1119-1124), doch stand für Friedrich immer die kirchliche und weltliche Machtstellung "seines" Kölner Bistums, der ecclesia Coloniensis im Vordergrund. IV. Am 25. Oktober 1131 verstarb der Kölner Erzbischof Friedrich I., der im Investiturstreit und darüber hinaus eigene Positionen zwischen Kaisertum und Papsttum vertrete hatte. Friedrichs Leichnam wurde in der Benediktinerabtei Siegburg beerdigt, die genaue Lage des Grabes ist unbekannt. Ebenso geriet die Person des Erzbischofs selbst in Siegburg in Vergessenheit, obwohl Friedrich zu seinen Lebzeiten intensive Beziehungen zu der Mönchsgemeinschaft gepflegt hatte (gelehrter Mönch Rupert von Siegburg [†1129], Abt Kuno [†1132]). Zu sehr wurde das Andenken an Friedrich von der memoria an den heilig gesprochenen Kölner Erzbischof Anno II. (1056-1075), den Gründer Siegburgs, überlagert. [Buhlmann, 04.2022]
Pagels, Elaine (2013), Apokalypse. Das letzte Buch der Bibel wird entschlüsselt, München 2013, 219 S., € 19,95. Johannes von Patmos, später angeblich identifiziert als Verfasser des Johannesevangeliums und als Jünger von Jesus Christus, schrieb um das Jahr 90 n.Chr. - als Jude in jüdischer Tradition und als Anhänger des Messias Jesus Christus - unter dem Eindruck der Zerstörung Jerusalems durch die Römer (70 n.Chr.) die Offenbarung (Apokalypse) des Johannes über das Weltende und das Reich Gottes (römisches Reich als "Babylon", römischer Kaiser als "Tier"). Die Johannes-Offenbarung reiht sich damit ein in eine Reihe von (apokryphen) Offenbarungen (Nag-Hammadi-Codex: Zostrianus, Petrusapokalypse, Salathiel-Esra, Johannesapokryphon, Jakobusbrief, Dialog des Erlösers, Allogenes, Philippusevangelium), die den Gläubigen zu dessen spiritueller Identifizierung mit Gott und Christus auffordern. Die Offenbarungen, auch gerade die des Johannes, spielten vom 2. bis beginnenden 4. Jahrhundert in der Zeit der Christenverfolgungen im römischen Reich eine wichtige Rolle; die Verfolgungen (der Heidenchristen) wurden als Bestätigung für die Richtigkeit der Johannes-Offenbarung genommmen; prophetische Bewegungen wie die der Montanisten in Kleinasien (160er-Jahre) nutzten die Johannes-Offenbarung, während kirchliche Amtsträger sie teils als Häresie verdammten, teils (Justin der Philosoph, Irenäus von Lyon) als echt prophetisch ansahen. Der Kirchenlehrer Tertullian (†ca.230) forderte in seinen Schriften die Trennung von Politik und Religion, doch brachte die konstantinische Wende (312; Kaiser Konstantin, 306-337) ein Zusammengehen von Kaiser, Reich und Christentum mit einer von daher staatstragenden katholischen Amtskirche. Die Johannes-Offenbarung erfuhr daraufhin eine inhaltliche Umdeutung ("Feinde Gottes" als christliche Häretiker und Anhänger des Antichrists). Die Amtskirche setzte sich gegenüber spirituellen Bewegungen durch wie Bischof Athanasius von Alexandrien (†373) gegenüber dem ägyptischen Mönchtum (Antonius der Einsiedler, Pachomius); die Kirche schob sich (vollends) zwischen die Gläubigen und Gott. Athanasius war es auch, der für Ägypten die apokryphen Offenbarungen als häretisch verbot, hingegen die Johannes-Offenbarung in den Kanon der neutestamentlichen Schriften aufnahm (Osterfestbrief von 367 <-> Bücherkanon des Bischofs Kyrill von Jerusalem [ca.350], kleinasiatischer Bücherkanon [363] ohne die Offenbarung). [Buhlmann, 03.2013]
Pagenstecher, Wolfgang (1947), Burggrafen- und Schöffensiegel von Kaiserswerth, in: DJb 44 (1947), S.117-154 > K Kaiserswerth
Palästina, 1933-1939, "Drittes Reich" und Palästina:
Palästina stand nach dem Ersten Weltkrieg (1914-1918), von der osmanischen Herrschaft befreit, als britisches Mandatsgebiet politisch zwischen Balfour-Deklaration (1917, Errichtung einer jüdischen "Nationalen Heimstätte") und den Rechten der arabisch-palästinensischen Bevölkerung. So kam es u.a. auf Grund der jüdischen Einwanderung immer wieder zu Unruhen (1920/25, Churchill-Weißbuch 1922; 1929, Shaw-Kommission, Passfield-Weißbuch 1930).
Ab 1933 wanderten verstärkt auch Juden aus dem nationalsozialistischen deutschen Reich nach Palästina ein, das zwischen der zionistischen Bewegung und dem nationalsozialistischen Deutschland geschlossene Haavara-Abkommen (1933) regelte dabei den Transfer jüdischen Vermögens nach Palästina. Zudem gab es die in Palästina siedelnde deutsche Templergesellschaft. Die politische Gemengelage wurde noch durch Großbritannien als Mandatsmacht und den arabischen Widerstand gegen Kolonialmacht und eingewanderte Juden verstärkt.
Die deutsche Palästinapolitik des "Dritten Reiches" trug dem Rechnung, war sie doch im Wesentlichen von zwei Dingen geprägt: einer pragmatischen Diplomatie und der nationalsozialistischen Ideologie. Beide Elemente ergänzten sich, konkurrierten aber auch miteinander. Ergänzung fand statt, in dem man den ideologischen Zielvorstellungen wirtschaftliche oder rein politische Ziele hinzufügte. Das war beim Haavara-Abkommen der Fall gewesen, das wirtschaftliche Vorteile bringen sollte, aber gleichzeitig dem ideologischen Motiv eines "judenreinen" Deutschlands diente. Aber an diesem Beispiel erkennt man auch die Konkurrenz zwischen Diplomatie und Ideologie. Als die Errichtung eines jüdischen Staates in Palästina drohte (dies berührte im großen Ausmaß die nationalsozialistische Ideologie), wurden auch die wirtschaftspolitischen Grundlagen des Haavara-Systems in Frage gestellt.
Andererseits gelang es ideologischen Überlegungen vielfach nicht, in der deutschen Außenpolitik Einfluss zu gewinnen. So enthielt man sich aus Rücksicht auf England jeder Einflussnahme in Hinblick auf den durch die Teilungspläne projektierten jüdischen Staat. Zudem war die deutsche Außenpolitik um ein gutes Verhältnis zu den Arabern und den in Palästina wohnenden, vielfach dem Nationalsozialismus zuneigenden Deutschen bemüht.
Insgesamt lassen sich zwei Phasen deutscher Palästinapolitik vor dem Zweiten Weltkrieg (1939-1945) ausmachen: die Phase (I) des Haavara-Abkommens und der jüdischen Einwanderung aus Deutschland auch unter Desavouierung der arabischen und deutschen Bewohner Palästinas (1933-1936/37), die Phase (II) der "arabischen Revolution" (1936/39), der britischen Teilungspläne für das Mandatsgebiet Palästina-Transjordanien (Woodhead-Kommission 1938) und der durch Deutschland vertretenen Interessen der deutschen Siedler (1937-1939).
Mit dem Zweiten Weltkrieg erlosch der diplomatische Einfluss Deutschlands auf Palästina, das fest in britischer Hand blieb.
Zu Palästina, Nationalsozialismus und Zionismus in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg s.:
Melka, R[obert Lewis] (1969), Nazi Germany and the Palestine Question, in: Middle Eastern Studies 5 (1969), S.221-233;
Neubert, Friedrich Paul Harald (1977), Die deutsche Politik im Palästina-Konflikt 1937 und 1938, Diss. Bonn 1977, 251 S.;
Nicosia, Francis (1980), Arab Nationalism and National Socialist Germany 1933-1939. Ideological and Strategic Incompatibity, in: International Journal of Middle East Studies 12/3 (1980), S.351-372;
Schmidt, H.D. (1952), The Nazi Party in Palestine and the Levant 1932-1939, in: International Affairs 28 (1952), S.460-469;
Yisraeli, David (1971), The Third Reich and Palestine, in: Middle Eastern Studies 7 (1971), S.343-351.
[Buhlmann, 09.2017]
Palgrave, Francis (1851/64), The History of Normandy and of England, 4 Bde., London 1857-1878 > N Normandie
Palin, Michael (2018), Erebus. Ein Schiff, zwei Fahrten und das weltweit größte Rätsel auf See, München 22021, 460 S., Schwarzweißabbildungen, Farbtafeln, Zeittafel, Karten, € 14,-. Die Friedenszeiten im 19. Jahrhundert waren u.a. ein "goldenes Zeitalter der Entdeckungen", der Ausweitung geografisch-physikalischer Erkenntnisse über die Erde. Auch Expeditionen in die Arktis und Antarktis gehören hierher. So erkundeten als britische "Pioniere der Arktisforschung" auf der Suche nach der Nordwestpassage das Nordpolargebiet zu Wasser und zu Land: John Ross (1818), Edward Perry (1819/20), John Franklin (1819/22), John Ross (1829/33; Erreichen des magnetischen Nordpols durch James Clark Ross). Die zunächst für militärische Zwecke 1823/26 auf einer Pembroker Werft erbaute Bombarde Erebus (Segelschiff mit einer Länge von 32 Metern; Patrouille im Mittelmeer 1828/30) sollte dann zusammen mit ihrem Schwesterschiff Terror die Antarktisexpedition von 1839/43 unter der Leitung von James Clark Ross (†1862; Stellvertretung: Francis Crozier) transportieren (1839: Abfahrt von England, Messungen des Erdmagnetfeldes entlang der Expeditionsroute, botanische Studien, Kap der Guten Hoffnung, Südpolarmeer [Prinz Edward-Inseln, Crozerinseln, Kerguelen]; 1840: Van Diemens-Land [Tasmanien]; 1840/41: erste Antarktisfahrt [Schelfeis, bis dahin erreichte südlichste Position von Schiffen]; 1841/42: Neuseeland, Chathaminsel, zweite Antarktisfahrt [Schelfeis], Kap Hoorn, Falklandinseln; 1842/43: Elephant Island, dritte Antarktisfahrt [Antarktishalbinsel], Kapkolonie; 1843: Ascension, Rio de Janeiro, Rückkehr nach England). Auch bei der Arktisexpedition von 1845/48 unter der Leitung von John Franklin (†1847; Stellvertretung: Francis Crozier) waren die Erebus und die Terror, diesmal auch mit Dampfmaschinen ausgerüstet, wieder die Transportschiffe für die Expeditionsteilnehmer (1845: Aufbruch von England, Orkney-Inseln, Grönland, letzte Sichtung der Expedition in der Baffin Bay; 1845/46 Überwinterung auf Beechey Island; 1846/48 Expeditionsschiff Erebus von Eis eingeschlossen). Doch endete die Expedition u.a. wegen der damaligen extremen Winter in einer Katastrophe; der Expeditionsleiter John Franklin starb schon 1847, die Schiffe steckten im Polareis fest und wurden schließlich aufgegeben, die (vielleicht durch Skorbut oder andere Krankheiten) geschwächten Mannschaftsmitglieder der Schiffe starben alle bis spätestens 1848, noch Überlebende versuchten (letztlich erfolglos), sich bis zum Back's Fish River auf dem nordamerikanischen Festland durchzuschlagen. Nach mehreren Jahren ohne Nachricht und Lebenszeichen galt die Franklin-Expedition als verschollen; 1847/48 wurden drei Suchexpeditionen - u.a. eine unter James Clark Ross - entsandt, die alle erfolglos blieben. Die Arktisexpeditionen der Jahre 1854 (unter John Rae) und 1859 offenbarten dann, dass kein Mitglied der Franklin-Expedition mehr am Leben war. Im 20. und 21. Jahrhundert wurde wiederholt nach Spuren der Expedition gesucht; 2014 und 2016 wurden schließlich die Wracks der Schiffe Erebus und Terror gefunden. [Buhlmann, 10.2023]
Pallottino, Massimo (1988), Etruskologie. Geschichte und Kultur der Etrusker, Basel 1988 > E Etrusker
Palmer, Alan (1972), Metternich. Der Staatsmann Europas. Eine Biographie, Düsseldorf 1977 > J Judson, Habsburg
Panati, Charles (1996), Lexikon religiöser Bräuche und Gegenstände. Von Altar bis Yin und Yang (= SP 2795), München 1999 > R Religion
Panten, Albert, Die Nordfriesen im Mittelalter (= Geschichte Nordfrieslands, Tl.2), Bredstedt 2010 > N Nordfriesische Geschichte
Papke, Eva (1997), Festung Dresden. Aus der Geschichte der Stadtbefestigung, Dresden 1997 > D Dresden
Paravacini, Werner (1994), Die ritterlich-höfische Kultur des Mittelalters (= EdG 32), München 1994 > A Adel
Paret, Rudi (1957), Mohammed und der Koran. Geschichte und Verkündigung des arabischen Propheten (= Urban Tb 32), Stuttgart-Berlin-Köln-Mainz 61985 > K Koran
Parker, Geoffrey (Hg.) (1986), The Times Große illustrierte Weltgeschichte. Eine umfassende, farbige und aktuelle Darstellung der Menschheitsgeschichte, Wien 1995 > W Weltgeschichte
Parth, Wolfgang W. (1980), Goethes Christiane. Ein Lebensbild, München 1980 > G Goethe, Johann Wolfgang
Patrologia Latina (PL) ist die 217 Textbände und vier Registerbände umfassende Reihe der von Jacques Paul Migne (*1800-†1875) zwischen 1844 und 1855 herausgegebenen Texte lateinischer Schriften, Urkunden u.a. kirchlicher Schriftsteller und Amtspersonen von den antik-patristischen Anfängen bis zu Papst Innozenz III. (1198-1216).
U.a. sind damals erschienen oder später nachgedruckt worden:
Bd.1-2 (1844): Quintus Septimius Florens Tertullianus, Opera omnia, hg. v. Jacques Paul Migne, 2 Bde., Paris 1866, DM 120,- > T Tertullian;
Bd.59 (1847): Sanctorum Gelasii I papae, Aviti, Faustini necnon Joannis diaconi, Juliani Pomerii et duorum anonymorum opera omnia, hg. v. Jacques Paul Migne, Paris 1847, Nachdruck Turnhout 1997, € 29,-;
Bd.106 (1851): Gregorii IV, Sergii II pontificum Romanorum, Jonae, Freculphi, Frotharii Aurelianensis, Lexoviensis et Tullensis episcoporum opera omnia, hg. v. Jacques Paul Migne, Paris 1851, Nachdruck Turnhout 1997, € 49,-;
Bd.117 (1852): Haymonis Halberstatensis episcopi opera omnia, hg. v. Jacques Paul Migne, Paris 1852, Nachdruck Turnhout 1995, € 39,-;
Bd.123 (1852): Usuardi martyrologium ..., sancti Adonis opera, hg. v. Jacques Paul Migne, Paris 1852, Nachdruck Turnhout 1983, € 29,-;
Bd.174 (1854): Venerabili Godefridi abbatis Admontensis Opera omnia, hg. v. Bernard Pez, Paris 1854, Nachdruck Turnhout 1997, € 49,-;
Bd.209 (1855): Martini Legionensis, Wilhelmi abbatis sancti Thomae de Paraclito opera omnia, hg. v. Jacques Paul Migne, Paris 1855, Nachdruck Turnhout 1982, € 26,-;
Bd.214 (1855): Innocentii III Romani pontificis opera omnia, Tl.1, hg. v. Stephan Baluzius, Paris 1855, Nachdruck Turnhout 1986, € 41,-.
[Buhlmann, 03.2016, 02.2017]
Patschovsky, Alexander (1993), Das Rechtsverhältnis der Juden zum deutschen König. Ein europäischer Vergleich, in: ZRG GA 110 (1993), S.331-371 > J Juden im Mittelalter
Paturi, Felix R. (1998), Entdeckungen und Erfindungen (= Harenberg Schlüsseldaten), Dortmund 1998 > W Weltgeschichte
Patzek, Barbara (2003), Homer und seine Zeit (= BSR 2302), München 2003 > H Homer
Patzold, Steffen (2012), Das Lehnswesen (= BSR 2745), München 2012, 128 S., 1 Übersicht, € 8,95. Die Anfänge eines angeblich "europäischen Lehnswesens" mit feudo-vasallitischer Grundlage sind nicht in der frühkarolingischen Zeit des 8. Jahrhunderts (Karl Martell und die Säkularisation von Kirchengut, vassi u.a.) zu suchen, sondern allgemein in frühmittelalterlichen Leiheformen (Prekarie als Landleihe u.a.) zu finden, die erst an der Wende vom 10. zum 11. Jahrhundert in wohl meist wirtschaftlich fortgeschrittenen Regionen wie Oberitalien, Flandern oder Südfrankreich/Katalonien durchaus zu Formen von Lehnswesen führten (Valvassorengesetz Kaiser Konrads II. von 1037), während im normannischen England des Hochmittelalters das Lehnswesen neben einer starken königlichen Zentralgewalt stand. Gerade die juristische Einordnung des Lehnswesens in Oberitalien (Libri feodorum des 11. und 12. Jahrhunderts) sollte unter Kaiser Friedrich I. Barbarossa (1152-1190) die lehnsrechtliche Ausgestaltung von (Königs-) Herrschaft in Deutschland nördlich der Alpen stark beeinflussen (Privilegium minus von 1156, Kaisertum als beneficium des Papstes 1157, Gelnhäuser Urkunde von 1180). Aus den hochmittelalterlichen Anfängen entwickelte sich im deutschen Reich des Spätmittelalters ein vielschichtiges, flexibel zu nutzendes Lehnswesen (verschiedene Arten von Lehen vom Mann- bis zum Geldlehen), das z.B. in den Landesherrschaften herrschaftsverdichtend wirkte und auch personale Bindungen über Herrschaften hinweg zuließ ("Vasallitätspolitik" der deutschen Herrscher). Lehnbücher des späten Mittelalters oder die lehnsrechtlichen Theorien von Juristen des 16. Jahrhunderts stehen dann am Ende eines unterschiedlich gearteten und unterschiedlich interpretierbaren mittelalterlichen Lehnswesens. Daher sind auch die verschiedenen historisch belegten Formen von Lehen und Lehnswesen nur bedingt bis entfernt vergleichbar mit der Theorie des "klassischen Lehnswesens", die auf bestimmten personalen (Vasallität [Vasall: Mann, Mannschaft/hominium, Treue, consilium et auxilium; Herr: Treue, Schutz, Schirm) und dinglichen Beziehungen (Lehen [Herr: Verleihung/Investitur; Vasall: Nutzung]; Betonung der dinglichen Komponente) fußt. > L Lehnswesen [Buhlmann, 03.2012]
Patzold, Steffen (2013), Ich und Karl der Große. Das Leben des Höflings Einhard, Stuttgart 2013, 407 S., Farbtafeln, Pläne, Karte, Zeittafel, Stammtafel, € 26,95. Einhard (*ca.770-†ca.840), wohl aus nur mittelmäßig begüterter ostfränkischer Familie aus dem Maingau stammend (Vater Einhard?, Mutter Engilfrit?), wurde auf Grund seiner körperlichen Schmächtigkeit von den Eltern ins Kloster Fulda gebracht zur Erziehung in der äußeren Klosterschule. Einhard erhielt in den 770er/780er-Jahren eine umfangreiche lateinische Ausbildung, zeichnete sich wohl auch schon früh durch seine überragende Intelligenz aus. Für das Kloster Fulda war er als Urkundenschreiber tätig (Urkunde betreffend eine Schenkung Einhards und Engilfrits an das Kloster Fulda). Vor dem Hintergrund der Maßnahmen des Frankenherrschers Karl des Großen (768-814) zur Bildungsreform in Frankenreich (Admonitio generalis 789) gelangte Einhard an den Aachener Hof des Königs (n.791 bzw. 794?), wo er als (junger) Höfling ("Nardulus", "Nardus") inmitten von Konkurrenz und Intrigen (Hofgedicht des Theodulf 796) bestehen musste. Einhard war einer der Ratgeber Karls, bewandert in lateinischer Dichtkunst und den bildenden Künsten (Architektur?; "Beseleel") und war auch in diplomatischen Missionen unterwegs (Überbringung der Divisio regnorum an Papst Leo III. [795-816] 806). Unter Karls Sohn und Nachfolger Ludwig den Frommen (814-840; Einhards Eintreten für Ludwig in der Nachfolgefrage) blieb Einhard am Aachener Hof und wurde zudem engster Ratgeber des Ludwig-Sohns Lothar (I., 817-855); Ludwig beschenkte ihn (und Einhards Ehefrau Emma) mit grundherrschaftlichen Besitz in Michelstadt (im Odenwald; Schenkung des Besitzes [mit Kirchen] an das Kloster Lorsch 819) und Mulinheim (Seligenstadt im Maingau [mit Kirche]) (815) und machte ihn zum (Laien-) Abt von St. Peter (bei Gent, 815; Immunität und Königsschutz 815, wirtschaftlicher Ausbau des Kloster), St. Bavo (in Gent, 816; Besitzinventar?), St. Servatius (in Maastricht; Klerikergemeinschaft, Reliquienbeschaffung in der 820er-Jahren und [verloren gegangenes] Kreuzreliquiar), Saint-Cloud (in Paris; Kloster) und St. Peter (in Fritzlar) (Benefizien als Lebensunterhalt, Einhard-Eintrag im St. Galler Verbrüderungsbuch). Einhard unterstützte den Kaiser bei dessen Reformmaßnahmen (Aachener Synoden 816, 817; Ordinatio imperii 817; Kapitulariengesetzgebung). Einhard gelang der Erwerb der Körperreliquien der römischen Heiligenmärtyrer Marcellinus und Petrus, die zunächst in die (bis 827) neu errichtete (Einhards-) Basilika in Michelstadt, schließlich aber in das Kirchenhaus in Mulinheim (Bau der Einhardsbasilika ab 829?) kamen (827/28 [Diebstahl der Reliquien, Auseinandersetzungen mit Hilduin]; Einhards Gründung des Mulinheimer Klosters, Einhards Schrift Translatio ss. Marcellini et Petri 830). In den 820er-/830er-Jahre entfremdete sich Einhard immer mehr dem Aachener Hof Kaiser Ludwigs. Seine Vita Karoli Magni ("Leben Kaiser Karls des Großen"), wohl 829 verfasst, diente dazu, die für Einhard unvermeidliche Trennung vom Hof zu befördern. Doch noch 830 war er für den Kaiser im Einsatz (Mahnbrief an Kaiser Lothar I.), wohl ab dem Sommer 830 hielt er sich meistens in Mulinheim auf, unterbrochen nur durch sporadische Reisetätigkeiten zu seinen Klöstern und an den kaiserlichen Hof. Im Dezember 835 starb Einhards Ehefrau Emma, die Schrift De adoranda cruce (836) verschaffte dem Witwer immerhin einen gewissen Trost, vielleicht auch Kaiser Ludwig, der Einhard Juni/Juli 836 in Mulinheim besuchte. Überliefert ist zum Jahr 837 ein Brief Einhards an Ludwig betreffend die Erscheinung des (Halleyschen) Kometen. Zum Jahr 839 wird der gelehrte Höfling letztmalig in einer Urkunde des Klosters St. Bavo erwähnt. Am 14. März wahrscheinlich 840 ist Einhard verstorben und in Mulinheim neben seiner Frau beigesetzt worden; die Grabinschrift verfasste Hrabanus Maurus (†856). > Lateinische Literatur > E Einhard [Buhlmann, 12.2013]
Paul, Jean, deutscher Schriftsteller: Jean Paul, eigentlich Johann Paul Friedrich Richter (*1763-†1825), ein Anhänger des französischen Philosophen Jean-Jacques Rousseau (†1778), war ein deutscher Schriftsteller der Literaturepochen Klassik und Romantik, geprägt von der Aufklärung, ein literarischer Einzelgänger, dem mit dem Roman Hesperus (1795) sein bedeutendster literarischer Erfolg gelang. Im Mittelpunkt von Pauls Schaffen stand der Mensch zwischen "Vernunft und Aberglaube", zwischen "Wirklichkeit und Traum". Seine Veröffentlichungen - Romane, Satiren, Erzählungen, Idyllen, (Auto-) Biografien - wurden schon damals zwiespältig vom Publikum aufgenommen, u.a.: Paul, Jean (1796/97), Siebenkäs, hg. v. Carl Pietzcker (1983) (= RUB 274), Nachdruck Stuttgart 2002, 800 S., € 13,10; Paul, Jean (1804), Flegeljahre. Eine Biographie, hg. v. Herman Meyer (1986) (= it 873), Frankfurt a.M. 61990, 598 S., DM 18,-; Paul, Jean: Jean Paul. Ein Lesebuch für unsere Zeit, hg. v. Wolfgang Hartwig (1966) (= Lesebücher für unsere Zeit), Berlin-Weimar 1966, 488 S., Zeittafel, M N.N. Als Biographie zu Jean Paul sei genannt: Langner, Beatrix (2013), Jean Paul. Meister der zweiten Welt. Eine Biographie, München 2013, 608 S., Schwarzweißabbildungen, € 27,95. Weiter ist zu nennen: Harich, Wolfgang ([1968]), Jean Pauls Kritik des philosophischen Egoismus. Belegt durch Texte und Briefstellen Jean Pauls im Anhang (= SV Studienausgaben), [Frankfurt a.M.] o.J., 285 S., DM 14,-. [Buhlmann, 10.-11.2020, 05.2023]
Paulus, Nikolaus (1922/23), Geschichte des Ablasses im Mittelalter, Bd.I-II: Vom Ursprung bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts, 2 Bde., 1922, Nachdruck Darmstadt 22000, LXXXVII, 430 S., VII, 392 S., Bd.III: Geschichte des Ablasses am Ausgang des Mittelalters, 1923, Nachdruck Darmstadt 22000, XV, 605 S., DM 49,90. Ablass ist die zeitliche Verminderung der kirchlichen Bußen im Diesseits und der (zeitlichen) Sündenstrafen im Jenseits. Dabei hatte der Ablassgedanke bis zu spätem Mittelalter und früher Neuzeit schon eine lange Tradition und Transformation hinter sich. Entstanden aus der kirchlich-kanonischen Bußpraxis des frühen und hohen Mittelalters - der Übergang von der öffentlichen zur privaten Buße mit der nach der Beichte erteilten Absolution spielt hier eine Rolle -, entwickelte sich ab dem 11. Jahrhundert im Umfeld von Sünde, Schuld und Strafe, von Reue, Vergebung und Absolution der Ablass als Nachlass der Buß- und Sündenstrafen auf Grund der von Bußpriestern, Bischöfen und Päpsten vermittelten kirchlichen Schlüsselgewalt (Binde- und Lösegewalt); die die Strafe verursachende Sündenschuld wurde dagegen durch Reue, Beichte und Absolution vergeben, der Sünder gelangte dadurch in den Stand der Gnade, die der Ablass voraussetzte; die Schuld schließlich war durch die Sünden des Sünders angehäuft. Im Verlauf des späteren Mittelalters entfaltete sich variantenreich eine vielfältige Ablasspraxis, in der neben vollkommenen Ablässen wie dem Kreuzzugsablass, dem Ablass für ein Jubeljahr oder dem für verdiente Personen eng begrenzte, zeitlich zwischen 40 Tagen und einem Jahr reichende Ablässe standen. Grundlage zur Gewinnung des Ablasses durch den Gläubigen waren die (Ablass-) Werke der Frömmigkeit, d.h. Kirchenbesuch und Almosen, Reliquienverehrung, Unterstützung von Kirchenbau und -ausschmückung, Unterstützung der Kreuzzüge, Unterstützung von wohltätigen Einrichtungen; dies alles erfolgte durch Teilnahme, Arbeit oder Geld. Dem überirdisch wirkenden Ablass als Zeugnis des christlichen Glaubens und der Jenseitsverantwortung der mittelalterlichen Christenheit entsprach seine zunehmende Verwendung für die Verstorbenen im Fegefeuer. Ablass bedeutete die "Nachlassung aller Sünden" und ersetzte die infolge der (lässlichen, schweren) Sünden auferlegten (kanonischen) Bußen; im Diesseits geschuldete Bußen wurden dabei - so die kanonisch gewordene Theorie des Ablasses - durch den sich aus den Verdiensten Christi und der Heiligen speisenden Kirchenschatz abgegolten; für nicht gebüßte oder abgelassene Sünden hatte der Gläubige die Strafe im Fegefeuer abzubüßen. Die überbordende Ablasspraxis des Spätmittelalters mit ihren zahlreichen Auswüchsen (Aufhebung von Ablässen, Ablasszwang, Verhalten der Kollektoren, Ablässe mit kirchlichen oder weltlichen Vergünstigungen) sollte dann im Zeitalter der Reformation auf Widerspruch stoßen, während der Ablass auf katholischer Seite z.B. beim Konzil von Trient weiter Zustimmung fand. [Buhlmann, 09.2013]
Der Kleine Pauly. Lexikon der Antike in fünf Bänden, hg. v. Konrat Ziegler u. Walther Sontheimer (1964/74) (= dtv 5963), 5 Bde., München 1979 > A Antike
Pauly, Ferdinand, Das Stift St. Kastor in Karden an der Mosel (= GS NF 19 = Das Erzbistum Trier 3), Berlin-New York 1986 > K Karsten: St. Castor
Pauly, Michel (2011), Geschichte Luxemburgs (= BSR 2732), München 2011, 128 S., 2 Karten, € 8,95. Auf dem heutigen Luxemburger Staatsgebiet sind alt- (-11500 v.Chr.), mittel- (11500-5200 v.Chr.) und jungsteinzeitliche (5200-2000 v.Chr.) Funde von homo erectus, sapiens neanderthalenis und sapiens sapiens, einsetzend vor 350000 Jahren, nachgewiesen (Gutland: altsteinzeitliche Einzelfunde; Reuland: mittelsteinzeitliche Bestattung; Schengen: Bandkeramik [5200-4900 v.Chr.]; Waldbillig: Rössener Kultur [4900-4300 v.Chr.]; Altwies: Glockenbecherkultur [2450-2000 v.Chr.]). Eisenzeitlich ist die Kultur der keltischen Treverer (oppidum Titelberg, Gräber von Küntzig und Göblingen [1. Jahrhundert v.Chr.]). Seit der Einbeziehung Galliens in das römische Reich (58/51 v.Chr.) war der sich nun romanisierende Luxemburger Raum Teil der römischen civitas Treverorum mit ihren Straßenverbindungen, Kleinstädten, Handwerkersiedlungen, Marktorten und Gutshöfen (vicus Dalheim, villae rusticae im Gutland; Echternach: villa; Igel: Grabmal [3. Jahrhundert n.Chr., 1. Hälfte]). Die ab 260/75 einsetzenden Germaneneinfälle mündeten in das spätantik-christliche römische Reich, in germanischer "Landnahme" (romanisch-germanische Sprachgrenze) und (relativem) "Kulturbruch" (der Merowingerzeit) zwischen Antike und Mittelalter. Die frühmittelalterliche Christianisierung des Luxemburger Raums lässt sich in Beziehung setzen zum angelsächsischen Missionar Willibrord (†739), der 697/98 die Abtei Echternach gründete (Schenkung der Irmina von Oeren; Äbte Adelbert [739-777] und Beonrad [777-797]; Willibrordvita [ca.796]; Skriptorium und Handschriften des 8. bis 11. Jahrhunderts). Der politische Zerfall des karolingischen Frankenreichs (ab 840) machte den Luxemburger Raum zum Teil Lotharingiens (regnum, Herzogtum), schließlich (ab 925) zum Teil des ostfränkisch-deutschen Reich. Die Luxemburger Grafen in der Grenzregion zwischen entstehendem Frankreich und deutschen Reich leiteten sich von Siegfried (963-998), dem Grafen im Mosel- und Bidgau aus dem Haus der lothringischen Ardennerherzöge, her (963/87 Burg Luxemburg [St. Maximianer Grundherrschaft Weimerskirch]; 964 Burg Saarburg; Kirchenvogteien über St. Maximian und Echternach). Unter den Ardennergrafen entwickelte sich der Ort Luxemburg zu einem wirtschaftlichem (Markt) und kirchlichem (1083 Benediktinerkloster) Zentrum (1175 Luxemburger burgenses; 1225 Luxemburg als burgus, opidum). Mit dem Aussterben der Ardennergrafen beim Tod Konrads II. von Luxemburg (1130-1136) gelangte die Grafschaft an Graf Heinrich IV. (I.) von Namur (1136-1196). Dynastisch-politische Streitigkeiten um Namur und Luxemburg, in die sich auch der staufische König Heinrich VI. und der Kölner Erzbischof Philipp von Heinsberg einschalteten, führten dazu, dass Theobald von Bar (1196-1214) sich in Luxemburg durchsetzen konnte (Vertrag von Dinant 1199). Nach Theobalds Tod heiratete dessen Frau Ermesinde Walram III. von Limburg (1214-1216) und übte bis zu ihrem Tod eine auf Vormundschaft und Mitherrschaft basierende Regentschaft aus (1216-1247). Ermesindes Sohn Heinrich V. (1235/36/47-1281) verfügte über die Grafschaft Luxemburg und die Nebenländer La Roche, Durbuy und Arlon. Stadtrechte und Freiheiten, Kennzeichen für die territoriale Entwicklung der Luxemburger Landesherrschaft im 13. Jahrhundert, erlangten die Orte Echternach (1236), Luxemburg (1244), das neu gegründte Grevenmacher (1252), Bitburg (1262) und Arlon (v.1268). Erbfolgestreitigkeiten um das Herzogtum Limburg endeten 1288 mit der Schlacht bei Worringen, in der Graf Heinrich VI. (1281-1288) den Tod fand. Heinrichs Sohn Heinrich VII. (1288-1313) verband sich durch Heirat mit dem siegreichen Haus Brabant, als deutscher König (1308-1313) führte er einen Romzug (1312 Kaiserkrönung) durch und einen Heerzug gegen den König von Neapel, auf dem er starb. Zuvor (1310) hatte der König seinen Sohn Johann (1310/13-1346) mit dem Königreich Böhmen belehnt; aus dem Luxemburger Grafenhaus wurde damit eine Dynastie europäischen Ranges, zumal Heinrichs VII. Bruder Balduin Erzbischof von Trier (1307-1354) war. Johanns Sohn Karl (IV., 1347-1378) war wiederum ein Luxemburger auf dem deutschen Königsthron, der seinem Halbbruder Wenzel I. (1353-1383) das 1354 zum Herzogtum erhobene Luxemburg überließ. Wenzel setzte die Erwerbs- und Konsolidierungspolitik seines Vaters fort (1337/64 Erwerb der Grafschaft Chiny; 1340 Schobermesse; 1378 Erwerb der Herrschaft Schönecken). Mit dem Tod Wenzels I. fiel Luxemburg an Wenzel II. (1383-1388), den Sohn Kaiser Karls IV. und deutschen König (1378-1400/19), der 1388 das Herzogtum an seinen Vetter Jobst von Mähren (1388-1411) verpfändete. Die Zeit der Pfandherrschaften über Luxemburg brachte es mit sich, dass sich gegen die Herrschaft der Elisabeth von Görlitz (1411-1441) und ihrer Ehemänner der deutsche König Sigismund von Luxemburg (1411-1437) nicht durchsetzen konnte. Stattdessen geriet das Herzogtum zunehmend unter Einfluss des burgundischen "Zwischenreichs", zumal das Luxemburger Haus mit Sigismund im Mannesstamm ausgestorben war. Herzog Philipp der Gute (1419-1467) gelang mit dem Erwerb der Pfandrechte die Inbesitznahme Luxemburgs (1443/62), der - besonders unter Herzog Karl dem Kühnen (1467-1477) - eine Zentralisierung von Herrschaft gegen die Interessen der Stände(versammlung) folgte (1477 Diedenhofener Ordonanzen). Mit dem Tod Karls des Kühnen (1477) fiel u.a. das Luxemburger Herzogtum an die Habsburger. Luxemburg befand sich in der frühen Neuzeit politisch zwischen dem Königreich Frankreich und der Habsburgermonarchie (1544 Frieden von Crecy), einbezogen in die spanische Niederlande und die habsburgische Verwaltung mit ihren Provinzgouverneuren (1531/1623 luxemburgisches Gewohnheitsrecht; 1594 Recht zur Steuererhebung der Luxemburger Stände). Die Reformation drang in das Luxemburger Herzogtum nicht ein; stattdessen verbreiteten sich im 16. und 17. Jahrhundert Hexenwahn und -verfolgung (1692 letzter Hexenprozess). Die kriegerischen Konflikte des 17. und 18. Jahrhunderts führten zu französischen Besetzungen von Festung und Herzogtum Luxemburg (französische Belagerung und Eroberung von 1684; französische Besetzung Luxemburgs während des Spanischen Erbfolgekriegs 1701-1714). Nach dem Frieden von Rastatt (1714) fiel das Herzogtum an die österreichischen Habsburger (Reformen unter Maria Theresia, Josephinismus). Mit der Französischen Revolution (1789) und der Besetzung durch Frankreich (1792; 1794/95 Belagerung und Kapitulation der Festung Luxemburg) wurde aus dem Herzogtum im Wesentlichen das Département des Forêts innerhalb der französischen Republik und der Monarchie Napoleons (Säkularisationen, Kriegsdienst). Der Wiener Kongress (1815) ließ das Großherzogtum Luxemburg unter dem König der Vereinigten Niederlande Wilhelm I. von Oranien-Nassau (1815-1840) als Teil des Deutschen Bundes entstehen. Mit dem Londoner Vertrag (1839) wurde die Abtrennung des Westteils des Großherzogtums an Belgien allgemein anerkannt. Der Revolution von 1848 folgte eine Phase der Restauration, 1867 die politische Krise um die Festung Luxemburg. Das Großherzogtum wurde 1871 nicht Teil des deutschen Reiches, war mit diesem aber wirtschaftlich (industrielle Revolution, Stahlindustrie) aufs Engste verbunden. Seit 1890 gab es die niederländisch-luxemburgische Personalunion nicht mehr. Im Ersten Weltkrieg (1914-1918) wurde Luxemburg von deutschen Truppen besetzt, 1919 blieb der Staat eine Monarchie (1920/21 Wirtschaftskrise; 1929 Weltwirtschaftkrise). Auch im Zweiten Weltkrieg wurde das Großherzogtum deutsch besetzt (Eindeutschungsmaßnahmen, nationalsozialistischer Terror), der Wiederaufbau der Nachkriegszeit (wirtschaftliche Diversifizierung, Luxemburg als Finanzplatz, Wohlfahrtsstaat) ging einher mit dem europäischen Integrationsprozess (1951 EGKS ["Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl"]; 1957 EWG; 1992 Maastrichter Vertrag; Großregion Luxemburg - Lorraine - Saarland - Rheinland-Pfalz - Wallonien). [Buhlmann, 04.2012]
Paus, Peter, Schmidt, H.W., Bergmann, H., Nemis, Fred, Vrba, Leopold (1978), Zwischen Italien und Afrika. Kampfschilderungen vom Krieg im Mittelmeerraum, Rastatt 41980 > Z Zweiter Weltkrieg
Payer, Pierre J. (1984), Sex and the Penitentials. The Development of a Sexual Code 550-1150, Toronto-Buffalo-London 1984 > L Liebe und Sexualität
PBGH = Pulheimer Beiträge zur Geschichte und Heimatkunde
Pehnt, Wolfgang (Red.) (1963), Lexikon der modernen Architektur (= Knaur Tb 119), München-Zürich 1966 > A Architekturgeschichte
Peleponnesischer Krieg, 431-404 v.Chr.:
Der Peleponnesische Krieg war eine innergriechische Auseinandersetzung zwischen den damaligen Hegemonialmächten, den Poleis Sparta (Peleponnesischer Bund) und Athen (Attischer Seebund). Er umfasste die ganze damalige griechische Welt vom Schwarzen Meer über die Agäis und Festlandgriechenland bis nach Sizilien.
Die erste Phase des Peleponnesischen Krieges, der Archidamische Krieg (431-421 v.Chr.), war geprägt von wiederholten Einfällen der Spartaner nach Attika, worauf sich die Athener hinter die Befestigungen der Stadt (Lange Mauern) zurückzogen und dank der Thalassokratie Athens über das Meer versorgt werden konnten (430/29 Pest in Athen). Während athenische Expeditionen zur See erfolgreich waren (429 Schlacht von Naupaktos, 425 Einschluss von Spartanern auf Pylos/Sphakteria), endeten Landschlachten in Boiotien und in Thrakien für die Seemacht mit Niederlagen (424 Schlacht am Delion, 422 Schlacht bei Amphipolis). Der schließlich abgeschlossene Nikias-Frieden (421) brachte aber für Griechenland keine Ruhe, sondern nur Stellvertreterkriege: Sparta siegte über eine Koalition unter der Führung von Argos (418 Schlacht bei Mantinea), Athen annektierte das neutrale Melos (416) und rüstete eine Expedition gegen Syrakus aus (415-413 v.Chr.), die mit der totalen Niederlage des nach Sizilien gesandten Heeres endete. Mit der Festsetzung spartanischer Truppen in Dekeleia, einer Festung in Attika, begann die Endphase des Peleponnesischen Krieges, der sog. Dekeleische Krieg (413-404 v.Chr.). Unterstützt durch ein Bündnis mit Persien (412), gelang es Sparta und seinen Verbündeten Athen auch zur See in die Defensive zu drängen; Seesiegen der Athener (410 Seeschlacht bei Kyzikos, 406 Seeschlacht bei den Arginusen) stand die Vernichtung der athenischen Flotte in der Schlacht bei Aigospotamoi (405) gegenüber. Dadurch musste auch die nunmehr von der Getreideversorgung abgeschnittene Stadt Athen kapitulieren. Der Sieger von Aigospotamoi, der Spartaner Lysander, rückte in Athen ein und installierte die Oligarchie der sog. Dreißig Tyrannen, die in Athen eine Diktatur ausübten (404/03 v.Chr.), bei harten Friedensbedingungen für Athen (Auflösung des Attischen Seebundes, Schleifung der athenischen Mauern usw.).
Grundlegend für die Kenntnisse der heutigen Historiker über den Peleponnesischen Krieg ist selbstverständlich das Werk des griechischen Historiografen Thukydides (*v.454-†399/96 v.Chr.):
Thukydides, Geschichte des Peloponnesischen Krieges, 2 Bde., übers. v. Georg Peter Landmann (1973): Bd.1: Einleitung, Die Größe dieses Krieges. Die Vorgeschichte. Der Archidamische Krieg 431-421 [v.Chr.] (= dtv 6019), München 1973, S.1-384, DM 6,80, Bd.2: Die Zwischenkriegszeit 421-415. Die Fahrt nach Sizilien 415-412. Der Dekeleische Krieg 412-411 [v.Chr.], Anmerkungen, Register (= dtv 6020), München 1973, S.385-729, DM 6,80.
Dazu: Herter, Hans (Hg.) (1968), Thukydides (= WdF 98; Sonderausg.), Darmstadt 1984, VI, 716 S., DM 56,-. Zum Peleponnesischen Krieg s. noch:
Bleckmann, Bruno (2007), Der Peleponnesische Krieg (= BSR 2391), München 2007 > B Bleckmann, Peleponnesischer Krieg;
Will, Wolfgang (2019), Athen oder Sparta. Eine Geschichte des peleponnesischen Krieges, München 2019 > W Will, Athen oder Sparta.
[Buhlmann, 09.1974, 07.2007, 12.2018, 09.2019]
Peltzer, Jörg (2016), 1066. Der Kampf um Englands Krone, München 2016, 432 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, € 24,95. Das englische 10. und 11. Jahrhundert wurde geprägt von Angelsachsen, Norwegern und Normannen. Ab 980 wurde das Königreich Wessex zunehmend von Wikingereinfällen aus Skandinavien heimgesucht, denen die Angelsachsen unter König Ethelred (978/79-1016) häufig wenig entgegenzusetzen. Ein durch die Heirat zwischen Ethelred und der normannischen Herzogstocher Emma geschlossenes Bündnis mit Herzog Richard II. von der Normandie (996-1026) brachte militärisch indes keine Entlastung, sollte aber Jahrzehnte später die Eroberung Englands durch den Normannen Wilhelm legitimieren helfen. Die großen Wikingerzüge der Jahre 1006/07 und 1009/12 (Eroberung Canterburys) mündeten nach dem Zwischenspiel der Königsherrschaft des Ethelredsohns Edmund (1016) und der angelsächsischen Niederlage in der Schlacht von Ashingdon (1016) ein in die Herrschaft des dänischen Königs Knut des Großen über England (1016-1035). England wurde vor dem Hintergrund eines politischen Kompromisses zwischen Dänen und Angelsachsen (Oxforder Vertrag 1018) Teil des "Nordseereichs" Knuts (vier Verwaltungseinheiten Wessex, Ostanglien, Mercia, Northumbrien; skandinavisch-angelsächsische Führungsschicht). Die Streitigkeiten um die Nachfolge Knuts des Großen (ab 1035) brachten die Knutsöhne Hardiknut (1035-1037/42) und Harald Hasenfuß (1035/37-1040) auf den englischen Thron. Nach dem Tod Hardiknuts (1042) wurde Eduard der Bekenner, ein Sohn Ethelreds und Emmas, englischer König (1042-1066). Eduard hatte sich während der skandinavischen Herrschaft über England in der Normandie aufgehalten (1016/41) und stand dort in engem Kontakt mit der Herzogsfamilie, u.a. mit Herzog Wilhelm, der nach Richard III. (1026-1027) und Robert I. (1027-1035) als zunächst noch unmündiger Sohn Roberts normannischer Herzog wurde (1035-1087). Die Schlacht von Val-ès-Dunes festigte Wilhelms Herrschaft, ebenso seine anschließende Heirat mit Mathilde, der Tochter des Grafen von Flandern und der Sieg Wilhelms in der Schlacht von Mortemer (1054) gegen seinen Lehnsherrn, den französischen König Heinrich I. (1031-1060). Während seiner Regierungszeit musste sich Eduard mit der Familie um den mächtigen Earl von Wessex, Godwin (†1053), auseinandersetzen; Phasen einer Gegnerschaft (Flucht Godwins 1044, Einigung mit dem König 1052) wechselten mit denen eines Miteinanders (Harald Godwinson als Regent und "Unterkönig" 1050er-/1060er-Jahre, Rebellion in Northumbrien gegen Tostig 1065). Der Normandiereise Harolds mit der Eidleistung des Earls gegenüber Herzog Wilhelm kam im Nachhinein eine besondere Bedeutung zu (1064). Am Ende wurde nach dem Tod Eduards (1066) Harold II. Godwinson englischer König (1066). Sein Königtum war von Seiten auswärtiger Mächte aber nicht unumstritten. Zunächst versuchte mit Unterstützung von Haralds Bruder Tostig (†1066) der norwegische König Harald Hardrada (1047-1066; Heerführer in byzantinischen Diensten, König in Norwegen [norwegisches Doppelkönigtum 1046/47], versuchte Machtausdehnung auf Dänemark [Seeschlacht am Fluss Nissan 1062] und England [1066]) von Northumbrien aus die Eroberung Englands. Harald Hardrada siegte in der Schlacht von Fulford (20. September 1066), unterlag jedoch in der von Stamford Bridge (25. September 1066) gegen den englischen König. Parallel dazu verzögerte sich wegen schlechten Wetters die Überfahrt und Invasion Englands durch den Normannenherzog Wilhelm (normannische Gefolgschaften, Schiffsflotte, päpstlicher Segen zur Eroberung). Erst Ende September gelang nach einer schwierigen Überfahrt die Landung des normannischen Heeres an der englischen Südküste. In Hastings trafen die Normannen auf das Heer Harolds II. Am 14. Oktober 1066 kam es zur Schlacht, in der die englischen Krieger zunächst Vorteile erringen konnten, bis der Tod Harolds auf dem Schlachtfeld die englische Niederlage einleitete (Wandteppich von Bayeux). Ende Oktober begann Wilhelm gegen englische (Rest-) Widerstände (König Edgar Etheling 1066, †1125) mit der Eroberung seines zukünftigen Königreichs. Canterbury und London wurden bis Dezember 1066 eingenommen, Wilhelm selbst am 25. Dezember zum englischen König gekrönt. Es folgten im Rahmen eines "herrschaftlichen Chaos" Unruhen und Aufstände im Süden und Westen des Königreichs (Angriff des Eustachius von Boulogne auf Dover, walisische Angriffe, Kapitulation Exeters 1067) sowie im Norden (Erhebung in Northumbrien 1068, Kämpfe um Durham und York 1069 [dänische Unterstützung der Engländer], normannische Verheerung Northumbriens [Terrormaßnahmen des Königs], Unterwerfung der Aufständischen in Chester 1070 und Ely 1071), weiter nach schottischen Übergriffen auf England erfolgreiche Verhandlungen mit dem schottischen König Malcolm III. (1058-1093) (1072). Nach Niederschlagung des Aufstands der drei Earls Waltheof von Northampton-Huntingdon, Ralph von Ostanglien und Roger von Hereford (1075/76) war Wilhelms Herrschaft über England völlig gesichert. Die folgende Zeit nutzte Wilhelm zur (interpretatorischen) Legitimierung und legitimierenden Ausformung seines Königtums (Designationen Wilhelms zum englischen König durch Eduard den Bekenner, Harold als englischer Usurpator, Wilhelm als Schlachtensieger ["Recht der Eroberung"], Wilhelm als gekrönter und gesalbter König). Ein massiver Burgenbau festigte Wilhelms Herrschaft gegenüber den Unterworfenen, gefolgt von der Errichtung neuer (romanischer) Kirchen und Kathedralen ("Norman Style"), die ebenfalls für die normannische Herrschaft über England standen. Begleitet wurde dies von einem fortschreitenden Austausch der angelsächsischen politischen Elite gegen normannische Aufsteiger, besonders auch im kirchlichen Bereich bei den Bistumsbesetzungen. Dabei kam es in der Anfangsphase der Eroberung Englands zu massiven Besitzumschichtungen. Sprachlich war England seit 1066 zweigeteilt: Altfranzösisch war die Sprache der Normannen des englischen Königshofs und des Adels, Altenglisch, das seine Rolle als Schriftsprache zu Gunsten des Lateinischen verlor, die Sprache der übrigen Bevölkerung. Das von Wilhelm veranlasste lateinische Domesday Book (1086) war als "Buch des Königs" eine "Beschreibung von England", angefertigt vor dem Hintergrund einer drohenden, aber nicht stattfindenden dänischen Invasion des Inselkönigreichs (1085). Wilhelm selbst war nicht nur als König von England, sondern auch als Herzog der Normandie politisch-militärisch gefordert (Niederlage gegen den französischen König 1076, familiäre Probleme um den Wilhelmsohn Robert "Kurzhose" [1087-1106] und Schlacht von Gerberoy 1079). Wilhelm der Eroberer starb an einer Krankheit am 9. September 1087, die anglo-normannische Herrschaft hatte in England weiterhin Bestand und mündete in die der Könige aus dem Haus Anjou-Plantagenêt. S. auch: Domesday Book. A Complete Translation, übers. v. Geoffrey Martin (= Penguin Classics), London 2003, X, 1436 S., £ N.N. [Buhlmann, 12.2016]
Peltzer, Jörg, Schneidmüller, Bernd, Weinfurter, Stefan, Wieczorik, Alfried (Hg.) (2013), Die Wittelsbacher und die Kurpfalz im Mittelalter. Eine Erfolgsgeschichte?, Regensburg 2013, 408 S., Farbabbildungen, Stammtafeln, Pläne, Karten, € 29,95. I. Politische Geschichte: Ausgangspunkt der rheinischen (bzw. lothringischen) Pfalzgrafschaft war der Herrschaftsraum des Adelsgeschlechts der Ezzonen-Hezeliniden am Nieder- und Mittelrhein. Im 11. und 12. Jahrhundert wurden die Pfalzgrafen machtpolitisch nach Süden abgedrängt. Unter den Pfalzgrafen Heinrich von Laach (†1095), Wilhelm von Ballenstedt (†1140) und Hermann von Stahleck (1142-1156) verlagerte sich der Mittelpunkt pflazgräflicher Herrschaft in den Rhein-Mosel-Raum (Burg Cochem) bzw. an den südlichen Mittelrhein (Burg Stahleck oberhalb von Bacharach). 1156 übertrug Kaiser Friedrich I. Barbarossa (1152-1190) seinem Halbbruder Konrad von Staufen (1156-1195) die auf salisch-staufischem Besitz gründende Pfalzgrafschaft am nördlichen Oberrhein. Seit 1214 waren die bayerischen Wittelsbacher im Besitz der Pfalzgrafenwürde; König Friedrich II. (1212-1250) belehnte Herzog Ludwig I. von Bayern (1183-1231) mit der Pfalzgrafschaft, wobei dessen Sohn Otto II. (1231-1253) zudem Agnes (†1267), die Tochter des welfischen Pfalzgrafen Heinrich "von Braunschweig" (†1227) bzw. Schwester des Pfalzgrafen Heinrich "den Jüngeren" (1212/13-1214), heiratete und damit die wittelsbachische Herrschaft in der Pfalzgrafschaft auch dynastisch absicherte. Das Amt des Pfalzgrafen beinhaltete - sich mehr oder weniger ausformend bzw. institutionalisierend - das Reichsvikariat im Falle der Thronvakanz und ein Richteramt über den König, der Pfalzgraf war einer der (Vor-) Wähler des deutschen Königs innerhalb des spätmittelalterlichen Wahlkönigtums und Mitglied im Kurfürstenkolleg. Rangbildend war diesbezüglich die Herrschaft des Pfalzgrafen Ludwig II. (1253-1294) (Doppelwahl des Königs 1257, Interregnum 1257-1273). Das 13. Jahrhundert war zudem geprägt von Personalunionen zwischen dem Herzogtum Bayern und der Pfalzgrafschaft, aber auch von Erbteilungen innerhalb der Familie der Wittelsbacher. Das pfalzgräfliche Amt blieb allen wittelsbachischen Linien zugeordnet, bis es gemäß dem von Kaiser Ludwig dem Bayern (1314-1347) betriebenen Hausvertrag von Pavia (1329; volle Selbstständigkeit der Pfalzgrafschaft vom "Haus Bayern") abwechselnd den pfalzgräflichen und den bayerischen Wittelsbachern zugeordnet werden sollte. Die von Kaiser Karl IV. (1346-1378) veranlasste Goldene Bulle (1356) ordnte die für die deutsche Königswahl wichtige Kurstimme den rheinischen Pfalzgrafen zu. Im 14. und 15. Jahrhundert konnte das pfalzgräfliche Territorium weiter ausgebaut werden, es fand eine "Dynastieformung" bei den pfalzgräflichen Wittelsbachern statt (Haus- und Landesteilung von Pavia [1329], "Rupertinische Konstitution" als "Kurpräcipuum" [1395], Landesteilung [1410]). Mit Ruprecht III. (1398-1410) wurde ein Pfalzgraf König (1400), gewählt von den Kurfürsten gegen den ihrer Meinung nach untätigen König Wenzel (1378-1400). Ruprechts Königtum (1400-1410) entfaltete zwar reichspolitisch wenig Wirkung - dazu war die Hausmacht des Pfalzgrafen zu gering -, doch konnte Ruprecht immerhin die Erweiterungspolitik für seine Landesherrschaft fortsetzen. Die führte gemäß den Bestimmungen in Ruprechts Testament zur Teilung der Pfalzgrafschaft (1410), wobei gemäß den Bestimmungen der Goldenen Bulle (1356) die Kernpfalz (Kurpräzipuum) und die Kurfürstenwürde nicht geteilt wurden. Kurfürst Ludwig III. (1410-1436) war Initiator der Wahl König Sigismunds (1411) und mit diesem politisch eng verbunden, Ludwigs Neffe Christoph (III.) aus der oberpfälzischen Nebenlinie Pfalz-Neumarkt wurde 1440 König von Dänemark, Norwegen und Schweden (1440-1448). Daneben gab es noch die pfalzgräfliche Linie Pfalz-Simmern-Zweibrücken. Militärisch erfolgreich, konnte sich der pfälzische Kurfürst Friedrich I. (1449-1476), der (zunächst als Regent) sich durch (von Kaiser Friedrich III. [1440-1493] nicht anerkannte) Arrogation die Macht in der Pfalzgrafschaft sicherte, u.a. gegen den Mainzer Erzbischof Dietrich von Isenburg (1459-1461) durchsetzen (Schlacht bei Pfeddersheim 1460), die Mainzer Exklave vor Heidelberg, das Amt Schauenburg, wurde kurpfälzisch. Gegen Graf Ulrich V. von Württemberg (1419-1480) und Bischof Georg von Metz (1459-1484) siegte Friedrich in der Schlacht bei Seckenheim (1462), der Württemberger geriet in Gefangenschaft und kam erst unter Zahlung eines erheblichen Lösegelds frei, der Erwerb der Grafschaft Löwenstein durch Kurpfalz (1441) wurde anerkannt, Pforzheim und Marbach waren nun pfälzisches Lehen. Dagegen blieb das Verhältnis Friedrichs I. zu Kaiser Friedrich III. auch nach Aufgabe der den Konziliarismus fördernden pfälzischen Politik angespannt, zumal der Kurfürst kriegerisch im Erzbistum Köln und im Elsass eingriff. Der Gegensatz zwischen Kaiser und Pfalzgraf steigerte sich bis zur Regensburger Achterklärung des deutschen Herrschers (1475), die aber keine Wirkung entfaltete. Auch nach innen konnte Friedrich I. die Pfalzgrafschaft konsolidieren: Die Ämterverfassung wurde durch Zentralbehörden (Hofgericht 1462) und einen zentralen Haushalt ergänzt, die Besteuerung regional vereinheitlicht, wobei Rheinzölle, Geleitsrechte und Untertanenschatzung eine Rolle spielten, die politische Mitbestimmung der Landstände blieb - im Vergleich zu anderen Territorien - unterentwickelt. Friedrichs Nachfolger Philipp I. (1476-1508) setzte die Politik der Herrschaftskonsolidierung fort, 1486 wurden Burg und Herrschaft Geroldseck der Kurpfalz einverleibt. Im Landshuter Erbfolgekrieg (1504/05) unterlag Philipp jedoch mit seinen Ambitionen auf Bayern der Koalition aus König Maximilian I. (1486/93-1519), dem oberbayerischen Herzog, Schwäbischem Bund, Grafen von Württemberg u.a. Das Ende des Mittelalters sah die Pfalz als hegemenoniales Territorium am nördlichen Oberrhein, umgeben von einer Reihe von (abhängigen) Grafschaften (Eppstein, Erbach, Falkenstein, Hohenlohe, Isenburg-Büdingen, Katzenelnbogen, Leiningen, Nassau, Rieneck, Solms, Sponheim, Wertheim) und den geistlichen Territorien der Erzbischöfe von Mainz und Trier sowie der Bischöfe von Speyer (Gruppen und Konkurrenzen). (Stefan Weinfurter, Staufische Grundlagen der Pfalzgrafschaft bei Rhein; Bernd Schneidmüller, 1214 - Wittelsbachische Wege in die Pfalzgrafschaft bei Rhein; Jörg Peltzer, Die Institutionalisierung des Rangs der Pfalzgrafen bei Rhein im 13. und 14. Jahrhundert; Heinz-Dieter Heimann, Von Pavia nach Heidelberg. Die Hausordnungen der Wittelsbacher im 14. und frühen 15. Jahrhundert: Dynastieformung in der Kontinuität des Gesamthauses; Oliver Auge, König Ruprecht - Versuch einer Bilanz oder: Wie erfolgreich muss ein mittelalterlicher König sein?; Franz Fuchs, Friedrich der Siegreiche - "Der Marc Aurel des Mittelalters"?; Reinhard Stauber, Der Landshuter Erbfolgekrieg - Selbstzerstörung des Hauses Wittelsbach?; Karl-Heinz Spieß, Hegemonie und Repräsentation. Die Kurpfalz im späten Mittelalter). II. Landesherrschaft, Repräsentation: Die Herrschaft der rheinischen Pfalzgrafen ruhte auf verschiedenen, das Territorium der Kurpfalz prägenden Faktoren. Da war zum einen auf wirtschaflichem Gebiet die Existenz von pfalzgräflichen Rheinzöllen (Kaub/Pfalzgrafensteinm , Bacharach, Fürstenberg, Oppenheim, Mannheim, Germersheim, Neuburg), teilweise auch in Pfandschaft (Kaiserswerth, Lahnstein, Boppard, Mainz, Udenheim) sowie der nördliche Oberrhein als Zentrum aschkenasischen Judentums (Mainz, Speyer, Worms; innerhalb der Kurpfalz: Heidelberg, Ladenburg, Mosbach, Neustadt a.d. Weinstraße, Schriesheim, Weinheim; Judenverfolgung unter Pfalzgraf Rudolf II. [1329-1353]; Heidelberg als jüdisches Zentrum unter Pfalzgraf Ruprecht I. [1353-1390]; Judenvertreibung unter Pfalzgraf Ruprecht II. [1390-1398]). Zum anderen brauchte es (durch Burgenpolitik [Kauf, Lehnsverträge, Öffnungsrecht, Pfandnahme] erworbene, selten erbaute) pfalzgräfliche Burganlagen, die als Herrschaftsmittelpunkte und Sitze von herrschaflichen Amtsträgern Landesherrschaft bündeln konnten (frühe Anlagen: Alzey, Cochem, Laach, Rheineck, Stahleck; pfalzgräfliche Territorialpolitik: Fürstenberg, Gutenfels/Kaub/Pfalzgrafenstein, Sauerburg, Stahlberg). Auch die Anbindung (nieder-) adliger (Ritter-) Familien aus bestimmten Regionen (Speyergau, Wormsgau, Odenwald, Bauland, Kraichgau, unterer Kocher, Elsass, Ortenau) betrieben die Pfalzgrafen erfolgreich (Versorgung von Adligen mit kirchlichen Pfründen [Domkirchen von Speyer und Worms], Adlige und der kurfürstliche [Heidelberger] Hof, Adlige als kurfürstliche Räte: Erligheim, Fleckenstein, Gemmingen, Handschuhsheim, Helmstatt, Hirschhorn, Lachen, Landschad von Steinach, Lustadt, Mentzingen, Neipperg, Rosenberg, Sickingen, Schliederer von Lachen, Schnittlauch, Venningen, Zeiskam). Es gelang zudem die Unterstellung von Klöstern und Stiften unter die Vogtei bzw. Schirmherrschaft (Reformen) der Pfalzgrafen (Frankenthal, Kirschgarten, Limburg, Lorsch, Neuburg, Neustadt, Nonnenmünster, Otterberg, Schönau, Schönfeld, Selz, Sponheim, Weißenburg). Schließlich sei auf eine verstärkte Schriftlichkeit innerhalb von Herrschaft und Verwaltung hingewiesen, die einherging mit der Ausförmung einer festen Kanzlei und einer territorialpolitisch verankerten Ämterverfassung (Kopialbuch des Konrad von Aschaffenburg [1356], Nikolaus von Wiesbaden als "oberster Schreiber [ab 1375], kurpfälzisches Lehnsbuch [1398/1401], Kanzlei König Ruprechts [1400/10], Kanzler Matthias Ramming [1457/78]). Politisch wirksam erwies sich auch die fürstlich-politische Repräsentation der pfalzgräflichen Herrscher, sei es in der Entwicklung Heidelbergs zur kurpfälzischen Residenz (obere und untere Burg in Heidelberg, [Stiftskirche in Neustadt], Heiliggeistkapelle in Heidelberg als Palastkapelle, Grablege Friedrichs des Siegreichen [Doppeldeckergrabmal im Franziskanerkloster]), sei es im Bereich fürstlicher Bildung (Gründung der Universität Heidelberg 1386 [Marsilius von Inghen], Literatur [Weltchronik des Rudolf von Ems, Limburgroman des Johann von Soest] und [kurpfälzische] Historiografie [Matthias von Kemnath, Peter Luder, Michel Beheim] am pfalzgräflichen Hof) (Ingo Runde, Der Rhein als Wirtschafts- und Verkehrsachse; Reinhard Friedrich, Pfalzgräfliche Burganlagen - Herrschaftsmittelpunkte, Amtssitze und Mittel der Burgenpolitik; Volkhard Huth, Zur Bedeutung der Pfalzgräfinnen für die Dynastie der rheinischen Wittelsbacher; Konrad Krimm, Fürsten am Rhein im 14. und 15. Jahrhundert. Gruppen und Konkurrenzen; Kurt Andermann, Die Integration des Ritteradels in den Pfälzer Hof; Thorsten Unger, Klöster und Stifte in der Kurpfalz; Volker Rödel, Ämter und Kanzlei am kurpfälzischen Hof; Johannes Heil, Juden unter kurpfälzischer Herrschaft; Wolfgang Eric Wagner, Die Universität Heidelberg als Innovationszentrum?; Birgit Studtt, Historiographie am Heidelberger Hof; Martina Backes, Das literarische Leben im Umkreis der pfälzischen Wittelsbacher; Thorsten Huthwelker, Maximilian Wemhöner, "Chescune maison souffiroit à logier ung bien grandt roy" - Repräsentation von Rang durch Architektur bei den Wittelsbachern am Rhein). [Buhlmann, 08.2024]
Penning, Wolf D. (2008), Vom Pagen am kurfürstlichen Hof zum Komtur des Deutschen Ordens. Zur Jugend- und Familiengeschichte Caspar Antons von Belderbusch, in: AHVN 211 (2008), S.103-155, behandelt Kindheit, Jugend und Erziehung des Caspar Anton von der Heyden gen. Belderbusch (*1721-†1784). 1741/42 war Caspar Anton Page am kurkölnischen Hof, begleitete den Kölner Erzbischof Clemens August von Bayern (1723-1761) zu Kaiserwahlen und Kaiserkrönungen (1741/42, 1745, 1751/52), trat 1748 in den Deutschen Orden ein, dessen Komtur in Ramersdorf er mit erzbischöflicher Protektion schon 1749 wurde. Penning, Wolf D. (2012), Kurkölnischer Hofkammerpräsident und Koadjutor des Landkomturs. Der Aufstieg Caspar Antons von Belderbusch am Hofe Clemens August und im Deutschen Orden von 1751-1761, in: AHVN 215 (2012), S.17-71, beleuchtet die weitere Karriere Caspar Antons am Hof des Kölner Erzbischofs und Hochmeisters des Deutschen Ordens Clemens August; Caspar Anton wurde 1752 Komtur der Deutschordenskommende Ordingen (innerhalb der Deutschordensballei Altenbiesen), war 1755/56 auf der Italienreise des Erzbischofs und Kurfürsten für die Reisekasse zuständig (Reisekostenabrechnung von 1756), wurde 1756 Mitglied der erzstiftischen Ritterkurie, - im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) und in Jahren desolater Finanzen im Erzbistum Köln - Hofkammerpräsident und Geheimer Rat, zudem Oberbaukommissar und Intendant des Bonner Hoftheaters, war 1757 kurzfristig Gesandter des Kurfürsten am französischen Hof, wurde im selben Jahr Komtur von Aachen und Koadjutor des Landkomturs der Ballei Altenbiesen; der Tod seines kurfürstlichen Gönners am 6. Februar 1761 hatte dann entscheidenden Einfluss auf die weitere Karriere Belderbuschs. Diese setzte sich unter dem neuen Kölner Kurfürsten und Erzbischof Maximilian Friedrich (1761-1784) bzw. unter dem neuen Hochmeister des Deutschen Ordens Carl Alexander von Lothringen (1761-1780) nahtlos fort, konnte Caspar Anton seine Ämter sowohl im Kurfürstentum (Hofkammerpräsident, Geheimer Konferenzrat) als auch im Deutschen Orden (Koadjutor des Landkomturs von Aldenbiesen) weiter behaupten bzw. ausweiten (Komtur von Gruitrode 1762, Oberpolizeidirektor von Bonn 1764, Chur- und Fürstlicher Würcklicher Staatsminister 1766, Landkomtur in Aldenbiesen 1766, Erster Konferenzminister 1767, Commissarius perpetuus für die rheinischen und westfälischen Landtage 1768). Grundlagen des weiteren Aufstiegs Belderbuschs zur Macht waren u.a. seine Unterstützung der kurfürstlichen Politik (Maximilian Friedrich als Fürstbischof von Münster 1762) und die erfolgreichen Sparmaßnahmen zur Haushaltskonsolidierung im Kurfürstentum (Baumaßnahmen in Bonn und Brühl, Reduzierung der Hofhaltung in Bonn, Überlassung der Zollstelle Kaiserswerth an das Herzogtum Berg 1768), die einhergingen mit einer Reorganisation der Verwaltung im Kölner Erzbistum; Penning, Wolf D. (2017), Kurkölnischer Erster Conferentzminister und Landkomtur des Deutschen Ordens. Der Weg Caspar Antons von Belderbusch an die Macht unter dem Kurfürsten Maximilian Friedrich in den Jahren 1761-1768, in: AHVN 220 (2017), S.171-215. Als Erster Konferenzminister prägte Belderbusch in seinen letzten knapp zwanzig Lebensjahren die Politik im und des Kurfürstentums Köln maßgeblich auf eine flexible, jeweils unterschiedliche Interessen zusammenführende Art und Weise im Sinne einer "Staatsraison"; zudem hatte der Kölner Erzbischof am Regierungshandeln nur wenig Interesse. Regelungen betrafen im Zuge von Merkantilismus und Protektionismus meist nur zurückhaltende wirtschaftliche Maßnahmen des Ministers innerhalb des Kurfürstentums (1763/82; Sparsamkeit bei den Ausgaben, zurückhaltende Gewerbeförderung [Manufakturen], Reduzierung der Feiertage [1770], Getreideknappheit und -magazine [1770/71], Trauerverordnung [1778]); die Gründung einer kurfürstlichen (Rechts-) Akademie in Bonn (1777/83) entsprach rationalistischen Beweggründen Belderbuschs, ebenso eine Reform des Gymnasialschulwesens im Kurfürstentum. Eingebunden war Belderbusch auch in Intrigen am kurfürstlichen Hof und in damit zusammenhängende Streitigkeiten in der eigenen Familie (1772/79), zudem brachte Belderbuschs Ernennung zum Obristland-, Obrist- und Erbhofmeister (1780) diesen unvermeidlich näher an den Hofstaat des Kurfürsten. Im Zusammenhang mit der Wahl des Erzherzogs Maximilian Franz von Österreich zum Kodadjutor in den Bistümern Köln und Münster (1780) wurde Belderbusch kaiserlicher Rat (1776). Als auf Repräsentation bedachter Karrierist war Belderbusch weiterhin Landkomtur der Deutschordenskommende Alden Biesen und erwarb weiterhin umfänglich Besitz und Herrschaften (Rittersitz Arloff, Belderbuscher Hof in Bonn, Herrlichkeit Kreuzberg, Rittersitz Müggenhausen, Weinzehnte als Mannlehen u.a.). Der Endpunkt von Belderbuschs Karriere stellte schließlich dessen Erhebung in den Reichsgrafenstand dar (1782); Penning, Wolf D. (2019), Zwischen Schlossbau und Karrierekrise. Der kurkölnische Erste Conferentzminister und Landkomtur des Deutschen Ordens Caspar Anton von Belderbusch in den Jahren 1768-1773, in: AHVN 222 (2019), S.171-221, Penning, Wolf D. (2020), Caspar Anton von Belderbusch auf der Höhe der Macht. Politik, Hofintrigen, Familienwirren und die Erhebung in den Reichsgrafenstand (1766-1784), in: AHVN 223 (2020), S.125-194. Caspar Anton von Belderbusch starb am 2. Januar 1784; Penning, Wolf D. (2009), Pour enrichir sa famille (I). Das Testament des Landkomturs des Deutschen Ordens und kurkölnischen Staatsministers Caspar Anton von Belderbusch von 1781, in: AHVN 212 (2009), S.267-314, Penning, Wolf D. (2011), Pour enrichir sa famille (II). Der Nachlass des Landkomturs des Deutschen Ordens und kurkölnischen Ersten Staatsministers Caspar Anton von Belderbusch (1722-1784), in: AHVN 214 (2011), S.99-167, beleuchten das Testament Caspar Antons und die Erbschaftsangelegenheiten nach dem Tod des kurkölnischen Staatsministers. Gemäß Penning, Wolf D. (2011), Eine unglückliche Eingabe an den Kurfürsten. Johann von Beethoven und der kurkölnische Erste Staatsminister Caspar Anton von Belderbusch. Eine kriminalistische Spurensuche, in: AHVN 214 (2011), S.169-185, versuchte Johann von Beethoven (†1792), Mitglied der kurfürstlichen Hofkapelle und Vater des berühmten Komponisten Ludwig von Beethoven, aus dem Tod des Caspar Anton von Belderbusch als "Trittbrettfahrer" mit überzogenen Forderungen und Täuschungen (Fälschung einer Unterschrift) Gewinn zu ziehen, was jedoch gründlich misslang. [Buhlmann, 06.2013, 04.2022]
Penning, Wolf D. (2013), ... daß hierin verschiedne Mißbräuch und fremden sogar in die Augen fallende unanständige Unordnungen eingeschlichen ... Zum Zustand des höfischen Zeremoniells sowie zur Nutzung des Neuen Appartements und weiterer Räumlichkeiten in der Bonner Residenz unter dem Kölner Kurfürsten Maximilian Friedrich, in: AHVN 216 (2013), S.155-190. Unter dem Kölner Kurfürsten Maximilian Friedrich von Königsegg-Rothenfels (1761-1784) war Freiherr Joseph Clemens von der Vorst zu Lombeck und Lüftelberg Obristhofmarschall (1766) bzw. Obristkämmerer (1770). In diesen Funktionen kümmerte sich von der Vorst auch um das Hofzeremoniell am Hof des Kurfürsten (Promemoria über den Zugang zur kurfürstlichen Tafel 1770, Entwurf einer "Erneuerten Kammerordnung" 1770, Verordnung über den Hoftheaterbesuch 1771, [Schreiben an den Kölner Kurfürsten Maximilian Franz (1784-1801) von 1784]). (Nicht nur) im Zeitalter von "Absolutismus" und Barock spielte das Hofzeremoniell als Regelwerk am landesherrlichen Hof des Kölner Erzbischofs und Kurfürsten eine wichtige Rolle bei der repräsentativen Darstellung von Herrschaft und Macht im architektonischen Rahmen des Bonner Residenzschlosses (Neues Appartement, hinteres Kabinett, Große Galerie, Speisesäle). Jedoch wurden Hofzeremoniell und Etikette nach Einschätzung des konservativen von der Vorst nur unzureichend befolgt. Während der Regierung Maximilian Friedrichs wurde die Zahl der Kämmerer und Titularkämmerer stark verringert (1783: 127), Ausfluss von Sparmaßnahmen und des mehr das Private Betonende des Kurfürsten (Neues Appartement als Rückzugsmöglichkeit). [Buhlmann, 05.2014]
Penning, Wolf D. (2014), Caroline von Satzenhoven - Äbtissin von Vilich (1728-1785) und Lebensgefährtin des Landkomturs und kurkölnischen Ministers Caspar Anton von Belderbusch. Dokumente und Materialien zu einer Biographie, in: AHVN 217 (2014), S.149-191, Stammtafel. Johanna Caroline Gräfin von Satzenhofen (*1728-†1785) gehörte der (ursprünglich) bayerischen Adelsfamilie der Satzenhofen im Umfeld der Kölner Kurfürsten und Erzbischöfe an. Auf Grund einer "ersten Bitte" (Preces) des wittelbachischen römisch-deutschen Kaisers Kaiser Karl VII. (1742-1745) erhielt Caroline 1747 eine Präbende am Frauenstift Nottuln, einer "Versorgungsanstalt des Adels". 1762 wurde sie Äbtissin im Damenstift Vilich. Nicht zuletzt war Caroline die langjährige Lebensgefährtin und Geliebte des kurkölnischen Ersten Ministers Caspar Anton von Belderbusch (1772-1784), was ihr jedenfalls eine "schlechte Presse" eintrug (Schmähschriften 1784). Sie beteiligte sich an der Umgestaltung des Schlosses Miel durch Belderbusch (1767/85) und sah sich nach dem Tod Belderbuschs veranlasst, selbst ein Testament zu verfassen (1784). Ein knappes Jahr später starb Caroline (1785). Porträts und Bildnisse (1772/84) zeigen sie zusammen mit dem Ersten Minister, aber auch als Villicher Äbtissin. [Buhlmann, 01.2017]
Penth, Sabine (2010), Die Reise nach Jerusalem. Pilgerfahrten ins Heilige Land (= Geschichte erzählt), Darmstadt 2010, 142 S., € 14,90. Betrachtet wird der Zeitraum von der Antike der römischen Kaiserzeit bzw. Spätantike bis zum Beginn der frühen Neuzeit. Die Wallfahrten ins Heilige Land reichen zurück bis in die 2. Hälfte des 2. und das 3. Jahrhundert, als christliche Bischöfe (Melito von Sardes, Alexander von Kappadokien), Geistliche (Pionius von Smyrna) und "Kirchenväter" (Clemens von Alexandrien, Origines) aus kirchlich-theologischem Interesse heraus Palästina besuchten. Erst die konstantinische Wende und vielleicht auch die Reise der Kaiserin Helena ins Heilige Land (angebliche Auffindung des Kreuzes Christi) beförderten seit dem 4. Jahrhundert die Wallfahrten zu den heiligen Stätten (Jerusalem, Bethlehem, Nazareth u.a.) aus Gründen der Frömmigkeit und der christlichen Verehrung (Heil und Reliquien) (Pilger von Bordeaux 333, Nonne Egeria 381/84, Paula und Hieronymus 385/86). In oströmisch-frühbyzantinischer Zeit kam es noch zu einer Ausweitung des Pilgerwesens (Kaiserin Eudokia 438/39/60, Pilger von Piacenza ca.570). Mit der islamischen Eroberung Palästinas änderten sich die bis dahin geltenden politischen Rahmenbedingungen; trotzdem blieben Wallfahrten ins Heilige Land möglich (Bischof Arkulf ca.680, Willibald von Eichstätt 723, Mönch Bernhard ca.870) und erlebten im 10. und 11. Jahrhundert einen erneuten Aufschwung (Bischof Gunther von Bamberg 1065). Das Zeitalter der Kreuzzüge (1095/96-1291) war geprägt durch die "Wallfahrt in Waffen", die neben die unbewaffnete Wallfahrt trat (Saewulf von Malmesbury 1102, Wilbrand von Oldenburg 1211/12, Burchard von Monte Sion ca.1283). Die Mamlukenzeit in Ägypten und der Levante während des 14. und 15. Jahrhunderts befördete die Reisen ins Heilige Land weiter (Felix Fabri 1480/83, Bernhard von Breydenbach 1483, Konrad Grünemberg 1486/87, Pietro Casola 1494). Hinzu kamen nun die spätmittelalterlichen Bildungsreisen von Adligen und Fürsten (Pfalzgraf Ottheinrich 1521). Die osmanische Eroberung Syriens, Palästinas und Ägyptens (1516/17) sowie die Reformation in Europa entzogen am Ende des Mittelalters der Wallfahrt ins Heilige Land wesentliche Grundlagen. Die Reise nach Jerusalem hatte indes auch in der frühen Neuzeit eine wenn auch geringe Bedeutung. Dabei waren die Palästinareisen seit dem hohen Mittelalter meist Seereisen (von italienischen Handelsstätten bzw. von Venedig aus, "Pauschalreisen" des 15. Jahrhunderts, Besuch der heiligen Stätten in Palästina und Ägypten) und Pilgerfahrten (insbesondere von Mönchen und Nonnen) nicht unumstritten (Kritik an Wallfahrten durch Hieronymus, Gregor von Nyssa, Bernhard von Clairvaux). [Buhlmann, 04.2011]
Penzoldt, Günther (1965), Georg Büchner (= Friedrichs Dramatiker des Welttheaters 9), Velber 31972 > B Büchner, Georg
Perdue, Theda, Green, Michael D. (2013), Die Indianer Nordamerikas (= RUB 19026), Stuttgart 2013, 200 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, € 6,60. I. Die Ureinwohner des nordamerikanischen Kontinents waren Nachfahren von wohl während der Eiszeit über die Beringstraße über Alaska nach Amerika gelangten Gruppen von menschlichen Jägern und Sammlern (vor 25000/11000 Jahren). Fassbar wird menschliche Existenz in Amerika - neben archäologischen Überresten in Monte Verde (Chile, vor 14500 Jahren) und in Paisley (Oregon, vor 14300 Jahren) - erstmals in den Speerspitzen der paläoindianischen Clovis-Kultur (Clovis in New Mexico, Jagd auf Bison und Mammut, vor 13300 Jahren). Die mit dem Ende der Eiszeit (vor 12900 Jahren) einsetzenden nicht nur klimatischen und geografischen Veränderungen ließen Jäger- und Sammlergruppen der großen nordamerikanischen Ebenen (Bisonjagd) und westlich und östlich davon entstehen (Jagdplätze der Nach-Clovis-Zeit, Bevölkerungswachstum). Dauerhaftere Bindungen menschlicher Gruppen an bestimmte Orte sind für die Zeit vor 6500 Jahren feststellbar. Im nordamerikanischen Südwesten breitete sich vor 3500/2000 Jahren durch Übernahme von Mais-, Bohnen- und Kürbisanbau aus Mexiko Ackerbau aus (Wohnbauten, Lagerhäuser und Dörfer, Keramik [Sesshaftigkeit]); als Ackerbaukulturen sind in Südarizona zwischen 900 und 1500 n.Chr. die Hohokam-Kultur (Bewässerungssysteme), in Utah-Colorado-New Mexico-Arizona die Anaszi-Kultur bis zum 15. Jahrhundert n.Chr. zu nennen. Im Osten Nordamerikas gelang an Ohio, Tennessee, Ilinois und Mississippi vor 3500 Jahren der Übergang zum Ackerbau; die Erdbauten und Grabhügel (Mounds) der bis um 400 n.Chr. bestehenden Hopewell-Kultur im südlichen Ohio verweisen auf eine hohe politische Organisation, auf Wirtschaft und Handel; im Südosten Nordamerikas entstand um 800/1000 n.Chr. die hierarchisch organisierte (Erdhügel), bäuerliche Mississippi-Kultur, die bis ins 16. Jahrhundert Bestand gehabt hatte. Alle Indianerkulturen beruhten auf Geschlechtertrennung (Patri- und/bzw. Matrilinearität) und auf einer starken Betonung von (auch fiktiven) wechselseitigen Verwandtschaftsverhältnissen, die die politischen Regeln der Innen- und Außenbziehungen von Stämmen bestimmten. Der politischen Zersplitterung der wahrscheinlich 5 bis 8 Millionen Bewohner Nordamerikas entsprach die Vielzahl von 400 indianischen Sprachen (Ende des 15./Anfang des 16. Jahrhunderts n.Chr.). II. Mit der "Entdeckung Amerikas" (1492) und der "Indianer" traten als Krankheiten (Pocken) und Gewalt verbreitende Invasoren und Kolonialmächte Spanien, England und Frankreich im nordamerikanischen Raum in Erscheinung. Die Spanier setzten sich in Florida (Gründung St. Augustines 1565) und New Mexico (1598) fest (spanisches Missionssystem), die Engänder an der nordamerikanischen Ostküste in Jamestown (1609), Plymouth (1620) und Boston (1629), die Franzosen kontrollierten einen Raum von Quebec (1608) bis Louisiana (Gründung von New Orleans 1718). Spätestens im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) setzten sich die Engländer gegenüber den Franzosen durch; die Siedlungs- und Handelsaktivitäten (Felle, Pelze, Waffen, indianischer Sklavenhandel) der englischen Kolonisten drängten indianische Stämme (Pequot-Mohegan, Mohawk, Irokesen, Powhatan, Shawnee, Miami, Potawotani, Chickasaw, Creek, Yamasee) trotz deren anhaltendem Widerstand (Powhaten-Kriege 1608/14, 1622/46, Pequot-Krieg 1636/38, Bacon's Rebellion 1676, Tecumseh-Krieg 1812/14) aus Neuengland, Virginia, den Carolinas und Georgia heraus. Die erfolgreiche Gründung der Vereinigten Staaten von Amerika (1776) verschärfte die Situation der indigenen Völker noch, die Indianerpolitik der USA wurde von der Abtretung von indianischem Land und der Umsiedlung und Vertreibung von Indianern bestimmt (Zivilisierungsprogramm [Regierungsbeamte, Missionare; Beginn des 19. Jahrhunderts], Landkauf und Landabtretung [1830er-Jahre], Vertreibung der Indianer [1830/50]). Die indianischen Stämme im Westen, in den Plains (Iowa, Ponca, Omaha, Sioux, Wichita, Comanche, Ute, Apachen, Shoshone, Cheyenne, Navajo, Pueblo-Indianer) profitierten zunächst durch den Handel und die damit verbundene Verbreitung der von Europäern nach Nordamerika gebrachten Pferde (Bisonjagd mit Pferden, Handel mit Büffelfellen [19. Jahrhundert]), gerieten jedoch infolge des Kaufs des französischen Louisiana-Territoriums durch die USA (1803), des Krieges zwischen Mexiko und den Vereinigten Staaten (1846-1848) und des "Goldrauschs" in Kalifornien (1848) zunehmend in Gegensatz zu den vordringenden US-amerikanischen Siedlern (Apachen-Kriege 1860/90, Navajo-Krieg 1864/68, "Großer Sioux-Krieg" 1874/77, Massaker am Wounded Knee 1890). III. Nach dem Ende der Epoche der Indianerkriege (1890) wurde die weitgehend in Reservate abgedrängte indigene Bevölkerung Nordamerikas zunächst zum Opfer der US-amerikanischen Assimilierungs- (Schulen und Internate, handwerkliche Ausbildung) und Landzuteilungspolitik (Parzellierung und Zuteilung von Land). Erst ab den 1930er-Jahren setzte in den USA ein (auch kulturpolitischer) Wandel hin zu politischer Souveränität und wirtschaftlicher Autonomie der Indianer ein (Indian Reorganisation Act 1934, indianische Soldaten im Zweiter Weltkrieg [1940-1945], Eingliederung Alaskas in die USA 1959, Rohstoffvorkommen in Indianerreservaten, Stammessouveränität und Wirtschaftsentwicklung in den Reservaten [Tabak- und Benzinverkauf, Glücksspiel], Rücksschritten wie der Terminationspolitk (1950er-Jahre) zum Trotz. IV. Die Selbstbehauptung der Indianer fand neben Politik und Wirtschaft auch in der Betonung ihrer kulturellen Souveränität ihren Ausdruck (europäische Klischees ["Wildheit", "Primitivität", James Fenimore Coopers Roman "Der letzte Mohikaner", Western] und europäische Wissenschaft [Anthropologie] gegen die Vielfalt indianischer Kultur(en) [Sprachen, kulturelle Traditionen, Journalismus und Belletristik, Kunst, Bildungswesen]). [Buhlmann, 09.2013]
Pernoud, Régine (1976), Königin der Troubadoure. Eleonore von Aquitanien (= dtv 1461), München 91991 > T Turner, Eleonore von Aquitanien
Pernoud, Régine (1988), Die Heiligen im Mittelalter. Frauen und Männer, die ein Jahrtausend prägten, Bergisch-Gladbach 1988 > H Heilige des Christentums
Pernoud, Régine (1991), Herrscherin in bewegter Zeit. Blanca von Kastilien, Königin von Frankreich, München 1991, 333 S., DM 34,-, (= dtv 30359), München 41997, 333 S., DM 16,90. Blanca (Blanche) von Kastilien (*1188-†1252) war eine Tochter König Alfons' VIII. von Kastilien (1158-1214) und der Eleonore von England, Tochter der Eleonore von Aquitanien. Verheiratet wurde Blanca mit dem späteren König Ludwig VIII. von Frankreich (1223-1226) (1200); aus ihrer Ehe mit Ludwig gingen u.a. hervor der Thronfolger Ludwig IX. der Heilige (1226-1270), Alfons, Isabella und Karl von Anjou, der spätere König von Sizilien (1266-1285). In der kurzen Regierungszeit Ludwigs VIII. profilierte sich Blanca durch ihre Teilnahme an wichtigen politischen Entscheidungen, nach Ludwigs Tod bei dessen Rückkehr vom Albigenserkreuzzug (1226) übernahm sie als Regentin für ihren minderjährigen Sohn Ludwigs IX. die Regierungsverantwortung im französischen Königreich. U.a. hatte sie am Anfang ihrer Regierung die Gegnerschaft mächtiger Barone (Bretagne, Champagne, Lusignan) und des Grafen Raimund VII. von Toulouse zu überwinden (Verträge von Vendôme [1227], Meaux-Paris [1229]). Das östliche Languedoc (1229) und die Grafschaft Toulouse (1249) gelangten in der Folge an das französische Königreich, während der Erwerb der Provence scheiterte. Mit dem Jahr 1235 begann die selbstständige Regierungszeit von Blancas Sohn Ludwig IX. Blanca selbst blieb weiterhin politisch tätig (Aufstand Hugos von Lusignan, Niederlage des englischen Königs Heinrich III. [1216-1272] vor Taillebourg [1242]) und zog sich erst 1245 aus der Politik zurück, um 1248 ein weiteres Mal die Regentschaft im Königreich anzutreten. Damals begab sich Ludwig IX. auf den Kreuzzug (1248-1252); Blanca hatte sich währenddessen innenpolitisch mit der Bewegung der Pastorellen auseinanderzusetzen. 1244 war von ihr die Zisterzienserabtei Maubuisson gestiftet worden. Als Blanca am 27. November 1252 in Paris starb, wurde ihr Leichnam dorthin überführt. Charakterisiert wurde Blanca, die Herrscherin und Klosterstifterin, u.a. als eine "Frau mit männlicher Seele". [Buhlmann, 08.2023]
Pernoud, Régine (1994), Der Abenteurer auf dem Thron. Richard Löwenherz, König von England, München 1994 > R Richard Löwenherz
Pernoud, Régine (1996), Hildegard von Bingen. Ihre Welt - ihr Wirken - ihre Visionen (= Herder Tb 4592), Freiburg i.Br.-Basel-Wien 1999 > H Hildegard von Bingen
Person-Weber, Gerlinde (2001), Der Liber decimationis des Bistums Konstanz. Studien, Edition und Kommentar (= FOLG 56), Freiburg i.Br.-München 2001, 519 S., DM 56,-. Nach langer Sedisvakanz (1268/71) wurde der Lütticher Archidiakon Tedaldo Visconti zum Papst (Gregor X., 1271/72-1275) gewählt. Als "Kreuzzugspapst" mit Erfahrungen in Outremer, den (Resten der) Kreuzfahrerstaaten im Heiligen Land (terra sancta), entwickelte Gregor X. Pläne zur Wiedergewinnung der Heiligen Stätten der Christenheit. Das 2. Konzil von Lyon (1274) sollte diesbezüglich Weichenstellungen geben (subsidium terre sancte als "Papstzehnt", Kreuzzugskonstitution Zelus fidei, unio Grecorum). Nach dem Konzil beschäftigte das Kreuzzugsunternehmen den Papst weiter (Kreuzzugsgelübde, Werbung). Der "Papstzehnt" reiht sich ein in eine Abfolge von Kreuzzugssteuern ab dem Jahr 1166 (England 1166; England, Frankreich 1185; Saladinszehnt 1188; Steuer Papst Innozenz' III. 1199). Er sollte über sechs Jahre zweimal im Jahr (Weihnachten, Geburtsfest Johannes' des Täufers) von geistlichen Personen und Würdenträgern gezahlt werden, wobei die Ritterorden davon befreit waren und sich die Zisterienser durch Ablösegeld davon befreiten. Es gab eine Steuerfreigrenze, Stiftungen und Schenkungen wurden nicht angerechnet, ebenso Ausgaben zur Erbringung des Einkommens. Die Höhe der Einkünfte - einschließlich z.B. landwirtschaftlicher Erlöse und pfarreilicher Gebühren - musste von den Geistlichen beeidet werden, bei verliehenen geistlichen Gütern hatte der Leihenehmer für den Zehnten aufzukommen. Auch residierende Geistliche und deren Vikare bzw. Kapläne wurden bei der Steuer berücksichtigt. Zur Begleichung des Zehnts waren mitunter auch Kirchengüter zu verpfänden. Im Falle von Steuervergehen sah der Papst nach Prüfung die Exkommunikation des Steuerbetrügers vor. Die Steuern als Gelder wurden auf der Ebene der Diözese von collectores eingesammelt; hier kam der schriftlichen Rechenschaftslegung eine wichtige Rolle zu. Die eingesammelten Gelder wurden bis zu deren Abruf in Säcken und Truhen deponiert. Der "Papstzehnt" von 1274/75 hat in den Bistümern Deutschlands Spuren hinterlassen (Mainzer Kirchenprovinz: Augsburg, Bamberg, Chur, Eichstätt, Halberstadt, Hildesheim, Mainz, Paderborn, Speyer, Straßburg, Verden, Worms, Würzburg; Basel u.a.; aber auch Verweigerung des Kreuzzugszehnten bei einigen Bistümern). Aus dem Bistum Konstanz ist dann der Liber decimationis (1274/75; Erzbischöfliches Archiv Freiburg, Codex Ha 56) überliefert, der - nach Dekanaten, Pfarreien, Klöstern und Stiften geordnet - detailliert Auskunft gibt über die von Geistlichen, Kirchen, Klöstern und Stiften an die Kollektoren Propst Heinrich von St. Stephan (Konstanz) und Domdekan Walko (Konstanz) abzuführenden Steuern (Geldboten, Schreiber). Der unter dem Konstanzer Bischof Rudolf II. von Habsburg-Laufenburg (1274-1293) angelegte Liber decimationis ist nicht original überliefert, sondern ist eine Abschrift von zwei (Haupt-) Schreibern des 14. Jahrhunderts. Der vordere Teil des Pergamentcodex umfasst den Liber decimationis (fol.1r-97v), weiter einen Liber quartarum (fol.98r-108v) und einen Liber bannalium (fol.109v-115r) mit einem Index Capitulorum Ruralium (fol.117v). Der Codex stellt also eine Einkünfteverzeichnis des Konstanzer Bischofs dar, die Folioblätter sind eingebunden zwischen zwei mit Leder bezogenen Holzdeckeln. [Buhlmann, 09.2016]
Peschke, Hans-Peter von, Feldmann, Werner, Kochbuch der alten Römer, Mannheim 2012 > C Cech, Lukullische Genüsse
Pescio, Claudio (1979), Vollständiger Führer für den Besuch der Uffizien, Florenz 1979 > F Florenz
Peters, Heinz (1957), St. Peter und Paul in Ratingen. Eine frühe deutsche Hallenkirche (= BGR 1), Ratingen 1957 > B Beiträge zur Geschichte Ratingens
Peters, Leo (2011), Tod und Beisetzung der Amtmanns- und Marschallsgattin Henrica Freifrau von Spiering in Sinzig 1627, in: AHVN 214 (2011), S.77-198, behandelt die dreitägigen Beisetzungsfeierlichkeiten (Vorbereitungen [Einbalsamierung der Toten u.a.], Seelenmessen, Trauergäste, Beileidsbekundungen u.a.) für die verstorbene Ehefrau des herzoglich-jülich-bergischen Marschalls und Diplomaten Franz Freiherr von Spiering (*1582-†1649). [Buhlmann, 06.2012]
Peters, Leo (2013), Unbekannte Quellen zur Armierung der Festung Jülich im 16. und 17. Jahrhundert. Der Vollzug von Artikel 88 des Pyrenäenfriedens von 1659, in: AHVN 216 (2013), S.95-153. Die frühneuzeitliche Festung Jülich, infolge der Belagerung und Eroberung im Jahr 1610 zunächst in der Verfügung des brandenburgischen Kurfürsten und des Pfalzgrafen von Neuburg, 1622 durch spanische Truppen erobert, im Zuge des Pyrenäenfriedens (1659) im Besitz des Herzogs von Pfalz-Neuburg und Jülich-Berg, wies zu allen Zeiten eine starke Armierung auf (Waffen, Geschütze, Munition; Entnahme von Bewaffnung und Munition durch die Spanier 1671/72), erkennbar u.a. an den Inventaren (1612 [Münchener Inventar], 1622, 1660) und der Aufteilung der Armierung zwischen Spanien und Jülich-Berg (1671/72). [Buhlmann, 05.2014]
Peters, Wolfgang (2011), Zu den Schreiben Papst Alexanders II. und Papst Gregors VII. an die Erzbischöfe Anno II. und Hildolf von Köln, in: AHVN 214 (2011), S.19-34. Das von den ezzonischen Pfalzgrafen gestiftete Benediktinerkloster Brauweiler hatte die verwitwete polnische Königin Richeza (†1063) mit dem praedium Klotten (a.d. Mosel) begabt, doch übereignete nach dem Tod Richezas Erzbischof Anno II. von Köln (1056-1075) das Gut dem Kölner Stift St. Maria ad gradus, was Proteste der Brauweiler Mönche hervorrief. Die Vita Wolfhelmi abbatis Brunwilarensis des Brauweiler Mönchs Konrad vom beginnenden 12. Jahrhundert überliefert einige Etappen des Streits zwischen Brauweiler und den Kölner Erzbischöfen und ein gefälschtes Schreiben Papst Gregors VII. (1073-1085) an Erzbischof Hildebold (1076-1078) von 1077, das die Rückerstattung des Moselguts an das Kloster verfügte. Das Schreiben weist Parallelen zu einem Schreiben Papst Alexanders II. (1061-1073) an Erzbischof Anno II. von 1067 auf. Der Papst sprach sich darin für die Beibehaltung des benediktinischen Doppelklosters Stablo-Malmedy aus, nachdem dieses 1065 durch Entscheidung König Heinrichs IV. (1056-1106) an die Kölner Kirche gelangt und eine Abtrennung Malmedys von Stablo verfügt worden war. Abt Theodericus und Mönche des Klosters Stablo bemühten sich - wie der Triumphus sancti Remacli de Malmundariensi coenobio darlegt - um die Wiederherstellung des Doppelklosters und hatten damit beim Lütticher Hoftag König Heinrichs von 1071 Erfolg. Der nach 1071 verfasste Triumphus hingegen übernahm und veränderte Teile eines echten Briefes Papst Alexanders II. und wurde damit zur Vorlage des angeblichen Papstschreibens Gregors VII., das Konrad von Brauweiler in die Vita Wolfhelmi platzierte. [Buhlmann, 03.2012]
Petersdorff, Dirk von, Geschichte der deutschen Lyrik (= BSR 2434), München 2008, 124 S., Gedichtbeispiele, € 7,90. Folgende Epochen in der Geschichte deutscher Lyrik sind zu beachten: a) althochdeutsche Epoche (ca.750-ca.1050) ("Petruslied", "Merseburger Zaubersprüche"); b) mittelhochdeutsche Epoche (ca.1050-ca.1350) (Minnesang [Der von Kürenberg, Friedrich von Hausen, Heinrich von Morungen, Wolfram von Eschenbach, Walther von der Vogelweide, Neidhart von Reuental]); c) frühneuhochdeutsche Epoche (ca.1350-ca.1600) (Meistersang [Hans Sachs], Lyrik, Gedichte [Oswald von Wolkenstein, Ulrich von Hutten, Martin Luther]); d) Barock (ca.1600-ca.1720) (Lyrik [u.a. Sonette; Andreas Gryphius, C. Hoffmann von Hoffmannswaldau]); e) Aufklärung, Sturm und Drang (ca.1680-ca.1800) (Lyrik [Albrecht von Haller, Johann Wolfgang Goethe, Friedrich Gottlieb Klopstock, Jakob Michael Reinhold Lenz, Friedrich Schiller]); f) Klassik und Romantik (1786-ca.1830) ([Gedanken-] Lyrik [Achim von Arnim, Clemens Brentano, Joseph von Eichendorff, Johann Wolfgang Goethe, Friedrich Hölderlin, Heinrich von Kleist, Friedrich Schiller]); g) Vormärz und Realismus (ca.1830-ca.1890) ([politische] Lyrik [Annette von Droste-Hülshoff, Jeremias Gotthelf, Heinrich Heine, Eduard Mörike, Adalbert Stifter, Theodor Storm]); h) spätes 19. und frühes 20. Jahrhundert (ca.1890-1945) (Lyrik [Gottfried Benn, Bertolt Brecht, Wilhelm Busch, Stefan George, Hugo von Hofmannsthal, Else Lasker-Schüler, Oskar Loerke, Christian Morgenstern, Rainer Maria Rilke, Joachim Ringelnatz, Ernst Stadler, Georg Trakl]); i) Gegenwartslyrik (1945-heute) (Lyrik [Dieter Brinkmann, Paul Celan, Günter Eich, Hans Magnus Enzensberger, Robert Gernhardt, Durs Grünbein, Peter Huchel, Ernst Jandl, Sarah Kirsch, Thomas Kling, Wilhelm Lehmann, Heiner Müller, Peter Rühmkorf]). [Buhlmann, 06.2019]
Petershausen, Benediktinerkloster am Bodensee:
Petershausen war eine Gründung des Konstanzer Bischofs Gebhard II. (979-995) vor den Toren seines Bischofssitzes Konstanz (v.983); Klosterpatron war der heilige Papst Gregor I. (590-604), entsprechend der damals nach römischem Vorbild ausgestalteten Konstanzer "Kirchenlandschaft". Als Teil der ottonisch-salischen Reichskirche wurde Petershausen mit Privilegien etwa König Ottos III. (984-1002) ausgestattet (993/94). Auch wurde die Mönchsgemeinschaft im Zeitalter des Investiturstreits von der Klosterreform erfasst, Bischof Gebhard III. von Konstanz (1084-1110) bewirkte bei seinem bischöflichen Eigenkloster eine Neuorientierung hin zur Hirsauer Reformrichtung. Zwischen 1134 und 1156 verfasste ein unbekannter Mönch aus Petershausen eine Chronik seines Klosters, zwischen 1162 und 1180 errichtete man eine neue Klosterkirche, die bis 1832 bestand. Durch die königlichen Privilegien von 1214 und 1225 wurde das Kloster zur Reichsabtei, die Klostervogtei blieb trotz Begehrlichkeiten von Seiten des Konstanzer Patriziats im 15. Jahrhundert in königlicher Hand. Auch konnten Versuche des Konstanzer Bischofs Hugo von Hohenlandenberg (1496-1530), das Kloster zu inkorporieren, mit Unterstützung Kaiser Maximilians I. (1493-1519) abgewehrt werden.
Petershausen trat im Rahmen des Konstanzer Konzils (1414-1418) als Ort der Zusammenkunft des Benediktinerkapitels der Ordensprovinz Mainz-Bamberg im Jahr 1417 prominent in Erscheinung; ebenso war Petershausen im Jahr 1447 nochmals Tagungsort des Provinzialkapitels. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts traten zunehmend wirtschaftliche Schwierigkeiten in Erscheinung, die aber unter Abt Johannes Merk (1518-1524) überwunden werden konnten. Zwischen 1528 und 1556 ruhte als Folge der Reformation in Konstanz weitgehend das katholische Klosterleben, erst die Rekatholisierung der Stadt am Bodensee führte zur Wiederbesiedlung des Klosters mit katholischen Mönchen. Danach blieb Petershausen Reichskloster und konnte diese Stellung und den Besitz eines kleinen Klosterterritoriums um Hilzingen und Herdwangen als Mitglied der oberschwäbischen Benediktinerkongregation gegenüber den Übergriffen der habsburgisch-vorderösterreichischen Landesherrschaft und der Stadt Konstanz behaupten. 1802 ist die Abtei aufgehoben worden, das Klosterterritorium wurde badisch.
Zu Petershausen s.:
Feger, Otto (Hg.) (1956), Die Chronik des Klosters Petershausen (= Schwäbische Chroniken der Stauferzeit, Bd.3), Sigmaringen 1956, 276 S., Schwarzweißabbildungen, € 4,- > Lateinische Literatur > P Petershausen;
1000 Jahre Petershausen. Beiträge zu Kunst und Geschichte der Benediktinerabtei Petershausen in Konstanz (1983) (= Ausstellungskatalog), Karlsruhe 1983, 164 S., Schwarzweiß-, Farbabbildungen, Pläne, € 3,-
(mit den Beiträgen:
Gebhard Spahr, Zur Geschichte der Benediktinerabtei Petershausen 983-1002;
Randi Sigg-Gilstad, Beiträge zur Baugeschichte der ersten und zweiten Klosterkirche von Petershausen;
Zuzana Haefeli-Sonin, Das Portal der zweiten Kirche von Petershausen - Eine ikonographische und stilistische Studie;
Paul Motz, Die Neubauten der ehemaligen Benediktiner- und Reichsabtei Petershausen bei Konstanz im 18. Jahrhundert;
Volker Himmelein, De ornamentis ecclesiae - Zur Ausstattung von Kirche und Kloster;
Albrecht Miller, Der spätgotische Hochaltar der Klosterkirche Petershausen);
Zeller, Joseph (1922), Das Provinzialkapitel im Stifte Petershausen im Jahre 1417. Ein Beitrag zur Geschichte der Reformen im Benediktinerorden zur Zeit des Konstanzer Konzils, in: SMGB 41 (1922), S.1-73 > Z Zeller, Provinzialkapitel im Stifte Petershausen.
[Buhlmann, 03.2009, 04.-05.2021]
Petersohn, Jürgen (1975), St.Denis - Westminster - Aachen. Die Karls-Translatio von 1165 und ihre Vorbilder, in: DA 31 (1975), S.420-454 > A Aachen
Petersohn, Jürgen (Hg.) (1999), Die Prüfeninger Vita Bischof Ottos I. von Bamberg nach der Fassung des Großen Österreichischen Legendars (= MGH SSrG US 71), Hannover 1999, 174 S., DM 42,- > Lateinische Literatur > O Vita Ottonis episcopi Bambergensis
(St. Georgen-) Peterzell, Stadtteil von St. Georgen im Schwarzwald: Peterzell, unmittelbar östlich von St. Georgen gelegen, war ursprünglich Besitz des Bodenseeklosters Reichenau, bis 1369 das Dorf, 1381/82 (nur zwischenzeitlich) die Vogtei durch Kauf an das Kloster St. Georgen gelangte. Zum ersten Mal tritt Peterzell im Übrigen urkundlich in einer Schenkungsurkunde von 1339 in Erscheinung. In spätem Mittelalter und früher Neuzeit lag der Ort im "Spannungsfeld" zwischen dem Kloster St. Georgen, das seine Herrschaft mit adligen Vögten teilen musste, und der Stadt Villingen sowie der Grafschaft bzw. dem Herzogtum Württemberg (1484). Im Bauernkrieg (1524/25) wurde Peterzell verwüstet (1525; Zerstörung der Kirche, Güterbuch von 1591), die württembergische Reformation bewirkte, dass das Dorf nunmehr Teil des Klosteramts St. Georgen wurde. Im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) wurden St. Georgen und Peterzell zwischenzeitlich katholisch (1630/48), die württembergische Herrschaft nach dem Krieg wiederhergestellt. Ab 1810 war St. Georgen mit Peterzell badisch. Das 19. und 20. Jahrhundert sahen Peterzell als Teil der allgemeinen gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen in Großherzogtum Baden, Weimarer Republik, Nationnalsozialismus und Bundesrepublik Deutschland (Industrialisierung und Schwarzwaldbahn, Wirtschaft und Tourismus, Bildung und Schule, Vereinsleben). 1974 wurde Peterzell nach St. Georgen im Schwarzwald eingemeindet. S. 650 Jahre Peterzell 1389-1989, hg. v.d. Stadt St. Georgen-Peterzell Hermann Seifermann (1989), Villingen-Schwenningen 1989, 84 S., Schwarzweißabbildungen, Zeittafel, DM N.N. [Buhlmann, 06.2022]
Petke, Wolfgang (1985), Kanzlei, Kapelle und königliche Kurie unter Lothar III. (1125-1137) (= RI Beihefte 5), Köln-Wien 1985 > L Lothar von Supplinburg
Petri, Horst (2003), Der Verrat an der jungen Generation. Welche Werte die Gesellschaft Jugendlichen vorenthält, Freiburg-Basel-Wien 2002 > D Deutsche Geschichte, 1949-heute
Petrikovits, Harald von (1983), Die römischen Provinzen am Rhein und an der oberen und mittleren Donau im 5. Jahrhundert n. Chr. Ein Vergleich (= Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Klasse, Jahrgang 1983. Bericht 3), Heidelberg 1983, 42 S., DM 20,-. I. Die römischen Provinzen an Rhein und Donau waren: Pannonia I/II, Valeria, Savia, Noricum Ripense, Noricum Mediterraneum, Raetia I/II, Maxima Sequanorum, Germania I/II. Die Untersuchungsmethode ergibt sich im Sinne der römischen Archäologie durch den Vergleich größerer Räume und Kulturräume in ihrer Entstehung, Veränderung und Verbreitung als "Einheit und Vielfalt". II. Siedlungsgeschichte: a) Norische Provinzen. Geschichte: Rugier, Juthungen, Alemannen bedrohen insbesondere die Uferprovinz im 5. Jahrhundert; Odoakar; Ostgoten. Besiedlung: Ufernorikum (römische Besiedlung hielt sich weitgehend); Binnennorikum (östlicher Teil um 467 vom Eindringen der Ostgoten betroffen, Alemanneneinfälle). b) Raetien. Geschichte: Trotz Alemanneneinfällen ist das Gebiet bis um die Mitte des 5. Jahrhunderts nicht aufgegeben worden. Besiedlung: Ab der Mitte des 5. Jahrhunderts durch Alemannen; Augusta Vindelicum; Regensburg; Chur. c) Maxima Sequanorum. Geschichte: Wohl kaum Alemanneneinfälle bis ca.450. Burgundischer Einfluss. Besiedlung: Kontinuierliche Belegung von Grabfeldern, besonders um den Genfer See, lassen eine weitgehend romanische Bevölkerung auch für das 5. Jahrhundert vermuten. d) Germania I: Besiedlung: Bis in das 5. Jahrhundert hinein bestanden wohl die Städte Mainz und Straßburg als größere Orte. Speyer ist untergegangen, Worms vielleicht auch. An der Mosel haben die Siedlungen im Allgemeinen Bestand gehabt (römisch-romanische Bevölkerunq). Auch einiqe Festungsorte dürften den Germaneneinfall im Jahr 406 zunächst überstanden haben (z.B.: Koblenz, Boppard, Andernach). Im 5. Jahrhundert wird die römische Provinz jedenfalls in zunehmendem Maße von Franken und Alemannen besiedelt, die Romanen auf weniger fruchtbare Böden zurückgedrängt. e) Germania II: Geschichte: Im 5. Jahrhundert erfolgte der Einbruch und die Landnahme der Franken im niederrheinischen Raum, zumeist von Norden her. Besiedlung: Köln, Tongern, vielleicht auch Nimwegen überdauerten die fränkische Invasion, aber auch das Limeskastell Gelduba sowie die Zülpich und Jülich sowie Aachen. III. Ergebnisse: Es ist zunaechst die Unterschiedlichkeit festzustellen, mit der die Provinzen dem römischen Reich durch germanische Einfaelle und die Landnahme politisch verloren gingen. Die Rheinpovinzen wurden fränkisch und alemannisch, Churrätien blieb überwiegend romanisch, Flachlandrätien wurde alemannisch. In Noricum blieb ein romanischer Siedlungsbestand bis in das 6. Jahrhundert vorhanden. Damit ist die germanisch-romanische Besiedlung der römischen Provinzen stark sowohl vom geografischen als auch bevölkerungsgeschichtlichen Moment geprägt. IV. Geschichte der Gefäßkeramik: Gefäße, wie die Terra sigillata-Gefäße, sind zur Erfassung von ethnischen Faktaron im 5. Jahrhundert ungeeignet. Dies ergibt sich aus dem damaligen Handel und der überethnische Verbreitung eines Stils. V. Die halbrunde Priesterbank: Sie ist ein Phänomen des frühchristlichen Kirchenbaus des 5. Jahrhunderts und bezeichnet eine halbrunde Bank hinter dem Altar. Verbreitung fand dieses Phänomen im Raum von Pannonien bis Churrätien, während es im Rheingebiet nicht anzutreffen ist. Dies ist möglicherweise eine Folge der spätantiken Diözesengrenzen als Grenzen der Kirchenorganisation der christlichen Religion. VI. Zusammenfassung: Die Provinzen an Rhein und Donau können zu folgenden Gruppen zusammengefasst werden: Besiedlung: Pannonia I/II - Pannonia Savie - Noricum Ripense - Noricum Mediterraneum, Raetia I - Maxima Sequanorum - Germania I, Germania II (südlicher Teil) - Germania II (nördlicher Teil); Gefäße: Pannonia I/II, Raetia II - Raetia II, Maxima Sequanorum - Germania I/II; Priesterbank: Noricum, Raetia II - Raetia II, Germania I/II. [Buhlmann, 06.1988]
Petris, Tasos N., Ios, o.O. o.J., [61] S., Farbabbildungen, Schwarzweißtafeln. Zwischen den Inseln Thera, Amorgos, Paros und Sikinos liegt in der südlichen Ägäis die Kykladeninsel Ios, die auf eine mehrtausendjährige Geschichte bis ins 3. Jahrtausend v.Chr. zurückblicken kann. Zyklopenmauern verweisen auf die achaisch-mykenische Zeit, die Insel soll auch durch Phönizier besiedelt worden sein [Ios Phöniki, ?], gegen Ende des 2. Jahrtausends v.Chr. durch ionische Griechen. Nach den Perserkriegen war Ios Mitglied im 1. und 2. Attischen Seebund (477-404 v.Chr., 377-338 v.Chr.), in der Epoche des Hellenismus gehörte die Insel zum (ptolemäisch beeinflussten) Nesiotenbund mit Zentrum Delos (315/14/08-260/53? v.Chr. und später), im 2. Jahrhundert v.Chr. wurde die Inselwelt der Kykladen römisch; Ios besaß damals eine eigene Münzstätte, griechische Inschriften sind gefunden worden. In römischer Zeit gehörte Ios zur Provinz Insulae (provicia insularum) im ägäisch-kleinasiatischem Provinzverbund, in byzantinischer Zeit (als "Nios" [11. Jahrhundert]) zum Thema Aigaion Pelagos. Im Zuge des Vierten Kreuzzugs (1202-1204) und der Eroberung des byzantinischen Reichs durch die Kreuzfahrer wurde Ios Teil des lateinischen Herzogtums Naxos (1207), 1269 indes von den Byzantinern zurückgewonnen. Mit dem Jahr 1296 wurde Ios venezianisch, kam 1322 wieder an das Herzogtum Archipelagos, um von 1397 bis 1508 zu einer Nebenlinie der Herzöge zu gehören (Marco I. Crispo [1397?1450], Festungsbau [Kastro oberhalb der Chora]). Die italienische Dynastie der Pisani regierte bis 1536 die Insel, die im selben Jahr osmanisch-türkisch wurde und abgesehen von einer kurzen russischen Herrschaft (1770-1774) über Jahrhunderte türkisch blieb. Seit 1832 zum (Königreich) Griechenland gehörig, machte Ios die politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen des 19., 20. und beginnenden 21. Jahrhunderts mit (Bedeutung des Tourismus seit den 1970er-Jahren: Hafen, Chora, Kastro, [Katharina-, Johannes-] Kirchen, byzantinisches Kloster auf dem Pyrgos, venezianische Festung Neokastro, Milopatos). Ios soll Geburts- und Sterbeort des griechischen Dichters Homer gewesen sein (angebliches Grab Homers im Dorf Plakato). [Buhlmann, 03.2017]
Petruschke, Adelheid (1987), Lyrik nach 1945 (= Klett Lektürehilfen), Stuttgart 21988 > D Deutsche Literaturgeschichte
Pfedelbach, Gemeinde im Hohenlohischen zwischen Hohenloher Ebene und Waldenburger Bergen: Pfedelbach liegt in der Nähe des ehemaligen römischen Limes, ingesamt sind sechs Wachttürme auf Pfedelbacher Gemarkung auszumachen, u.a. ein Sechseckturm in Gleichen.
Der Ortsname phadelbach erscheint erstmals im (angeblichen) Öhringer Stiftungsbrief von 1037. Für das Hoch- und Spätmittelalter ist von einer Ortsadelsfamilie von Pfedelbach auszugehen; im Ort befand sich die ortsadlige Burg. Mit dem Verkauf der Pfedelbacher Herrschaft an die Grafen von Hohenlohe (1472) wurde diese Teil der frühneuzeitlichen hohenlohischen Territorien Hohenlohe-Waldenburg-Pfedelbach (Landesteilung 1476, Hauptlandesteilung 1535/55, Schloss Pfedelbach 1572, Waldenburger Landesteilung 1615 [Pfedelbacher Linie]) und Hohenlohe-Waldenburg-Bartenstein (1728-1806).
1806 erfolgte die Mediatisierung der hohenlohischen Fürstentümer, die an das Königreich Württemberg kamen. Im 19. bis 20. Jahrhundert machte Pfedelbach die politischen, industriellen und gesellschaftlichen Entwicklungen im Deutschen Bund, deutschen Kaiserreich, in der Weimarer Repubilk, im Nationalsozialismus und in der Bundesrepublick Deutschland mit.
Zu Pfedelbach s.:
Pfedelbach 1037-1987, Aus Geschichte und Gegenwart, bearb. v. Fritz Kempt, Erich Fritz, Hans Bräuer u.a., hg. v.d. Gemeinde Pfedelbach, Redaktion: Gerhard Taddey (1987) (= FWF 30), Sigmaringen 1987, 358 S., Schwarzweiß- und Farbabbildungen, Pläne, DM 39,-
(u.a. mit den Abschnitten: Aus grauer Vorzeit; Die Anfänge Pfedelbachs; Unter Hohenlohe-Waldenburg-Pfedelbach; Unter Hohenlohe-Waldenburg-Bartenstein; Unter Württemberg; Die evangelische Gemeinde; Die katholische Kirchengemeinde; Von 1918 bis zur Gegenwart; Heuberg - Buchhorn; Harsberg; Oberohrn; Untersteinbach; Windischenbach).
[Buhlmann, 08.2018]
Pfeifer, Johannes (2014), Der St. Petri-Dom zu Schleswig (= DKV-Kunstführer 161), München 182014 > S Schleswig
Pfeilschifter, Rene, Die Spätantike. Der eine Gott und die vielen Herrscher (= C.H. Beck Geschichte der Antike, Bd.6 = BSR 6156), München 2014 > R Römische Geschichte, 3.-5. Jahrhundert n.Chr.
Pfisterer, Ulrich (1982), St. Peter und Paul in Hirsau. Elemente einer Deutung, in: Der Landkreis Calw 1992, S.121-136 > H Hirsau
Pfisterer, Ulrich (2013), Die Sixtinische Kapelle (= BSR 2562), München 2013, 128 S., Schwarzweißabbildungen, Farbtafeln, Pläne, Karte, € 8,95. Nach dem Großen Papstschisma (1378-1417) und dem Konstanzer Konzil (1414-1418) wurde der Vatikanpalast (nördlich von [Alt-] St. Peter) zur Residenz des Papstes. Damit rückte zunehmend die capella magna des Palastes (neben der capella parva und der sala regia) in den Mittelpunkt päpstlicher Liturgie und Selbstverständisses. Die capella magna, aus der sich ab den 1470er-Jahren die Sixtinische Kapelle entwickeln sollte, war als kubischer Backsteinbau mit Flachdecke und Holzboden vielleicht unter Papst Innozenz III. (1198-1216) entstanden. Als päpstliche Kapelle symbolisierte das Gotteshaus schon jeher den päpstlichen Hof der maiestas pontificia, doch erst unter Papst Sixtus IV. (1471-1484) begannen Umbau und Umgestaltung des 40,5 m langen, 13,11 bis 13,78 m breiten und nunmehr 20,73 m hohen Gebäudes (Backsteinverblendung, Tonnenwölbung, Erdgeschossräume, Erweiterung der Sakristei; Einfluss des Heiligen Jahres 1475 auf die Baumaßnahmen (?)). Die Palastkapelle wurde 1481 durch die durch Piermatteo d'Amelia erfolgte Ausmalung der Kapellendecke (als blauer Himmel mit goldenen Sternen) sowie 1481/83 durch die durch die Maler Sandro Botticelli, Domenico Ghirlandajo, Pietro Perugino und Cosimo Rosselli angebrachten Fresken (Moseszyklus links des Altars, Christuszyklus rechts des Altars [typologisch-heilsgeschichtliche Gegenüberstellung von Altem und Neuem Testament], darunter die Schlüsselübergabe an Petrus; Fresken der ersten 30 Päpste) vollends aufgewertet. Dabei blieb es aber nicht. Unter Papst Julius II. (1503-1513) erfolgte 1508/12 die beeindruckende (Neu-) Ausmalung der Decke durch Michelangelo (Genesisszenen, flankiert von Propheten und Sibyllen sowie den Vorfahren Christi). Julius' Nachfolger, der Medici-Papst Leo X. (1513-1521), ließ ab 1515 durch Raffael und in Brüssel zehn Teppiche für die Kapellenwände unterhalb der Fresken anfertigen (Petruszyklus links des Altars, Pauluszyklus rechts des Altars). Schließlich fand unter dem Medici-Papst Clemens VII. (1523-1534) und unter Paul III. Farnese (1534-1549) 1534/41 durch Michelangelo die Neugestaltung der Altarwand der Sixtinischen Kapelle statt (Jüngstes Gericht). Die Umbauten der päpstlichen zur Sixtinischen Kapelle sind dann in den Rahmen von päpstlicher Repräsentation und Machtanspruch (päpstliche Schlüsselgewalt, ecclesia militans, ecclesia triumphans [Heilsgeschichte, Paradies, Himmlisches Jerusalem]) zu stellen und verliefen zudem vor dem Hintergrund des römisch-italienischen Kunstbetriebs der Renaissance (Architektur, Skulptur, Malerei; Vorlagen und Innovationen; Künstlerkonkurrenz und -"selbstvermarktung"). Die Jahrhunderte der frühen Neuzeit, der Neuzeit und der Moderne sollten das Gesamtkunstwerk der Sixtinischen Kapelle immer wieder (kunstgeschichtlich) neu einschätzen und bewerten. [Buhlmann, 09.2013]
Pflug, Hans (1939), Deutsche Flüsse - Deutsche Lebensadern. Mit 175 Bildern und einer Übersichtskarte, Berlin 1939 > F Flussgeschichte(n)
Pfullendorf, Ort in Oberschwaben: Die Grafen von Pfullendorf lassen sich auf die frühmittelalterlichen Udalrichinger zurückführen, ihre Grafenrechte resultierten aus denen der Grafschaft im Hegau. Ein Graf Ludwig von Stoffeln ist 1100/16 belegt, ein Graf Gero von Pfullendorf 1086/1116. Rudolf von Pfullendorf ist zuerst bei der Gründung des Zisterzienserklosters Salem (1134) nachweisbar, seit 1152 war er ein der wichtigsten Parteigänger Friedrich Barbarossas und konnte den Herrschaftsraum seiner Familie entscheidend ausdehnen (Bregenz, Lindau, Rheineck, Vogtei über das Bistum Chur und das Kloster St. Gallen). Nach dem Tod seines Sohnes Berthold (1167) setzte Rudolf den Kaiser als Erben ein. Der Erbfall trat ein, als der Pfullendorfer bei einer Pilgerreise im Heiligen Land verstarb. Pfullendorf, d.h. die Grafenburg, der Markt und das Dorf waren nun staufisch und wurden 1198 im Gefolge des deutschen Thronstreits verpfändet. 1220 wurde der Markt zur ummauerten Stadt, das Dorf blieb daneben bis um 1400 bestehen. Spätmittelalter und frühe Neuzeit sahen Pfullendorf weitgehend als Reichsstadt, ab 1383 galt eine städtische Verfassung, die den Zünften Vorrang einräumte. Einfluss in Pfullendorf hatten ebenfalls die Grafen von Heiligenberg-Werdenberg bzw. von Fürstenberg sowie die Habsburger. Dreißigjähriger Krieg (1618-1648) und die französischen Kriege des 17./18. Jahrhunderts wirkten sich negativ auf die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt aus. Im Jahr 1803 wurde Pfullendorf badisch und Vorort eines badischen Bezirksamtes. In der Moderne wurde die Stadt an das Eisenbahnnetz angeschlossen (1873/75) und Industriestandort. Pfullendorf wuchs durch Eingemeindungen etwa von Denkingen, Otterswang oder Zell am Andelsbach (1972/75). Kirchlicher Mittelpunkt der Stadt war und ist die gotische Kirche St. Jakobus (Patroziniumswechsel von St. Christophorus), daneben gab es in vormoderner Zeit Klöster von Dominikanerinnen (1255) und Franziskanerinnen (1350) sowie das bedeutende Heiliggeistspital (v.1257); zu nennen sind ferner die St. Leonhardskapelle und die Wallfahrtskirche Maria-Schray. Weltliche Gebäude stellen dar das "Schoberhaus" (Fachwerkhaus von 1317), das Rathaus (1524/25), das obere Stadttor sowie Adels- und Bürgerhäuser. Vgl.: Katholisches Pfarramt St. Jakobus (Hg.) (1999), Ein Wegbegleiter zu den geistlichen Stätten der Stadt Pfullendorf (= Peda-Kunstführer 448), Passau 1999, 41 S., Abbildungen, DM 4,-; Schmid, Karl (1954), Graf Rudolf von Pfullendorf und Kaiser Friedrich I. (= FOLG 1), Freiburg i.Br. 1954 > S Schmid, Rudolf von Pfullendorf; Schupp, Joh[ann] (1962), St. Jakob Pfullendorf, Stuttgart 1962, 47 S., Schwarzweißtafeln, DM 2,-. [Buhlmann, 10.2006, 05.2023]
PGRK = Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde
PhB = Philosophische Bibliothek
Philipp von Schwaben, deutscher König:
Der frühe Tod des Stauferkaisers Heinrichs VI. (1190-1197) und die Unmündigkeit seines Sohnes Friedrich II. führten zur Doppelwahl des Jahres 1198. Am 6./8. März 1198 war in Frankfurt Philipp von Schwaben, der jüngere Bruder Heinrichs VI. und nunmehrige Führer der staufischen Partei in Deutschland, zum König gewählt worden; am 8. September 1198 wurde er in Mainz zum römischen König gekrönt. Zu diesem Zeitpunkt war Philipp der rechtmäßige Krönungsort Aachen durch den von der welfischen Partei zum König erhobenen
Otto IV. (1198-1215/18) versperrt. Philipp von Schwaben war 1176/77 als Sohn Kaiser Friedrich Barbarossas (1152-1190) und der Beatrix von Burgund geboren worden. Zunächst für die geistliche Laufbahn bestimmt - Philipp war 1189 Propst des Aachener Marienstifts, 1193 Elekt des Bistums Würzburg -, wurde er 1193 wieder Laie, heiratete am 2./3. April 1195 in Bari die byzantinische Kaisertochter Irene und übernahm 1196 das Herzogtum Schwaben. Aus der Ehe mit Irene hatte Philipp u.a. die Töchter Maria, Beatrix, Kunigunde und Beatrix-Isabella.
Im Thronstreit zwischen Philipp und Otto gelang es dem von Papst Innozenz III. (1198-1216) gebannten Stauferkönig, sich im Bündnis mit König Philipp II. August von Frankreich (1180-1223) gegen den Welfen weitgehend durchzusetzen (Übergang des Kölner Erzbischofs Adolf I. [1193-1205, 1212-1216] zu Philipp 1204; Aachener Königskrönung Philipps, 6. Januar 1205; Einigung mit dem Papst 1207/08; in Aussicht gestellter Thronverzicht Ottos 1208). Jedoch wurde Philipp von Schwaben am 21. Juni 1208 in Bamberg ermordet;
Grund war eine Privatrache des Wittelsbacher Pfalzgrafen Otto (1189-1209). Der Tote wurde zunächst im Bamberger Dom bestattet, 1213 in den Dom zu Speyer überführt.
Zu Philipp von Schwaben sei verwiesen auf die folgenden Quellen und Darstellungen:
Csendes, Peter (2003), Philipp von Schwaben. Ein Staufer im Kampf um die Macht (= GMR), Darmstadt 2003, X, 240 S., € 24,90;
Schütte, Bernd (2002), König Philipp von Schwaben. Itinerar - Urkundenvergabe - Hof (= MGH. Schriften, Bd.51), Hannover 2002, XXXVII, 594 S., € 70,-;
Die Urkunden Philipps von Schwaben, bearb. v. Andrea Rzihacek u. Renate Spreitzer (2014) (= MGH. Diplomata. Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser, Bd.12), Wiesbaden 2014, CXI, 774+16 S., Abbildungen, € 140,-;
Winkelmann, Eduard (1873/78), Philipp von Schwaben und Otto IV. von Braunschweig (= Jahrbücher der deutschen Geschichte, des deutschen Reiches): Bd.I: Philipp von Schwaben 1197-1208, 1873, Nachdruck Darmstadt 31968 > O Otto IV.
[Buhlmann, 07.2003, 09.2016]
Philosophie ist die Wissenschaft von der Rolle des Menschen in der und zur Welt, in dessen gesellschaftlichen (Ethik, Werte [Rechte, Pflichten]), hermeneutischen (Hermeneutik als Lehre vom Verstehen) oder über-/metaweltlichen (Metaphysik [Wahrheit, Gott, Weltbild, Seele, Entwicklung, Fortschritt]) Bezügen. Zentral für das Philosophieren ist die Erkenntnis(gewinnung) des jeweiligen Philosophen als Individuum auf der Grundlage wissenschaftlicher Methoden (Methodenbündel, Erkenntnisprozess).
Philosophie als Meta- und Grundlagenwissenschaft beschäftigt sich zudem mit der Hypothesen- und Theoriebildung in den (anderen) Wissenschaften. Philosophie kann auch als Philosophiegeschichte angesehen werden, u.a. als zeitliche Abfolge der Erkenntnisse (herausragender) Philosophen (u.a.: Thales von Milet, Parmenides, Heraklit, Sokrates, Platon. Aristoteles, Epikur, Zenon, Plotin, Augustinus, Anselm von Canterbury, Thomas von Aquin, Meister Eckhart, Nikolaus von kues, René Descartes, Blaise Pascal, Baruch de Spinoza, Gottfried Wilhelm Leibniz, Voltaire, Jean-Jacques Rousseau, David Hume, Immanuel Kant, Johann Gottlieb Fichte, Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Arthur Schopenhauer, Søren Kierkegaard, Ludwig Feuerbach, Karl Marx, Friedrich Nietzsche, Karl Jaspers, Martin Heidegger, Bertrand Russell, Ludwig Wittgenstein).
Philosophie als Philosophiegeschichte zeigt sich in den Werken und Abhandlungen bedeutender Philosophen, die als Ausfluss der Kultur einer Gesellschaft auch als Geschichtsquellen gewertet werden können:
Renner, Rolf G. (Hg.) (1992), Denken, das die Welt veränderte. Schlüsseltexte der europäischen Geistes- und Wissenschaftsgeschichte, 2 Bde.: Bd.1: Von der Antike bis zum 18. Jahrhundert, Erftstadt 2007, 384 S., € N.N.;
Werle, Josef M. (Hg.) (2000), Klassiker der philosophischen Lebenskunst. Von der Antike bis zur Gegenwart. Ein Lesebuch (= Goldmann Tb 7693), München 2000, 656 S., DM 24,90.
Zahlreich sind die Publikationen zur Philosophie, u.a. zu deren Grundlagen und zu den bedeutenden Philosophen:
Bollnow, Otto Friedrich (1970), Philosophie der Erkenntnis (= Urban Tb 126), Stuttgart-Berlin-Köln-Mainz 1970, 160 S., DM 6,50;
Diemer, Alwin, Frenzel, Ivo (Hg.) (1958), Philosophie (= FL 11), Frankfurt a.M. 171974, 384 S., DM 1,-;
Ferber, Rafael (1994), Philosophische Grundbegriffe. Eine Einführung (= BSR 1054), München 31995, 184 S., Schwarzweißabbildungen, DM 19,80;
Ryle, Gilbert (1953), Begriffskonflikte (= KVR 314), Göttingen 1970, 160 S., DM 7,80;
Weischedel, Wilhelm (1966), Die philosophische Hintertreppe. 34 große Philosophen im Alltag und Denken, München 191998, 362 S., DM 24,80;
Weischedel, Wilhelm (1966/73), Die philosophische Hintertreppe. Die großen Philosophen im Alltag und Denken (= dtv 8563), München 2001, 301 S., DM 10,-.
[Buhlmann, 10.2017, 11.-12.2020, 05.2021]
Phleps, Hermann (1951), Deutsche Fachwerkbauten (= Die Blauen Bücher), Nachdruck Königstein i.T. 1956, 112 S., Schwarzweißabbildungen, -tafeln, DM 4,80. I. Fachwerk war/ist im Rahmen der Holzbaukunst das Errichten von Gebäuden durch Wandgefüge aus Wandrechtecken, die umrandet sind von senkrechten Kanthölzern (Ständer, Pfosten, Säulen) und waagerechten Schwellen und Rahmen und zusätzlich durch waagerechte und Schrägbalken getützt werden. Die Zwischenräume des vom Erdboden oder Steinunterbau bis zum Dach so gestalteten Holzgerippes sind gefüllt mit Holzbohlen oder einem Stabgeflecht (Staken, Ruten) und mit Strohlehm oder Kalk überstrichen. In Fachwerkhäusern gibt es eine enge Verzahnung zwischen den Innenräumen und dem Gebäudeäußeren, ablesbar an den von Stockwerk zu Stockwerk sich einstellenden Überhängen der jeweils oberen Geschosse (Raumgewinnung durch Auskragungen, aber auch durch [Fenster-] Erker). Hinsichtlich der Verschiedenartigkeit der Fachwerkbauten ist auf den "alemannischen", "niedersächsischen" und "fränkischen Stil" zu verweisen (alemannisches Fachwerk: "Schwäbisches Weible", "Wilder Mann" als Gefügekonstruktionen, Kopf- und Fußbänder; niedersächsisches Fachwerk: Andreaskreuz als Gefügekonstruktion, Brust- und Sturzriegel, vorkragende Gebälke; fränkisches Fachwerk: "Mann" als Gefügekonstruktion, Einzapfung der Streben, Fenstererker, Knaggen). Auch die städtischen Fachwerkbauten des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit haben ihre Ursprünge im Bauernhaus. II. Vorgestellt werden städtische Fachwerkgebäude aus spätem Mittelalter und früher Neuzeit: Alsfeld (Rathaus), Aschaffenburg (Alte Apotheke), Bacharach (Alte Post), Bamberg (Domherrenhöfe), Beeskow (Gasthof "Zum grünen Baum"), Bernkastel (Markthaus, Wohnhaus), Bevern (Schloss), Braunschweig (Alte Waage, Dannenbaumhaus, Demmersches Haus), Burgkunstadt (Wohnhäsuer, Rathaus), Danzig (Speicherinsel), Dinkelsbühl (Deutsches Haus, Lyzelhaus), Dörrenbach (Rathaus), Duderstadt (Rathaus), Esslingen (Altes Rathaus), Frankfurt a.M. (Haus zur goldenen Waage, Salzhaus, Wanebachhöfchen), Freiburg i.Br. (Münsterbauhütte), Fritzlar (Markthäuser), Geislingen (Bauhof), Gießen (Neues Schloss), Goslar (Bäckergildehaus, Bürgerhaus, Siemenshaus), Graupen (Alte Bäckerei), Grebenstein (Lecksches Haus), Grötzingen (Wohnhäuser), Großhabersdorf (Herberge "Rotes Ross"), Halberstadt (Dompropstei, Häuser am Fischmarkt), Hamburg (Häuser am Kornträgergang, Wohnhaus am Pferdemarkt), Hannover (Bürgerhaus, Bürgerhäuser am Markt), Hannoversch-Münden (Ochsenkopf), Heppenheim (Rathaus), Hildesheim (Hospital, Knochenhaueramtshaus, Kramergildehaus, Markthäuser, Pfeilerhaus), Höxter (Dechanei), Idstein (Wohnhaus), Immenstaad (Pulvermühle), Kaysersberg (Rathaus), Kaimt a.d. Mosel (Haus Treis), Kiel (Wohnhaus), Königsberg (Speicherviertel), Laupen (Haus am Markt), Lemgo (Bürgerhäuser), Markgröningen (Rathaus), Memmingen (Siebendächerhaus), Michelstadt (Rathaus), Miltenberg (Gasthof "Zum Riesen", Wohnhäuser am Marktplatz), Mühlheim a.d. Donau (Rathaus), Nagold (Wohnhaus), Nördlingen (Kürschnerhaus), Nürnberg (Albrecht-Dürer-Haus, Grolandhaus, Weinstadel), Oberlahnstein (Rathaus), Osnabrück (Gasthof "Walhalla", Häuser an der Bierstraße), Otterndorf (Wohnhäuser), Pettnau (Wirtshaus), Quakenbrück (Wehlburg), Rhens (Markthäuser), Schönberg (Schloss), Schönberg b. Görlitz (Laubenhäuser), Schönberg i. Siebenbürgen (Kirchenburg), Schwalenberg (Rathaus), Siegen (Markthaus), Soest (Wohnhaus), Sooden-Allendorf (Eschstruthhaus), Spalt (Getreidespeicher, Hopfenspeicher), Stalle (Vorlaubennhaus), Steinhof (Egerländer Bauernhof), Stolberg (Rathaus), Straßburg (Haus Kammerzell), Vlotho (Bürgerhaus), Weilburg a.d. Lahn (Schlosshof), Wernigerode (Rathaus), Wiedenbrück (Aussel), Wimpfen (Gorjupinsches Haus), Windsheim (Ochsenhof), Wolframseschenbach (Pfründnerhaus), Zierenberg (Rathaus). [Buhlmann, 05.2023]
PHS = Pariser Historische Studien
Piaget, Jean (1972), Theorien und Methoden der modernen Erziehung (= Fischer Tb 6263), Frankfurt a.M. 1974 > S Schmölders, Deutsche Kinder
Pichois, Claude, Le Romantisme II (1843-1869) (= Littérature française, Bd.13), Paris 1979 > F Französische Sprache
Piekalkiewicz, Janusz (1969), Spione, Agenten, Soldaten. Geheime Kommandos im Zweiten Weltkrieg München 1988 > Z Zweiter Weltkrieg
Piekalkiewicz, Janusz (1978), Luftkrieg 1939-1945, Gütersloh o.J. [1982] > Z Zweiter Weltkrieg
Piekalkiewicz, Janusz (1994), Der Zweite Weltkrieg (mit einem Vorwort von Sebastian Haffner), Köln o.J. [2005] > Z Zweiter Weltkrieg
Pieper, Joseph (1981), Thomas von Aquin. Leben und Werk (= dtv 4378), München 1981 > T Thomas von Aquin
Pietsch, Erich (1963), Altamira und die Urgeschichte der chemischen Technologie (= Deutsches Museum. Abhandlungen und Berichte, Jg.31, H.1), München 1963 > U Ur-, Vor-, Frühgeschichte
Pifferi, Enzo (1979), Trans Sibirien. Auf der längsten Bahn der Welt, Zürich 41982 > T Technik, Technikgeschichte
Pilawa, Jörg (2008), Pilawas Mittelalter. Eine vergnügliche Zeitreise durch die Jahrhunderte (= Fischer Tb 18330), Frankfurt a.M. 2009 > M Mittelalter
Pirling, Renate (1986), Römer und Franken am Niederrhein (= Ausstellungskatalog), Mainz 1986, 192 S., Abbildungen, Karten, Pläne, DM 35,-. I. Die Gräberfelder südlich und westlich des am Niederrhein gelegenen kaiserzeitlich-spätantiken römischen Kastells Gelduba (Krefeld-Gellep) sind vom 1. bis zum Beginn des 8. Jahrhunderts n.Chr. durchgehend belegt. Von den Siedlungen, die es auch in fränkischer Zeit in der Nähe des Kastells gegeben haben muss, gibt es aber keine Spuren. Nur die Gräber spiegeln daher den Wandel am Niederrhein wider. II. In römischer Zeit lassen sich Urnengräber aus der 1. Hälfte des 1. Jahrhunderts feststellen, eine Bestattungstradition die noch bis zum 2. Jahrhundert andauern sollte. Erst dann finden sich Brandgräber, seit dem 3. Jahrhundert zunehmend Erdbestattungen, da die Sitte der Leichenverbrennung in dieser Zeit aufhörte. An Grabbeigaben gab es neben Fibeln, Terrakotta oder Keramik besonders im 4. Jahrhundert, der Blütezeit des römischen Gellep, auch Glasgefäße in den Körpergräbern. Gegen Ende des 4., zu Anfang des 5. Jahrhunderts finden sich Tutulusfibeln, ein Indikator für die entstandene gallisch-germanische Mischkultur zwischen Loire und Elbe. Dabei hatte sich bei der zumeist einheimischen Bevölkerung Gelleps um die Mitte des 4. Jahrhunderts ein Wandel angebahnt. Die Gräber wurden beigabenlos; statt in Süd-Nord-Richtung waren sie nun west-östlich orientiert. Ausnahmen davon bildeten u.a. die Gräber fränkischer Krieger, die im 5. Jahrhundert in Krefeld-Gellep auftauchten. Aus dem 6. Jahrhundert stammt ein fränkisches Fürstengrab in West-Ost-Orientierung mit einer Vielzahl von Gegenständen (Helm, Waffen, Gläser, Becken, Charonspfennig usw.), typisch für den Übergang zwischen antiker und mittelalterlicher Kultur. Bis Ende des 7. Jahrhunderts blieb die fränkische Beigabensitte erhalten; um 700 klang sie aus. Die Gräberfelder von Krefeld-Gellep wurden danach aufgelassen. Man beerdigte nun die Toten beigabenlos auf den Friedhöfen nahe gelegener christlicher Kirchen. > G Gellep [Buhlmann, 04.1992]
Pischel, Gina (1982), Große Weltgeschichte der Skulptur, München 1982 > K Kunst
Planck, Dieter (2014), Das Limestor bei Dalkingen, Gemeinde Rainau, Ostalbkreis (= FBVFGBW 129), Darmstadt 2014, 166 S., 56 Tafeln, Karten, Pläne, Beilagenpläne, € 4,95. Südlich und östlich des Ortes Rainau verlief ein Abschnitt des rätischen Limes durch das Albvorland, gekennzeichnet durch nachgewiesene römische Wachttürme, das römische Kastell Rainau-Buch und das Limestor bei Dalkingen (als "Feldwache Dalkingen" [19. Jahrhundert]) in der Nähe der Einmündung des Auerbachs in die Jagst. Archäologische Grabungen (1973/74) ergaben verschiedene Bauperioden: Bauperiode I (kurz nach 160 n.Chr.): Limes als Pfostenholzzaun (aus Flechtwerk?) mit Turm und eventueller schmaler Schluppforte; Bauperiode II (163/65): Ersetzung des Holzzauns durch eine Holzpalisade unter Beibehaltung von Turm und Durchgang; Bauperiode III (2. Jahrhundert, 3. Drittel): Anbau eines hölzernen, 12 m x 12,5 m großen Torgebäudes als Limesdurchgang und Wachthaus, unmittelbar östlich des Turms und an der Limespalisade gelegen; Bauperiode IV (2. Jahrhundert, Ende): Aufgabe des Holzturms und dessen Ersetzung durch einen Steinturm (oder Turm mit steinernem Fundament) östlich des Limesdurchgangs und Wachthauses; Bauperiode V (ca. 207): völlige Neuplanung des Limes als rätische Mauer, Abtragung des Turms und Ersetzung des hölzernen Limesdurchgangs und Wachthauses durch ein etwas kleineres Steingebäude; Bauperiode VI (nach 213): Ergänzung des Limesdurchgangs und Wachthauses durch eine Prunkfassade als Südfront des Gebäudes und Ehrenbogen wohl im Zusammenhang mit dem Alemannenfeldzug Kaiser Caracallas (211-217) (Dalkinger Limestor); Zerstörung des Limestors wohl im großen Alemanneneinfall von 233/34 (Brandschicht); Aufgabe des obergermanisch-rätischen Limes 254 (?). Die Bauperiode VI mit dem zum Toreingang symmetrischen, wohl architektonisch sehr gegliederten Ehrenbogen aus hellgelben, ein Netzmauerwerk bildenden Tuffstein verweist in der Tat auf den Aufenthalt Caracallas in Rätien 212/23, dokumentiert durch zwei bei Faimingen und Sontheim a.d. Brenz aufgefundene römische Meilensteine. Caracalla hielt sich im Zusammenhang mit seinem erfolgreichen Germanenfeldzug (Sommer-Herbst 213) nachweislich in Phoebianae (Faimingen) auf, wo es ein Heiligtum für Apollo Grannus gab (Inschrift der Arvalbrüder in Rom aus dem Jahr 213). Der Dalkinger Ehrenbogen war damit eingebunden in die Propaganda, Verherrlichung und Machtdemonstration des Kaisers als Folge des siegreichen Feldzugs: Ehreninschriften in Rätien und Obergermanien wie die Weiheinschrift von Brackenheim-Meimsheim nehmen Bezug auf die expeditio Caracallas, ebenso stehen damit zahlreiche, durch den Kaiser initiierte Baumaßnahmen in Rätien und Obergermanien in Verbindung (Stadtmauer von Phoebianae, Thermenanlage in Baden-Baden usw.). Zahlreiche Kleinfunde am Dalkinger Tor wurden ermittelt: Münzen (Kaiser Hadrian bis Severus Alexander), Bronzefragmente einer Statue Kaiser Carcallas (mit Postamentsockel), Fibeln und Helmteile, Feinkeramik (Sigillaten, rätische Ware). Vor dem Tor könnte sich ein Platz befunden haben, auf dem ein von Süden kommender Weg einmündete. Weiter konnte ein Mauergeviert (Kleinkastell, Sakralbau?) nachgewiesen werden sowie Kalkbrennöfen und Gruben. [Buhlmann, 09.2020]
Plassmann, Alheydis (2008), Die Normannen. Erobern - Herrschen - Integrieren (= Urban Tb 616), Stuttgart 2008 > N Normannen
Plassmann, Max (2013), Die Abgrenzung von geistlicher und weltlicher Gerichtsbarkeit und die Qualität der Reichsstandschaft der Stadt Köln, in: AHVN 216 (2013), S.41-56. Der Erwerb der Reichsfreiheit (Reichsunmittelbarkeit, Reichsstandschaft) durch die Stadt Köln auf Grund des Privilegs Kaiser Friedrichs III. (1440-1493) vom 19. September 1475 (und der dem Privleg voraufgegangenen Königs- und Kaiserurkunden) brachte für die größte Stadt Deutschlands nur eine verminderte Reichsstadtschaft in dem Sinne, dass die Stadt der Hochgerichtsbarkeit des ehemaligen Stadtherrn, des Kölner Erzbischofs, entbehrte. So kam es - beginnend mit dem Großen Schied von 1258 - immer wieder zu Streitigkeiten um die geistliche und weltliche Gerichtsbarkeit in Köln (Versuch der Einschränkung geistlicher Gerichtsbarkeit 1406, 1409; geistliche statt weltliche Gerichtsbarkeit im 15. Jahrhundert [erzbischöflicher Offizial]; Konkordat zwischen Stadt und Erzbischof 1506; Kölner Gerichtsordnung 1570; erzbischöfliches Nuntiaturgericht 1584 und städtischer Widerstand; Verhandlungen 1609/10; Reichskammergerichtsurteile des 18. Jahrhunderts [Hochgerichtsbarkeit als städtische Gewohnheit]). Die der Stadt Köln fehlende Hochgerichtsbarkeit stellte dann einerseits die Kölner Reichsstandschaft immer wieder infrage und eröffnete andererseits dem Kölner Erzbischof und Kurfürsten des Kölner Erzstifts Einflussmöglichkeiten in der Stadt. Städtische Ratsherrschaft und weltliche Gerichtsbarkeit blieben mithin beschränkt auf den Bereich innerhalb der Stadtmauer und außerhalb der innerstädtischen Immunitäten der geistlichen Kommunitäten. So kam es in den Jahrhunderten des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit in Köln immer wieder zum Ausgleich und zur Angleichung zwischen den Rechtssphären weltlicher und geistlicher Gerichtsbarkeit. [Buhlmann, 05.2014]
Platon, Philosoph der klassischen griechischen Antike:
I. Platon (*428/27-†348/47 v.Chr.) entstammte einer athenischen Adelsfamilie. Zunehmend wandte sich der junge Platon von der Politik Athens ab (Peleponnesischer Krieg [431-404 v.Chr.], Oligarchie [404/03 v.Chr.], Wiederherstellung der Demokratie [403 v.Chr.]) und folgte seinem Interesse an Wissenschaft und Philosophie. Er war Schüler der Philosophen Kratylos und Sokrates, seinem Lehrer und Vorbild.
Die Hinrichtung des Sokrates (399 v.Chr.) ließ Platon Athen verlassen, er hielt sich in der Folge in Megara auf und soll auch eine Bildungsreise nach Kyrene und Ägypten (?) unternommen haben. Drei Reisen nach Sizilien (ca.388, 366, 361 v.Chr.) führten Platon zu den Tyrannen Dionysios I. und Dionysios II. von Syrakus (Sturz Dionysios' II. durch Dion 357 v.Chr., Ermordung Dions 354 v.Chr.). Von seiner ersten Sizilienreise war Platon nach Athen zurückgekehrt, wo er seine bald "Akademie" genannte Philosophenschule gründete (ca.387 v.Chr.).
Hier ging er seinen philosophischen Forschungen nach, die alle Bereiche der Philosophie (Anthropologie, Erkenntnistheorie, Ethik, Kosmologie, Kunsttheorie, Metaphysik, Sprache, Staatstheorie) umfassten und ihm ein wohl große Schülerschaft verschafften. Nach seinem Tod (348/47 v.Chr.) wurde die Akademie von seinem Neffen Speusippos geleitet.
II. Ausfluss von Platons philosophischem Forschen ist das Corpus Platonicum als Gesamtheit der von Platon (auch angeblich) verfassten Schriften. Zu nennen sind: 34 Dialoge (davon fünf sicher, fünf vielleicht unecht), Apologie des Sokrates, (überwiegend unechte) 13 Briefe, Horoi (als Definitionensammlung) innerhalb des (in hellenistischer Zeit in sinnstiftende Tetralogien aufgeteilten) Corpus Platonicum, Epigramme, Gedichte, weitere Briefe, Dihairesen (zur Bgerifflichkeit) (fast alles unecht) außerhalb des Corpus.
Die Werke Platons lassen sich nur ungefähr in eine zeitliche Abfolge bringen; zu den Frühwerken gehören die Apologie, Kratylos, Protagoras, Symposion, in eine mittlere Zeit Parmenides, Politeia, zum Spätwerk Kritias (unvollendet), daneben der Vortrag "Über das Gute".
III. Die in Werken vermittelte Philosophie ist vielgestaltig: von der metaphysischen Ideenlehre und der Naturphilosophie über die Seelenlehre (des Menschen) bis zu den Methoden philosophischer Erkenntnis (Erkenntnis und Wissen), der Ethik oder der Staatsphilosophie ("Der Staat").
An Editionen bzw. Übersetzungen platonischer Werke seien hier genannt:
Platon, Apologie und Kriton (nebst Abschnitten aus Phaidon), hg. v. Armin Müller (1991) (= Aschendorffs Sammlung lateinischer und griechischer Klassiker): Text, Münster 12/131991, 125 S., DM 8,20, Kommentar, Münster 1991, 165 S., DM 8,20;
Platon, Apologie des Sokrates. Kriton, übers. v. Manfred Fuhrmann (1987) (= RUB 895), Nachdruck Stuttgart 2000, 96 S., DM 4,-;
Platon, Euthyphron. Griechisch-Deutsch, hg. v. Otto Leggewie (1978) (= RUB 9897), Stuttgart Nachdruck 1981, 78 S., DM 1,-;
Platon, Gorgias, Protagoras. Zwei sokratische Dialoge, übers. v. Josef Feix (1960) (= Goldmann Klassiker, Nr.629), Stuttgart 1960, 189 S., DM 2,-;
Platon, Ion. Hippias I. Hippias II. Laches. Charmides. Lysis. Menexenos, hg. v. H.M. Endres ([1967]) (= Goldmann Klassiker, Nr.1484), München o.J., 170 S., DM 2,-;
Platon, Sämtliche Werke. Jubiläumsausgabe, hg. v. Olof Gigon, übers. v. Rudolf Rufener (1974):
Bd.I: Frühdialoge, München-Zürich 1974, CV, 373 S.,
Bd.II: Die Werke des Aufstiegs, München-Zürich 1974, 452 S., Grafik,
Bd.III: Meisterdialoge, München-Zürich 1974, LXXXVI, 267 S.,
Bd.IV: Der Staat, München-Zürich 1974, 562 S.,
Bd.V: Spätdialoge I, München-Zürich 1974, LI, 415 S.,
Bd.VI: Spätdialoge II, München-Zürich 1974, LI, 330 S.,
Bd.VII: Die Gesetze, München-Zürich 1974, XLII, 550 S.,
Bd.VIII: Gigon, Olof, Zimmermann, Laila, Begriffslexikon, München-Zürich 1974, 304 S., zus. DM 80,-;
Platon, Der Staat, übers. v. Karl Vretska (1958/2000) (= RUB 8205), Stuttgart 2004, 726 S., € 12,10;
Platon, Symposion, hg. v. Franz Boll (1969) (= TuscB 26), München 61969, 171 S., DM 12,80;
Platon, Werke in acht Bänden. Paperback-Ausgabe, hg. v. Gunther Eigler u.a. (1990):
Bd.1: Ion. Hippias II. Protagoras. Laches. Charmides. Eutyphron. Lysis. Hippias I. Alkibiades I, Darmstadt 1990, XV, 666 S.,
Bd.2: Apologia Sokratous. Kriton. Euthydemos. Menexenos. Gorgias. Menon, Darmstadt 1990, XIV, 606 S.,
Bd.3: Phaidon. Das Gastmahl. Kratylos, Darmstadt 1990, X, 575 S.,
Bd.4: Politeia, Darmstadt 1990, XV, 875 S.,
Bd.5: Phaidros. Parmenides. Epistolai, Darmstadt 1990, XIV, 481 S.,
Bd.6: Theaietos. Sophistes. Politikos, Darmstadt 1990, XV, 579 S.,
Bd.7: Timaios. Kritias. Philebos, Darmstadt 1990, XXVI, 449 S.,
Bd.8,1: Nomoi 1-6, Darmstadt 1990, XXXI, 443 S.,
Bd.8,2: Nomoi 7-12. Minos, Darmstadt 1990, 564 S., zus. DM 138,-.
Literatur über Platon findet sich als:
Gigon, Olof, Zimmermann, Laila (1976), Von Abbild bis Zeuxis. Ein Begriffs- und Namenlexikon zu Platon, Zürich 21987, 351 S., DM 22,80.
[Buhlmann, 03.1996, 11.2017, 08.2020]
Plinius Secundus, Gaius, Epistulae - Briefe. Lateinisch/Deutsch, übers. v. Heribert Philips: Liber I - 1. Buch (= RUB 6979), 1987, Nachdruck Stuttgart 2006, 96 S., € 2,60, Liber II - 2. Buch (= RUB 6980), 1988, Nachdruck Stuttgart 2001, 96 S., € 2,60, Liber III - 3. Buch (= RUB 6981), 1989, Nachdruck Stuttgart 2006, 96 S., € 2,60, Liber IV - 4. Buch (= RUB 6982), 1990, Nachdruck Stuttgart 2006, 96 S., € 2,60, Liber V - 5. Buch (= RUB 6983), 1990, Nachdruck Stuttgart 2000, 94 S., € 2,60, Liber VI - 6. Buch (= RUB 6984), 1993, Nachdruck Stuttgart 2005, 109 S., € 3,-, Liber VII - 7. Buch (= RUB 6985), Stuttgart 1994, 104 S., € 2,10, Liber VIII - 8. Buch (= RUB 6986), Stuttgart 1995, 104 S., € 2,10, Liber IX - 9. Buch (= RUB 6987), Stuttgart 1996, 110 S., € 2,60, Liber X - 10. Buch, übers. v. Marion Giebel (= RUB 6988), 1985, Stuttgart 2005, 160 S., € 3,60 > Lateinische Literatur > P Plinius Secundus
Ploetz, historische Nachschlagewerke, u.a. als "Großer Ploetz" (1863) und "Kleiner Ploetz" (1869) begründet von Karl Julius Ploetz (*1819-†1881), als zunächst chronologische Übersichten zur Weltgeschichte (Antike, Mittelalter, Neuzeit), später auch ausdifferenziert nach Zeitepochen und Geschichtsthemen. U.a. sind erschienen: (Kleiner) Ploetz: Hauptdaten der Weltgeschichte, zusammengestellt v. Karl Ploetz (1869), neu bearb. v. Hans Erich Stier u.a., Würzburg 281957, VIII, 304 S., Karten, Stammtafeln, DM 4,95, Würzburg 281957, VIII, 336 S., Karten, Stammtafeln, DM 4,50. > W Weltgeschichte [Buhlmann, 03.2019]
Plotin, antiker Philosoph:
Plotin (*ca.205-†270) studierte im ägyptischen Alexandreia Philosophie und begründete ab 244/45 in Rom eine philosophische Schule, die er bis kurz vor seinem Tod leitete. Die Schule verstand sich in der Nachfolge der Philosophie Platons (*428/27-†348/47 v.Chr.) (Neuplatonismus). Plotin lehrte in seinen nach 253/54 veröffentlichten Schriften gemäß Platon (wie er meinte?) die Vielfalt und Verschiedenartigkeit in der Welt als hierarchisch entstanden aus dem "Einen, Undifferenzierten" über (transzendente) Instanzen (Hypostasen) wie Nous (Geist, Intellekt) und (platonische) Ideen mit dem Denken als Sein, wie das Seelische und dessen Teilhabe am Nous (Unsterblichkeit der Seele), aber auch am Körperlichen, wie Materie und Körperlichkeit, eingebunden in Zeit und Ewigkeit (Leben, Seele und das Eine).
Die Ethik Plotins ist eine Ethik des Philosophen (Abkehr vom Äußeren, Autarkie, Willensfreiheit, Zielgerichtetheit). Darüber hinaus setzte sich Plotin mit der damals verbreiteten Gnosis auseinander und kritisierte innerhalb der philosophischen Logik die Kategorienlehre des Aristoteles. Der Plotin-Schüler Porphyrios (*ca.233-†301/05) ordnete Plotins Schriften in Enneaden ("Neunheiten") und schrieb eine Biografie über seinen Lehrer. Ein (modifizierter) Neuplatonismus als philosophische Richtung wurde in den auf Plotin folgenden Jahrhunderten und Epochen rezipiert.
Zu Plotins Schriften s.:
Plotin, ausgew. u. eingel. v. Richard Harder (1958) (= BdWi 203), Frankfurt a.M. 1958, 173 S., DM 3,-;
Plotin, Ausgewählte Schriften, hg. v. Walter Marg (1973) (= RUB 9479), Nachdruck Stuttgart 1979, 268 S., DM 1,-;
Plotin, Schriften in deutscher Übersetzung, übers. v. Richard Harder (1930/37), 2 Tlbde., Darmstadt 2020, zus. VIII, 928 S., € 78,-.
[Buhlmann, 07.2021, 04.2022]
Podewils, Clemens Graf (Hg.) (1959/60), Sprache und Wirklichkeit. Essays (= dtv 432), München 1967, 262 S., DM 1,90. Sprache ist innerhalb menschlicher Gesellschaften und Kulturen nicht zuletzt ein geschichtliches, kulturgeschichtliches und metageschichtliches Phänomen, was z.B. gesellschaftliche Kommunikation, die ethnischen Konnotationen von Sprache oder die Sprache der Geschichtsquellen betrifft. Mit der Sprache als Ausdruck dessen, was Sprache abbildet ("Wirklichkeit") beschäftigen sich die folgenden Beiträge: Martin Buber, Das Wort, das gesprochen wird; Werner Heisenberg, Sprache und Wirklichkeit in der modernen Physik; Martin Heidegger, Der Weg zur Sprache; Carl J. Burckhardt, Das Wort im politischen Geschehen; Wolfgang Schadewaldt, Das Wort der Dichtung; Wladimir Weidlé, Das Kunstwerk: Sprache und Gestalt; Romano Guardini, Die religiöse Sprache; Carl Friedrich von Weizsäcker, Sprache als Information; Friedrich Georg Jünger, Wort und Zeichen; Thrasybulos Georgiades, Sprache als Rhythmus; Walter F. Otto, Die Sprache als Mythos. [Buhlmann, 12.2019]
Pörtner, Rudolf (1961), Bevor die Römer kamen. Städte und Stätten deutscher Urgeschichte (= Knaur 69), München-Zürich 51969 > U Ur-, Vor-, Frühgeschichte
Pörtner, Rudolf (Hg.) (1975), Alte Kulturen ans Licht gebracht. Neue Erkenntnisse der modernen Archäologie, Düsseldorf-Wien 21975 > A Archäologie
Pörtner, Rudolf (Hg.) (1986), Vergangene Welten, faszinierende Funde. Abenteuer und Ereignisse der Archäologie, Stuttgart-Zürich-München 1986 > A Archäologie
Pörtner, Rudolf (1986), Sternstunden der Technik. Forscher und Erfinder verändern die Welt, Gütersloh o.J. [1987] > W Weltgeschichte
Poeschel, Sabine (2014), Starke Männer - schöne Frauen. Die Geschichte des Aktes (= Besondere Wissenschaftliche Reihe 2014), Darmstadt 2014, 160 S., Farbabbildungen, ca. € 12,-. Die Geschichte des Aktes im europäischen Kulturraum beginnt nach Anfängen in der Steinzeit (Venus von Willendorf [ca.25000 v.Chr.]) mit den Kouros-Plastiken (Apoll von Piombino [ca.480 v.Chr.]) und dem harmonischen Ideal des nackten Männer- und Frauenkörpers der griechischen und römischen Antike (Aphrodite von Knidos [ca.340 v.Chr.], Laokoon-Gruppe [ca.140 v.Chr.], Venus von Milo [ca.130 v.Chr.]). Im europäischen Mittelalter standen Nacktheit und Akt im Gegensatz zur christlichen Religion (Sündenfall, Laster; Körper Christi am Kreuz; liegende Eva von Autun [ca.1140], Pisanello: Luxuria [ca.1426]), doch wurde Nacktheit als künstlerisches Thema wieder verstärkt ab der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts aufgegriffen (Nivola Pisano: Herkules [ca.1260], Jan van Eyck: Adam, Eva (1432), Niederrheinischer Meister: Liebeszauber [ca.1470/80]). Die Renaissance griff den antiken Akt wieder auf (Donatello: David [ca.1444], Sandro Botticelli: Geburt der Venus [ca.1483], Pietro Peugino: Sebastian [ca.1495], Michelangelo: David [1501/04], Lucas Cranach d.Ä.: Selbstmord der Lucrezia [1524]), poetische und erotische Akte der Hochrenaissance (Corregio: Jupiter und Io [1531/32], Tizian: Venus von Urbino [1538], Kurtisanenbilder) mündeten ein in die obessesive Körperlichkeit des Manierismus (Michelangelo: Jüngstes Gericht [1535/41], Giambologna: Raub der Sabinerin [1581/82], Bartholomäus Spranger: Bacchus und Ceres [ca.1590], Gabrielle d'Estrées mit einer ihrer Schwestern [c.1594]). Das Barockzeitalter gestaltete den Akt in Plastik und Malerei dynamisch, natur- und lebensnah (Caravaggio: Amor [1603], Peter Paul Rubens: Raub der Töchter des Leukippos [ca.1618], Gian Lorenzo Bernini: Apoll und Daphne [1622/25], Rembrandt: Danae [1636], Velázquez: Venus mit dem Spiegel [1650]), im Rokoko diente die antike Mythologie mit ihren religiösen und allegorisch-moralischen Konnotationen als Schablone für erotisch-pornografische Darstellungen (Sebastian Ricci: Bacchus und Ariadne [ca.1710], Sebastian Ricci: Venus [1725], Francois Boucher: Diana [1742], Francois Boucher: Triumph der Venus [1740]). Im Zuge von Aufklärung und der Erkenntnis der Erlernbarkeit von Kunst (etwa in Akademien) brach die bildende Kunst des 18. und 19. Jahrhunderts mit der bisherigen Tradition ("akademische Akte", Entmythologisierung, Goya: Nackte Maja [ca.1795], Manet: Olympia [1863], Courbet: Badende [1868]). Der moderne Akt des 19. und 20. Jahrhunderts lebt u.a. vom Sexuellen und Tabubruch in Plastik, Malerei und Fotografie (Courbet: Schlaf [1868], Cézanne: Badende [1874], Franz von Stuck: Die Sünde [1893], Picasso: Les Demoiselles d'Avignon [1907], Klimt: Danae [1908], Kirchner: Badende [1910], Schiele: Liegender weiblicher Akt [1914], Tamara de Lempicka: Andromeda [1927/28], Man Rey: Meret Oppenheim [1933], Bettina Rheims: 1er juillet II [1991]). [Buhlmann, 02.2014]
Poeschel, Sabine (2014), Die Kunst der Liebe - Meisterwerke aus 2000 Jahren (= Besondere Wissenschaftliche Reihe 2018), Darmstadt 2018, 160 S., Farbabbildungen, ca. € 15,-. Kunst ist auch der Ausdruck menschlicher Gefühle, so dass der künstlerischen Darstellung von Liebe seit der Antike bis zur Moderne immer wieder besondere Bedeutung zugekommen ist. In Malerei und Illustration, Skulptur und Plastik finden sich bei Kunstwerken je Künstler unterschiedliche Antworten auf die "Kunst der Liebe". Die Freuden der Liebe offenbaren sich in der Annäherung der Geliebten (Nicolas Lancret, Tanz [ca.1730]; Jean-Honoré Fragonard, Liebesbriefe [1772]; Joseph Anton Koch, Flusslandschaft mit Liebespaar [1793]; Ferdinand Georg Waldmüller, Die Erwartete [1850]; Max Beckmann, Der kleine Fisch [1933]), im (Liebes-) Rausch (Amor und Psyche [2. Jahrhundert v.Chr.]; Antonio Canova, Amor und Psyche [1793]; Francesco Hayez, Der Kuss [1859]; Franz Kupka, Der Traum [1909]; Marc Chagall, Liebespaar [1963]), im (Ehe-) Glück (Jan van Eyck, Arnolfi-Hochzeit [1434]; Lorenzo Lotti, Marsilio und Faustina Cassotti [1523]; Lucas Cranach d.J., Martinus Luter/Kattarina Lutterin [ca.1526]; Emil Nolde, Im Zitronengarten [1933]; Daniala Comani, Eine glückliche Ehe [2003/05]), in Gefühlkontrolle und (mittelalterlicher) Minne (Codex Manasse [ca.1300/40]; Francesco Jacovacci, Michelangelo bei der toten Vittoria Colonna [1880]). Sinnlichkeit und Erotik der Liebe spiegeln sich in einer Vielzahl von Kunstewerken (Venus und Mars [ca.120 n.Chr.]; Memmo de Filipuccio, Liebesleben [1303]; Paolo Veronese, Venus und Mars [1567]; Peter Paul Rubens, Adam und Eva [1628]; Giambattista Tiepolo, Rinaldo und Armida [1753]; William Holman Hunt, Der abgelenkte Hirte [1851]; Henri de Toulouse-Lautrec, Salon in der Rue des Moulins [1894]; Auguste Rodin, Ewiger Frühling [1907]; Franz Seraph Henseler, Verführung [1913]; Ernst Ludwig Kirchner, Bordell [1913]; Pablo Picasso, Paar auf der Wiese [1967]). Liebe kennt (auch in der Kunst) Glück und Tragik (Tinoretto, Vulkan überrascht Venus und Mars [ca.1555]; Tizian, Tarquinius und Lucretria [1571]; Peter Paul Rubens, Samson und Delilah [1609]; Peter Paul Rubens, Venus und Adonis [ca.1610]; Guido Reni, Aeneas und Dido [1630]; Rembrandt, Susanna und die Alten [1647]; Angelika Kauffmann, Abschied Abélards von Héloise [ca.1778]; Théodore Chassériau, Apoll und Daphne [1846]; Julius Schnorr von Carolsfeld, David betrachtet Bathseba [1850]; William Holman Hunt, Das erwachende Gewissen [1854]; Edvard Munch, Eifersucht [1896]; Erich Heckel, Paar [1924]; Frida Kahlo, Ein paar kleine Dolchstiche [1935]; Max Beckmann, Odysseus und Kalypso [1943]; Richard Hamilton, Just what is it that makes today's homes so different, so appealing? [1956]; Roy Lichtenstein, Kiss [1961]; Eric Fischl, Bathroom [2003]). Moderne Kunst führt auch zu neuen Sichtweisen auf die Liebe (Christian Jankowski, Let's get physical [1997]; Rosemarie Trockel, Paare [1998]; Boris Mikhailov, Kiss [2003]). [Buhlmann, 02.2018]
Pöschl, Viktor (Hg.) (1970), Sallust (= WdF 94), Darmstadt 1970 > S Sallust
Poettgen, Jörg (2012), "Zwischen Rhein und Maas". Kurfürst Clemens August und der Lütticher Glockengießer Martin Legros - eine kulturgeographische Studie, in: AHVN 215 (2012), S.97-115. Der Glockenbau der Klöster wurde im Verlauf des hohen Mittelalters durch den Glockenbau städtischer Glockengießer (Köln [11./12. Jahrhundert], Aachen [Bannglocke des Jakobus de Croiselles 1261]). Vor dem Hintergrund der Verbesserung des Glockengusses (Glockenklang, sog. gotische Rippe) orientierten sich die Gießer in Aachen (neue Aachener Werkstatt, Glockengießer Gregor I/II von Trier, Johann I von Trier) im 16. und 17. Jahrhundert am Bistum Lüttich; in dieses Umfeld sind auch die lothringischen Wandergießer (Johannes Bourlet, Edmund Fabri) zu stellen; nach 1730 gab es in Aachen keine Glockengießerei mehr. Der Glockengießer Martin Legros (*1714-†1784) arbeitete für Auftraggeber im Bistum Lüttich (Abtei Malmedy 1743 u.a.) und im Kölner Erzbistum (Kurköln, Erzbischof und Kurfürst Clemens August von Bayern [1723-1761]; Bonner Cassiusstift 1756, Neusser Quirinusstift 1764, Kölner Kommunitäten St. Pantaleon 1764, St. Kunibert 1771, St. Severin 1773, St. Gereon 1779). Dabei hatte sich Legros mit den Kölner Glockengießer rechtliche auseinanderzusetzen (Urteil des kaiserlichen Reichshofrats 1771) und erwarb 1771 das Kölner Bürgerrecht. Weit über 200 Glocken hat Legros gegossen, davon 23 für Kölner Kirchen (äußere Glockengestaltung [Friese, Inschriften], Klang z.B. des Bonner Vierergeläuts). [Buhlmann, 06.2013]
Pohl, Walter (2000), Die Germanen (= EdG 57), München 2000 > G Germanen
Pohly, Michael, Durán, Khalid (2001), Osama bin Laden (und der internationale Terrorismus) (= Ullstein Tb 36346), München 2001 > I Islamismus
Pokorny, Rudolf (2010), Augiensia. Ein neuaufgefundenes Konvolut von Urkundenabschriften aus dem Handarchiv der Reichenauer Fälscher des 12. Jahrhunderts (= MGH. Studien und Texte, Bd.48), Hannover 2010, XI, 178 S., € 20,-. Aus der ehemaligen Bibliothek des Augsburger Humanisten Konrad Peutinger (*1465-†1547) ist ein Konvulut von Abschriften Reichenauer Urkunden (16 Königs-, 9 Papst-, 5 Abtsurkunden, 3 übrige Schriftstücke) überliefert, das teilweise (7 Urkunden bzw. Briefe) bisher unbekannte Schriftstücke oder die lateinischen originalen Entsprechungen einiger von dem Reichenauer Chronisten Gallus Öhem (†1522) ins Deutsche übersetzter Urkunden enthält. Zu nennen sind aus der Abschriftenserie - zu einem großen Teil ge- oder verfälscht -: eine dritte Reichenauer "Gründungsurkunde" des Hausmeiers Karl Martell (724), Constitutio de expeditione Romana König Karls des Großen (790), Schenkung der königlichen villa Ulm (813), Urkunden der Kaiser Ludwig des Frommen (829), Karl III. (881), Arnulf (887), eine Bestätigungsurkunde König Ludwigs des Kindes über den Anfall des Klosters Schienen an die Reichenau (902), eine Urkunde König Heinrichs IV. (1065), ein Brief Kaiser Friedrichs I. an den Reichenauer Abt (1162); Urkunden bzw. Briefe der Päpste Johannes XIX. (1031), Leo IX. (1049/51), Vester (1088/95?), Innozenz II. (1140/43), Eugen III. (1148), Hadrian IV. (1158); sacra pax der Insel Reichenau (1118-1140/43?), Wormser Konkordat (1122); Urkunden der Reichenauer Äbte Bern (1008, 1047?), Ekkehard II. (1075), Udalrich II. (1094/95? oder ca.1104?), Konrad von Zimmern (1237/52). In Beziehung zu setzen sind die aufgefundenen Urkunden nicht zuletzt zu den Reichenauer Fälschern: "Poppo C" (10. Jahrhundert), N.N. (11. Jahrhundert, Mitte), "zweiter Fälscher" (12. Jahrhundert, 1. Viertel), Udalrich (von Dapfen?; bezeugt 1142-1165). Vielleicht war das im 16. Jahrhundert abgeschriebene Urkundenkonvolut ursprünglich das "Handarchiv" des Reichenauer Fälschers Udalrich. > R Reichenau [Buhlmann, 07.2011]
Pokorny, Rudolf (2013), Die Annales Laureshamenses in einer neu aufgefundenen Teilüberlieferung, in: DA 69 (2013), S.1-44. Die Annales Laureshamenses gehören zur Annalen-Historiografie im von den Karolingern politisch dominierten Frankenreich des 8. und beginnenden 9. Jahrhunderts. Sie umfassen einen Zeitraum von 703 bis 803/18 und zeichnen sich durch unterschiedliche Orte ihrer Entstehung aus (zuerst wohl in einem Zentrum irischer Mönche im Raum von Cambrai [St. Fursy in Péronne?], dann im Kloster Gorze [Jahresnotate bis 777], im Kloster Lorsch eventuell durch Abt Richbod [Jahresnotate bis 785], schließlich vielleicht in Metz oder auf der Reichenau [Jahresnotate ab 785]). Überliefert sind die Annales Laureshamenses auch als Annales Mosellani (703-785), als Fragmentum Canisii (741-788) und als Fragmentum Chesnianum (769-785 und 786-791). Den Gesamtzeitraum 703-803 der Annales Laureshamenses deckt ab einzig der Codex 8/1 der Stiftsbibliothek St. Paul im Lavanttal; niedergeschrieben wurde der Annalentext im frühen 9. Jahrhundert von einem Reichenauer Schreiber, der wiederum als mittelbare Vorlage den Codex 515 der Wiener Nationalbibliothek hatte. Vermutlich im Kloster Lorsch wurde 785 eine (bis 785 ergänzte) Abschrift der Annalen fertiggestellt, die Grundlage der Annales Laureshamenses wurde; die Vorlage der Abschrift von 785 war auch Vorlage der Annales Mosellani, sie kann als Überlieferungsstrang der Annales Mosellani-Laureshamenses betitelt werden. Weiter bietet die Papierhandschrift (des Augsburger Humanisten Konrad Peutinger) MS Akc. 1949 KN 397 der Universitätsbibliothek Breslau aus dem 16. Jahrhundert in einigen Jahresnotaten der Annales Laureshamenses Unterschiede zum Haupttext. Die Vorlage der Annalen im Breslauer Codex stammt mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls vom Kloster Reichenau (über die benachbarte Benediktinerabtei Petershausen), zudem sind für die entsprechenden Notate Übereinstimmungen mit den Annales Petaviani nachweisbar. Dies bedeutet wahrscheinlich, dass die Vorlage des im frühen 9. Jahrhundert auf der Reichenau abgeschriebenen Annalentexts, d.h. der Annales Laureshamenses der Stiftsbibliothek St. Paul im Lavanttal, wohl umfangreicher gewesen war als die Abschrift; der Reichenauer Schreiber hat mithin seine Vorlage fehlerhaft kopiert und manches durch Kopistenversehen ausgelassen. Dies gilt im Übrigen entsprechend für das im Breslauer Codex Überlieferte und für die Überlieferung der Annales Mosellani. Ergänzt um die Einträge im Breslauer Codex, stehen damit bis zum Annaleneintrag von 770 vollständige(re) Annales Laureshamenses zur Verfügung; in Lorsch wurden diese dann um die Jahresnotate bis zum Jahr 785 ergänzt. Erst mit den Jahresnotaten ab 785 werden unterschiedliche Fortsetzungen der "Lorscher Annalen" greifbar. [Buhlmann, 05.2023]
Politik, Politikwissenschaft:
Politikwissenschaft befasst sich als Teil der Sozialwissenschaften mit Politik als den gesellschaftlich-kulturellen Phänomenen (Strukturen [Institutionen], Prozesse [gesellschaftliche Gruppen, Reformen], Inhalte [Normen, Politikbereiche]) innerhalb auf Macht beruhenden Herrschaftssystemen, Gemeinwesen und Staaten vor dem Hintergrund der Verteilung von (materiellen, immateriellen) Werten in einer Gesellschaft.
Politik unterscheidet zwischen Innen- (innerhalb eines Gemeinwesens) und Außenpolitik (zwischen Gemeinwesen), handelt von Verfassungsstrukturen und vom politischen Wandel, umkreist und begreift Begriffe wie Macht, Staat, Hierarchie, Ordnung, Frieden, Freiheit, Gleichheit, Konsens, Konflikt. Je nach historischer Epoche (Antike, Mittelalter, Neuzeit) änder(t)en sich Bedeutung von Politik (und deren Durchsetzbarkeit) und die politischen Wertvorstellungen.
An Einführungen und Überblicken - insbesondere, was die Moderne anbetrifft - seien genannt:
Alemann, Ulrich von, Forndran, Erhard (1974), Methodik der Politikwissenschaft. Eine Einführung in die Arbeitstechnik und Forschungspraxis (= Grundkurs Politik II = Urban Tb 204), Stuttgart-Berlin-Köln-Mainz 1974, 179 S., DM 8,-;
Röhrich, Wilfried (1978), Politik als Wissenschaft. Eine Einführung (= dtv 4321), München 1978, 235 S., DM 11,80;
Steinbach, Udo, Hofmeier, Rolf, Schönborn, Mathias (Hg.) (1979), Politisches Lexikon Nahost (= BSR 199), München 21981, 411 S., DM 24,-;
Waldmann, Peter, Zelinsky, Ulrich (Hg.) (1980), Politisches Lexikon Lateinamerika (= BSR 221), München 1980, 422 S., Karten, DM 9,80;
Woyke, Wichard (Hg.) (1998), Handwörterbuch Internationale Politik, Opladen 1998, 579 S.
Besondere Fragestellungen werden behandelt in:
Doeker, Günther (Hg.), Vergleichende Analyse politischer Systeme. Comparative Politics (= Sozialwissenschaft in Theorie und Praxis, Bd.14), Freiburg i.Br. 1971, 470 S., DM 48,-.
Um Literatur und Politik geht es bei:
Polemann, Otto, Rössner, Lutz (Hg.), Gerechtigkeit und Menschenwürde. Texte zur Diskussion in der politischen Bildung, Frankfurt a.M.-Berlin-München 1972, X, 115 S., DM 6,80 (mit literarischen Texten u.a. von Wolf Biermann, Heinrich Böll, Bertolt Brecht, Fjodor Michailowitsch Dostojevskij, Günter Eich, Hans Fallada, William Faulkner, Peter Handke, Heinrich Heine, Stephan Hermlin, Erich Kästner, Marie Luise Kaschnitz, Ephraim Kishon, Karl Kraus, Elisabeth Langgässer, Christian Morgenstern, Friedrich Nietzsche, Joachim Ringelnatz, Luise Rinser, Anna Seghers, Kurt Tucholsky, Thornton Wilder).
[Buhlmann, 04.-07.1982, 12.2021, 05.2022, 09.2022, 04.2024]
Politik & Unterricht. Zeitschrift zur Gestaltung des politischen Unterrichts, hg. v.d. Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, ist eine Zeitschrift zur Didaktik von Politik an Schulen: 25. Jahrgang: H.1/1999: GG im Profil, Stuttgart 1999, 48 S., Abbildungen, DM 5,- (zum 50-jährigen Bestehen des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland). [Buhlmann, 01.2021]
Polybios: Der antik-griechische Politiker und Geschichtsschreiber Polybios (*ca.200-†ca.118 v.Chr.) bestimmte schon in jungen Jahren die Politik des Achäischen Bundes in Griechenland und gegenüber Rom mit und wurde im Jahr 168 v.Chr. zusammen mit 1000 anderen Führungspersönlichkeiten des Achäischen Bundes nach Italien und Rom deportiert, wo er u.a. Anschluss an den Scipionenkreis fand und und sich nach seiner Rückkehr auf die Peleponnes (150 v.Chr.) als Parteigänger der Römer erwies. Polybios war auf Seiten Roms Augenzeuge des Dritten Punischen Krieges (149-146 v.Chr.), musste die Zerstörung Korinths durch die Römer hinnehmen (146 v.Chr.), bereiste den westlichen Mittelmeerraum und war im Gefolge des Scipio Aemilianus während der Endphase des bellum Numantinum (134/33 v.Chr.). Als Historiograf verfasste Polybios auf Griechisch eine Reihe von (meist nicht oder nur fragmentarisch) erhaltenen Werken: eine Biografie des achäischen Politikers Philopoimen (n.182 v.Chr., fragmentarisch erhalten), die Militärschrift Taktika (v.168 v.Chr., nicht erhalten), eine Schrift "Über die Bewohnbarkeit der Tropen" (nicht erhalten), die Schrift "Über den numantischen Krieg" (n.133 v.Chr., nicht erhalten), das aus 39 bzw. 40 Büchern bestehende Hauptwerk der "Historien". Letztere sind eine Universalgeschichte des (westlichen, östlichen) Mittelmeerraums und verfolgen die Geschichte Roms zur alleinigen Großmacht am Mittelmeer (bis 167 bzw. 144 v.Chr.) (Buch 1-2: Vorspann [272/64-219 v.Chr.], Buch 3-5 [220/19-216 v.Chr.], Buch 6 [Mischverfassung des römischen Staates], Buch 7-11 [215-206 v.Chr.], Buch 12 [Methodik/Theorie einer pragmatischen Geschichtsschreibung: Quellen und historische Autopsie; (rationale) Ursachen, (irrationale) Tyche und Teleologie; Nutzen der Geschichte; Kritik an Historiografen], Buch 13-29 [205-168 v.Chr.], Buch 30-39/40 [167-144 v.Chr.]. Eine einführende neuere Biografie zu Polybios bietet: Dreyer, Boris (2011), Polybios. Leben und Werk im Banne Roms, Darmstadt 2011, 194 S., € 14,90. Spezielle Untersuchungen zu Polybios sind zu finden in: Stiewe, Klaus, Holzberg, Niklas (1982), Polybios (= WdF 347), Darmstadt 1982, XX, 448 S., DM 99,-. Die "Historien" des Polybios liegen vor als: Polybios, Geschichte. Gesamtausgabe in 2 Bden., übers. v. Hans Drexler (1961/63) (= BdAW GR), Bd.I: Erstes bis Zehntes Buch, Zürich-Stuttgart 1961, DM 20,-, Bd.II: Elftes bis Neununddreißigstes Buch, Fragmente, Zürich-Stuttgart 1963, DM 88,-, zus. XIV, 1615 S. [Buhlmann, 07.2012]
Pompeji, italisch-römische Stadt in Unteritalien, Kampanien: Pompeji, eine Stadt oskischen Ursprungs, gelegen am Vesuv, zurückreichend ins 8. Jahrhundert v.Chr., geriet ab dem 6./5. Jahrhundert v.Chr. unter griechischen bzw. etruskischen Einfluss, im 4. Jahrhundert unter samnitischen.
Seit ca.80 v.Chr. römische Kolonie, wurde die Stadt im Jahr 62 n.Chr. durch ein Erdbeben heimgesucht, im Jahr 79 n.Chr. durch einen Vesuvausbruch zerstört. Erhalten blieb damit fast vollständig die städtische Infrastruktur aus der frühen römischen Kaiserzeit: Forum mit Tempeln und öffentlichen Bauten, Forum triangulare mit den zwei Theatern, Amphitheater und Palestra, Thermenanlagen (Stabianer Thermen, Forumsthermen, Zentralthermen), Häuser, städtische Straßen und Stadtviertel (Casa del Fauno u.a.), Nekropolen und Gräberstraße (Via de Sepolcri).
Kunsthistorisch bzw. historisch sind folgende Perioden in Bezug auf Pompeji auszumachen: 1. samnitische Periode ("Kalkstein-Periode", ca.425-200 v.Chr.), 2. samnitische Periode ("Tuff-Periode", ca.200-80 v.Chr.), republikanische Zeit (80-27 v.Chr.), römische Kaiserzeit (27 v.Chr.-54 n.Chr.), letzte Phase (54-79 n.Chr.).
Vgl. Coarelli, Filippo, La Rocca, Eugenio, de Vos Raaijmakers, Mariette, de Vos, Arnold (1976/90/97), Pompeji. Archäologischer Führer, Augsburg 1997, Pläne, Farbtafeln, DM 19,80;
Maiuri, Amedeo (1963), Pompeji (= Führer durch die Museen, Galerien und Denkmäler Italiens, Nr.3), Rom 91963, 178 S., Pläne, Schwarzweißabbildungen, L 700.
> Lateinische Literatur > P Pompeji
[Buhlmann, 11.2014, 05.2022]
Pool, James, Pool, Susanne (1979), Hitlers Wegbereiter zur Macht. Wie mit geheimen deutschen und internationalen Geldquellen Hitlers Aufstieg ermöglicht wurde (= Moewig Dokumentation 4327), München 1982 > H Hitler, Adolf
Popplow, Markus (2010), Technik im Mittelalter (= BSR 2482), München 2010, 128 S., Schwarzweißabbildungen, € 8,95. I. Technisch war das Mittelalter insofern, als dass es Werkzeuge und Techniken der zeitlich voraufgegangenen Antike weiter benutzte bzw. innovativ fortentwickelte, dass es aber auch neue Techniken schuf. Es wurde dabei aus der Antike nur das übernommen, was im Rahmen der frühmittelalterlichen Gesellschaft auch wirklich Verwendung finden konnte, während die grundlegenden Innovationen im "Herbst des (späten) Mittelalters" in den ersten beiden Jahrhunderten der frühen Neuzeit nur mehr verfeinert, indes nicht entscheidend weiterentwickelt wurden. II. Orte von Technik waren die Klöster gerade des Früh- und Hochmittelalters, die Werkstätten des spätmittelalterlichen Handwerks, die Herrschaftszentren von Fürsten, die Haushalte, aber auch die Schlachtfelder (Entwicklung von Kriegsgerät). Dabei hatten mittelalterliche Gesellschaften nur in einem eingeschränkten Maße Zugriff auf natürliche Ressourcen wie Energie, agrarische Produkte oder Bodenschätze, wobei wegen unzureichender Transportmöglichkeiten von Rohmaterialien oder Produkten Technik vielfach dem lokalen oder regionalen Raum verhaftet blieb. Mittelalterliche Erfinder bleiben meist unbekannt, während Technik in Klöstern, Werkstätten, Dombauhütten, Zünften oder Universitäten institutionell verankert war und dadurch von Generation zu Generation weitergegeben werden konnte. Dem Handlungswissen (und damit den praktischen Formen von Wissensvermittlung) kam hier eine besondere Rolle zu. Schriftliche Formen der Wissens- und Technikvermittlung traten demgegenüber zurück; erst aus dem späteren Mittelalter sind Bauzeichnungen bekannt - das berühmte Bauhüttenbuch des Villard de Honnecourt (13. Jahrhundert, 1. Drittel) gehört hierher - oder Zeichnungen von technischen Gerätschaften, aber auch Modelle von Gebäuden und Maschinen. Nicht zuletzt die repräsantativen Maschinenbücher von Ingenieuren und Praktikern stehen für das (theoretische) Bildungswissen des Spätmittelalters, das auch die damalige Technik mit einbezog, während umgekehrt Bildung zunehmend als eine Wissens- und Kulturtechnik verstanden wurde. Mittelalterliche Gelehrte stellten daher Technik und Handwerk zu den aus der Antike überkommenen, weiter oben angesprochenen artes liberales; ars (kunst) kennzeichnete dabei den Wissensbestand einer Wissenschaftsdisziplin. Hugo von St. Viktor (†1141) teilte in seinem Didascalicon die Wissenschaften unter Berücksichtigung auch der "mechanischen Künste" (artes mechanicae) neu ein in Logik, Theorik, Mechanik und Praktik. Den Unterbau der solcherart zusammengesetzten menschlichen sapientia ("Weisheit") bildete für Hugo die Philosophie. Neben den theoretischen sapientia-Elementen der artes liberales, der Theologie usw. berücksichtigte er besonders auch die Elemente der Praxis, u.a. Technik, Medizin, Ökonomik, Recht oder Schauspiel. Im Verlauf des hohen Mittelalters wurden die Wissenschaften zudem ihrem religiösen Umfeld entkleidet, sie zielten auf den Menschen, nicht mehr auf Gotteserkenntnis. Von der Hinwendung zu praktischen Tätigkeiten profitierte dann auch die mittelalterliche Technik. Vor dem Hintergrund von ars und artes mechanicae - die artes mechanicae standen auch für die städtischen Handwerke - entwickelten sich die technischen Begriffe zur Bezeichung von Gerätschaften, Werkzeugen und Maschinen (instrumentum, artificium, ingenium, machina); der Begriff des Ingenieurs (ingeniator, incignerius) kam in den romanischen Sprachen seit etwa 1100 auf, der Ausdruck inventio verengte sich im Spätmittelalter zu "Erfindung", Erfindung nämlich von technischen Neuerungen durch einen "Erfinder" (inventor). III. Mittelalterliche Technik und technischer Fortschritt offenbaren sich innerhalb von vielen Bereichen. Der Transport von Menschen und Waren an Land mit Ochsen und (Pack-) Pferden, Karren und Fuhrwerken blieb schwierig, alleine auf Grund von schlechten Straßen oder fehlenden Brücken. Zu Wasser kam man - gerade was Massentransporte anbetraf - besser voran. Auch wurden künstliche Wasserstraßen (Kanäle, Schleusen) gebaut wie der fossa Carolina (ca.800), der Stegnitzkanal zwischen Nord- und Ostsee (ca.1400) oder die Kanäle im spätmittelalterlichen Oberitalien. Die Schiffe waren wikingische Handels- und Kriegsschiffe, Koggen der Hanse Norddeutschlands oder Galeeren und Karacken des Mittelmeerraums. Werften, insbesondere die Großwerften in Venedig und Genua, stellten die Schiffe her; Hafenanlagen wurden zum Be- und Entladen genutzt (Kais, Hafenkräne). Die spätmittelalterlichen Handelswege zu Wasser und zu Land ermöglichten dann den Transport von Rindern, Fleisch, Fisch, Salz und Getreide. IV. In der Militärtechnik entwickelte sich eine "Spirale der Aufrüstung", erkennbar u.a. an der Ausstattung des hochmittelalterlichen Ritters oder an dem Technikwandel infolge der Erfindung des Schießpulvers. Die Waffentechnik umfasste als Hieb- und Stichwaffen Schwert, Lanze, Dolch, Axt und Pike, als Fernwaffen Pfeil und Bogen sowie die Armbrust. Schutz boten Schild, Kettenhemd und Ritterrüstung. Die Ausrüstung des für den "ritterlichen" Kampf so wichtigen Pferdes bestand aus Sattel, Steigbügel und Zaumzeug. Beim Belagerungsgerät kamen Rammböcke, Schutzhütten (Unterminieren von Mauern und Türmen), Steinschleudern (Gegengewichtsschleudern) und Katapulte zum Einsatz, seit dem 14. Jahrhundert auch Kanonen (Stein-, Eisenkugeln). Letzterem entsprach eine (beginnende) Neugestaltung der Verteidungswerke; statt hochmittelalterlicher Stadtmauern dominierten zunehmend Bastionen, Erdwälle und Wassergräben. V. Technische Innovationsprozesse gab es auch und besonders im durch Zünfte geprägten städtischen Handwerk mit seiner gewerblichen Produktion. Schon seit dem Frühmittelalter trat das Kunsthandwerk (Handschriftenherstellung, Holz-, Elfenbeinbearbeitung, Schmuck, Bronzeguss) diesbezüglich hervor; am Ende des Mittelalters ermöglichte neues Arbeitsgerät (Dreh-, Hobelbank, Schraubstock) neue Produktionstechniken. Im Textilgewerbe, dem frühmittelalterlichen opus textile, gab es Innovationen beim Spinnen (Spinnrad), Weben (Webstuhl) und Walken (Walkmühle). Bei der Glasherstellung sind seit dem Hochmittelalter Glashütten bezeugt; hergestellt wurden Hohl- und Flachglas sowie farbiges Glas von Spitzenprodukten aus dem venezianischen Murano bis zum einfachen "Waldglas"; Glasmalerei verzierte die Scheiben der Gotteshäuser, im späten Mittelalter besaßen auch Adels- und Bürgerhäuser Fensterscheiben. Dazustellen können wir die Erfindung der Brille im Italien des späten 13. Jahrhunderts; im 15. Jahrhundert war die Brille (mit Brillengestell, gegen Weit- und Kurz-sichtigkeit) zumindest in Italien weit verbreitet (venezianische Brillen-produktion). Die Erfindung des Buchdrucks (bewegliche Lettern [Metallguss: Stempel, Siegel; als Vorläufertechnologie], Druckerpresse, Druckerschwärze) durch Johannes Gutenberg (†1468) um die Mitte des 15. Jahrhunderts leitete das Ende der handgeschriebenen Bücher ein. Damals hatte schon längst das Papier das Pergament als Beschreibstoff verdrängt. Es erschienen bis um 1500 rund 25000 Druckwerke mit einer geschätzten Auflage von 20 Millionen Stück. VI. Auch in der Landwirtschaft gab es technischen Fortschritt, der z.B. mit der Einführung der Dreifelderwirtschaft ("Vergetriedung") und des sog. schweren Pfluges (Pflugschar, Streichbrett) verbunden war. Aus der Antike übernommene Techniken betrafen einfache Werkzeuge wie Spaten, Haken oder Sichel, aber auch komplexere Gerätschaften wie Ölpresse, Weinkelter oder Getreidemühle. Darüber hinaus sollte die alltägliche Technik, die z.B. beim Essen und Trinken (Tonwaren [Becher, Schalen], Besteck [Löffel, Messer, kaum Gabel]) oder beim Wohnen (Räume, Herd und Kamin, Möbel) zum Tragen kam, nicht vergessen werden. VII. Die Mühle als durch Muskelkraft, Wasser oder Wind (Energiegewinnung) angetriebene Maschine sollte in der Entwicklung mittelalterlicher Technik eine Schlüsselrolle einnehmen. Ausgangspunkt waren die Getreidemühlen, die seit Spätantike und Frühmittelalter immer größere Verbreitung fanden (grundherrschaftliche Mühlen) und im späten Mittelalter als Vertikal- oder Horizontalmühlen, als Schiffsmühlen oder hängende Mühlen in Erscheinung traten. Mit den Wassermühlen verbunden war ein mitunter aufwändiger Wasserbau zur Zuflussoptimierung (Stauteiche, Wehren, Zuleitungen). Eine Nutzung von Mühlen über das Getreidemahlen hinaus ergab sich erst seit dem Hochmittelalter. Das Spätmittelalter nutzte die Mühlen mit ihren Nocken- und Kurbelwellen als Motor für eine Vielzahl mechanisierter Prozesse etwa zur Herstellung von Seidenzwirn, zum Walken, zum Gerben (Lohmühle), zur Herstellung von Schießpulver (Pulvermühle), zur Herstellung von Papier oder als Wasserhebeanlagen (Pumpen). Das Papier trat, erfunden in China, übernommen aus dem arabischen Raum, seit der Wende vom 11. zum 12. Jahrhundert in Sizilien und Spanien in Erscheinung, bis es sich in Italien (spätes 13. Jahrhundert) und in Deutschland (spätes 14. Jahrhundert) als Beschreibstoff verbreitete. Die Vielfalt der Mühlen war dann Ausdruck einer zunehmenden Mechanisierung der mittelalterlichen Technik, die sich auch in einem entstehenden Patentwesen (Deutschland, Oberitalien) niederschlug. VIII. Der mittelalterliche Bergbau benötigte zur Gewinnung von Bodenschätzen eine ausgefeilte Technologie. Das galt für das Frühmittelalter mit seinem kleinflächigen Rasenerzabbau und der Verarbeitung von Erz und Eisen in der Schmiede; das galt aber erst recht für die großen Bergbauunternehmen des Spätmittelalters, als der Bedarf an Eisen um ein Mehrfaches angestiegen war. In den unterirdischen Bergwerken wurde in Handarbeit mit Schlegel, Eisen, Brechstange, Meißel und Schaufel gearbeitet, der Materialtransport erfolgte u.a. mit Karren auf Holzschienen, das Erz wurde mit Winden nach oben gezogen oder mit einem Lastenaufzug transportiert. Oben angekommen, zerkleinerte man das Erz in Pochwerken oder Erzmühlen. Schmelzöfen sorgten für die Verhüttung des Erzes überwiegend unter Verwendung von Holzkohle (Köhlerei), aus der Rohluppe wurde durch mehrfaches Durchschmieden das Roheisen. Silber gewann man mit dem Siegerverfahren aus Kupfer mit einem Silberanteil (15. Jahrhundert, 2. Hälfte). Zudem wurden andere Metalle wie Blei oder Gold abgebaut. Der Bergbau hinterließ Schäden an der Umwelt, wie damals zuweilen beanstandet wurde. Ein verstärkter Raubbau am Wald ist teilweise bei der Salzgewinnung aus Solequellen und durch Salzbergbau (Sieden und Trocknen des Salzes) zu beobachten (Lüneburger Saline, Lüneburger Heide in Spätmittelalter und früher Neuzeit). IX. Mittelalterliche Architektur reicht von den einfachen Holzhütten frühmittelalterlicher Bauern über die Burgen des Adels und die Holz-, Stein- und Fachwerkhäuser der spätmittelalterlichen Städte bis zum Kirchenbau der Romanik oder Gotik. Gerade bei den gotischen Kathedralen ging es um Proportion und Baustatik (geometrische Grundlagen, standardisierte Bauelemente, Spitzbögen, Rippengewölbe), auch musste ein zeitlich mitunter über Generationen reichender Kirchenbau logistisch und organisatorisch geplant werden (Bauherr, Architekt, Bauhütte). Dabei war man bei der Bearbeitung von Holz, Stein und Metall weitgehend auf die traditionelle Handarbeit verwiesen; die Schubkarre tritt im 13. Jahrhundert in Erscheinung, spätmittelalterlich war der Einsatz von Sägewerken, verbesserte Gerätschaften dienten dem Heben des Baumaterials. Als Höhepunkt mittelalterlichen Kirchenbaus mag dann die Kuppel des Doms von Florenz gelten. X. Ausfluss der spätmittelalterlichen "Mechanisierung" war nicht zuletzt die mechanische Räderuhr, die seit dem späten 13. Jahrhundert rasch Verbreitung fand und die bis dahin verwendeten Sonnen-, Wasser-, Sand- und Kerzenuhren zunehmend verdrängte. Die Räderuhr beruhte auf dem Zusammenspiel von Kronrad, Spindelhemmung und fallenden Gewichten. Prestigeträchtig war für die Städte seit dem 14. Jahrhundert die Anbringung von Turmuhren, die die Stunden (später auch Minuten) gleichmäßig anzeigten; astronomische Uhren berücksichtigen zudem astronomische Daten, verfügten auch vielfach über Figurenspiele und andere automatische Abläufe. Bald folgten auch kleinere Uhren; federbetriebene Taschenuhren gab es seit der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert. XI. Der technische Fortschritt im Mittelalter hatte viele Wurzeln, die bisher nur unzureichend durch die historische Forschung ermittelt wurden. Dass wirtschaftlich-utilaristische sowie (auf ein zergliedertes Europa zurückgehende) politische Faktoren eine wichtige Rolle spielten, ist klar. Umstritten ist aber, inwieweit ein durch das Christentum begründetes Arbeitsethos "technische" Mentalitäten schuf; auch behinderte das abendländische Christentum den technischen Fortschritt nicht. Andererseits sucht man ausführliche mittelalterliche Reflexionen über die damalige Technik (Technikverständnis) vergebens. [Buhlmann, 04.2014]
Porter, Joshua R. (2007), Die Bibel, Köln 2007 > B Bibel
Posch, Thomas (2017), Johannes Kepler. Die Entdeckung der Weltharmonie (= Besondere Wissenschaftliche Reihe), Darmstadt 2017, 264 S., Schwarzweißabbildungen, Karte, Zeittafel, € ca.10,-. I. Geboren in der südwestdeutschen Reichsstadt Weil der Stadt am 27. Dezember 1571 als Sohn des niederadligen Vaters Heinrich Kepler und von dessen Ehefrau Katharina, erlebte Johannes eine eher unruhige Kindheit, die ihn nach Leonberg (1577/79) und Ellmendingen (1580/82) verschlug. Immerhin führte die protestantisch-schulische Ausbildung im württembergischen Herzogtum Kepler zum Eintritt in die Adelberger Klosterschule (1584/86), dann ins evangelische Seminar Maulbronn (1586/89) und an die Universität Tübingen bzw. das dortige evangelische Stift, wo er - durch ein Stipendium unterstützt - die artes liberales und Theologie studierte, freilich mit großem Interesse an Mathematik, Astronomie und Naturwissenschaften (1589/94). 1591 absolvierte Kepler die Magisterprüfung, 1594 wurde er Lehrer für Mathematik an der evangelischen Stiftsschule in Graz, wo er - überschattet von der Gegenreformation unter dem österreichischen Herzog Ferdinand (1590-1637) - bis 1600 blieb. In seiner Grazer Zeit gab Kepler sein Erstlingswerk "Weltgeheimnis" (Mysterium Cosmographicum 1596; Planetenbahnen im heliozentrischen Sonnensystem vermöge eines Polyedermodells [Platonische Körper]) heraus, er heiratete Barbara Müller (1597) und kam in Kontakt mit dem berühmten, damals in Böhmen lebenden dänischen Astronom Tycho Brahe (1600). Es schließt sich die Prager Zeit Keplers an (1600/12). Er und Brahe sollten die "Rudolfinischen Tafeln" ? benannt nach Kaiser Rudolf II. (1576-1612) - zur astronomischen Vorausberechnung der Positionen von Sonne, Mond und Planeten ausarbeiten, doch starb Brahe schon 1601, Kepler wurde nun "kaiserlicher Mathematiker". Er beschäftigte sich mit der Optik als Voraussetzung astronomischer Beobachtung (Ad Vitellionem Paralipomena als "Optischer Teil der Astronomie" 1604), arbeitete mit dem Uhrmacher Jost Bürgi zusammen (Observatoriums-, Globusuhren) und beobachtete den Ausbruch einer (der "Keplerschen") Supernova in der Milchstraße (1604/05) (Gründtlicher Bericht von einem ungewohnlichen Newen Stern 1604; "Über den neuen Stern im Fuß des Schlangenträgers" 1606) sowie den Halleyschen Kometen (1607) (Ausführlicher Bericht von dem newlich im Monate Septembri und Octrobri diß 1607. Jahrs erschienenen Haarstern oder Cometen 1609; De cometis libri tres 1619). Das Hauptwerk Keplers war aber seine "Neue Astronomie" (Nova Astronomia 1609), in der mit Bezug auf den Planeten Mars ("Marswerk") zwei der drei Keplerschen Gesetze erstmals auftauchen. Ab 1610 benutzte Kepler für seine Beobachtungen das neu erfundene Teleskop, seine Kontakte zu Galileo Galilei bestärkten ihn in der Verwendung des neuen astronomischen Instruments (Sonnenflecken, Milchstraße, Jupitermonde, Saturn). Abseits der Astronomie beschäftige sich Kepler mit dem regelmäßigen Sechseck (Strena sive De nive sexangula als "Neujahrsgabe oder: Über den sechseckigen Schnee" 1611) und mit Naturphilosophie und Astrologie (Tertius Interveniens). Zudem veröffentliche er die Schrift Dioptrice (1611) und damit eine wissenschaftliche Grundlegung der Optik als Teilgebiet der Physik. Der Tod seiner Ehefrau Barbara (1611) ließ Kepler als Witwer mit zwei Töchtern und dem Sohn Ludwig zurück, nach Absetzung und Tod Kaiser Rudolfs II. (1612) fand der Astronom im oberösterreichischen Linz eine neue Wirkungsstätte (1612/26). Auch hier arbeitete er - in Diensten des Kaisers Matthias (1612-1619) - an den "Rudolfinischen Tafeln", deren Herausgabe sich aber immer wieder verzögerte. Daneben beschäftigte er sich mit der kartografischen Erfassung Oberösterreichs (Bericht von der Landmappa 1616; Karte 1628), engagierte sich als Protestant für den 1582 eingeführten Gregorianischen Kalender (Regensburger Reichstag 1613), geriet in Konflikt mit der evangelischen Kirchenbehörde Oberösterreichs (1613) und betrieb erfolgreich seine Heirat mit Susanna Reuttinger (1613), von der er zwei Töchter hatte; Querelen gab es daneben um Keplers Mutter Katharina, die als Hexe verdächtigt wurde (1616/22). Die Schrift "Neue Stereometrie der Fässer" (1615) enthält die berühmte Keplersche Fassregel, es folgten der "Abriss der copernicanischen Astronomie" (1617) als Abhandlung zur Himmelsmechanik und Keplers "Weltharmonik" (Harmonice mundi 1619), die das 3. Keplersche Gesetz beinhaltet, aber auch geometrische und musiktheoretische Überlegungen (Harmoniebegriff). Nach den Verheerungen des oberösterreichischen Aufstands protestantischer Bauern (1626) und auch wegen des anstehenden Drucks der "Rudolfinischen Tafeln" verließen Kepler und seine Familie Linz und zogen nach Ulm, wo die umfangreichen Tabulae Rudolfinae - mitten im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) - entstanden (1627; Frankfurter Buchmesse 1627). Erst 1628 konnte sich Kepler, der damals in engem Kontakt zum kaiserlichen Feldherrn Wallenstein stand, mit seiner Familie im schlesischen Sagan niederlassen. Seine letzten zwei Lebensjahre verbringt er u.a. mit Ephemeridenrechnungen (De raris mirisque anni 1631 Phaenomenis als "Über die seltenen und wunderbaren Ereignisse des Jahres 1631" 1629; Merkur- und Venustransit); ein Angebot der Universität Rostock lehnte er ab, dafür verfügte er nun über eine eigene Druckerei. Von seiner letzten Reise über Leipzig nach Regensburg sollte er jedoch nicht mehr zurückkehren. Johannes Kepler starb am 15. November 1630 in Regensburg an einer fiebrigen Erkrankung; sein Leichnam wurde drei Tage später auf dem lutherischen Friedhof südlich der Stadtmauer beerdigt, das Grab selbst 1632/34 in den Wirren des Krieges zerstört. Die Familie Keplers blieb wirtschaftlich verarmt zurück, ausstehende Löhne konnten nur zu einem geringen Teil eingetrieben werden, Keplers postum erschienene Schrift "Der Traum oder: Mond-Astronomie" (Somnium sive astronomia lunaris 1634) sollte die wirtschaftliche Situation der Familie verbessern helfen. II. Die astronomischen und physikalischen Publikationen Keplers wurden unterschiedlich in der damaligen und späteren Gelehrtenwelt aufgenommen. Der Philosoph Thomas Hobbes und der Astronom Thomas Streete rezipierten Kepler; Isaac Newton verwendete für seine "Mathematischen Prinzipien der Naturphilosophie" die Keplerschen Gesetze, Gottfried Wilhelm Leibniz stand Kepler positiv gegenüber. Das 19. Jahrhundert sah in Kepler nicht nur den Astronomen, sondern auch den Naturphilosophen und idealen Forscher (Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Friedrich W.J. Schelling), das 20. Jahrhundert ging auf die "Keplersche Wende" der frühneuzeitlichen Erforschung der Natur ein (Max Caspar, Ernst Cassirer), die Person Keplers spielt auch in der modernen Literatur und Musik eine Rolle (Paul Hindemith, Friedrich Hölderlin). > Lateinische Literatur > K Kepler, Johannes [Buhlmann, 07.2017]
Posener, Alan (1999), Maria (= rm 50621), Reinbek b.H. 1999 > M Maria
Posener, Georges, Lexikon der ägyptischen Kultur, Wiesbaden o.J. > A Ägyptische Geschichte, 3. Jahrtausend-4./1. Jahrhundert v.Chr.
Potratz, Johannes A.H. (1961), Die Kunst des Alten Orient (= KTA 323), Stuttgart 1961 > A Alter Orient
Potter, Simeon (1960), Language in the Modern World, Nachdruck Harmondsworth 1964 > S Sprachen
Pottgießer, Hans (1985), Eisenbahnbrücken (aus zwei Jahrhunderten), Basel-Boston-Stuttgart 1985 > T Technik, Technikgeschichte
Potthoff, Ludwig (1953), Rellinghausen im Wandel der Zeit, Essen 1953 > R Rellinghausen
Pracht-Jörns, Elfi (Bearb.) (2008), Ratingen (= RS 89), Köln-Weimar-Wien 2008 > R Ratingen
Prämonstratenser, christlich-kirchlicher Orden:
Von der hochmittelalterlichen Kirchenreform waren neben den Mönchs- auch die Klerikergemeinschaften betroffen. Der heilige Norbert von Xanten (*ca.1082-†1134) gründete im nordfranzösischen Prémontré eine Kommunität, die Ausgangspunkt des Prämonstratenserordens werden sollte, eines Ordens von Geistlichen, die nach der Augustinusregel ohne persönliches Eigentum gemeinsam leben wollten (vita communis). Die Augustinusregel (praeceptum), auf den heiligen Kirchenvater Augustinus (*354-†430) zurückgehend, kann in Teilen als Vorgänger der Benediktregel gelten; sie ordnete allgemein das Zusammenleben in geistlichen Gemeinschaften und war daher - über die Benediktregel - Grundlage für die monastische vita communis und seit dem Mittelalter für Kanoniker- und Chorherrengemeinschaften wie den Augustinerchorherren und eben den Prämonstratensern.
Der Prämonstratenserorden war zentralistisch organisiert, an der Spitze stand der Generalabt von Prémontré, es gab Generalversammlungen, die prämonstratensischen Gemeinschaften eines Gebietes/einer Diözese waren zu einer Zirkarie zusammengeschlossen, in der ein Generalvikar und ein Zirkator gewisse Aufsichtsfunktionen ausübten. Zäsuren im Prämonstratenserorden stellten dann Reformation und Konfessionalisierung (16. Jahrhundert) sowie Aufklärung und Säkularisation (18./19. Jahrhundert) dar.
Vgl.
Krings, Bruno (2009), Die Frauenklöster der Prämonstratenser in der Pfalz, in: JbwdLG 35 (2009), S.113-202;
Leinsle, Ulrich G. (2020), Die Prämonstratenser (= Geschichte der christlichen Orden = Urban Tb), Stuttgart 2020 > Leinsle, Prämonstratenser;
Winter, Franz (1865), Die Prämonstratenser des zwölften Jahrhunderts (und ihre Bedeutung für das nordöstliche Deutschland). Ein Beitrag zur Geschichte der Christianisierung und Germanisierung des Wendenlandes, Berlin 1865, Nachdruck Aalen 1966, 386 S., DM 30,-.
[Buhlmann, 03.2009, 10.2010, 08.2021]
Prange, Melanie (Bearb.) (2012), Der Konstanzer Domschatz. Quellentexte zu einem verlorenen Schatzensemble des Mittelalters und der Frühen Neuzeit (= VKGLBW A 56), Stuttgart 2012, LXXII, 149 S., € 22,- > Lateinische Literatur > O Otto von Rheineck
Prater, Donald A. (1995), Thomas Mann. Deutscher und Weltbürger. Eine Biographie, Rheda-Wiedenbrück 1995, 775 S., Schwarzweißabbildungen, DM N.N. Thomas Mann wurde am 6. Juni 1875 als Sohn des Lübecker Kaufmanns und Senators Thomas Johann Heinrich Mann in Lübeck geboren. Er lebte dort zusammen mit seinen vier Geschwistern und den Eltern; der Vater starb, als Thomas sechszehn war. Thomas war Schüler im Katharineum, einem Lübecker Gymnasium. Schon früh verfasste er Aufsätze für Zeitschriften, interessierte sich darüber hinaus für Kunst, Literatur und Philosophie. Nach Beendigung der Schule (1894) wurde er Volontär bei einer Versicherungsgesellschaft, eine Stelle, die er alsbald (1895) aufgab, als seine erste Novelle Gefallen (1894) erschien. Der volljährige Thomas Mann (1896) wandte sich nun vollends der Schriftstellerei zu. Er veröffentlichte Beiträge für konservative Zeitschriften, u.a. für die Zeitschrift Das zwanzisgste Jahrhundert, deren Herausgeberschaft kurzzeitig sein älterer Bruder Heinrich Mann innehatte. Die erste Novellensammlung Der kleine Herr Friedemann sollte folgen (1897). 1901 erschien sein erfolgreicher Gesellschaftsroman Buddenbrooks, aufgeteilt in zwei Bände; für die Buddenbrooks erhielt er den Nobelpreis für Literatur (1929). Thomas Mann heiratete seine damalige Freundin Katia Pringsheim, mit der er sechs Kinder hatte (1905). Als weitere Erzählungen sind für die wohl wichtigsten Jahrzehnte von Manns schriftstellerischem Schaffen zu nennen: Tonio Kröger (1903), Tristan (1903), Das Eisenbahnunglück (1909), Der Tod in Venedig (1911), Tristan und Isolde (1923), Der Zauberberg (1924), Mario und der Zauberer (1930). Auch war Mann in der Weimarer Republik als (politischer) Essayist erfolgreich ("Deutsche Ansprache" 1930). Die nationalsozialistische "Machtergreifung" (1933) traf Thomas Mann auf einer Europareise; er beschloss, nicht mehr nach Deutschland zurückzukehren (Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft 1933, Reisen in die USA 1934/35, Verleihung der tschechoslowakischen Staatsbürgerschaft 1936). Die endgültige Übersiedlung in die USA erfolgte 1938; Thomas Mann arbeitete u.a. als Gastprofessor an der Universität Princeton und führte Leserreisen durch. Nach einer weiteren Europareise (1939) konnte Mann seinen Goethe-Roman Lotte in Weimar veröffentlichen. Zwischen 1940 und 1945 - während des Zweiten Weltkriegs (1939-1945) - hielt der Schriftsteller gegen die nationalsozialistische Regierung in Deutschland Radioreden unter dem Titel "Deutsche Hörer!", die über die BBC nach Deutschland hin ausgestrahlt wurden. Ab 1941 wohnten Mann und seine Familie an der kalifornischen Pazifikküste. 1944 wurde Thomas Mann US-amerikanischer Staatsbürger, 1946 konnte sein Lungenkrebsleiden operativ kuriert werden. Währenddessen entstand Manns Roman Doktor Faustus (1947). Das Ende des Zweiten Weltkriegs (1945) ermöglichte Mann die Rückkehr nach Europa. Nach einem ersten Besuch im Nachkriegsdeutschland (1949) siedelte der Schriftsteller - auch als Opfer des "Komitees für unamerikanische Umtriebe" (1951) - nach Zürich, wo er ein Haus in Kilchberg erwarb (1952/54). Thomas Mann starb dort am 12. August 1955, sein Roman Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull blieb Fragment. Zahlreich waren die Literaturpreise und Ehrungen, die Thomas Mann im Laufe seines Lebens erhielt, u.a.: Ehrendoktorwürde der Universität Bonn (1919, 1936 aberkannt, 1946 erneuert), Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft (1932), Ehrendoktorwürden der Harvard, Columbia, Yale, Princeton University (1935/39), Ehrendoktorwürde der University of Oxford und der Universität Lund (1949), Goethepreis der Stadt Frankfurt am Main (1949), Ehrenbürger der Stadt Weimar (1949), Goethe-Nationalpreis (1949), Premio Feltrinelli (1952), Ehrenmitglied der Deutschen Akademie der Künste (1955), Ehrenbürger der Stadt Lübeck (1955), Pour le Mérite/Friedensklasse (1955), Ehrendoktorwürde der ETH Zürich (1955). Wirkung und Renommee Thomas Manns als Person und Schriftsteller blieben zu seinen Lebzeiten und nach seinem Tod umstritten. > M Mann, Thomas [Buhlmann, 09.2024]
Prause, Gerhard (1986), Niemand hat Kolumbus ausgelacht. Fälschungen und Legenden der Geschichte richtiggestellt, Düsseldorf-Wien 41988, 352 S., Schwarzweißtafeln, DM N.N., Düsseldorf 71995, 352 S., Schwarzweißtafeln, DM 19,80. Der Autor entlarvt historische Vorurteile und Meinungen betreffend: Kindermord zu Bethlehem (4 v.Chr./7 n.Chr.); Kaiser Tiberius (14-37); römische Petrustradition (1. Jahrhundert); "Konstantinische Schenkung" (4. Jahrhundert, 1519); angebliche Urkunde Kaiser Friedrichs I. Barbarossa für Hamburg (1189); Kolumbus' Entdeckungsfahrten und deren Voraussetzungen (1492); Luthers Thesenanschlag zu Wittenberg (1517); Galileo Galilei (1633); Fürst Potemkin (1787); Sturm auf die Bastille (1789); Ermordung der Präsidenten der USA Lincoln (1865) und Kennedy (1963); Hauptmann von Köpenick (1908); Nordpolflug des Richard E. Byrd (1926). [Buhlmann, 05.2022]
Prawer, Joshua (1974), Die Welt der Kreuzfahrer (= Bastei Tb 64025), Bergisch Gladbach 1979 > K Kreuzzüge
Preiser, Hermann (1975), Die Herren von Kürneck (= Veröffentlichungen des Stadtarchivs Villingen, Bd.1), Villingen-Schwenningen 1975, 211 S., DM N.N. Die Herren von Kirneck treten erstmals in einer Urkunde des Zähringerherzogs Berthold IV. (1152-1186) aus dem Jahr 1185 in Erscheinung; ein Hugo von Kirneck (Churnecco), offensichtlich vom Namen her in Beziehung zum Schwarzwälder Kirnachtal (zwischen [Villingen-Schwenningen-] Villingen und St. Georgen im Schwarzwald) stehend, war damals Vogt der (Villingen-Schwenningen-) Schwenninger Kirche. Als Gefolgsleute (Ministeriale?) der Zähringer hatten die Kirnecker Aufgaben um Villingen und in der zähringischen Baargrafschaft zu erfüllen. Die unmittelbar an der Kirnach, am nördlichen Talhang gelegene Stammburg Kirneck war der Herrschaftsmittelpunkt der Kirnecker, soweit dies das Kirnachtal betraf. Im Verlauf der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts waren einige Herren von Kirneck Dienstleute der Grafen von Fürstenberg geworden, die Kirnecker engagierten sich politisch und besitzrechtlich auf der Baar und am Bodensee. Der versuchte Ausbau ihrer Machtstellung im Kirnachtal scheiterte allerdings am Widerstand der Stadt Villingen; es gelang auf Grund eines Vergleichs vom April 1285 lediglich der Erwerb eines um den Honbach gelegenen Gebiets als Villinger Schenkung; Kirnecker sind schon seit 1225 als Bürger der Stadt bezeugt. Wahrscheinlich wegen finanzieller Engpässe verkauften die Kirnecker schon 1292 diesen Besitz an das Kloster St. Georgen. Am Ende des 13. Jahrhunderts bzw. im 14. Jahrhundert erscheinen die Kirnecker in eine Freiburger, eine Rottweiler und eine Kirnachtaler Linie geteilt. Bei Letzterer ist für das 14. Jahrhundert von schlechter werdenden wirtschaftlichen Bedingungen ("Adelskrise") u.a. infolge von Erbteilungen und wenig erfolgreichen Fehden auszugehen, zumal der Kirnecker Einfluss in Schwenningen an die Rottweiler Linie und die Herren von Falkenstein verloren ging (1349). Weitere Güterverkäufe u.a. an die Mönchsgemeinschaft St. Georgen und an die Zisterze Tennenbach sollten daher im Verlauf des 14. Jahrhunderts folgen. Zuletzt ging - nach einem Öffnungsvertrag mit der Stadt Villingen (1358) - die Burg Kirneck an die mit den Kirneckern verwandten Familien der Herren von Randegg und Neuneck über. 1373 erwarb das Kloster St. Georgen unter Abt Eberhard I. Kanzler (1368-1382) die Burg mit den dazugehörenden Rechten, verkaufte diese aber 1383 an die Stadt Villingen. Die Kirnecker Linie in Rottweil hatte u.a. in Dunningen und der dortigen Burg einen wichtigen Stützpunkt, Kirnecker sind in der 1. Hälfte des 15. Jahrhunderts in Villingen nachweisbar, ein Hans und ein Ludwig von Kirneck nahmen in badischen Diensten an der Schlacht von Seckenheim (1462) teil und gerieten in Gefangenschaft. Die letzten nachweisbaren Kirnecker waren Mönche in Alpirsbach (1449/71), Gengenbach bzw. St. Blasien (1491), Maursmünster (Abt Dietrich von Kirneck 1486-1512 [†1517]) und St. Georgen (Balthasar von Kirneck [†1516] im Anniversar von Amtenhausen). [Buhlmann, 10.2011]
Prem, Hanns J. (1989), Geschichte Alt-Amerikas (= OGG 23), München 1989 > A Altamerikanische Kulturen
Prem, Hanns J. (1996), Die Azteken. Geschichte, Kultur, Religion (= BSR 2035), München 1996 > A Azteken
Press, Volker (1978), Korbinian von Prielmair (1643-1707). Bedingungen, Möglichkeiten und Grenzen sozialen Aufstiegs im barocken Bayern, Ottenhofen 1978, Sonderdruck, Schwarzweißtafeln, 31 S. Korbinian von Prielmair (*1643-†1707), Enkel eines leibeigenen Bauern, Sohn eines Erdinger Bürgers und Tagelöhners, verdankte den geistlichen Orden der Bartholomäer und Jesuiten (Münchner Wilhelmsgymnasium) seine Ausbildung. Beziehungen zu den reichsritterschaftlich-schwäbischen Grafen von Rechberg sowie jesuitische Protektion ermöglichten den weiteren Aufstieg des begabten Prielmairs, der nach Absolvierung des Gymnasiums - vor dem Hintergrund der zunehmenden Bürokratisierung im bayerischen Herzogtum - in die Kanzlei des bayerischen Kurfürsten Ferdinand Maria (1651-1679) eintrat (1662). Es folgten Heirat (1663) und - unter der Protektion des bayerischen Vizekanzlers Kaspar von Schmid - die Stellung als (geheimer) Kammersekretär. Nach dem Tod des Herzogs (1679) entstand zwischen Prielmair und dem jungen Herzog Max[imilian II.] Emanuel (1679-1726) ein Vertrauensverhältnis, das auch den Sturz des Kanzlers von Schmid (1683) überstand. Prielmairs Einfluss war groß auf die Politik des Kurfürsten gegenüber Frankreich und der Habsburgermonarchie (Belagerung Wiens 1683, Türkenkriege, Pfälzer Krieg 1689/97). 1687 wurde er Leiter des inneren Archivs, ab 1689 stand er dem Geheimen Kanzlei vor und reiste nun in diplomatischen Angelegenheiten u.a. zur Wahl Kaiser Josefs I. nach Augsburg (1690) oder als Vertreter Bayerns zum Haager Friedenskongress (1690/92), verbunden mit der Ernennung zum wirklichen Geheimen Rat und zum Konferenzrat (1692), oder als kurbayerischer Hofkammerdirektor zum Friedenskongress von Rijswijk (1697). Gnadenerweise Max Emanuels betrafen die Verleihung der Edelmannsfreiheit (1685) und von Wappenbrief und Adelsdiplom sowie Güterschenkungen (Poinger Urbarshof 1686; Güter Dobl und Rohr als Mannlehen 1693, Pflegamt Griesbach 1694, Rechtsstreitigkeiten um den Dobler und Rohrer Besitz [1693-1726]; Besitz Hienheim). Im Spanischen Erbfolgekrieg (1701-1714) wurde Prielmair zum Direktor der Kriegskanzlei ernannt (1702). Nach der Niederlage Bayerns (1704) folgte der gesundheitlich angeschlagene Prielmair dem Kurfürsten ins Exil. Am 20. Juli 1707 starb der "bedeutende bayerische Staatsmann" im hennegauischen Schloss Marimond. [Buhlmann, 04.2015]
Press, Volker (1988), Ein Epochenjahr der württembergischen Geschichte. Restitution und Reformation 1534, in: ZWLG 47 (1988), S.203-234, Sonderdruck. Das politische Zusammengehen zwischen dem württembergischen Grafen Eberhard V. im Bart (1450-1496) und dem habsburgischen König Maximilian I. (1493-1516) kulminierte bekanntlich in der Teilnahme Württembergs am Schwäbischen Bund (1488) und der Erhebung der Grafschaft zum Herzogtum (1495). Eberhards Nachfolger Herzog Ulrich (1498/1502-1550) profilierte sich dagegen als "Renaissancefürst" gegen Untertanen und württembergische Ehrbarkeit (Aufstand des "Armen Konrad", Tübinger Vertrag 1514). Mit Ulrichs Vertreibung (1519/1520) war dann der Weg frei für die habsburgische Herrschaft über Württemberg (1520/34) unter Ferdinand I., dem Bruder Kaiser Karls V. (1519-1556). Ulrich behauptete sich noch auf dem Hohentwiel, in Reichenweier und Mömpelgard und fand in den Schweizer Eidgenossen und im Landgrafen Philipp von Hessen Bundesgenossen; 1534 gelang mit dem Sieg bei Lauffen (13. Mai 1534) die Rückgewinnung Württembergs. Der Kaadener Vertrag (29. Juli 1534) band Württemberg in die Reichsverfassung und die konfessionellen Begegebenheiten ein. So war es für Ulrich möglich, mit Einführung der lutherischen (obrigkeitlichen Fürsten-) Reformation einen Glaubenswechsel in Württemberg zu vollziehen (1534). Mit der Reformation verbunden war die Aufhebung der württembergischen bzw. von Württemberg beschirmten Klöster (herzoglicher Zugriff auf Kirchen- und Klosterbesitz). 1536 wurde Württemberg zudem Teil des Schmalkaldischen Bundes, dessen Niederlage Ulrich indes überstand (1546/47). 1550 folgte auf den Herzog sein Sohn Christoph (1550-1567). [Buhlmann, 04.2015]
Press, Volker (1990), Denn der Adel bildet die Grundlage und die Säulen des Staates. Adel im Reich 1650-1750, in: Oberhammer, Evelin (Hg.), Der ganzen Welt ein Lob und Spiegel. Das Fürstenhaus Liechtenstein in der frühen Neuzeit, München 1990, S.11-32, Sonderdruck. Dreißigjähriger Krieg (1618-1648) und Westfälischer Frieden (1648) brachten als Resultat bei weiterer Ausformung der Reichsverfassung und Zunahme der Verrechtlichung die Stärkung von Landesherrschaft und Landesherrschaft, während die beherrschende Rolle des Adels in den einzelnen Territorien des frühneuzeitlichen römisch-deutschen Reiches im Wesentlichen unverändert blieb. Der Landesstaat als Territorium von regierenden Fürsten erfuhr auf dem Weg zum Absolutismus entscheidende Aufwertung, der binnenterritoraile Adel büßte an Autonomie ein. Dabei ging die weitere Territorialisierung in je unterschiedlichen Gebieten unterschiedlich vonstatten. Damit setzten sich schon vor dem Dreißigjährigen Krieg einsetzende Entwicklungen fort (Rolle des römischen Rechts, Landsässigkeit und Reichsunmittelbarkeit, hoher [Fürsten, Grafen] und niederer Adel [Reichsritter]). Insbesondere fand der landsässige Adel nach der Ausschaltung der Stände in der Regierungsbeteiligung (Steuern, Verwaltung) an Hof und Residenz eines Territorialherrn sein Auskommen, zumal wenn sich eine Adelsfamilie in einer wirtschaftlichen Krise (etwa durch Krieg, massive Schulden, Reichsunmittelbarkeit) befand (alter und neuer Adel [Aufstieg von Adelsfamilien], Adelsmobilität [geografisch, Karrieren, Versorgungsmöglichkeiten], adlige Grundherrschaft, Lage der Bauern). Der Wiener Kaiserhof der habsburgischen Herrscher innerhalb der katholisch-habsburgischen Erblande bot innerhalb des römisch-deutschen Reiches besondere Möglichkeiten für den Adel (Ausweitung des Kaisershofes, kaiserliche Einflussnahme, Protektion und Standeserhöhungen, Hoch- und "Brief"adel). Um die Mitte des 18. Jahrhunderts - im Zuge u.a. von Aufklärung und Reformdenken - änderte sich das politisch-soziale Umfeld des von den Fürsten oder dem Kaiser abhängigen Adels. Die Rolle der höfischen Gesellschaft wurde zunehmend kritisch betrachtet; Bürokratisierung und Militarisierung zwangen den Adel in den Dienst am Landesstaat, wie am Königreich Preußen gut erkennbar. Der Adel geriet dadurch in eine (mentale) Sinnkrise, behielt aber auch noch seine führende gesellschaflichte Position auch über Französische Revolution (1789) und napoleonischem Zeitalter hinweg. [Buhlmann, 03.2018]
Press, Volker (1991), "Des deutschen Adels Spital". Der Deutsche Orden zwischen Kaiser und Reich, in: Arnold, Udo (Hg.), Der Deutsche Orden in Tirol. Die Ballei an der Etsch und im Gebirge (= QSGDO 43), Marburg 1991, S.1-42, Sonderdruck. Der 1190 im Heiligen Land entstandene Deutsche Orden verfügte neben Preußen als Ordensterritorium in Spätmittelalter und früher Neuzeit über umfangreichen Besitz im römisch-deutschen Reich. Neben dem Hochmeister war der Deutschmeister für den deutschen Ordensbesitz (Deutschmeistertum, Balleien, Komtureien) zuständig, der in den entstehenden Fürstenstaaten landständisch integriert bzw. reichsunmittelbar wurde. Der preußische Ordensstaat und der Deutsche Orden im Reich gingen dabei zunehmend unterschiedliche Wege, zumal nach den Niederlagen des Deutschen Ordens gegen Polen und dem Wegfall der Heidenmission. Die Schaffung eines weltlichen preußischen Herzogtums (1525) auch im Zuge der Reformation ließ den Deutschen Orden unter dem Deutschmeister im frühneuzeitlichen Alten Reich zurück. Der Abschied von "Heidenkampfideal" und der Wegfall Preußens beförderte mit die Entwicklung des Deutschen Ordens hin zum "Des deutschen Adels Spital" als katholischer "überterritorialer Adelsverband", angesiedelt innerhalb der frühneuzeitlichen Reichsverfassung zwischen Reichsritterschaft und Kaiser, teils als militärische, überwiegend als Versorgungseinrichtung sich anlehnend an die Habsburgermonarchie des Hauses Österreich. So überlebte der Deutsche Orden die gesellschaftlichen und politischen Umbrüche an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert. [Buhlmann, 04.2015]
Press, Volker (1992), Franken und das Reich in der Frühen Neuzeit, in: JfL 52 (1992), S.329-347, Sonderdruck. I. Für das Spätmittelalter ist Franken, der spätere Fränkische Reichskreis, als königsnah einzustufen. Die zollerschen Burggrafen von Nürnberg erhielten 1415 das brandenburgische Kurfürstentum von König Sigismund (1410-1437). Das Bistum Würzburg versuchte immer wieder, wenn auch weitgehend erfolglos, eine politische Oberhoheit in Franken aufzubauen ("Goldene Herzogsfreiheit" 1168), das Bistum Bamberg engagierte sich eher auf territorialpolitischer Ebene, das Bistum Eichstätt beeinflußte Franken nur peripher. Daneben gab es eine Anzahl "fränkischer" Grafenfamilien, allen voran die Grafen von Hohenlohe, aber auch die Grafen von Castell, Henneberg-Schleusingen, Heideck, Oettingen, Rieneck, Seinsheim-Schwarzenberg und Wertheim; deren Macht blieb in Konkurrenz zu den Bistümern allerdings eher beschränkt. Politisch und insbesondere wirtschaftlich behaupten konnte sich die Reichsstadt Nürnberg, das auch die Politik der anderen Reichsstädte Schweinfurt, Weißenburg und Windsheim dominierte, während Rothenburg o.d. Tauber weitgehend selbstständig agierte. Die zollerschen Markgrafentümer Brandenburg-Ansbach und -Kulmbach bildeten zusammen mit den Bistümern Bamberg und Würzburg sowie der Reichsstadt Nürnberg am Ende des Mittelalters die "Pentarchie" im "territorial unfertigen" Franken. Der bayerische Einfluss auf Franken kam mit dem Landshuter Erbfolgekrieg (1503/05) zu seinem Ende. II. Die Ausbildung des Fränkischen Reichskreises an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert festigte Franken auf Dauer auch territorial, wenn auch anfangs die Landfriedensexekution des Kreises wenig griff (adliges Fehdewesen). Unter Kaiser Maximilian I. (1493-1519) ist wieder ein stärkerer Einfluss des Königtums in Franken zu beobachten (Aufenthalte in der Reichsstadt Nürnberg). Die Reformation behauptete sich erfolgreich in den zollerschen Markgrafentümern und den Reichsstädten; sie gefährdete zeitweise sogar die Existenz der zwei fränkischen Bistümer. Dem fränkischen Eingreifen Kaiser Karls V. (1519-1556) zu Gunsten des alten Glaubens (Schmalkaldischer Krieg 1546/47, Interim) folgte der "Markgrafenkrieg" (1552/53) des Kulmbacher Markgrafen Albrecht Alkibiades (1541-1557), der mit dessen Niederlage bei Sievershausen endete (1553). Ausgburger Religionsfriede und Reichsexekutionsordnung (1555) stabilisierten Franken und den Fränkischen Reichskreis politisch und konfessionell weiter; das evangelische Nürnberg schloss sich sogar dem kaiserlich-katholischen Landsberger Bund (1557/98) an. Katholische Konsolidierung fand ihren Ausdruck in der zunehmenden Konfessionalisierung und Territorialisierung des Bistums Würzburg unter Bischof Julius Echter von Mespelbrunn (1572-1617), der letztlich in der Errichtung eines "Bischofsreiches" von Würzburg und Bamberg über Fulda bis nach Mainz scheiterte. Im Vorfeld des Dreißigjährigen Krieges (1618-1547) wurden die beiden Markgrafentümer Mitglied der protestantischen Union (1608), während sich die Bistümer Würzburg und Bamberg der katholischen Liga anschlossen (1609). Die politisch-konfessionelle Spaltung Frankens sollte sich bis zum Beginn des Krieges noch verschärfen; trotzdem gelang es für die ersten Kriegsjahre, Franken aus dem Krieg weitgehend herauszuhalten. Erst das Übergewicht des habsburgischen Kaisers, der evangelische Leipziger Bund (1631) und das schwedische Eingreifen in den Krieg (1632) führte schließlich zu einer zeitweisen Protestantisierung Frankens unter schwedischem Einfluss (Heilbronner Bund 1633, Bistümer Würzburg und Bamberg als schwedische Lehen). Die schwedische Niederlage bei Nördlingen (1634) und der Prager Friede (1635) beendeten das schwedische Abenteuer in Franken; der Fränkische Reichskreis geriet wieder unter kaiserlich-katholische Vorherrschaft, wie sie vom Würzburger Bischof Johann Philipp von Schönborn (1642-1673) repräsentiert wurde. Der Westfälische Frieden (1648) mit seiner "Verrechtlichung des Reichsverbandes" stärkte nochmals die Rolle des Fränkischen Reichskreises als übergeordneter politischer Instanz bei mitunter ausgeprägten Beziehungen zum Kaiser (Übertritte zum katholischen Glauben bei Reichsritter- und Grafenfamilien). U.a. unter den Würzburger Bischöfen Lothar Franz von Schönborn (1693-1729) und Friedrich Karl von Schönborn (1729-1746) blieb Franken politisch mit dem habsburgischen Kaiser verbunden, was sich z.B. im Spanischen Erbfolgekrieg gegen Frankreich (1701-1714) zeigte. Das Eindringen des Königreichs Preußen nach Franken betraf zunächst die zollerschen Territorien Ansbach und Bayreuth (Schönberger Vertrag 1703 und dessen Aufhebung 1722), dann allgemein im römisch-deutschen Reich die politisch-konfessionelle Polarität zwischen Preußen und Habsburg (Österreichischer Erbfolgekrieg 1740-1748), wobei Franken politisch umkämpft war (Spannungen zwischen Ansbach und Bayreuth). Im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) blieb daher auch Franken von massiven preußischen Einfällen nicht verschont, während der Bamberg und Würzburger Bischof Adam Friedrich Graf Seinsheim (1755/57-1779) auf kaiserlicher Seite stand (Neutralitätserklärung Bamberg-Würzburgs 1762). Das Aussterben des Hauses Bayreuth vereinigte die Fürstentümer Ansbach und Bayreuth (1769), die zollerschen Besitzungen in Franken gelangten 1791 an Preußen. Zu diesem Zeitpunkt befand sich Europa indes im Sog der Französischen Revolution. Preußen verlor spätestens im Frieden von Pressburg (1805) seine fränkischen Besitzungen, während Würzburg zeitweise an das Großherzogtum Toskana kam, um schließlich mit ganz Franken bayerisch zu werden (1807/10). [Buhlmann, 04.2015]
Press, Volker (1994), Die badischen Markgrafen der frühen Neuzeit, in: ZGO 142 (1994), S.19-57, Sonderdruck. Die frühe Neuzeit beherrschte die Teilung Badens in die Territorien Baden-Baden und Baden-Durlach (1535). In der Landesherrschaft Baden-Durlach hatte es schon unter Philipp I. (1515-1533) in den 1520er-Jahren Annäherung an die Reformation Martin Luthers gegeben. Da Philipp in seinen letzten Regierungsjahren jedoch wieder auf die kaiserlich-katholische Linie einschwenkte, war es bei seinem Tod (1533) noch durchaus unklar, welche kirchenpolitische Richtung sein Land einschlagen würde. Letztlich, unter Markgraf Ernst (1515-1553), setzte sich doch der neue Glauben durch. Dabei waren die Grenzen und Abgrenzungen zwischen alter und neuer Religion zunächst durchaus fließend, erst der Augsburger Religionsfrieden (1555) brachte hier im Sinne der fürstlichen Religionsfreiheit die Einheitlichkeit der Religion im Territorium und die Kirchenherrschaft des evangelischen Fürsten. Nicht von ungefähr wurde am 1. Juni 1556 eine badische Kirchenordnung als Landesgesetz für die Untertanen verbindlich. Ernsts Sohn Karl II. (1553-1577) bezog in Durlach mit dem Schloss Karlsburg eine neue Residenz (1562/65), Durlach wurde unter Markgraf Ernst Friedrich (1577-1604) weiter ausgebaut. Im Mit- und Gegeneinander mit seinen Brüdern Georg Friedrich (1584-1622) und Jakob III. (1584-1590) gelang Ernst Friedrich, der dem Calvinismus zuneigte, die "Oberbadische Okkupation" (1594), d.h. die Besetzung der Markgrafschaft Baden-Baden und die Vertreibung des dort regierenden Fürsten Eduard Fortunatus (1588-1594). Dieser kriegerische Akt verschärfte natürlich die konfessionellen Gegensätze am Oberrhein und führte Baden-Durlach politisch noch näher an die calvinistisch geprägte Kurpfalz heran. In der Markgrafschaft Baden-Baden waren deren Herrscher schlussendlich beim katholischen Glauben verblieben, wie Rekatholisierungsmaßnahmen unter Philipp II. (1571-1588) zeigen. Nach der "Oberbadischen Okkupation" blieb Baden-Baden - politisch höchst umstritten - bis 1622 in der Verfügung der Markgrafen von Baden-Durlach. Die immer größer werdenden (nicht nur) konfessionellen Spannungen entluden sich im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648), der auch über die zwei badischen Markgrafschaften viel Unheil brachte. Markgraf Georg Friedrich von Baden-Durlach (1584-1622), der dim Calvinismus zuneigte, kämpfte als General auf Seiten der protestantischen Union, verlor aber am 6. Mai 1622 die Schlacht bei Wimpfen. Georg Friedrich verzichtete daraufhin auf Baden-Baden, Baden-Durlach folgte ihm sein Sohn Sohn Friedrich V. (1622-1659) nach. In den folgenden Jahrzehnten waren Baden-Baden und Baden-Durlach "feindliche Brüder". Aus der katholischen Markgrafschaft Baden-Baden war durch und nach dem Dreißigjährigen Krieg ein geschlossenes Territorium geworden. Die Anlehnung an die habsburgischen Kaiser hatte in dieser Hinsicht viel bewirkt, zumal Markgraf Wilhelm (1622-1677) im kaiserlichen Dienst tätig war. Dasselbe galt für seine Söhne Ferdinand Maximilian (†1669) und Leopold Wilhelm (†1671). Wilhelms Enkel Ludwig Wilhelm (1677-1707) sollte dann dem Großvater in der Markgrafschaft nachfolgen; er war der "Türkenlouis", der auf habsburgischer Seite gegen die Türken und im Pfälzer (1688-1697) und Spanischen Erbfolgekrieg (1701-1714) kämpfte. Der Spanische Erbfolgekrieg kam u.a. mit dem in der baden-badischen Residenz Rastatt ausgehandelten Frieden zu seinem Ende (1714); der Frieden brachte indes für das weiterhin in habsburgischen Diensten stehende Haus Baden-Baden keine Kompensation für die im Krieg eingetretenen Verluste. Auch die protestantinische Landesherrschaft Baden-Durlach war von den Kriegen des 17. und 18. Jahrhunderts betroffen. Immerhin zog in Friedenszeiten Baden-Durlach unter Friedrich VII. (1677-1709) Glaubensflüchtlinge aus Frankreich an. Markgraf Karl Wilhelm (1709-1738) gründete die badische Residenzstadt Karlsruhe (1715), die nach einer Phase der Annäherung (Erbvertrag 1765) und der Wiedervereinigung der badischen Markgrafschaften (1771) auch Residenz der nunmehr vereinigten Territorien wurde. Karl Friedrich von Baden-Durlach (1738/46-1811), der Enkel des Gründers Karlsruhes, konnte in seiner langen Regierungszeit das Gebiet seines Territoriums Baden-Durlach, das ja ein Kleinstaat war, durch die Wiedervereinigung beträchtlich vergrößern. Er war es auch, der im Sinne eines aufgeklärten Absolutismus-Merkantilismus sein Staatswesen weiterbrachte und schließlich zum Großherzogtum Baden machte. Letzterem gingen Französische Revolution (1789) und die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen dem (zerfallenden) römisch-deutschen Reich und Frankreich voraus; gerade Baden war vom Krieg betroffen, so dass nach dem preußisch-französischen Separatfrieden von Basel (1795), nach einem (nicht ratifzierten) Separatfrieden zwischen Baden und Frankreich (1796) und nach dem Frieden von Campo Formio (1797) auf der Grundlage eines weiteren badisch-französischen Friedens (1797) das damals von französischen und österreichischen Truppen besetzte Land eine Neutralitäts- und Schaukelpolitik betrieb. Für Markgraf Karl Friedrich zeichnete sich indes die bald danach vollzogene Hinwendung zu Frankreich insofern aus, dass mit dem Reichsdeputationshauptschluss (1803) und im Frieden von Preßburg (1805) kleinere und größere Territorien im deutschen Südwesten für Baden einschließlich der Kurwürde (Kurpfalz) erworben werden konnten. Dafür stellte sich die badische Politik vollends auf die Seite Frankreichs; Baden wurde Mitglied im von Frankreich dominierten Rheinbund, Karl Friedrich Großherzog (1806). [Buhlmann, 05.2019]
Press, Volker (1995), Weil der Stadt. Reichsstadt im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit, in: ZWLG 54 (1995), S.11-32. Um das Jahr 1160 war der Ort Weil im Besitz des Benediktinerklosters Hirsau, im Jahr 1241/42 wird Weil in der bekannten Reichssteuerliste genannt, war damals also schon eine königliche Stadt. Ein Siegel der Bürgergemeinde ist zum Jahr 1272 bezeugt, König Rudolf I. von Habsburg (1273-1291) gelang mit seiner "Revindikationspolitik" die Anbindung Weils an das Königtum. Im 14. und 15. Jahrhundert bezeugen Privilegien der Könige Karl IV. (1346-1378), Wenzel (1378-1400, Ruprecht (1400-1410), Sigismunds (1410-1437) und Friedrichs III. (1440-1493) die Reichsunmittelbarkeit der Reichsstadt (bei auftretenden Verpfändungen; Niederlage der schwäbischen Städte bei Döffingen 1388). Diese hatte sich indes gegen Übergriffe der Grafen bzw. Herzöge von Württemberg zu wehren, die - als Vögte des Klosters Hirsau - auch Rechte gegenüber Weil der Stadt geltend machen konnten. Die Reformation verstärkte den Einfluss Württembergs auf die Stadt über das Weiler Kirchenwesen (Aufhebung des Klosters Hirsau 1534, Hirsauer Pfründen in Weil der Stadt). Im Verlauf des 16. Jahrhunderts trat die evangelische Konfession in der Reichsstadt immer stärker in Erscheinung, kaiserliche Eingriffe, die auf die Wiederherstellung eines katholischen Rates zielten (1593/94, 1597, 1601), verschärften die Spannungen zwischen den Konfessionen, aber auch die zwischen der Reichsstadt und Württemberg (Wirtschaftsblockade 1608). Im Zuge des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) setzte sich die kaiserlich-katholische Position in Weil der Stadt endgültig durch (Kommission von 1635, Kapuziner 1640, "ausschließliche Katholizität"), einhergehend mit der Verfestigung des sich selbst ergänzenden Rats als frühneuzeitliche Obrigkeit (u.a. gegen den "Ehrsamen Ausschuss"). Schulden und finanzielle Probleme (Stadtbrand von 1648, Folgelasten des Dreißigjährigen Krieges) waren auch die Folge der schlechten wirtschaftlichen Situation der Reichsstadt im 17. und 18. Jahrhundert ("Bürgerlärm" von 1669/74, Weiler Zeughandelskompanie ca.1690/1732); hinzu kamen Belastungen aus den Reichskriegen gegen Frankreich (französische Besetzung Weils 1692 u.a.). Ab 1776 geriet die Reichsstadt zudem in eine Verfassungskrise, im Jahr 1802 wurde Weil der Stadt württembergisch. [Buhlmann, 04.2015]
Preston, Diana (1997), In den eisigen Tod. Robert F. Scotts Expedition zum Südpol, überarbeiteter Nachdruck München 2011, 351 S., Schwarzweißtafeln, Karte, € 22.90. Vor dem Hintergrund des "Wettlaufs zum Südpol" wird von der Südpolexpedtionen unter der Führung des Briten Robert Falcon Scott (*1868-†1912) im Rahmen der Terra Nova-Expedition (1910/13) berichtet. Vorgestellt wird zudem der Werdegang Scotts und dessen erste Antarktisreise (mit einem abgebrochenen Vorstoß zum Südpol; 1901/04), Bekanntlich erreichte der Norweger Roald Amundsen den geografischen Südpol der Erde am 17./18. [14.?] Dezember 1911 und damit mehr als einen Monat früher als Scott (18. Januar 1912), der auf dem Rückweg vom Südpol mit seinen Begleitern verstarb. [Buhlmann, 03.2024]
Pretsch, Hermann Josef (1986), Die Kontakte des Benediktiner-Doppelklosters in Zwiefalten mit Hildegard von Bingen und Abt Bertholds Konflikt mit seinem Konvent, in: AmrhKG 38 (1986), S.147-173 > Z Zwiefalten
Preuß, Heike (2017), Die Flüchtung des klevischen Archivs 1621 und die kaiserliche Archivkommission 1628, in: AHVN 220 (2017), S.127-170. Mit dem Tod Herzog Johann Wilhelms von Jülich-Kleve-Berg (1609) sollte der Territorialkomplex am Niederrhein an das Kurfürstentum Brandenburg und an die Pfalzgrafschaft Pfalz-Neuburg fallen. Der Dortmunder Vertrag (1609), der Vergleich von Schwäbisch Hall (1610) und schließlich der Vertrag von Xanten (1614), der eine Teilung der Teritorien bei gemeinsamer Herrschaft vorsah (Jülich-Berg an Pfalz-Neuburg, Kleve-Mark-Ravensberg-Ravenstein an Brandenburg). Es blieb, auch eine Entflechtung der Archive durchzuführen, was insbesondere das seit 1610 (Revision) "brachliegende" klevische Archiv betraf, das nach brandenburgischen Vorstellungen wegen der aufgekommenen niederländisch-spanischen Kriegsgefahr ins besser befestigte Huissen verlegt werden sollte (1621), wogegen sich wiederum Paflz-Neuburg aussprach. Ende 1621, Anfang 1622 erfolgte die Flüchtung des Archivs mit dem Resultat, dass Archivbestände recht chaotisch in Huissen und Emmerich lagerten sowie Restbestände in Kleve verblieben. Das klevische archivum primum lagerte dabei im Dicken Turm von Huissen unberührt bis zum Jahr 1628, als eine kaiserliche Kommission auf die Akten zurückgriff. Dies geschah im Zusammenhang mit einem Verfahren des Wiener Reichshofrats, das Brandenburg und Pfalz-Neuburg angerufen hatten und das Licht in das Dunkel der jülich-klevisch-bergischen Erbfolge bringen sollte. Im Übrigen sollten noch weitere Flüchtungen des Klever Archivs vorkommen (1662: Emmerich, 1672/1702: Amsterdam, Kalkar, Wesel). [Buhlmann, 06.2019]
Preuß, Horst Dietrich, Berger, Klaus (1980), Bibelkunde des Alten und Neuen Testaments: Erster Teil: Altes Testament (= UTB 887), Heidelberg-Wiesbaden 41989, Zweiter Teil: Neues Testament (= UTB 972), Heidelberg-Wiesbaden 41991 > B Bibel
Preysing, Konrad (1914), Der Leserkreis der Philosophumena Hippolyts, in: ZKTh 38 (1914), S.421-445 > H Hippolyt
Preysing, Konrad (1918), Hippolyts Ausscheiden aus der Kirche, in: ZKTh 42 (1918), S.177-186 > H Hippolyt
Preysing, Konrad (1919), Existenz und Inhalt des Bußedikts Kallists, in: ZKTh 43 (1919), S.358-362 > H Hippolyt
Price, Alfred (1973), Luftschlacht über Deutschland. Angriff und Verteidigung 1939-1945, Stuttgart 51985 > Z Zweiter Weltkrieg
Priesching, Nicole (2014), Sklaverei in der Neuzeit (= Geschichte kompakt), Darmstadt 2014 > S Geschichte der Sklaverei
Priesner, Claus (2011), Geschichte der Alchemie (= BSR 2718), München 2011, 128 S., € 8,95. Entstanden auf der Grundlage von antik-äygptischem Tempelhandwerk und Götterglauben, von griechischer Philosophie (u.a. Pythagoras), Mysterienkulten und Gnosis, bildeten sich alchemistisches Denken und ars hermetica als mystisch-magisch-symbolhafte Natur- und Selbsterfahrung zwischen dem 1. Jahrhundert v.Chr. und dem 3. Jahrhundert n.Chr. aus (Hermes Trismegistos, Zosimos von Panopolis). Im Mittelpunkt der Alchemie stand das opus magnum, die Umwandlung unedler Metalle in Gold durch den Adepten mit Hilfe des Steins der Weisen. Im islamischen Mittelalter gewann die al-kimiya weiter an Bedeutung (Khaild ibn Yazid, Ibn an-Nadim, Jabir ibn Hayyan [Geber]). Der beginnende "Rationalismus" des hohen Mittelalters führte auch im christlichen Abendland zur Anwendung alchemistischer und damit experimenteller Verfahren und Methoden zur Entschlüsselung der Natur. Alchemie war seit dem späten Mittelalter also eine experimentelle Naturphilosophie, die die von Gott geschaffene Natur nachempfinden und übertreffen wollte. In der Renaissance fanden u.a. Buchstaben- und Zahlenmagie (jüdische und christliche Kabbala) und Alchemie zusammen (Agrippa von Nettesheim, Theophrastus Bombastus von Hohenheim [Paracelsus]), das Barock war die Zeit der (angeblichen) Goldmacher im Dienste von Fürsten, das Zeitalter der Aufklärung, der Vernunft und der Utopien ließ den (fiktiven) alchemistisch-religiösen Geheimorden der Gold- und Rosenkreuzer (Adam Haselmeyer, Samuel Richter) entstehen. Teile der Alchemie näherten sich seit dem 17./18. Jahrhundert dem an, aus dem die Chemie als Naturwissenschaft sich ausbilden sollte (Phlogistontheorie, Darstellung chemischer Verbindungen, Entdeckung des Sauerstoffs; Johann Rudolph Glauber, Johann Joachim Becher, Carl Wilhelm Scheele, Antoine Laurent de Lavoisier), die Alchemie wurde zunehmend an den Rand gedrängt und verschwand im 19./20. Jahrhundert weitgehend ("Faust" von Johann Wolfgang Goethe; "Höhere Chemie", Theosophie, Naturphilosophie, "Seelenalchemie" des Carl Gustav Jung). [Buhlmann, 06.2012]
Priesner, Claus (2015), Chemie. Eine illustrierte Geschichte (= Besondere Wissenschaftliche Reihe), Darmstadt 2015, 224 S., Farbabbildungen, ca. € 12,-. Chemie begleitet Menschen und Menschheit durch deren gesamte Geschichte. Angefangen vom Feuer der Altsteinzeit über den Einsatz von Keramik seit der Alt-/Jungsteinzeit (Steingut, Steinzeug, Porzellan), der Herstellung von Glas und der Verwendung von Metallen (Edelmetalle, Bronze, Eisen, Messing) seit den frühen Kulturen, spielen chemische Reaktionen auch bei der Ernährung der Menschen eine wichtige Rolle (Salz, Brot, Bier und Wein [alkoholische Gärung]), ebenso bei Kleidung (Leder) und Körperpflege (Kosmetik). Die Alchemie der Antike, des (arabischen) Mittelalters und der frühen Neuzeit basierte auf Weltanschauung (Makrokosmos, Mikrokosmos; Astrologie; Rosenkreuzertum) und Elementelehre (Alchemie und Heilkunde [Paracelsus]; Goldherstellung [Johann Friedrich Böttger]; Elementenlehre und Phlogiston [Johann Joachim Becher, Georg Ernst Stahl]. Das Zeitalter der Aufklärung brachte die Abkehr von der Alchemie (Luft und Wasser, Atomismus [Joseph Priestley, Robert Boyle, Carl Wilhelm Scheele, Antoine Laurent Lavoisier, John Dalton]). Das 19. Jahrhundert wurde so zur Grundlage der modernen Chemie (Periodensystem der Elemente [Dmitri Iwanowitsch Mendelejew, Lothar Meyer]), in der zunehmend die organische Chemie eine Rolle spielte (Kohlenstoffverbindungen [Friedrich Wöhler, Justus von Liebig, August Kekulé]). Bis ins endende 18. bzw. beginnende 19. Jahrhundert reichen die Anfänge der chemischen Industrie zurück (Soda- und Chlorkalkherstellung [Nicolas Leblanc, Henry Deacon]); von Frankreich aus verbreiteten sich Chemiefabriken in ganz Europa (Sodafabrikation im Solvay-Kreisprozess [Ernest Solvay]; Schwefelsäureherstellung [Vitriolöl, Oleum] und Bleikammerverfahren [Friedrich Wilhelm Curtius, Matthieu Elie Matthes, John Roebuck]; Chilesalpeter, Thomasmehl und Kunstdünger [Carl Sprengel, Sidney Gilchrist Thomas]; Ammoniakgewinnung, Frank-Caro- und Haber-Bosch-Verfahren [Nikodem Caro, Fritz Haber]; Nitroglycerin [Alfred Nobel]; Koks, Gas, Beleuchtung, Kohleverflüssigung mit Bergius-Pier- bzw. Fischer-Tropsch-Verfahren [Wilhelm August Lampadius, Friedrich Bergius, Franz Fischer, Hans Tropsch]; Farben [Anilin, Indigo] [Carl Duisberg und die IG Farben]). Das 20. und beginnende 21. Jahrhundert prägen auch Kunststoffe (als organische Makromoleküle/Polymere wie Methylkautschuk, Buna, Polystyrol, Polyvinylchlorid, Nylon, Polyurethane, Polyamide oder Teflon [Hermann Staudinger, Martin Heidegger, Otto Bayer, Roy Plunkett]) und Heilmittel (Aspirin [Hermann Kolbe, Felix Hoffmann]; Sulfonamide [Paul Ehrlich, Fritz Mietsch, Josef Klarer]; Penicillin [Alexander Fleming]; Vitamine und Hormone; "Pille" [Adolf Butenandt, Carl Djerassi, Luis Ernesto Miramontes Cárdenas]). Die Zukunft der Chemie wird sich - wie die Vergangenheit - am Grad der damit verbundenen Umweltzerstörung und der Ausbeutung von Natur und Menschen messen lassen müssen. [Buhlmann, 12.2015]
Primavesi, Oliver, Rapp, Christof, Aristoteles (= BSR 2865), München 2016 > A Aristoteles
Prinz, Friedrich (1976), Frühes Mönchtum im Frankenreich. Kultur und Gesellschaft in Gallien, den Rheinlanden und Bayern am Beispiel der monastischen Entwicklung (4. bis 8. Jahrhundert), Darmstadt 21988, 663, 22 S., Karten, DM 64,-. I. Die katholische Kirche im Merowingerreich war eine "Landeskirche", entstanden aus dem Christentum im römischen Reich. König Chlodwig (482-511), der Begründer des merowingischen Großreichs, trat mit seiner Taufe zum katholischen Glauben über (498?), seine fränkischen Krieger folgten ihm, so dass im Frankenreich - anders als zunächst in den Reichen der arianischen Ost- und Westgoten oder Burgunder - die "Staatsvölker" der Romanen und Franken einheitlich katholisch waren. Das schloss ein weiter bestehendes Heidentum in der Peripherie des Merowingerreiches natürlich nicht aus. II. Das christliche Mönchtum im Merowingerreich speiste sich aus verschiedenen Wurzeln. Da ist zum einen das altgallische Mönchtum, das durch Bischof Martin von Tours (†397) und/oder durch das Mönchtum von Lérins geprägt war. Am Ende des 6. Jahrhunderts trat zum anderen das irische Mönchtum in Erscheinung, das in teilweiser ungeordneter Ausprägung durch wandernde Mönche verbreitet wurde und das Mönchtum im Frankenreich wesentlich bereicherte. Letzteres betraf das Kirchenver-ständnis und das Verhältnis von Klöstern und Mönchen zu Bischof, König und Adel. Der Askesegedanken der peregrinatio, des Lebens in der Fremde, war es auch, der Columban den Jüngeren (†615) zum Begründer der irofränkischen Klosterbewegung machte. Von seiner Klosterstiftung Luxeuil (in den Vogesen) gingen auch missionarische Impulse nach Alemannien (Gallus, Kilian), Bayern (Emmeram, Rupert, Corbinian) und Nordfrankreich aus. III. Die nordfränkische Mission ist mit dem heiligen Amandus (†n.674) aus Aquitanien verbunden. Seiner Vita nach soll der Bischof sich mit dem Merowingerkönig Dagobert I. (623-639) überworfen haben, als er wegen dessen unmoralischen Lebenswandels die Taufe des Dagobertsohnes Sigibert verweigerte. Amandus musste daraufhin das Frankenreich verlassen; er predigte heidnischen "Völkern" das Christentum. Zum König zurückgeholt, schlossen Herrscher und Heiliger einen Kompromiss: Amandus nahm die Taufe vor und erhielt dafür die Freiheit, inner- und außerhalb des Frankenreichs zu predigen. Die Vita berichtet von Missionsreisen zu den Slawen und Basken, während das Hauptarbeitsfeld des Amandus wohl das Scheldetal bis hinab nach Antwerpen umfasst hat. Der erste der großen Fernmissionare des frühen Mittelalters wurde darin unterstützt und getragen von einem Kreis nordfränkischer Bischöfe, dem u.a. angehörten: Bi-schof Audomar von Térouanne (†n.667), Abt Bertinus von Sithiu (St. Bertin) (†698), Bischof Eligius von Noyon-Tournai (†660), Abtbischof Remaclus von Stablo-Malmedy (†670/76) und Bischof Audobert von Cambrai-Arras (†667/74). IV. Alemannien war seit dem beginnenden 6. Jahrhundert in das Frankenreich eingebunden. Die Christianisierung und Missionierung Alemanniens erfolgte im Wesentlichen in der Merowingerzeit (ca.500-700), u.a. durch missionierende Mönche wie der Ire Columban oder der heilige Gallus (†v.650), der Patron des um 719 gegründeten Klosters St. Gallen. Das Kloster St. Trudpert ging mittelalterlicher Überlieferung zufolge auf den heiligen Trudpert, einen im Südschwarzwald missionierenden Iren und Märtyrer (7. Jahrhundert, 1. Hälfte), zurück. Er errichtete im Münstertal des Schwarzwaldes eine Einsiedelei, die wohl erst im (beginnenden?) 9. Jahrhundert zu einem Kloster umgestaltet wurde. Der Legende nach soll weiter die Mönchsgemeinschaft in Ettenheimmünster ins 7. Jahrhundert zurückreichen, in die Zeit des Einsiedlers Landolin, eines schottischen Märtyrers. Der später als heilig verehrte Abtbischof Pirmin schließlich war bis zu seinem Tod am 2. oder 3. November vor 755 als Klostergründer im aleman-nisch-elsässischen Raum tätig. Pirmin war beteiligt an der Stiftung des Bodenseeklosters Reichenau (ca.724), wurde jedoch kurz danach vom alemannischen Herzog Theutbald (v.733-744) vertrieben (727), so dass er sich danach verstärkt dem Elsass zuwandte. V. Der Hauptheilige des merowingischen und karolingischen Frankenreichs war Martin, der Bischof von Tours (371-397), Asket und Mönch. Sein Kult verbreitete sich von seiner Grablege in Tours über das ganze Frankenreich und darüber hinaus, sein Mantel (cappa; davon: Kaplane, Kapelle, Hofkapelle) als wichtigste Reliquie war zeitweise Teil des merowingischen Königsschatzes. Die Karolinger belebten die Martinsverehrung neu, die ab dem 8. Jahrhundert auch in die Gebiete östlich des Rheins vordrang. [Buhlmann, 04.2008]
Prinz, Friedrich (1984), Böhmen im mittelalterlichen Europa. Frühzeit, Hochmittelalter, Kolonisationsepoche, München 1984, 238 S., Karte, DM 58,-. I. Frühmittelalterliche slawische Herrschaftsbildungen an der unteren Moldau reichen bis ins 6. und 7. Jahrhundert n.Chr. zurück. Das 9. Jahrhundert war geprägt von christlicher Missionierung (Regensburger, Passauer, Salzburger Slawenmission und ostfränkische Reichskirche [845]; griechische Mission Kyrills und Methods [863/64], slawische Schrift), im 9. Jahrhundert entstand das ausgedehnte "Großmährische Reich" der Mojmiriden. Im 9. und 10. Jahrhundert erreichte das Fürstenhaus der Premysliden eine unangefochtene Machtstellung in Böhmen. Fürstensitz der Herzöge war Prag, das auch Bischofssitz wurde (973) und mit dem ermordeten Herzog Wenzel (†935) einen premyslidischen Heiligen besaß. Zu Beginn des 11. Jahrhunderts wurde das südöstlich von Böhmen gelegene Mähren premyslidisch, die kirchliche Gliederung in Mähren der böhmischen angegliedert (Bistum Olmütz 1063), während im Verlauf des 11. Jahrhunderts die Kontakte zur griechisch-orthodoxen Kirche abbrachen (Schisma von 1054). Das Mit- und Gegeneinander mit dem ostfränkisch-deutschen Reich führte im hohen Mittelalter wurde der premyslidische Herrschaftsraum zum Bestandteil des deutschen Reiches, aus den Herzögen wurden - zunächst zeitweise - Könige (1085, 1185; erbliche Königswürde seit Premysl Otakar I. [1197-1230] und Goldene Bulle König Friedrichs II. [1198/1212-1250] von 1212). Im 12. Jahrhundert gab es premyslidische Nebenlinien in Mähren, das 1182 zur Markgrafschaft erhoben wurde. König Premysl Otakar II. (1253-1278) gebot nach dem Untergang der staufischen Königsdynastie neben Böhmen und Mähren auch über Österreich, Steiermark, Kärnten, Krain und das Egerland. In der Schlacht auf dem Marchfeld (1278) gegen den deutschen König Rudolf I. von Habsburg (1273-1291) verlor der böhmische König Herrschaft und Leben. Die premyslidische Herrschaft in Böhmen und Mähren blieb unter dem zunächst unmündigen Wenzel II. (1278-1305) zwar erhalten, geriet jedoch gegenüber dem Adel politisch ins Hintertreffen. Mit der Ermordung König Wenzels III. (1305-1306) endete die premyslidische Dynastie. Das premyslidische Böhmen des 13. Jahrhunderts war übrigens gekennzeichnet durch eine weit ausgreifende Kolonisationstätigkeit unter deutscher Beteiligung mit Gründungsstädten bei zunehmender Emanzipation des Adels vom Königtum ("ständisch-monarchischer Dualismus", höfische Kultur). II. In der Nachfolge der Premysliden erlangten die Grafen von Luxemburg unter Johann (1310-1346), dem Sohn Kaiser Heinrichs VII. (1308-1313), die Herrschaft über Böhmen und Mähren. Gerade der Luxemburger (Kaiser) Karl (IV., 1346/47-1378) stellte die Eigenständigkeit Böhmens und seiner Nebenländer im römisch-deutschen Reich heraus (corona Bohemiae; Erzbistum Prag 1344, Prager Universität 1348 und Ausbau Prags, Prager Provinzialsynode 1349 und Blütezeit klösterlicher Kultur, Goldene Bulle 1356), unter Karls Söhnen Wenzel IV. (1363/78-1419) und (Kaiser) Sigismund (1410/19-1437) zerfiel die Luxemburger Macht in Böhmen ("Bürgerkriege", Hussitenkriege [Hussiten als Taboriten, Orebiten, Utraquisten]); erst nach den Hussitenkriegen (1420/26-1434, Iglauer Kompaktaten 1434) konnte sich in Sigismund in Böhmen durchsetzen. Nach seinem Tod (1437) etablierte sich ein "nationales Königtum" der Herrscher Ladislaus Postumus (1453-1457) und Georg von Podiebrad (1458-1471), danach waren Böhmen und Nebenländer Teil des jagiellonisch-ungarischen Großreichs unter den Königen Wladislaw II. (1471-1516) und Ludwig II. (1516-1526). Die ungarische Niederlage gegen die Osmanen (1526) verschaffte dann den Habsburgern die böhmische Königswürde. [Buhlmann, 11.2019]
Prinz, Joseph (1960), Mimigernaford - Münster. Die Entstehungsgeschichte einer Stadt (= VHKW XXII: Geschichtliche Arbeiten zur westfälischen Landesforschung, Bd.4), Münster 21976 > M Münster
Prinz, Joseph (1990), Die Corveyer Annalen. Textbearbeitung und Kommentar (= VHKW X: Abhandlungen zur Corveyer Geschichtsschreibung, Bd.7), Münster 1982 > C Corvey
Probst, Ernst (1991), Deutschland in der Steinzeit. Jäger, Fischer und Bauern zwischen Nordsee und Alpen, München 1991 > U Ur-, Vor-, Frühgeschichte
Probst, Ernst (1996), Deutschland in der Bronzezeit. Bauern, Bronzegießer und Burgherren zwischen Nordsee und Alpen, München 1996 > U Ur-, Vor-, Frühgeschichte
Propyläen Kunstgeschichte. Sonderausgabe, hg. v. Kurt Bittel u.a., ist eine zwölfbändige Reihe zur Kunst der Menschheit: Bd.1 (1984): Schefold, Karl, Die Griechen und ihre Nachbarn, Frankfurt a.M.-Berlin 1990, 372 + 464 S., Schwarzweiß-, Farbtafeln, Pläne, Karten, DM N.N.; Bd.2 (1984): Kraus, Theodor, Das römische Weltreich, Frankfurt a.M.-Berlin 1990, 436 + 448 S., Schwarzweiß-, Farbtafeln, Pläne, DM N.N.; Bd.4 (1984): Sourdel-Thomme, Janine, Spuler, Bertold, Die Kunst des Islam, Frankfurt a.M.-Berlin 1990, 426 + 484 S., Schwarzweiß-, Farbtafeln, Pläne, Karten, DM N.N.; Bd.5 (1984): Fillitz, Hermann, Das Mittelalter I, Frankfurt a.M.-Berlin 1990, 351 + 484 S., Schwarzweiß-, Farbtafeln, Pläne, DM N.N.; Bd.8 (1984): Kauffmann, Georg, Die Kunst des 16. Jahrhunderts, Frankfurt a.M.-Berlin 1990, 369 + 476 S., Schwarzweiß-, Farbtafeln, Pläne, Karte, DM N.N.; Bd.9 (1984): Hubala, Erich, Die Kunst des 17. Jahrhunderts, Frankfurt a.M.-Berlin 1990, 388 + 472 S., Schwarzweiß-, Farbtafeln, Pläne, Karte, DM N.N.; Bd.10 (1984): Keller, Harald, Die Kunst des 18. Jahrhunderts, Frankfurt a.M.-Berlin 1990, 479 + 504 S., Schwarzweiß-, Farbtafeln, Pläne, DM N.N.; Bd.11 (1984): Zeitler, Rudolf, Die Kunst des 19. Jahrhunderts, Frankfurt a.M.-Berlin 1990, 412 + 488 S., Schwarzweiß-, Farbtafeln, Pläne, DM N.N. [Buhlmann, 06.2021]
Propyläen Technikgeschichte, hg. v. Wolfgang König, ist eine fünfbändige enzyklopädische Reihe zur Entwicklung der Technik von der (griechischen) Antike bis zur industriellen Revolution der Moderne. Technik wird dabei eingebunden betrachtet in die kulturell-sozialen Entwicklungen menschlicher Gesellschaften. Technik ist mithin Resultat und Verursacher von gesellschaftlichen Entwicklungen (soziale, gesellschaftliche Voraussetzungen von Erfindungen [Wissensstand, Erfinder und Erfindergruppen, gesellschaftliche Nachfrage], [problematischer] "Fortschritt" durch technische Entwicklungen, gesellschaftlich-kulturelle Folgen [Produktionssphäre, Alltagsnutzen, Umwelt]). Dabei stehen die griechisch-römische Antike (750 v.Chr-500 n.Chr.), das europäische Mittelalter (500-1500) und die europäische frühe Neuzeit (1500-1800) im Mittelpunkt, in der Moderne (19.-20. Jahrhundert) die (globalisierte) Welt. U.a. sind erschienen: Bd.1 (1991): Hägermann, Dieter, Schneider, Helmuth, Landbau und Handwerk (750 v.Chr.-1000 n.Chr.), Berlin 1991, 544 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, DM 69,-, Nachdruck Berlin 1997, 544 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, Bd.2 (1992): Ludwig, Karl-Heinz, Schmidtchen, Volker, Metalle und Macht (1000-1600), Nachdruck Berlin 1997, 641 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, Bd.3 (1991): Paulinyi, Akos, Troitzsch, Ulrich, Mechanisierung und Maschinisierung (1600-1840), Nachdruck Berlin 1997, 529 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, Bd.4 (1990): König, Wolfgang, Weber, Wolfhard, Netzwerke, Stahl und Strom (1840-1914), Nachdruck Berlin 1997, 595 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, zus. [mit Bd.5] DM 128,-. [Buhlmann, 07.2019]
Prosperi, Adriano, Reinhard, Wolfgang (Hg.) (1993), Die Neue Welt im Bewußtsein der Italiener und Deutschen des 16. Jahrhunderts (= IDHIT 6), Berlin 1993, 347 S., Schwarzweißabbildungen, € 8,20. Die "Entdeckung" des Kontinents Amerika (1492) leitete einen Wandel in den geografischen Vorstellungen der Gelehrten, Humanisten und der Menschen allgemein in Europa ein. Dennoch brauchte es eine gewisse Zeit, bis die Existenz eines vierten Kontinents rezipiert und akzeptiert wurde. Zu groß war die Distanz zwischen dem althergebrachten Buchwissen mit seinen antik-mittelalterlichen Vorstellungen (mittelalterlicher Kosmos) und dem durch Entdecker und Reisende neu aufgekommenen Erfahrungswissen um die Neue Welt. U.a. diese "Bildungsdiskrepanz" beleuchten die Beiträge: Wolfgang Reinhard, Einführung; Marica Milanesi, Asarot oder Anian? Identität und Unterscheidung zwischen Asien und der Neuen Welt in der Kartographie des 16. Jahrhunderts (1500-1570); Massimo Donattini, Der geographische Horizont des italienischen Verlagswesens (1493-1560); Wolfgang Neuber, Die erste Kolumbus-Reise und ihre narrative Tradierung in Deutschland bis zum Jahr 1600; Renate Pieper, Die Berichterstattung aus der Neuen Welt im ausgehenden 16. Jahrhundert am Beispiel der Fuggerzeitungen; Hans-Joachim König, Vielfalt der Kulturen oder europäisches Muster? Amerika und Indios in frühen deutschen Schriftzeugnissen; Carla Forti, Der "gerechte Krieg" in der Neuen Welt: Die Rezeption der spanischen Debatte in Italien; Girolamo Imbruglia, Ideale der Zivilisierung: Die Gesellschaft Jesu und die Missionen (1550-1600); Helmuth Grössing, Johannes Kepler und die Entdeckung neuer Welten; Corrado Vivanti, Die Humanisten und die geographischen Entdeckungen; Giuseppe Olmi, "Magnus campus": Die italienischen Naturforscher und Amerika im 16. Jahrhundert; Adriano Prosperi, Das europäische Bewußtsein angesichts der geographischen Entdeckungen des 16. Jahrhunderts - Ergebnisse. [Buhlmann, 11.2021]
Proust, Marcel, französischer Schriftsteller:
(Valentin Louis Georges Eugène) Marcel Proust (*1871 in Paris, †1922 in Paris) galt als feinsinniger Beobachter und Teil der Pariser Großbourgeoisie. Finanziell weitgehend abgesichert (Erbschaft seiner 1905 verstorbenen Mutter), veröffentlichte Proust seit 1896 (Roman Les plaisirs et les jours) seine literarischen Werke (Romane, Gedichte, Briefe), u.a. den umfangreichen (autobiografisch angelehnten) Roman "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" (À la recherche du temps perdu, 1913/27, in sieben Teilen).
Zu den Werken Prousts s.:
Proust, Marcel (1918), Im Schatten der jungen Mädchen, Villingen-Schwenningen 2015, 380 S., € N.N. (als 2. Teil von "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit").
[Buhlmann, 06.2022]
Prummel, Wietske (1983), Excavations at Dorestad 2: Early Medieval Dorestad. An Archaeozoological Study (= Nederlandse Oudheden 11), Amersfort 1983 > D Dorestad
prv kb = Pahl-Rugenstein-Verlag: Kleine Bibliothek
Psychohistorie als (ergänzende) Teildisziplin der Geschichtswissenschaften:
Psychohistorie beinhaltet die Analyse von Personen und Geschehnissen mit Hilfe psychologischer und psychoanalytischer Methoden. Sie fragt also etwa nach den Motiven handelnder Personen (Psychobiografie), beschäftigt sich aber auch mit den Mentalitäten von Personengruppen und Gesellschaften (Mentalitätsgeschichte) oder mit der Geschichte der Kindheit. Wegweisend für die Psychohistorie waren u.a. der Psychoanalytiker Sigmund Freud (*1856-†1939) (Kultur [Ästhetik] und Geschichte) und Wilhelm Reich (*1897-†1957) (Charakter, Ego).
Anwendbar ist die Psychohistorie z.B. nur auf Personen mit einen guten Grundlage an Geschichtsquellen. Daher ist die Psychohistorie meist auf die historische Epoche der Moderne beschränkt, nicht zuletzt was auf Psychosen beruhende Verhaltensweisen von autoritären, narzistischen, nationalistischen, populististischen "Machtmenschen" und Diktatoren betrifft.
Vgl. dazu:
Amelang, Manfred, Bartussek, Dieter (1986), Differentielle Psychologie und Persönlichkeitsforschung, Stuttgart-Berlin-Köln 31996, 675 S., Schwarzweißabbildungen, DM 98,-;
Bäuml, Josef (1994), Psychosen (aus dem schizophrenen Formenkreis). Ratgeber für Patienten und Angehörige, Leitfaden für professionelle Helfer, Einführung für interessierte Laien, Heidelberg 22008, 192 S., Schwarzweißabbildungen, € 19,95;
Benesch, Hellmuth (1987), dtv-Atlas zur Psychologie. Tafeln und Texte, 2 Bde., Bd.1 (= dtv 3224), München 61997, DM 24,90, Bd.2 (= dtv 3225), München 51997, DM 24,90, zus. XV, 507 S., Tafeln mit Farbabbildungen;
Daco, Pierre (1993), Psychologie für jedermann, Frankfurt a.M. 82002, 402 S., Schwarzweißabbildungen, € 9,90;
Fröhlich, Werner D. (1968), Wörterbuch Psychologie (= dtv 34231), München 252005, 654 S., Schwarzweißabbildungen, € 14,50;
Loewenberg, Peter (1980), Psychohistory, in: Kammen, Michael (Hg.) (1980), The Past Before Us - Contemporary Historical Writing in the United States, Ithaca 1980, S.408-432;
Schmidbauer, Wolfgang (1991), Psychologie. Lexikon der Grundbegriffe (= rororo Handbuch 16335), Reinbek b.H. ?1998, 216 S., Schwarzweißabbildungen, € 3,95;
Zimbardo, Philip G. (1988), Psychologie (= Springer Lehrbuch), Berlin-Heidelberg-New York 61995, XXIII, 851 S., Abbildungen, Fotos, DM 68,-.
[Buhlmann, 06.2020, 10.-11.2020, 09.2024]
Ptak, Roderich (2007), Die maritime Seidenstraße. Küstenräume, Seefahrt und Handel in vorkolonialer Zeit (= HB), München 2007, 368 S., € 24,90. Der Handelsraum der maritimen Seidenstraße vor dem 15./16. Jahrhundert umfasste die Meere zwischen China bzw. Japan und Arabien bzw. Ostafrika (Japanisches Meer, Gelbes Meer, Ostchinesisches Meer, Südchinesisches Meer, Golf von Siam, ostindonesische Meere, Straße von Malakka, Andramanisches Meer, Golf von Bengalen, Arabisches Meer, Persischer Golf, Golf von Aden und Rotes Meer, westlicher Indischer Ozean). Die Anfänge von lokaler Schifffahrt und Küstenhandel liegen dabei auch in vorgeschichtlicher Zeit (Han-China, Partherreich, griechisch-römische Antike), zunächst (bis Christi Geburt) voneinander weitgehend isolierte Zonen wuchsen in der Folgezeit (bis ca. 600 n.Chr.) zusammen (Ausbreitung des Buddhismus, indische Kultureinflüsse in Südostasien; Han- und Wei-China, Korea, Sassaniden). Dabei entstand (ca. 600-950/1000) im östlichen Handelsraum eine zunehmende "Kompartmentalisierung" (Handel in Segmenten der maritimen Seidenstraße), während arabische Händler bis ins Südchinesische Meer vordrangen (islamische Einflüsse, größere Kenntnis bei Handelrouten und Navigationstechniken; Tang-China, Srivijaya, arabisches Kalifat). Das Zusammenwachsen des Handelssystems der maritimen Seidenstraße erreichte in den folgenden Jahrhunderten (ca. 950/1000-1350) seinen Höhepunkt, u.a. durch den zeitweisen Ausfall der Landroute von Ost nach West (Seidenstraße), die Ausweitung der maritimen Siedenstraße an den Enden (Japan, Madagaskar) sowie wirtschaftstechnische Verbesserungen (buddhistischer, konfuzianischer Einfluss auf Japan, Seekriege der Mongolen; Song- und Yuan-China, Srivijaya, Cholas, Ajjubiden, Mamluken). Die darauf folgenden "Wendezeiten" (ca.1350-1500) waren geprägt von einer Regionalisierung des maritimen Handelssystems zwischen Ost und West (ca. 1350-1400), von der staatlichen Seefahrt Ming-Chinas (ca. 1405-1435) sowie einer erneuten Fragmentierung der Handelsrouten (ca. 1435-1500) (Ming-China, Sri Lanka, Gujaratis, Mamluken, Osmanen). Dabei stieg der Umfang der gehandelten Güter nochmals. Gehandelt wurden (fast durch alle Zeiträume) auf arabischen Daus und chinesischen Dschunken meist Luxuswaren wie Seide, Gewürze, besondere Holzsorten, exotische Tiere, Metalle einschließlich Silber und Gold, Perlen und Edelsteine, aber auch Massenwaren wie Reis oder Zucker, daneben (chinesische) Keramik. Das Auftreten der Europäer (Portugiesen und Spanier, später auch Engländer und Niederländer, um und nach 1500) brachte die Einbeziehung der Schifffahrtsrouten um das Kap der Guten Hoffnung und durch den Pazifik eine Ausweitung des Handelsraums bei qualitativen Änderungen des Handelssystems (Estado da India Portugals, Kolonialreich Spaniens, christliche Einflüsse). [Buhlmann, 01.2012]
PtH = Peter Hammer Taschenbuch
PubllGesRheinGeschkde = Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde
Pusch, Luise F. (1984), Das Deutsche als Männersprache (= st 1915), Frankfurt a.M. 1991 > D Deutsche Sprache
Pusch, Matthias (1978), Der Dreißigjährige Krieg 1618-1648 (= Heyne Geschichte 16), München 1978 > D Dreißigjähriger Krieg
Putzger Historischer Weltatlas, hg. v. Walter Leisering, Bielefeld 861965, 971974, Bielefeld 991978, Bielefeld 1001983 > A Atlas, historischer Atlas
Pye, Michael (2014), The Edge of the World. How the North Sea Made Us Who We Are, St. Ives 2015, 394 S., Farbtafeln, Karten, € 14,83. Im mittelalterlichen Europa spielten die Nordsee und die das Meer umgebenden Länder insofern eine Rolle, als die mittelalterlichen Gesellschaften um die Nordsee entscheidende Impulse zur Kultur des Mittelalters lieferten. Zu nennen sind diesbezüglich: die Christianisierung Irlands, Kontinentaleuropas und der britischen Inseln sowie die Entstehung von Buchhandel und -kultur, der friesische Handel zwischen Britannien und dem Festland, die Wikingerzeit und die normannische Besiedlung (frühes Mittelalter), die Entwicklung von Recht und römischem Recht, die Entwicklung der Mode, die Entwicklung von Wissenschaft (und Experiment) (hohes, spätes Mittelalter), der Handel der Hanse, die Liebe und die Ehe, die Pest, die Stadtkultur (spätes Mittelalter). [Buhlmann, 11.2015]
Pythagoras, antik-griechischer Philosoph:
I. Der antik-griechische Philosoph und Mathematiker Pythagoras (*ca.570-†n.510 v.Chr.) stammte wohl von der Ägäisinsel Samos und war Sohn des Kaufmanns Mnesarchos. Lehrer des jungen Pythagoras war u.a. der Philosoph Pherekydes von Syros; Pythagoras selbst unternahm Bildungsreisen nach Ägypten und Babylonien und stand nach seiner Rückkehr nach Samos in Opposition zum dortigen Tyrannen Polykrates (538-522 v.Chr.), worauf er ins griechische Unteritalien floh (532/31 v.Chr.). Dort trat Pythagoras als Lehrer und Philosoph in Kroton in Erscheinung, wo - auch dank seiner rhetorischen Fähigkeiten - seine Schule aufblühte. Pythagoras und seine Anhänger hatten auch politi-schen Einfluss in Kroton, wie der Konflikt der Polis mit Sybaris und die Zerstörung der Nachbarstadt (510 v.Chr.) zeigen. Doch musste Pythagoras auf Grund danach in Kroton ausbrechender innerer politischer Streitigkeiten nach Metapont ausweichen. Dort ist er zu einem unbekannten Zeitpunkt verstorben.
II. Widersprüchlich schildert die erst spät einsetzende antike Überlieferung zu Pythagoras - u.a. die Lebensbeschreibung des Pythagoras von Iamblichos (*ca.240/45-†ca.320/25 n.Chr.) - dessen "religiös-philosophische" Lehre zwischen "Schamanismus" und "Wissenschaft". Von daher ist die Zuschreibung des Satzes des Pythagoras oder der Betrachtung kommensurabler und inkommensurabler Zahlenverhältnisse an Pythagoras durchaus umstritten, während überlieferte musiktheoretische (Harmonielehre), astronomische (Sphären-/Himmelsharmonie) oder religiöse Aussagen (Seelenwanderung) heute eher Pythagoras zugeordnet werden. Die wie auch immer gestaltete Lehre des Pythagoras wurde von seinen Schülern und Anhängern, den Pythagoreern (Gruppenbildungen innerhalb der Pythagoreer: "Akusmatiker", "Mathematiker"; "Exoteriker", "Esoteriker", "Pythagoreer", "Pythagoristen") weitergetragen. Zumindest galt dies für das 5. und 4. Jahrhundert v.Chr., bis der Pythagoreismus (als Lehre des Pythagoras; wohl zuletzt in Tarent) vielfach zurücktrat, um ab dem 1. Jahrhundert v.Chr. in Gestalt eines platonischen bzw. neuplatonischen Neupythagoreismus wieder in Erscheinung zu treten. Demgemäß blieb in der Antike auch das Interesse an der Person des Pythagoras erhalten, der fast einhellig eine positive Wertschätzung als "weiser Philosoph" erfuhr. Dieses Ansehen der Person Pythagoras übertrug sich auch ins Mittelalter, in der frühen Neuzeit, gerade auch in der Epoche der Renaissance und des Humanismus, stand weitgehend die noch heute bestehende antike Überlieferung zu Pythagoras zur Verfügung.
Die spätantike Biografie des Iamblichos ist:
Iamblichos, Pythagoras. Legende, Lehre, Lebensgestaltung. Griechisch und deutsch, hg. u. übers. v. Michael von Albrecht (1963) [(= BdAW GR)], Darmstadt [Zürich-München] 21985, 280 S., DM N.N.
[Buhlmann, 04.2019]