Lexikonartikel: Netzwerke

Netzwerke

Mittelalterliche Netzwerke von Personen gründeten auf Herrschaft und Genossenschaft, auf „Verwandte, Freunde und Getreue“. Besonders erfolgreich waren hier die Adelsnetzwerke in Politik und Kirche, da der Adel weitgehend die führende Gesellschaftsschicht ausmachte. Adlige waren als Stifter und Tradenten eng mit „ihren“ Klöstern verbunden, adlige Mönche bevölkerten die geistlichen Kommunitäten, adlige Bischöfe übten die Aufsicht aus, die Könige kamen aus dem Adel, die fürstlichen Landesherren des späten Mittelalter fungierten als Klostervögte. Die Kirche im deutschen Mittelalter war weitgehend eine Adelskirche.

Auch die an den Klosterreformen beteiligten Personen bildeten ein Netzwerk. Dabei zeigt sich im Zusammenhang mit der Gregorianischen Kirchenreform (11./12. Jh.) der Zusammenhalt z.B. im gemeinsamen Auftreten der Reformäbte bei den Weihen der Klosterkirche von St. Peter (1093, 1113), aber auch in den Gebetsverbrüderungen zwischen den Mönchsgemeinschaften, im gemeinsamen Gebet für die Toten, den memoria, wie sie etwa von St. Blasien ausgingen. Das Netzwerk der Beziehungen verweist auf die Ebene mittelalterlicher Kommunikation, die durch Rituale und Symbole, durch Stellung/Stand und Individualität der geistlichen und weltlichen Personen mittelalterlicher Oberschichten geprägt ist. Es ist die Ebene der Kommunikation, auf der sich die Kirchenreform des 11. und 12. Jh. in ihren auch intellektuellen Voraussetzungen vielfach abspielte. Das Ringen um Wissen und Standpunkte, der Wissenstransfer z.B. betreffend die Ausgestaltung klösterlichen Lebens boten innerhalb der kirchlich-politischen Publizistik des Investiturstreits eine wesentliche Grundlage von Kirchenreform, die neben der Geistlichkeit auch den Laien wirksam vermittelt werden konnte. Diese Art der Kommunikation weist auch auf den (theologischen) Klärungsprozess zwischen den regionalen Strömungen der hochmittelalterlichen Reform und dem Papsttum, das alsbald die regionalen Strömungen auf- und die Führung in Kirche und Gregorianischer Reform übernahm und das die libertas ecclesie, die „kirchliche Freiheit“ gegen die Einmischung der Welt propagierte.

Althoff, Verwandte, Freunde und Getreue; Laudage, Gregorianische Reform; Schreiner, Benediktinerkonvente.

Artikel aus: Michael Buhlmann, Benediktinisches Mönchtum im mittelalterlichen Schwarzwald (= Vertex Alemanniae, Heft 10/1-2), St. Georgen 2004

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