Quellen zur Kaiserswerther Geschichte

1189, Januar 13 [- Oktober], Flandern, Niederrhein - Kaiserswerth:

Frieden von Kaiserswerth

Flandern und Niederlothringen, gelegen zwischen dem deutschen Reich der staufischen Herrscher und dem kapetingischen Frankreich, waren am Ende der Regierungszeit Kaiser Friedrichs I. eine politisch durchaus unruhige Region, wie auch die bis 1188 weitgehend un-terdrückte Opposition gegen den Kaiser unter Führung des Kölner Erzbischofs Philipp von Heinsberg zeigt. Im Jahr 1189 bemühte sich König Heinrich VI. um einen Frieden zwischen Graf Balduin V. von Hennegau (1171-1195), Herzog Heinrich I. von Brabant (bzw. Löwen, 1186-1235) und Graf Heinrich I. von (Luxemburg-) Namur (1139-1189). Der "Frieden von Kaiserswerth", geschlossen in der Stauferpfalz am Rhein im Jahr 1189 (wohl noch vor dem Monat Oktober), sicherte Balduin letztendlich in der Nachfolge Graf Heinrichs I. den Besitz von Namur, das zur Markgrafschaft erhoben wurde (1190). Darüber hinaus sollte Balduins gleichnamiger Sohn am Hof des Stauferherrschers erzogen werden; die Hochadels- und Fürstenfamilien im westlichen Teil des deutschen Reiches und an der Grenze zu Frankreich schickten öfters junge Söhne zur Ausbildung im Hofdienst an die Höfe deutscher Könige und Kaiser. Balduins Sohn und Nachfolger, Balduin VI. (1195-1205), nahm übrigens später das Kreuz und wurde in der Folge des Vierten Kreuzzugs (1202-1204) und der Eroberung Konstantinopels (1204) zum ersten Kaiser des lateinischen Kaiserreichs in Griechenland (1204-1205). Der (wohl zunächst brüchige) "Frieden von Kaiserswerth" wurde in Hautcroix (bei Brüssel) im Oktober 1189 nochmals bestätigt.

150. Der Herr Heinrich, König der Römer, aber bestimmte zu Gunsten des Grafen von Hennegau für den Grafen von Namur einen Hoftag in Lüttich: er wolle an der Oktav von Epiphanias [13.1.] dorthin kommen und einen Frieden zwischen jenem und dessen Neffen, dem Grafen von Hennegau, abschließen. Als sie aber in Worms 16 Tage Aufenthalt hatten, kam der Herr König selbst nach Lüttich und mit ihm der Graf von Hennegau. Es kamen aber dort-hin zum Grafen von Hennegau viele im Rat erprobte Männer vom Hennegau, nämlich sein Bruder Wilhelm und Otto von Trazignies und Nikolaus von Barbençon, und viele andere ohne Waffen und mit diesen der erstgeborene Sohn dieses Grafen Balduin, noch ein Junge. Der Graf von Namur aber kam mit ungefähr 100 bewaffneten Rittern und vielen Knappen. Der Herzog Heinrich der Jüngere von Löwen [Brabant] aber kam in Hochmut und führte ungefähr 300 bewaffnete Ritter und ebensoviel Knappen mit sich. Durch solch eine unerhörte und anmaßende Ankunft beleidigte er den Herrn König schwer, weil dieser mit wenigen an-gekommen war und unbewaffnet und den Grafen von Hennegau, den jene hassten, mit sich ohne Waffen herbeigeführt hatte. Der Graf hätte, wenn er dies vorher gewusst hätte, gegen jene sich ebenso bewaffnen können. Der Herr König aber bemühte sich um den Frieden zwi-schen dem Grafen von Namur und dem Grafen von Hennegau, erreichte [indes] nichts. Als der König aber einige Tage lang dort sowohl den Herzog von Löwen als auch den Grafen von Namur festgehalten hatte, nahm er den Herzog von Löwen und den Grafen von Hennegau mit sich nach Maastricht, damit er wenigstens zwischen diesen Frieden schlösse. Er konnte aber in Maastricht nichts zum Frieden tun, weil er sich von dort in das Gebiet der "niederen Lande" [Advallenses partes: Geldern?] entfernte. Schließlich führte er jene bis nach (Kaisers-) Werth oberhalb des Rheins, und er machte Frieden zwischen diesen, allerdings ohne den Grafen von Namur. Der Frieden wurde aber auf der Grundlage der Eintracht und des Bündnisses zwischen dem Grafen vom Hennegau und dem Herzog von Löwen geschlossen, so dass der Herzog von Löwen das Gebiet, das er vom Grafen von Namur und vom Grafen von Cambrai für fünftausend Mark als Pfand hatte, dem Grafen von Hennegau frei überließ, wobei der Graf von Hennegau jenem 700 Mark geben sollte. Darüber hinaus gestand der Graf von Hennegau dem Herzog den Ort Thienes in Hasbanien und den Ort Liernuth als ewigen Besitz zu, dies auch unter der auferlegten Bedingung, dass der Graf von Hennegau den Herzog von Löwen in allen Notwendigkeiten unterstütze gegen alle Leute außer dem Herrn Kaiser und dessen Sohn König Heinrich, außer dem Bischof von Lüttich und dem Grafen von Flandern. Sie sicherten diese Beschlüsse durch auferlegte Treue und gewährtem Eid, und daher stellte jeder von beiden dem Herrn König der Römer eine Geisel, und sie wollten diese [Beschlüsse] einer Urkunde anvertrauen. Der Graf von Hennegau bekam die Urkunde, die gekennzeichnet war durch das Siegel des Herrn Königs und das Siegel des Herzogs von Löwen, der Herzog aber die, die gekennzeichnet war durch das Siegel des Herrn Königs und das Siegel des Grafen von Hennegau. Darüber hinaus erhielt der Herr König der Römer für sich eine Urkunde, die versichert war durch das Siegel des Grafen von Hennegau und das Siegel des Herzogs von Löwen. Sie richteten es auch ein, dass sie diese Bestimmungen und Beschlüsse in den Gebieten ihrer Länder vor den meisten ihrer Leute anerkannten und dass der Herzog selbst dem Grafen von Namur ganz und gar absagte und veranlasste, jenes Gebiet, was er als Pfand hatte, mit den Burgen, allen Befestigungen und den Lehen dem Grafen von Hennegau in Frieden zu übergeben. Dort [in Kaiserswerth] schickte der Graf von Hennegau seinen Sohn Balduin mit dem Herrn König mit, um die deutsche Sprache zu erlernen und die Sitten des Hofes. Und von da kehrte er mit freiem Geleit dieses Herzogs durch das Gebiet des Grafen von Geldern und das Land des Herzogs zu [seinem] Besitz zurück, und er wurde von den Bewohnern von Mons ehrerbietig empfangen in der Kirche der seligen Waldtrud bei einem feierlichen Einzug, der ihm bei seiner Rückkehr vom [Kaiserswerther] Hof des Herrn Kaisers [Friedrich I.] gewährt wurde. [...]

157. Der Graf von Flandern verhandelte in dieser Zeit zwischen dem Herzog von Löwen und dem Grafen von Hennegau und wollte Frieden schließen; er führte zwischen diesen im Monat Oktober eine Zusammenkunft in Hautcroix herbei. Ihm stand zur Seite der Herr Erzbischof Philipp von Köln. Und als die Zusammenkunft drei Tage gedauert hatte, wurde dort endlich der Frieden, den sie zuvor mit Hilfe des Herrn König der Römer geschlossen hatten, erneuert und auf Grund der auferlegten Treue und dem gewährten Eid beider befestigt und durch die beiderseitige Stellung von Geiseln bekräftigt. Endlich fügte der Graf von Flandern den 700 Mark, die durch den Herrn König der Römer der Graf von Hennegau dem Herzog von Löwen für die [Pfand-] Einlösung des Landes des Grafen von Namur zu geben versprochen hatte, 500 Mark hinzu, gleichsam als Ausgleich für die dem Herzog entstandenen Verluste; und so verglich sich der Graf von Hennegau mit dem Herzog Heinrich dem Jüngeren von Löwen um 1200 Mark. Der Herzog von Löwen aber gab das Land, das er als Pfand vom Grafen von Namur gehabt hatte, frei. [...] [Buhlmann]

Lateinische Geschichtsschreibung des Hochmittelalters. - MGH SS 21, S.565f; Gisleberti Chronicon Hanoniense, S.206ff; Gislebert von Mons, Chronik, S.233f, Nr.150; Gilbert of Mons, Chronicle, Nr.150; RI HVI 78.