Schramberg im Mittelalter
(Abt) Berthold von Falkenstein
Berthold von Falkenstein, Sohn Eigelwarts (I) (v.1257), war zunächst Mönch und Pförtner in der Benediktinerabtei St. Gallen und übernahm nach dem Rücktritt Abt Walthers von Trauchberg (1239-1244) dessen Nachfolge (1244-1272). Wirtschaftliche Schwierigkeiten und feudal-kriegerische Auseinandersetzungen im Umfeld der St. Galler Mönchsgemeinschaft bestimmten die Regierungszeit Abt Bertholds, der sich in vielen Fehden und Kriegen durchzusetzen hatte. Noch vor Beginn seiner Amtszeit (November 1244) hatten die Grafen von Toggenburg das st. gallische Wil besetzt, das sich nach fünfwöchiger Belagerung Anfang 1245 Berthold ergeben musste. Weitere Auseinandersetzungen mit den Toggenburgern sollten aber noch folgen. Im Streit zwischen staufischem Kaisertum und Papsttum stand der St. Galler Abt auf päpstlicher Seite, wofür er auf dem Konzil von Lyon eine Reihe von Vergünstigungen erhielt, u.a. am 15. Mai 1247 das Recht des Pontifikaliengebrauchs. Am 7. September 1248 setzte ihn Papst Innozenz IV. (1243-1254) als Verwalter der Abtei Rheinau ein. Auch auf das Inselkloster Reichenau warf Berthold begehrliche Blicke und erreichte, dass ihm diese Abtei von Papst Alexander IV. (1254-1261) mit Urkunde vom 6. Februar 1258 zur Verwaltung übertragen wurde. Letztendlich konnte Berthold aber seine Herrschaft über die Klöster Rheinau und Reichenau nicht durchsetzen. Schon 1258 geriet er wegen der Reichenau in Gegensatz zum Konstanzer Bischof Eberhard II. (1248-1274), ein Treffen beider Gegner in Viterbo auf Veranlassung des Papstes brachte die Versöhnung; Berthold akzeptierte den neuen Reichenauer Abt Albrecht von Ramstein (1260-1294), der immerhin sein Vetter war.
Zwischen Juni und November 1257 war der St. Galler Abt in Reichsangelegenheiten unterwegs, als er nach Kastilien reiste, um den dortigen König Alfons X. den Weisen (1252-1284) die deutsche Königskrone anzubieten. Vor der Abreise richtete Berthold eine Anniversarstiftung für seine Eltern ein. Wie bekannt, bestimmte dann das "Doppelkönigtum" von Alfons von Kastilien (1257-1282) und Richard von Cornwall (1257-1272) das Interregnum (1257-1273).
Fehden füllten auch in den 1260er-Jahren die Politik Bertholds zur Sicherung von Kloster, Klosterbesitz und -rechten aus. Der St. Galler Abt hatte sich habsburgischer Ansprüche zu erwehren (Ausgleich vom 16. Juli 1271), er festigte St. Galler Positionen im Thurgau und im Rheintal (u.a. 1265) und erwarb als Pfand von den Toggenburgern die Stadt Lichtensteig (1271). Der äußeren Arrondierung des abteilichen Besitzes entsprach eine Straffung der Verwaltung (Einkünfterodel, Aufsicht über die Ministerialität), wobei die Schulden des Klosters abgebaut werden konnten und die Einnahmesituation sich entscheidend verbesserte. Letzteres geschah auf Kosten der Klosterleute, die "über das Recht hinaus" steuerlich bedrückt wurden.
Gegen die adlig-stiftische Lebensweise im Kloster vermochte und wollte der Abt wenig ausrichten, obgleich er sehr wohl auch gegen einzelne Stiftsherren disziplinarisch durchgriff. Berthold sah sich als einen "Kirchenfürsten", als Leiter eines "Klosterstaates", der sich - wie etwa bei der Zusammenkunft von Viterbo 1258 oder zu Weihnachten 1271 - mit einem großen ritterlichen Gefolge seiner Lehnsleute umgab. Trotz seiner adlig-kriegerischen Lebensweise war der Falkensteiner von Sorge um sein Kloster und andere Kirchen sowie von Frömmigkeit erfüllt. Nach längerer Krankheit starb Abt Berthold von Falkenstein am 10. Juni 1272.
Buhlmann, Falkenstein; Harter, Kinziggebiet