Schramberg im Mittelalter
Mönchtum, benediktinisches Mönchtum
Begrifflichkeit, Anfänge
Das christliche Mönchtum als religiöse, weltabgewandte Lebensweise ist im Ägypten des 3. Jahrhundert "erfunden" worden, als eine Bewegung von Eremiten (Anachoretentum) und als gemeinschaftliche Lebensweise von Mönchen (Zönobitentum). Das abendländische Mönchtum des Mittelalters speist sich aus mehreren Quellen, ist aber besonders von einem Mann des spätantiken Italiens geprägt worden: Benedikt von Nursia (*ca.480-†547).
Mönchtum in Südwestdeutschland
Das benediktinische Mönchtum hat - neben dem irofränkischen - entscheidend zur Ausbildung eines christlichen Alemanniens beigetragen. Die klösterliche Kultur reicht wahrscheinlich in Südwestdeutschland bis in das 7. Jahrhundert. zurück. Der Ire Trudpert (7. Jahrhundert, 1. Hälfte) soll angeblich im Südschwarzwald missioniert haben, zu nennen sind weiter ein irischer Eremit Landelin und der irische König Offo. Mit Pirmin, dem Abtbischof irofränkischer Herkunft (†ca.755), wird dann das Reich der Legenden verlassen. Seit der 1. Hälfte des 8. Jahrhunderts waren die Klöster Gengenbach, Schwarzach und Schuttern neben St. Gallen und Reichenau wichtige Stützpunkte fränkisch-karolingischer Herrschaft in Alemannien. Weitere Gründungen von Mönchsgemeinschaften überzogen im 8. und 9. Jahrhundert Südwestdeutschland; diese Klöster, die oft als adlige Eigenklöster begonnen hatten, gingen vielfach in das Eigentum des Königs über, der sie mit Königsschutz, Immunität und Vogtei begabte und damit an das Königtum band. So bildeten diese königlichen Klöster mit ihren mitunter ausgedehnten Grundherrschaften ein wirtschaftliches und politisches Gegengewicht zur Macht des Adels. Die Mönchsgemeinschaften, bis ins 8. Jahrhundert auch missionierend tätig, wurden durch die Reformbestrebungen der fränkischen Herrscher - Karl der Große (768-814) und Ludwig der Fromme (814-840) sind hier zu nennen - sowie des Benedikt von Aniane (*ca.750-†821) schließlich im Aachener Konzil (816) auf die regula sancti Benedicti ("Benediktregel") verpflichtet, ihre Aufgaben beschränkten sich auf mönchische Askese, Gebet, Liturgie, Unterricht und Studium. Die Benediktinerklöster wurden damit zu Mittelpunkten der Bildung im Rahmen der für das frühe Mittelalter so bedeutsamen kulturellen Bewegung der sog. karolingischen Renaissance. In diesem Zusammenhang ist auf die Blütezeit der Mönchsgemeinschaft Reichenau von Abt Waldo (786-806) bis Walahfrid Strabo (838-849) zu verweisen (z.B. St. Galler Klosterplan, ca.820).
Der Zerfall des karolingischen Gesamtreiches im 9. Jahrhundert bedingte auch einen Rückgang bei den Klostergründungen. Lediglich das Herzogskloster auf dem Hohentwiel, Petershausen, ein Eigenkloster des Bischofs von Konstanz, sowie das schweizerische Einsiedeln waren im 10. Jahrhundert entstanden. Hier, aber auch auf der Reichenau vermittelte die Klosterreform des lothringischen Gorze neue Impulse. Doch erst die Kloster- und Kirchenreform des 11. Jahrhundert führte in der Folge zu einer tief greifenden Umgestaltung der Klosterlandschaft in Südwestdeutschland und im Schwarzwald. Zu nennen sind hier St. Blasien, weiter die Mönchsgemeinschaften in Hirsau und St. Georgen. Die drei Klöster entfalteten als benediktinische Reformzentren eine über den Schwarzwald hinausgehende Wirksamkeit, auch Bindungen an den Papst und den deutschen König über Privilegierungen gelangen. Im Verlauf des 12. Jahrhunderts verblasste der reformerische Eifer der Klöster jedoch, der Benediktinerorden stand in Konkurrenz zu erfolgreicheren Orden wie den Zisterziensern oder dem Deutschen Ritterorden (Mönchsorden). Erinnert sei an die Gründung der Zisterze Tennenbach (ca.1160) am Westabhang des Schwarzwalds oder des Prämonstratenserstifts Allerheiligen (ca.1190) im Nordschwarzwald. Das spätere Mittelalter sah darüber hinaus einen Verfall des monastischen Lebens. U.a. Hirsau sank zu einer provinziellen Mönchsgemeinschaft herab, während Gengenbach erfolglos darum kämpfte, in ein adliges Chorherrenstift umgewandelt zu werden. So war der religiöse und wirtschaftliche Zustand der Schwarzwälder Benediktinerklöster im späten Mittelalter im Allgemeinen schlecht, doch gab es Ausnahmen wie Gengenbach oder St. Blasien, die im 14. Jahrhundert zumindest wirtschaftlich konsolidiert erschienen. Dass Reichsabteien und Reformklöster in den spätmittelalterlichen Sog der sich herausbildenden Landesherrschaften gerieten, ergab sich aus dem Institut der adligen Klostervogtei, die dem landesherrlichen Vogt zunehmenden Einfluss auf Kloster und Klosterbesitz verschaffte, insbesondere über das nicht genau abgegrenzte Obrigkeitsrecht des ius reformandi ("Recht zur Klosterreform").
Spätmittelalterlich war die von Papst Benedikt XII. (1334-1342) dem Benediktinerorden gegebene Reformbulle Benedictina (1336), die den Klöstern eine geordnete Güterverwaltung, geistige Arbeit und innerklösterliche Ausbildung vorschrieb sowie eine Zentralisierung des Ordens, 36 Ordensprovinzen (u.a. die Mainz-Bamberger Provinz für die süddeutschen Klöster) und Provinzialkapitel verfügte. Geistige und wirtschaftliche Erneuerung war auch das Ziel der benediktinischen Reformen des 15. Jahrhundert. Schon beim Konstanzer Konzil (1414-1418) stand der St. Georgener Abt Johannes III. Kern (1392-1427) in enger Beziehung zu den Reformern der Konzilsbewegung, doch entfalteten die vom Donaukloster Melk und Weserkloster Bursfelde ausgehenden Reformbewegungen eine ungleich stärkere Wirkung. Ihnen schlossen sich, teilweise gezwungenermaßen, Hirsau (1458), Alpirsbach (1470 und 1482) und andere Klöster an. Dabei erhielten verstärkt Mönche aus dem Bürgertum Eingang in die Kommunitäten.
Aller reformerischer Eifer wurde aber im Verlauf des 16. Jahrhundert in Frage gestellt durch Martin Luther (*1483-†1546) und die evangelisch-protestantische Reformation, die in Überschneidung mit landesherrschaftlichen Interessen zur Aufhebung vieler Benediktinerklöster führen sollte. Lediglich wenige Schwarzwaldklöster überlebten wie die Reichsabtei Gengenbach, das Kloster St. Blasien unter dem Schirm der katholischen Habsburger oder St. Georgen, dessen Mönche im österreichischen Villingen eine neue Heimat fanden. Doch auch die noch in der frühen Neuzeit bestehenden Klöster wurden nach Barock und Aufklärung im Zusammenhang mit der napoleonischen Neuordnung (Mittel-) Europas zwischen 1803 und 1806 säkularisiert.
Buhlmann, Mönchtum; LexMA