Schramberg im Mittelalter
Falkenstein (Herren)
Für die Schramberger Geschichte von großer Wichtigkeit waren die Herren von Kappel-Falkenstein.
Herren von Kappel
Die neuere historische Forschung hat einen genealogischen Zusammenhang zwischen den am Ende des 11. Jahrhunderts erstmals bezeugten Herren von Kappel (zwischen Ober- und Niedereschach bei Villingen) und den später belegten Herren von Falkenstein nachweisen können. Ein Richard (I) von Kappel (1086) und dessen vier Söhne Richard (II; 1086, 1148), Manegold, Markward (1090) und Eigelwart (I) (1090, 1148) treten in der Überlieferung des Klosters St. Georgen in Erscheinung. Auch in Beziehung zum 1095 gegründeten benediktinischen Reformkloster Alpirsbach stand die Adelsfamilie, wie eine Schenkungsurkunde von ca.1139 beweist. Hier und nochmals 1148 sind die Herren von Kappel Zeugen von Besitztraditionen der Herren von Wolfach an die Mönchsgemeinschaften Alpirsbach und St. Georgen. Verwandtschaftliche Beziehungen zwischen den Wolfachern und Kappelern sind zu vermuten.
In der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts begegnen die Herren von Kappel nur sporadisch in der damaligen Überlieferung. Ein Richard (III) von Kappel (1167, ca.1180) ist Zeuge eines Gütertausches des Hirsauer Abts Rupert (1165-1176), dem u.a. auch die Herzöge Welf VI. (†1191) und Berthold IV. von Zähringen (1152-1186) beiwohnten. Um 1180 verzichteten derselbe Richard und Eigelwart (II) (†vor 1257), "Edelherren von Kappel", auf ein an den Schenker Albert von Nenzingen ausgegebenes Lehen in Raithaslach (bei Konstanz) zu Gunsten des Zisterzienserklosters Salem zwischen Bodensee und Donau.
Herren von Falkenstein
Mit Richard (III) und Eigelwart (II) erlischt die Benennung der Adelsfamilie nach dem Ort Kappel. Eigelwart muss sich nach der Schramberger Burg Falkenstein genannt haben. Einige historisch belegbare Tatbestände weisen darauf hin, dass die Herren von Kappel und die von Falkenstein ein und dieselbe Familie waren: a) Der seltene Leitname "Eigelwart" kommt sowohl bei den Kappelern als auch bei den Falkensteinern vor, Eigelwart (II) von Kappel verschwindet in der historischen Überlieferung und taucht als Eigelwart von Falkenstein wieder auf. b) Die Falkensteiner hatten noch zu Beginn des 14. Jahrhunderts wohl fast ganz Kappel in Besitz, wobei eine sich nach Kappel benennende Niederadelsfamilie von den Falkensteinern lehnsabhängig war. c) Die Herren von Kappel waren in ihren Beziehungen vielfach mit dem Schwarzwald verflochten - hier sind die benediktinischen Reformklöster St. Georgen, Alpirsbach und Hirsau zu nennen -, eine Verlagerung des Herrschaftsmittelpunkts schien von daher und auch aus anderen Gründen angebracht.
1257 sind mit Heinrich (1257, †v.1272) die "Herren von Falkenstein" erstmals als solche in der mittelalterlichen Überlieferung bezeugt. Eigelwart (II), der Stammvater der Falkensteiner, war damals schon tot, das Herrschaftszentrum statt Kappel nun die Burg "Valkenstein" im Tal der oberen Schiltach. Die Herrschaft der Falkensteiner im Schwarzwald gründete - und dies war wohl auch ausschlaggebend für den Wegzug aus Kappel - auf einer weniger ausgeprägten politischen Konkurrenzsituation zu anderen Adelfamilien, wie dies etwa auf der Baar der Fall war. Die Falkensteiner nutzten die entstandenen Freiräume, die sich ihnen im Schwarzwald boten. Fußend auf Rodung und Landesausbau, basierend auf den Wildbann als Forstregal (Holzschlag, Waldweide, Jagd), führte die Erschließungstätigkeit im Wald zur Ausbildung der Herrschaft Falkenstein, die auch die Herrschaft über die Kirchen in Falkenstein und Lauterbach umfasste.
Um die Mitte des 13. Jahrhunderts war das damals wohl bedeutendste Mitglied der Falkensteiner Adelsfamilie der Abt des Klosters St. Gallen, Berthold von Falkenstein (1244-1272), der Bruder Heinrichs. Heinrich von Falkenstein hatte zwei Söhne Berthold (I) (1264, 1301) und Konrad (1264), die ihm in der Herrschaft nachfolgten. Bertold profilierte sich politisch wirkungsvoll, stand er doch in engem Kontakt zu den Grafen von Fürstenberg - er heiratete die Grafentochter Katharina - und engagierte sich im Kampf der Herren von Ramstein um die St. Galler Klosterleitung nach dem Tod des St. Galler Abts Berthold, des Onkels Bertholds (I). Nach dem Aussterben der Ramsteiner (im Laienstand) erbte der mit diesen verwandte Berthold (I) deren Herrschaft (1275/88). Außerdem gelang den Falkensteinern zu dieser Zeit der Zugriff auf die Vogtei des St. Georgener Klosters. Unter den Söhnen Bertholds (I), Konrad (III) (1301, 1311) und Erkinger Eigelwart (1305, 1354), und den Enkeln, Konrad von Falkenstein zu Ramstein (1323, 1365) und Konrad (IV) von Falkenstein zu Falkenstein, kam es zur Teilung der Falkensteiner Herrschaft in die zwei Linien Ramstein und Falkenstein.
Falkenstein-Ramstein
Konrad von Falkenstein zu Ramstein (1323/65), verheiratet mit der Urslinger Herzogstochter Adelheid, steht am Anfang der Ramsteiner Linie der Herren von Falkenstein. Das Herrschaftsgebiet der falkensteinischen Ramsteiner umfasste, wie aus einer Beschreibung von 1368 hervorgeht, Güter in Langenschiltach, Tennenbronn, Altenburg, Hardt, Tischneck, auf dem Hohenberg, dem Purben und in Lauterbach. Im Wesentlichen umfasste die Herrschaft also das Gebiet der ausgestorbenen Herren von Ramstein. Zu diesem "Eigen" hinzu kam der Ort Mariazell, der ein Lehen des Klosters Reichenau war.
In Mariazell sind die Falkensteiner schon 1288 bezeugt, so dass zu vermuten ist, dass das Reichenauer Lehen durch Abt Albrecht von Ramstein (1260-1294) an die mit ihm verwandten Falkensteiner gekommen ist. In der Cella s(anctae) Mariae engagierten sich die falkensteinischen Ramsteiner auch weiterhin; vor 1384 muss dort ein Markt entstanden sein, aus Mariazell wurde "ze Zelle in dem Stettlin" (1384).
Damals befand sich die Herrschaft der Herren von Falkenstein zu Ramstein allerdings schon in wirtschaftlich-finanzieller Bedrängnis. Geldwirtschaft und Pest führten allgemein zu einer Agrar- und "spätmittelalterlichen Adelskrise", die aus steigenden Ausgaben u.a. für eine standesgemäße Repräsentation bei sinkenden Einnahmen resultierte. Die Ramsteiner verkauften 1348 ihre Leibeigenen "vor dem (Schwarz-) Wald" an Rottweiler Patrizier und versuchten durch Fehden verlorenes Terrain wiederzugewinnen. Gegen Stadt und Bischof von Straßburg zog man allerdings den Kürzeren (1369) und musste die Straßburger Kriegskosten tragen, was weitere Verschuldung und Verkäufe (1369, 1379) mit sich brachte. Die Verwahrung Graf Ulrichs des Älteren von Helfenstein, des gefangen genommenen Hauptmanns eines reichsstädtischen Landfriedensbündnisses, auf der Burg Ramstein führte zur Ermordung des Helfensteiners (1372), hinter der man Graf Eberhard II. von Württemberg (1344-1392) vermutete. Vielleicht damit zusammenhängend, standen die Ramsteiner Eglolf (I) (1368, 1417) und Erhard (I) (1368, 1428) von nun an in württembergischen Diensten. Für ihre Dienste verpfändete Graf Eberhard den zwei Brüdern Schiltach und Sindelfingen (1384). Auch Öffnungsverträge für die Burg Ramstein wurden u.a. mit den Städten Rottweil (1402) sowie Basel, Bern und Soluthurn (1404) geschlossen.
Eine Fehde der Ramsteiner gegen den Grafen Konrad von Fürstenberg (1408-1418/19) und die Stadt Straßburg führte zur Belagerung und Zerstörung der Burg Ramstein, auch ein Raubzug gegen die verpfändete habsburgisch-vorderösterreichische Stadt Bräunlingen scheiterte (1411/14). Das 15. Jahrhundert sah noch weitere Auseinandersetzungen. Erhard (II) (1403, 1463) und Hans (1433, 1451) verdingten sich als Söldner u.a. in württembergischen Diensten. 1449 verpfändeten die Brüder Hans und Konrad (II) (1433, 1481) die inzwischen wieder aufgebaute Burg Ramstein zusammen mit anderen Rechten an Elisabeth, die Frau des Hans von Rechberg (†1464). Letzterer nutzte den Ramstein als Stützpunkt in seiner Fehde gegen schwäbische Städte (1451). Die Burg wurde allerdings am 19. Juli 1452 von einem städtischen Heer, das sich zuvor in Rottweil versammelt hatte, erobert und danach endgültig zerstört.
Falkenstein-Falkenstein
Die Linie der Herren von Falkenstein zu Falkenstein war durch Erkinger Eigelwart (1305, 1354) begründet worden. Er war u.a. kaiserlicher Hofrichter am berühmten Rottweiler Hofgericht, das sich als höchste Instanz freiwilliger Gerichtsbarkeit in dieser Form unter König Rudolf I. von Habsburg (1273-1291) ausgebildet hatte. Eigelwarts Sohn Konrad (IV) (1341, 1371) und der Edelknecht Eigelwart von Falkenstein (1346, 1380), der illegitime Begründer einer niederadligen Nebenlinie der Falkensteiner, betrieben eine durchaus erfolgreiche Erwerbspolitik, wie der Kauf des Waldmössinger Kirchensatzes (1342), die Erwerbung von Teilen der Schiltecker Herrschaft (1347) oder die Lehensnahme Schwenningens (1349) zeigen. Das Dorf Schwenningen war dabei Lehen der Landgrafen von Fürstenberg.
Wie bei der Linie derer von Ramstein geriet auch der Falkensteiner Zweig der Edelherren in eine wirtschaftliche Krise. Symptomatisch dafür war, dass Eigelwart (IV) (1349, 1394) in Rottweil in Haft gesetzt wurde (1376/77), nachdem er seine Schulden nicht bezahlt hatte. Und auch Johann (1359, 1382), der Neffe Eigelwarts, musste aus Geldknappheit Schwenningen verpfänden. Weitere Verpfändungen betrafen falkensteinische Einkünfte in Hausen ob Verena (1392), Geldgeberin war u.a. die Edelfrau Anna von Zimmern (1387). 1393 verkauften die Falkensteiner ihren Ursprungsort Kappel ("Cappel daz dorfe") an den Rottweiler Bürger Hans Honow. Außerdem wurden Einnahmen der Schwarzwälder Herrschaft der Falkensteiner in Sulgen, Hintersulgen, Lienberg, Göttelbach und Schramberg verpfändet, alsbald aber wieder eingelöst.
Mit dem wirtschaftlichen ging der politische Niedergang der Falkensteiner zu Falkenstein einher. "Ritter" Berthold (III) (1387, 1437), zeitweise der einzige Vertreter der Familie von Edelherren, geriet u.a. durch seinen Gegensatz zur Reichsstadt Rottweil in finanzielle Schwierigkeiten (1415), nachdem man schon 1412 den Anteil an der Stadt Hayingen, das Erbe von Bertholds Mutter, veräußern musste. 1416 verpfändete Berthold die wichtigsten Teile seiner Herrschaft an die Stadt Rottweil für 1000 Gulden. Die verpfändeten Güter waren: Ober- und Unterfalkenstein, Kirnbach, Schramberg, Göttelbach, Sulgen und Hintersulgen, Aichhalden und Hinteraichhalden, Lienberg; die Nutznießung lag weiterhin bei den Falkensteinern, die einen Jahreszins von 50 Gulden zu zahlen hatten. Forderungen des Freiburger Bürgers Clewi Messerer führten zwischenzeitlich dazu, dass diesem laut Urteil des Rottweiler Hofgerichts die Güter Bertolds übereignet wurden, während Berthold nur knapp einem damit verbundenen Achtverfahren entging (1419). Fehden und Auseinandersetzungen innerhalb der Familie gingen in den folgenden Jahrzehnten einher mit einer weitgehenden Auflösung der Falkensteiner Herrschaft.
So verhängte 1434 Kaiser Sigismund (1411-1437) über Bertholds Sohn Eigelwart (V) (1422, 1439) die Acht wegen eines Konflikts mit der Markgräfin Anna von Baden; Eigelwart befehdete 1436 zudem Diepold I. von Geroldseck (†1466) und geriet anschließend in die Aberacht. Es gab weitere Verpfändungen, während die Schulden der Ramsteiner, die diese in Höhe von 422 Pfund Heller bei den Falkensteinern 1368 gemacht hatten, nicht eingetrieben werden konnten. Die Forderungen an die Ramsteiner wurden dann für 950 Gulden 1443 an den Grafen Ludwig I. von Württemberg (1419-1450) verkauft. Auch mischten sich die Württemberger im November 1443 ein, als innerfamiliäre Streitigkeiten zur Festsetzung Konrads (V) (1421, 1447) durch seinen Neffen Jakob (1429, 1491) und Hans von Ramstein (1433, 1451) führten. Konrad kam wieder frei, er und seine Neffen, die Söhne Eigelwarts (V), teilten die Herrschaft Falkenstein unter sich auf. Mit dem Vertrag von 1444 verkaufte Konrad seinen Anteil an der Herrschaft, 1449 folgten ihm darin seine Neffen. Württemberg hatte damit das Herrschaftsgebiet der Herren von Falkenstein zu Falkenstein erworben.
Edelknechte von Falkenstein
Fast als Letztes sei noch kurz auf die Nachkommen des schon erwähnten Edelknechtes Eigelwart von Falkenstein (1346, 1380) eingegangen. Dieser begründete eine illegitime Seitenlinie der Falkensteiner. Eigelwart ist wohl auch identisch mit dem in Italien 1357 bezeugten Aichelluart de Folchestan, einem Söldner in päpstlichen Diensten, der damals auf einer Burg bei Viterbo stationiert war und bei einem Angriff sein Pferd verlor.
Zu den Edelknechten von Falkenstein oder (später) den Eigelwarten gehörten Eigelwarts Söhne Franz und Ulrich, ein Heinrich Eigelwart (1384, 1414) und dessen Söhne Hans und Konrad. In den 1430er-Jahren beteiligten sich Letztere an einigen Fehden, der "Junker" Hans wird 1449 als "Vogt zu Falkenstein" bezeichnet. Sitz der Edelknechte war womöglich die Burg Berneck an der oberen Schiltach.
Nachmittelalterliche Zeit
Konrad (V) (1421, 1447) hatte keine Nachkommen, sein Neffe Jakob von Falkenstein (1429, 1491) siedelte sich mit seiner Familie 1458 in Villingen an, wo er ein angesehener Bürger wurde und ein Haus am Kirchplatz bewohnte. Die Falkensteiner besaßen dabei immer noch das Patronatsrecht über die Kappeler Pfarrkirche. 1487 war Jakob Mitglied der Rittergesellschaft mit St. Jörgenschild.
Jakobs Enkel Johann Erhard zog um 1545 nach Freiburg um. Hier wurden aus den männlichen Mitgliedern der Falkensteiner Familie Statthalter und Offiziere in habsburgisch-österreichischen Diensten, auch kaiserliche Räte. 1621 erwarben die Falkensteiner die Breisgauer Herrschaft Oberrimsingen und Hausen a.d. Möhlin, 1773 wurde das Schloss Oberrimsingen erbaut. Hinzu kam um 1800 die Herrschaft Neuershausen. 1872 starb die breisgauische Linie der Falkensteiner aus, 1901 die österreichische.
Buhlmann, Falkenstein; Bumiller, Herren von Rechberg; Dambach, Schramberg; Harter, Kinziggebiet; Harter, Falkenstein und Schilteck